Geschrieben: 18:30 - 18:48
Marie saß in ihrem kleinen Stammcafé und beobachtete Menschen. Es war eines ihrer größten Hobbies. Vermutlich lag es daran, dass sie Psychologie studierte. Heute urteilte sie schon beim Betreten des Ladens, ob der Kunde Coffee to go, Tea to go oder an einem Tisch Platz nehmen würde.
Zu ihrem eigenen Erstaunen hatte sie bisher mit allen ihren Vermutungen richtig gelegen. Gut, das lag vermutlich daran, dass die meisten Kunden, die den Laden bisher betreten hatten, Stammkunden waren und in der Regel nicht von ihren regulären Bestellungen abwichen.
Die Tür öffnete sich und ein gutaussehender junger Mann betrat das Café. Er trat an den Tresen und wartete geduldig, bis er an der Reihe war.
Marie betrachtete ihn aufmerksam und entschied, dass er der Typ für einen Tea to go war.
Falscher hätte sie nicht liegen können, wie sie einige Minuten später feststellte, als er sich mit einer Tasse Kaffee und einem Cappuccino zu ihr an den Tisch setzte. Er schob ihr den Cappuccino zu, lächelte und sagte dann: »Hi, ich bin Erik. Ich hab gesehen, dass du schon eine Weile allein hier sitzt und dachte, eine so hübsche Frau darf man nicht allein lassen.«
Marie blinzelte verblüfft. »Flirten sie etwa mit mir?«, rutschte es ihr heraus, bevor sie es verhindern konnte.
Erik lachte herzlich und nickte.
»Ja ... das war ein ungelenker Versuch zu flirten«, erwiderte er.
Maries Wangen röteten sich. Dann zog sie den Cappuccino näher an sich heran und flüsterte: »Ich heiße Marie und so ungelenk war der Versuch nicht.«
Erik nippte an seinem Kaffee und lehnte sich zurück.
»Darf ich fragen, warum du ... sie so lange allein hier gesessen haben?«, fragte Erik.
Marie errötete ein wenig.
»Uhm ... ich beobachte gern Menschen ... und heute habe ich gerätselt, welches Getränk die Kunden hier wohl kaufen und ob to go oder ob sie sich setzen.«, erklärte sie verlegen.
Erik nickte verstehend. »Okay ... und wie ist das Urteil bei mir ausgefallen?«, hakte er nach.
Maries Wangen verfärbten sich noch tiefer rot.
»Eh ... Tea to go«, gab sie zu.
Erik lachte heiser auf. »Normalerweise wäre das sogar richtig«, sagte er verlegen.
»Aber?«
»Ich wollte nicht als Weichei dastehen, wenn ich eine hübsche Frau kennen lerne und mich mit einem Chai latte zu ihr setze«, erwiderte er.
Nun war es Marie, die lachte. »Das wäre auch in Ordnung gewesen. Ich nehme an, Rosa hat mich verraten, wenn es um mein Getränk der Wahl angeht?«, fragte sie.
Erik nickte.
»Jawohl ... ich habe darum gebeten, dass sie noch einmal dasselbe zubereitet, was du schon hast«, sagte er.
»Guter Move«, meinte Marie und nippte an ihrem Cappuccino.