Kapitel 7
Großvater sah Elmer an und sagte: "Ich weiss gar nicht, wo ich zuerst anfangen soll, es wäre so viel zu erzählen". "Wir müssen es abkürzen, uns bleibt nicht mehr so viel Zeit". Elmer verstand nur Bahnhof. "Abkürzen?" - "Was müsst ihr abkürzen und wieso bleibt nicht mehr so viel Zeit?", fragte Elmer. "Es ist noch zu früh, Hans". "Du musst ihn erst damit vertraut machen"!, sagte Großmutter. "Also vielleicht seid ihr beide mal so nett und klärt mich auf, was hier so gespielt wird", warf Elmer ein. "Womit müsst ihr mich erst vertraut machen und wofür ist es noch zu früh?"
Sein Großvater sah ihn an, nahm seine Hand in seine beiden Hände und sagte: "Du wirst alles verstehen - vertraue mir einfach, Elmer"! Elmer sah noch den Ring an seinem Finger. Ein roter Stein war darauf. Dann ein Blitz! Elmer zuckte zusammen. Er hatte das Gefühl, dass sein Gehirn, sein Geist, sein Herz und sein Bauch mit Informationen regelrecht überflutet würden. Elmer hatte Schwierigkeiten, die Menge von Informationen, die wie im Schnelldurchlauf sehr komprimiert bei ihm ankamen, zu verarbeiten. Er zuckte leicht hin und her. Großmutters besorgter Blick veranlasste Hans, die Intensität der fliessenden Informationen etwas zurück zu fahren. Elmer wurde zusehends ruhiger. Unmengen von Informationen flossen innerhalb kürzester Zeit in Elmers Verstand und wurden als Erinnerung abgespeichert.
Dann war es abgeschlossen. Inzwischen war es Abend geworden. Großvater entliess Elmer aus seinen Händen. Kurz darauf schlug er die Augen auf und blickte seine Großeltern an.
Sein Blick hatte sich völlig verändert! Seine Augen strahlten eine große Kraft aus und sein Blick war derartig durchdringend, dass man glaubte, Elmer würde direkt bis auf den Grund der Seele schauen können. Die Großeltern waren sichtlich zufrieden. "Was war das?", fragte Elmer. "Wie hast Du das gemacht, Großvater?" "War es der Ring?" "Ach ja, es war der Ring, jetzt erinnere ich mich an alles", sagte Elmer. Hans sah Elmer an. Er war stolz auf seinen Enkel. "Du musst nun erst einmal etwas essen, Elmer", sagte Großmutter und stellte Elmer einen Teller mit Schnittchen und etwas zu trinken hin. "Danke Oma", sagte Elmer und biss sofort herzhaft in eine Schnitte. Er hatte Hunger. Die ganze Sache hatte Stunden gedauert. Elmer wusste nun viele Dinge, um die ihn eine ganze Menge Menschen beneiden würden.
Er wusste, dass es Antlantis einst tatsächlich gegeben hat. Er wusste, dass es in drei Abschnitten untergegangen war. Der endgültige Untergang mit dem Versinken der letzten atlantischen Städte geschah vor etwa 12.000 Jahren nach unserer Zeitrechnung. Er wusste, dass die Atlanter über ein ungeheueres Wissen verfügten, was die Kraft verschiedener Kristalle und deren Nutzung anging. Er wusste, dass zu jeder der drei Katastrophen viele Menschen aus Atlantis geflohen waren und so über die Meere in andere Länder gelangten. So findet man noch heute atlantische Einflüsse in Mexico und Peru und natürlich ganz besonders.... in Ägypten, wohin die meisten Menschen nach der letzten atlantischen Katastrophe flüchteten.
Unter ihnen war auch die Familie von Elmer, die unter den Atlantern hohes Ansehen genoss. Elmers Vater war eine Art religiöser Führer der Atlanter, die sich den Gesetzten des "Einen" verschrieben hatten und diese achteten. Diese Gesetze beruhten im Wesentlichen darauf, dass alle Menschen gleich viel wert sind und dass niemand aufgrund seiner Abstammung per Geburtsrecht einen besonderen Status erlangte. Das tägliche Leben wurde durch ein hilfreiches Miteinander und Nächstenliebe getragen. Der Name seines Vaters war "Ink-Suath". Er hatte einen erbitterten Gegenspieler namens Baak-Sual, der sich den Gesetzen des Baah-Aal verschrieben hatte, eines rachsüchtigen, bösartigen Gottes, der die Atlanter in die Spaltung und somit ins Verderben führte. Die Kräfte der Kristalle wurden zu verderblichen, menschenunwürdigen Zwecken missbraucht und so kam es schlussendlich zu einer Kettenreaktion, welche zum endgültigen Untergang von Atlantis führte.
Die Familie von Elmer, der in seiner atlantischen Inkarnation Ultied hiess, schaffte es der Katastrophe im letzten Moment zu entkommen und fand im Lande Ägypten eine neue Heimat. Aufgrund seines enormen Wissens über die Kräfte der Kristalle und den Pyramidenbau war der Aufstieg des Sohnes des atlantischen Führers vorprogrammiert. Nachdem Elmer als Ultied dem ägyptischen Pharao unschätzbare Dienste beim Bau der ersten Pyramiden erwiesen hatte, gab ihm dieser seine Tochter Nanchi-ankh-sun zur Frau und er wurde so an den ägyptischen Hof berufen. Trotz des zweifellos auch politischen Hintergrundes dieser Vermählung wurde die Ehe von Ultied und Nanchi-ankh-sun von großer gegenseitiger Liebe getragen und war sehr glücklich.
Ultieds Vater Ink-Suath hatte zwei mächtige Ringe aus dem untergehenden Atlantis retten können und sie mit nach Ägypten gebracht. In einem der Ringe war das gesamte Wissen der Welt gespeichert und einige eingeweihte Personen konnten dieses Wissen abrufen und weitergeben. Dieser Ring hatte einen roten Stein in der Mitte eingefasst. Der zweite Ring war ebenfalls in Gold gefasst und hatte einen roten Stein. Im oberen Bereich des zweiten Ringes jedoch war ein weiterer silberner Stein eingefasst. Ein kleiner silberner Punkt, der etwas unscheinbar hinter dem mächtigen roten Stein zurück blieb. Im Zusammenwirken waren diese Ringe eine unglaublich starke Waffe.
Mit den Jahren hatte sich zwischen dem Pharao und Ultieds Vater eine enge Freundschaft entwickelt. Als Zeichen dieser Freundschaft hatte Ultieds Vater dem Pharao einen der mächtigen Ringe zum Geschenk gemacht. Es war der Ring, mit dem man Steine schweben lassen konnte. Kurz darauf verstarb Ultieds Vater in den Armen des Pharao, seines Freundes.
Doch wo große Liebe und Freude sind, ist auch oftmals grosser Neid und Hass. Nanchi-ankh-sun's missgünstige jüngere Schwester Anchor-ankh-sun neidete ihrer Schwester den Mann und die innige Liebe welche sie beide verband. Ultied, der sich nun anschickte, neuer Hohepriester von Ägypten zu werden, entgingen die Intrigen und falschen Spielchen seiner Schwägerin nicht. Sie neidete ihrer Schwester Nanchi-ankh-sun die Position der Isis-Tempel-Priesterin, welche sie seit Jahren inne hatte. Um ihre ältere Schwester zu übertrumpfen, wollte Anchor-ankh-sun die Position der obersten Isis-Priesterin für sich beanspruchen. Ihre Schwester konnte die Voraussetzungen für dieses Amt nicht mehr erfüllen, da die oberste Isis-Priesterin stets unverheiratet sein musste. Sie hatte bald alle geforderten Prüfungen absolviert. Danach stand ihr nur noch ein Hinderniss im Wege.... Die derzeitige Hohepriesterin.
Ultied hatte nach einer längeren Phase der inneren Einkehr und Reinigung alle Voraussetzungen für seinen Amtsantritt als neuer Hohepriester erfüllt. Nur noch ein Schritt trennte ihn von seinem neuen Amt. Drei Tage in einem geschlossenen Sarkophag. Diesem würde er nach einem letzten siegreichen inneren Kampf über seine Feinde entsteigen. Danach würde er seinen neuen Namen tragen: Nefreth....
Großvater sah Elmer an und sagte: "Was jetzt noch wichtig ist, erzähle ich Dir morgen". "Aber ich muss zurück - ich muss doch morgen arbeiten", entgegnete Elmer. "Du kannst heute hier bei uns schlafen, Oma hat schon alles vorbereitet". "Dein Chef war mit einer Woche Urlaub für Dich einverstanden - ich kenne ihn von früher und habe ihn heute früh angerufen". Ein Schmunzeln huschte dabei über Großvaters Gesicht. Elmer hatte heute viel erfahren, aber alles wusste er noch nicht.......