Muscheln verteilt
eine Geschichte Nachts erzählt
Morgendliches Aufräumen
Kaichigo (jap. 貝児 (Kanji) かいちご (Hiragana)) ist ein Yōkai aus der japanischen Mythologie. Sein Name bedeutet wörtlich übersetzt "Muschelkind". Es gehört zur Klasse der Tsukumogami (付喪神; "Artefakt-Geister") und gilt als "harmlos, aber manchmal nervtötend".
Merkmale
Kaichigo ist der Geist einer zum Leben erweckten Muschelschachtel. Dieser Yōkai hat die Gestalt eines kleinen, puppenartigen Jungen, gekleidet in einem Kimono.
Vorkommen
Kachigo waren früher weit in Japan verbreitet, die Bestände dieser Yōkai befinden sich auf dem Rückzug. Kaichigo treiben sich in den Muschelkästen herum, in denen schöne und teure bemalte Muscheln aufbewahrt werden.
Lebensweise
Ernährung
Es ist keine Ernährungsweise bekannt.
Verhalten
Sie kommen nur aus dem Muschelkasten heraus, wenn niemand da ist oder alle Bewohner tief und fest schlafen.
Kachigo spielen mit den Muscheln ihres Muschelkastens, drehen sie um und bewegen sie in verschiedene Positionen. Auch andere Spielzeuge nutzen sie und hinterlassen stets beim Spielen eine Unordnung.
Entstehung
Kachigo entstehen, wenn die Muschelkästen nicht für Kaiawase oder andere Spiele genutzt werden und einfach nur aufbewahrt werden. Nach Ablauf von 100 Jahren werden sie beseelt und erwachen als Kachigo zum Leben. Ihre Motive sind Einsamkeit und Langeweile.
Kulturelle Bedeutung
Wissenschaftliche Erklärungsversuche
Der Ursprung von Kaichigo liegt in Kaiawase ("Muscheln zusammenbringen") [1], einem beliebten Spiel aus der Heian-Zeit (jap.平安時代; je nach Zählung 794 bis 1185, bzw. 794 bis 1192), bei dem bemalte Muscheln verwendet werden. Schöne Muscheln der richtigen Größe und Farbe wurden gesammelt und dekoriert, ihre Innenseiten mit Gold ausgekleidet und mit Szenen aus beliebten Geschichten wie "Die Geschichte vom Prinzen Genji" (jap. 源氏物語, der erste psychologische Roman der japanischen Literaturgeschichte vermutlich von Murasaki Shikibu (Hofdame ca. 978–1014)) bemalt. Die beiden Hälften einer Muschel wurden mit der gleichen Szene bemalt und die Spieler versuchten, die beiden Seiten zusammenzubringen, vergleichbar mit Memory.
Schön dekorierte Muschelkästen, Kaioke genannt, wurden verwendet, um die Muscheln aufzubewahren, wenn mit den Muscheln nicht gespielt wurde.
Kaiawase wurde allmählich durch andere Zuordnungsspiele wie Karuta ersetzt, bei denen weniger exquisite Spielsteine verwendet werden. Die Kaioke und Muscheln selbst wurden als wertvolle Kunstobjekte und nicht als Spielzeuge angesehen. Da jede Muschelhälfte perfekt in die andere Hälfte passt und nicht in eine andere, wurden teure Kaiawase-Sets als Hochzeitsmitgift verwendet – als Symbol für eine perfekte und einzigartige Verbindung zwischen Braut und Bräutigam. Einige dieser Schachteln wurden jahrhundertelang von Mutter zu Tochter weitergegeben.
Der Kaichigo erscheint in dem Emakimono Gazu Hyakki Tsurezure Bukuro (画図百鬼徒然袋; "100 Geister im Handgepäck") des Kyōka-Poeten und Ukiyo-e-Künstlers Toriyama Sekien aus dem Jahr 1784. Sekien verweist in seinem Werk darauf, dass der Kaichigo vielleicht auf der Suche nach seiner Hōko (這子; "Krabbelndes Kind") sei. Einer Stoffpuppe, die in Japan jungen Frauen und insbesondere schwangeren Frauen gegeben wird, um Mutter und ungeborenes Kind zu schützen.
Es scheint wahrscheinlich das Sekien diesen Tsukumogami selbst erfunden hat.
Taxonomische Stellung
Kaichigo sind Teil der paraphyletischen Gruppe der Tsukumogami. Die nächste Verwandtschaft steht morphologisch zu anderen Wesen, welche aus Muschelkästen und vernachlässigten Spielzeugen entstehen.
Bilder
Nachweise
- Hiroko Yoda, Matt Alt: Japandemonium Illustrated: The Yokai Encyclopedias of Toriyama Sekien. Dover Publications, New York/Mineola 2017, ISBN 978-0-486-80035-6, S. 268.
- Masukawa, Kōichi (2012). Nihon yūgishi: kodai kara gendai made no asobi to shakai (Shohan ed.). Tōkyō: Heibonsha. ISBN 978-4-582-46814-4.
- Murakami Kenji: 妖怪事典. Mainichi shinbun, Tokio 2000, ISBN 978-4-620-31428-0, S. 94.
- Yokai.com – the online database of japanese ghosts and monsters (Matthew Meyer) Suche nach "Kaichigo" http://yokai.com/kaichigo/ 7.02.2020
- 村上健司 編『妖怪事典』毎日新聞社、2000年、94頁。ISBN 978-4-620-31428-0。
- 草野巧、戸部民夫『日本妖怪博物館』新紀元社、1994年、127頁。ISBN 978-4-88317-240-5。
- 水木しげる『妖鬼化』Softgarage、2004年、7頁。ISBN 978-4-86133-006-3。