Ryan saß mit Melody und Stephan in der Küche. Er lauschte den aufgeregten Worten seines Schwagers und schüttelte den Kopf. Er konnte nicht glauben, dass dem Mann, den er so gut leiden konnte, das wahren des Scheins wichtiger war, als die körperliche und geistige Gesundheit seines eigenen Kindes.
Ryan war froh, dass Noah sich mit Nikita im Schlepptau verdrückt hatte, als klar wurde, dass Melody und Stephan hier auftauchen würden.
Rosalie war damit beschäftigt Peter und Talia zu bespaßen und dementsprechend abgelenkt, trotzdem sprach Ryan gezwungen ruhig, um die Aufmerksamkeit seiner jungen Nichte nicht auf sie zu ziehen.
»Stephan ... ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sage, aber du bist ein absolut unsensibles Arschloch. Dein Kind ... und ich wähle hier mit Absicht ein geschlechtsneutrales Wort ... Dein Kind macht nicht nur eine Phase durch, wie du das hier gerade so ausposaunst. Dein Kind steckt in einer Krise. Es fühlt sich im falschen Körper geboren und wünscht sich nichts sehnlicher als so akzeptiert zu werden, wie es sich fühlt. Nikita sieht sich als männlich an. Er möchte, dass wir alle ihn so behandeln als wäre er als Junge geboren worden. Daran ist nichts falsch. Die Ablehnung, die du gerade zeigst ... du bist unreifer als dein eigenes Kind. Selbst Rosi hat schon verstanden, dass sie einen Bruder hat und es macht ihr nichts aus. Ich verstehe dein Problem ehrlich gesagt auch nicht, aber eines ist sicher ... dieses Haus wird ein Safespace für Nikita sein. Ein Ort, wo er er selbst sein kann ohne sich den Regeln anderer fügen zu müssen, die seine persönliche körperliche und geistige Entwicklung einschränken.«, sagte Ryan.
Melody sah ihren Mann schon wieder aufbrausen und hatte nun selbst genug.
»Stephan ... es reicht! Ich werde nicht zu lassen, dass du Nikita zwingst jemand zu sein, der sie ... er nicht ist. Klar ist das ungewohnt und gewöhnungsbedürftig, aber Niki ist unser Kind und zumindest ich liebe ihn so wie er ist. Bei dir bin ich mir da gerade nicht so sicher.«, schnitt sie ihm das Wort ab und stoppte ihn mit einer harschen Handbewegung als er abermals zu einem Protest ansetzen wollte. »Du hast Nikis Privatsphäre verletzt und sein Tagebuch nicht nur gelesen, sondern es auch noch anderen Leuten gezeigt. Was glaubst du, wie verletzend so etwas ist? Versetz dich mal bitte in seine Lage ... und während du das tust, such dir ne Couch zum Schlafen oder ein Hotelzimmer. Zuhause bist du im Moment nicht willkommen!«
Ryan blinzelte. Er hatte ja mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass Melody ihren Mann kurzerhand vor die Tür setzte.