geschrieben: 05.10.2020
Neugierig blickte Noah Ryan über die Schulter. Der Anwalt war immer noch auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle und hatte sich darauf eingelassen sich von seinem Partner unter die Arme greifen zu lassen, bis das Problem mit dem Job erledigt worden war.
Ryan saß täglich am PC und schrieb Bewerbungen. Nicht nur hier in der Stadt, sondern auch in den Nachbarstädten. Dabei war ihm deutlich anzumerken, wie sehr ihn die Arbeitslosigkeit nervte und Noah hätte ihm nur zu gern geholfen, aber das ließ Ryan ja nur minimal zu.
»Was machst du da?«, erkundigte der Barbesitzer sich neugierig, weil das, was er da auf dem Bildschirm des Laptops sah, nicht nach einer weiteren Bewerbung aussah.
Ryan blickte vom Bildschirm auf und wandte sich Noah zu. Nach seinem Ausrutscher einige Tage zuvor, war er immer noch angespannt und wusste nicht genau, wie er sich verhalten sollte, daher biss er sich auf die Unterlippe, atmete tief durch und antwortete Noah dann beinahe schüchtern.
»Deine Nichten haben mich beim letzten Mal, als ich sie gebabysittet hab, gefragt, ob ich ihnen eine Geschichte erzähle«, sagte er leise.
»Und du wusstest keine?«, hakte Noah nach.
Ryan schüttelte den Kopf.
»Keine, die die beiden Mäuse nicht schon kannten. Also hab ich mich hingesetzt und angefangen selbst eine Geschichte zu schreiben«, erwiderte Ryan leise.
»Darf ich?«, wollte Noah wissen und setzte sich neben Ryan an den Tisch neben der Bar.
Ryan nickte und schob ihm den Laptop zu, auch wenn seine Wangen rot glühten.
»Der Spion und die Prinzessin?«
Noah klang überrascht.
»Ja ... sie wollten was spannendes, aber mit einer Prinzessin und Kleidern und keine Ahnung ... ich bin noch nicht sehr weit, aber am Ende sollen Prinzessin Nicoletta und der Spion heiraten«, sagte Ryan.
»Das klingt, als ob Nikita dir da die Pistole auf die Brust gesetzt hat.«
»Oh ja ... da hat sie genaue Vorstellungen. Deine Schwester hat mir schon Farbmuster und Bilder von Brautkleidern und so Blumen geschickt, damit ich das auch ja alles richtig beschreibe. Nur einen Namen, den hat der Spion noch nicht«, gab Ryan zu und klang irgendwo zwischen amüsiert und verzweifelt.
Noah lachte. »Das klingt absolut nach Nikita. Ich bin gespannt, was Rosalie dazu zu sagen hat, wenn sie mitbekommt, dass Nikita dir schon gesagt hat, was sie in der Geschichte haben möchte.«
»Für Rosalie hab ich etwas kindgerechteres geschrieben. Die ist mit ihren 5 Jahren dann doch noch zu klein für das, was Nikita sich gewünscht hat«, flüsterte der Anwalt und blickte hinab auf seine Hände.
Überrascht blickte Noah ihn an.
»Du hängst dich so rein für meine Nichten?«, fragte er.
»Nicht nur für die beiden ... für dich. Ich möchte, dass deine Familie mich mag ... und Geschichten für die kleinsten, das gehört doch dazu ... ich will mich bessern, Noah ... und ich brauche was zu tun, sonst ende ich tatsächlich noch am Boden einer Flasche.«
Ryan klang, als kämpfte er mit sich.
Noah legte vorsichtig seinen Arm um seinen Partner und zog ihn gegen seine Seite. »Shhh ... wir schaffen das, Ry. Ich weiß, dass ist zur Zeit keine einfache Situation, aber wir kommen da raus. Wenn es sein muss, dann geh ich mit dir zur Paartherapie oder sowas.«
Ryan nickte nur leicht an seiner Schulter und klammerte sich an Noah fest. Es war das erste Mal seit ihrem Streit, dass Noah ihn so hielt und Ryan war mehr als dankbar dafür und erleichtert darüber. Anscheinend hatte er wirklich noch eine Chance.