Chōchin obake (jap. 提灯お化け (Kanji) ちょうちんおばけ (Hiragana)) ist ein Tsukumogami innerhalb der Yōkai. Sein Name bedeutet so viel wie "Papierlaternengeist".
Merkmale
Wenn eine Papierlaterne oder ein Chōchin (jap. 提灯; traditionelle japanische Lampions) ein hohes Alter erreicht, kann sie sich in ein Chōchin obake verwandeln. Das Papier (oder die Seide) der Laterne reißt entlang einer ihrer Holzrippen und bildet einen klaffenden Mund mit einer wild heraushängenden Zunge. Ein oder zwei Augen (nur in späteren Darstellungen mit zwei Augen) springen aus der oberen Hälfte der Laterne hervor. Gelegentlich gibt es unter den Augen noch zwei kleine Öffnungen, die als Nasenlöcher fungieren. Selten kommt es zur Ausbildung von Armen oder Beinen, die aus dem Lampenkörper sprießen. Für gewöhnlich hängt die Chōchin obake an einem mehr oder weniger langen Bambus-Stab.
Chōchin obake sind zylinder- oder ballonförmig und ihr inneres leuchtet, als würde dort noch immer eine Kerze brennen. Die meisten Vertreter sind rot oder weiß, es sind aber auch andere Farbvarianten möglich.
Vorkommen
Chōchin obake sind über ganz Japan verbreitet und finden sich in der Regel in der Nähe menschlicher Behausungen.
Lebensweise
Über die Lebensweise ist nicht viel bekannt
Kulturelle Bedeutung
Gefährlichkeit
Chōchin Obake richten bei Menschen nur selten körperlichen Schaden an, viel eher überraschen und erschrecken Menschen lieber. Dabei kichern sie, rollen ihre riesigen Zungen und großen Augen - insbesondere wenn Gäste im Haus sind.
Auch wenn es amüsant klingt, sollte man auf der Hut sein. Gelegentlich verkleiden sich mächtige Onryō als Chōchin obake. In diesem Fall tarnt sich einer der gefährlichsten Yōkai als einer der harmlosesten.
Ein solches Szenario wird im Kabuki-Stück Tōkaidō Yotsuya Kaidan ("Geistergeschichten in Yotsuya an der Tōkai-Straße") thematisiert. Eine Frau namens O-Iwa nyōbō Iemon, wird von ihrem Mann, dessen Familie und ihrer Nebenbuhlerin in den Tod getrieben. Ihr Geist erscheint in der Schlussszene des Stückes zunächst als Papierlaterne, tritt aus dieser hervor, tötet ihre Schwiegermutter und treibt ihren Ehemann, Tamiya Iemon, in den Tod.
Aufgrund dieses Stücks wird ein sich in ein Chōchin tarnender Onryō als Chōchin O-Iwa bezeichnet.
Mythologie
Viele Eltern erzählen ihren Kindern, ein Chōchin obake würde sie nachts aus ihren Betten locken und entführen. Vermutlich soll den Kindern mit einem vermeintlich harmlosen Yōkai der dann zu einer Gefahr wird, das nächtliche Herumstromern und Nicht-schlafen-wollen abgewöhnt werden.
Trivia
- Ab dem 18. Jahrhundert, in der Edo-Zeit, fand Chōchin obake als Bildmotiv Eingang in Brett- und Karuta-Kartenspiele.
- In Chihiros Reise ins Zauberland, tritt ein Chōchin obake in Gestalt einer einfüßigen Hoflaterne Chihiro bei ihrem Besuch bei Hexe Zeniba auf, indem sie ihr entgegen hüpft, um Chihiro den Weg zum Hexenhaus zu leuchten.
- In Super Mario Land 2: 6 Golden Coins kommt Chōchin obake in Form einer Laterne am Anfang und am Ende des zweiten Levels der Pumpkin-Zone als Gegner vor. Sie sitzt regungslos am Himmel und versucht lediglich, Mario mit seiner langen Zunge zu treffen.
- In Yo-Kai Watch 3 tritt mit dem Charakter Schrecklicht (Rang B, Element Feuer, Stamm Gruseliga) erstmals ein Chōchin obake auf, welcher ebenfalls im Debütspiel befreundet werden kann.
Wissenschaftliche Erklärungsversuche
Die Gestalt des Chōchin obake geht auf die Chōchin zurück, eine traditionelle Faltlaterne aus Papier oder Seide. Sie sind zylinder- oder ballonförmig und im Inneren mit einer Kerze bestückt. Am Ende des 16. Jahrhunderts in der Edo-Zeit wurde es zur Vorschrift erklärt, dass jeder, der bei Einbruch der Dämmerung auf der Straße unterwegs war, eine Chōchin mit sich zu führen hatte.
Größere Chōchin standen oder hingen vor Gasthäusern, Theatern sowie Tee- und Badehäusern, besonders große Exemplare beleuchteten vor Tempeln und Schreinen Wege und Eingänge.
Aufgrund dieser Allgegenwärtigkeit und weil durch die teilweise schwache Beleuchtung von der Ferne nur die Laternen durch die Luft tanzend zu sehen waren, bildete sich der Mythos um die Chōchin obake.
Es gibt auch eine Theorie, dass es sich um einen Yōkai handelt, der für Kinder geschaffen wurde.
Taxonomische Stellung
Chōchin obake sind Teil der paraphyletischen Gruppe der Tsukumogami. Die nächste Verwandtschaft steht morphologisch zu anderen Laternenwesen, wie Burabura. Allerdings ist dabei auch das Material entscheidend, eine nahe Verwandtschaft kann nur vorliegen, wenn es sich ebenfalls um Papierlaternen handelt, deren Stützgewebe Bambus ist.
Nachweise
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