Bedrohung:
Max stöhnte unwillig. Die Hände tief in den Taschen seiner Jeans vergraben folgte er Karo durch die Innenstadt. Die junge Frau lief voraus und spähte in jede Seitengasse. Er folgte ihr eher widerwillig. Aber natürlich machte auch er sich Sorgen.
An einer Kreuzung wurden sie angehalten. Zwei Polizisten standen neben einem Wagen, dessen Blaulicht den anbrechenden Abend erleuchtete.
„Wohin?“, fragte der kräftige Polizist. Er trug eine schusssichere Weste und ein Maschinengewehr. Nervös ging Karo zu ihm: „Wir suchen eine Freundin. Sie ist raus gegangen. Habt ihr sie gesehen?“
Der Polizist sowie sein Kollege schüttelten die Köpfe.
„Geht wieder rein.“
Karo zupfte an ihrem Oberteil. Es war kalt und sie hatte eine Jacke vergessen. „Wir müssen Amy dringend finden.“
„Geht wieder rein“, wiederholte der Polizist. „Wir können euch nicht alleine hier herum laufen lassen.“
„Bitte!“, flehte Karo, als Max eine Bewegung sah. Jemand huschte im Rücken der Polizisten über die Straße, eine junge Frau mit roten Haaren, einer grünen Jacke, enger Hose und braunen Stiefeln, eine Tasche an die Brust gedrückt.
„Amy!“, brüllte er. Die Polizisten wirbelten herum.
„Stehen bleiben!“, befahl einer.
Amy rannte nur noch schneller.
„Scheiße, was tut sie?“, fragte Max. Er schreckte davor zurück, zwischen Amy und die Waffen der Polizisten zu laufen. Das Ganze war, als wäre er plötzlich in einen Actionfilm gestolpert. Doch als Karo an ihnen vorbei stürmte, machten die Polizisten keine Anstalten, jemanden zu erschießen. Einer legte die Waffe weg und setzte sich in den Wagen.
Max rannte hinter Karo her.
Sie bogen um eine Ecke, hinter der Amy verschwunden war. Karo fiel langsam zurück, sie hatte diese unpraktischen Halbschuhe an, mit denen man nicht laufen konnte. Max rannte an ihr vorbei und folgte Amy in einen kleinen Park. Das Polizeiauto folgte ihnen, aber der Waldweg war für Fahrzeuge aller Art gesperrt. Amy sprang über die Wippe und tauchte in das Unterholz des Waldes ein, der direkt hinter dem Spielplatz begann.
„Amy, warte!“, rief Karo.
Max fragte sich, ob die Rothaarige verrückt geworden war. Warum floh sie vor der Polizei?
Gemeinsam mit Karo rannte er in ein Brombeergestrüpp. Sie kämpften sich einen Berg hinauf und mussten feststellen, dass sie Amy verloren hatten. Schnaufend wartete Max darauf, dass Karo ihn eingeholt hatte.
„Sie ist weg“, sagte er.
„Komisch“, meinte Karo kopfschüttelnd. Max hörte die Polizisten nach ihnen rufen. „Was ist nur mit ihr?“
„Komm, wir sagen ihnen, dass wenigstens wir keine Verbrecher sind“, schlug Max vor. Zusammen gingen sie aus dem Wald. Als sie das Brechen der Zweige unter ihren Schritten hörten, richteten die Polizisten die Waffen auf die beiden Jugendlichen. Nervös hoben Karo und Max die Hände.
„Wir wissen nicht, wo Amy hin ist. Aber sie ist keine Terroristin“, sagte Karo schnell. „Sie hat irgendwas Schreckliches erlebt oder so. Wir kennen sie kaum, sie ist seit ein paar Wochen unsere Mitbewohnerin.“
„Ihr beide kommt trotzdem mit“, sagte der größere Polizist grimmig. „Wir würden euch gerne ein paar Fragen stellen.“
Max seufzte. Er dachte daran, dass er zuhause mitten im Level gespeichert hatte. Wenn er zurück kam, würde er bestimmt alles von vorne machen dürfen.
Er und Karo folgten den Polizisten zurück zum Auto. Max merkte, dass Karo verwirrt aussah.
„Müssen Sie hier nicht die Straße beobachten?“, fragte sie die Polizisten.
Der vordere Polizist lachte: „Wir haben doch gefunden, auf wen wir warten.“