Sanft strich Zane Gemma mit den Fingerspitzen über die Stirn, hinunter zur Schläfe und behielt dabei ihr Gesicht aufmerksam im Auge, während er ihre Schönheit wieder einmal mehr bewunderte. Gemma regte sich ein wenig und brummte leise, was ihn zu einem Schmunzeln brachte, er jedoch nicht aufhörte sie zu necken und mit seinen Fingerspitzen sanft an ihrem Hals entlangfuhr.
„Aufwachen, Dornröschen…“, raunte er mit weicher Stimme. „Es wird langsam dunkel draußen und du hast noch einiges mit mir vor.“
„Ohja… dass habe ich…“, murmelte sie schnurrend, mit einem halben und verschlafenem Grinsen, öffnete dann irritiert ihre Augen und spürte sofort Zanes harten Körper an ihrem Rücken. „Was…?“
„Ausgeschlafen?“
Seine samtene Stimme jagte ihr einen Schauer durch den Körper und sie unterdrückte ein kleines Aufstöhnen, ehe sie sich ein wenig aufsetzte und sofort seine Wärme vermisste, weil es doch ganz schön kühl in seinem Wohnzimmer geworden war. Gemmas Blick fiel auf die Uhr an der Wand und sie sah ihn, leicht seitlich gedreht, verblüfft an.
„Du hast mich wirklich über Stunden schlafen lassen und hast dich keinen Millimeter wegbewegt?“
„Ja. Ich wollte dich nicht wecken, da ich nicht wusste wie viel Schlaf du abbekommen hast, also habe ich den Film zu Ende geschaut und dann random eine Serie angemacht“, erwiderte er locker und zuckte leicht die rechte Schulter. „Kein großes Ding.“
Wie man es nimmt… Wenn sie sich jetzt wieder gegen dich lehnt und mit ihrem wirklich sexy Hintern näher an dich heranrückt, wird sie das ‚große Ding‘ bemerken, welches du in diesem Augenblick unterschlägst.
Leise knurrte er innerlich auf und sah Gemma dabei zu, wie sie aufstand und sich ausgiebig streckte. Wieder fiel ihm auf, wie hübsch sie in dem kurzen Einteiler aussah und betrachtete mit einem amüsierten kleinen Grinsen ihre verstrubbelten Haare. Ihr Zopf war vollkommen verrutscht und thronte nun wie eine misslungene Palme auf ihrem Haupt. Sie sah ihn fragend an und er deutete auf ihre Haare.
„Deine Haare feiern ohne dich ne Party.“
„Was?“, fragte sie überrascht und fasste sich mit beiden Händen an den Kopf. „Oh.“
„Im Flur neben der Küche gibt es ein Gästebad, dort hängt auch ein Spiegel. Dann brauchst du nicht bis hoch laufen“, informierte er sie und Gemma nickte ihm dankbar zu, ehe sie in den Flur ging.
Sein Blick folgte ihr und er bewunderte ihre wohlgeformten Beine, bevor sie abbog und aus seinem Blickfeld verschwand. Kaum hörbar stöhnte er, stand vom Sofa auf, damit er auf die Toilette gehen konnte, da seine Blase seit geraumer Zeit bereits drückte und schaltete den Fernseher aus.
„Bin kurz oben“, sagte er im Vorbeigehen, da die Tür zum Gästebad offenstand und eilte die Treppe nach oben ins Hauptbad.
Beim Händewaschen fiel ihm auf, dass der Parfümflakon nicht richtig verschlossen war und runzelte verblüfft die Stirn, ehe er ihn sich schnappte und nachdenklich betrachtete. Hatte Gemma etwa neugierig daran gerochen? Mit einem kleinen Grinsen nahm er die Kappe ab, legte ein wenig Duft nach und stellte den Flakon dann mit einem zufriedenem Blick an die gewohnte Stelle, bevor er wieder nach unten ging.
Sie stellte gerade die leeren Flaschen in die Küche auf die Arbeitsplatte und drehte sich lächelnd zu ihm um, als sie ihn im Flur hörte. Zane fuhr durch den Kopf, dass er sie gern in seinen vier Wänden sah und sich nicht einmal gewünscht hatte allein zu sein, was durchaus passieren konnte, wenn er zu lang mit jemandem am Tag zusammen war. Selbst bei seinem älteren Bruder hatte er nach einer Weile das Gefühl er müsse flüchten und für sich sein, um wieder ein wenig Ruhe zu bekommen. In Gemmas Gegenwart setzte dieser Fluchtmodus, wie er ihn gern nannte, nicht ein.
„Ich wusste nicht, ob du irgendwo das Leergut sammelst, deswegen hab ich es einfach in die Küche geräumt. Das ist doch okay, oder?“, sagte sie leicht unsicher und er grinste sie an.
„Klar ist das okay“, erwiderte er und deutete zur Eingangstr. „Wollen wir?“
„Jep. Ich habe auch die Scooterchips eingepackt, die du sonst vergessen hättest“, lacht sie vergnügt auf und klopft sich sachte auf die linke Hosentasche in der er es klappern hörte, ehe er grinste.
„Wenn ich dich nicht hätte, Gem.“
„So siehts aus“, erwiderte sie keck und schlüpfte in ihre Ballerinas.
Erheitert zog Zane sich seine leichten weißen Vans an und nahm seinen Lieblingshoodie mit Zip-Verschluss von der Garderobe, welcher mit den Farben schwarz und weiß eher farblos wirkte, wenn man sich die anderen Variationen an den Haken ansah – doch manchmal hatte er seinen eigenen Kopf, was das anbelangte. Mit geübten Handgriffen band er sich den Hoodie mit Hilfe der Ärmel um die Hüften und überprüfte, ob der Knoten hielt, ehe er zufrieden war und sie seine vier Wände gemeinsam verließen.
* * *
„Danke“, lächelte Louisa den Verkäufer an und nahm die Waffel mit dem Vanille Softeis entgegen, nachdem sie gezahlt hatte. „Ciao.“
Genüsslich leckte sie einmal um das komplette Eis herum, damit es nicht direkt an der Waffel herunterlief und seufzte dann zufrieden, ehe sie aus dem Augenwinkel Jack sah, der sie belustigt beobachtete und sein Erdbeer Softeis bereits zur Hälfte verdrückt hatte, was sie den Kopf erheitert schütteln ließ. Er war scheinbar in einigen Dingen fix, nicht nur darin unliebsame Gäste aus dem ZEE nach draußen zu ‚geleiten‘, sondern offensichtlich auch im Eisessen.
„Genießt du auch, oder vernichtest du nur?“, wollte sie schmunzelnd wissen und stellte sich in den Schatten an der Seite des Eiswagens, damit die Sonne sie nicht blendete.
„Ich kann beides gleichzeitig“, meinte er und Louisa ärgerte sich, weil sie seine Augen durch die verspiegelte Sonnenbrille nicht mehr sehen konnte, da er sich diese von seinem Freund wiedergeholt hatte, ehe sie hergegangen waren. „Wenn man nicht schnell genug ist, läuft einem das Eis über die Finger. So wie dir gerade, übrigens.“
Erschrocken richtete sie ihr Augenmerk auf ihre Finger und sah, wie das Vanilleeis sich seinen Weg bis zum unteren Ende der Eiswaffel bahnte und sich dabei nicht einmal von ihren Gliedmaßen aufhalten ließ. Ohne darüber nachzudenken, hob sie ihre Hand und leckte langsam und vorsichtig vom der Spitze der Waffel bis zum oberen Teil, ließ dabei ihre Finger aus und drehte die Waffel dann geschickt, um mit ihrer Zunge rundherum die klebrige Süße abzulecken.
Wie gebannt starrte Jack im Schutz der Sonnenbrille auf diese mehr als heiße Szene und schluckte, bevor er sich den Rest der Waffel in den Mund schob und kaute, ehe er schluckte. Verflucht, Louisa gehörte eingesperrt. Sie schaffte es, wie keine andere Frau zuvor, ihn vollkommen aus der Fassung zu bringen, denn sein Gehirn meldete ihm nur noch fatal error.
Heilige Scheiße, da fängt gleich die Waffel an zu stöhnen, Jack!
Als sie das Eis in die andere Hand nahm und, vollkommen mit sich selbst beschäftigt, ihre Finger sauberlecken wollte, trat er, ohne darüber nachzudenken, mit zwei großen Schritten auf sie zu, umfasste ihr rechtes Handgelenk und führte ihre vom Vanilleeis feuchten Finger an seine Lippen, um den Part ihrer Zunge zu übernehmen, während er seine rechte Hand an ihre Taille legte und sie mit seinem Körper gegen die Seitenwand des Eiswagens presste, um sie von den Blicken der vorbeilaufenden Leute zu schützen.
Vollkommen perplex keuchte sie auf und beobachtete ihn dabei, wie er ihre Finger mit seiner Zunge langsam und voller Hingabe sauberleckte, spürte wie die Erregung sich in ihrem Unterleib sammelte und registrierte nicht, wie die Eiswaffel aus ihrer Hand rutschte und mit einem leisen ‚platsch‘ auf dem Rasen neben ihr landete. Mit der nun freien Hand griff sie ihm an die Schulter und fand so den nötigen Halt, da ihre Beine plötzlich weich wurden und konnte ihren Blick selbst dann nicht abwenden, als Jack aufhörte die Zunge geschickt um ihre Fingerspitzen tanzen zu lassen.
Er ließ ihr Handgelenk los, schob seine nun frei gewordene Hand in ihr seidiges Haar, welches offen über ihre Schultern und ihren Rücken fiel und hielt ihren Kopf fest, während er sich zu ihr herabbeugte, mit der rechten Hand seine Sonnenbrille abnahm, welche achtlos ins Gras fiel, er sie wieder an der Taille festhielt und ihren Mund nach einem kurzen, und verlangenden Aufblitzen seiner blauen Augen leidenschaftlich und verlangend eroberte.
Louisa klammerte sich mit beiden Händen an seinen Schultern fest, stellte sich ein wenig auf die Zehenspitzen und öffnete, vollkommen von ihren Empfindungen überwältigt, ihre Lippen, um seiner fordernden Zunge willig Einlass zu gewähren, während sie in seinen Mund stöhnte, welches Jack als Aufforderung nahm, seine rechte Hand auf ihren Hintern gleiten zu lassen. Diese Frau machte ihn wahnsinnig und er würde verdammt sein, wenn er diesen kleinen Wirbelwind jemals wieder gehen ließ.
* * *
„Guck dir mal die zwei da an, die scheinen sich gleich gegenseitig zu vernaschen“, kicherte Gemma amüsiert und stieß Zane ihren Ellenbogen in die Seite. „Da, am Eiswagen, im Schatten.“
Er folgte ihrem Blick und grinste, ehe er stehen blieb und stutzte. War das nicht Jack? Zane konnte von seinem Standpunkt aus nicht erkennen, wen er küsste, aber ganz eindeutig handelte es sich bei dem Typen um den Türsteher des ZEE, welcher da gerade alles gab, dass erkannte Zane anhand des Tattoos, welches sich um Jacks rechten Arm rankte. Gemma nahm seine Hand und zog ihn leise lachend weiter, weil sie hier nicht mit Zane dieses Pärchen bespannen wollte. Er ließ sich mitziehen und schüttelte erheitert seinen Kopf über die Tatsache, dass der oft so ernste Türsteher scheinbar endlich von einem weiblichen Wesen aus der Fassung gebracht wurde, denn bisher hatte Zane noch nicht gehört, dass Jack in der Öffentlichkeit herumknutschend gesehen wurde.
Bei passender Gelegenheit würde er sich Jack schnappen und ausfragen, denn ‚neugierig‘ war Zanes zweiter Vorname.
„Willst du zuerst in die Geisterbahn, oder ins Tagada?“, fragte Gemma ihn und sah ihn über ihre Schulter hinweg an, ehe sie stehenblieb. „Entscheide du.“
„Bevor die Sonne wirklich untergeht, die Wildwasserbahn. Danach das Tagada zum Trocknen und zum Schluss dann die Geisterbahn. Und wenn wir dann noch Lust haben, können wir Scooter fahren“, schlug er nach kurzem Überlegen vor und sie nickte zustimmend.
„Solider Plan, Zane.“
„Danke für die Blumen.“
Sein Arm schob sich wieder um ihre Schultern und Gemma umfasste, aus einem Impuls heraus, mit ihrer rechten Hand seine, die locker über ihre Schulter hing, eine Geste mit der sie Zanes Herz zum Klopfen brachte, während er sich auf den Weg vor sich konzentrierte. Sie atmete tief ein und stellte erstaunt fest, dass er noch einmal das Parfüm nachgelegt hatte, welches sie an ihm so gern roch und fing an zu grinsen, was Zane nicht verborgen blieb.
„Stell dich schon mal an, ich hole uns Fahrkarten“, sagte er und nahm widerwillig seinen Arm von ihren Schultern, um zum Kassenhäuschen zu gehen.
Gemma warf ihm einen langen Blick nach, reihte sich dann hinter einer Schar voll lachender und plappernder Teenager ein und schüttelte belustigt den Kopf, als sie den Rest eines ziemlich schlechten Witz hörte.
„Vielleicht haben wir Glück und sitzen nicht wieder ganz vorn, wie beim letzten Mal“, hörte sie eines der Mädchen sagen. „Wenn wir wieder in dem vordersten Boot landen, haben wir niemanden, der vor uns sitzen will und uns abschirmt.“
„Bringt sowieso nur was, wenn der vor dir größer ist. Tim wäre geeignet, aber der will ja mit dir nichts mehr zu tun haben, Paula“, erwiderte das andere Mädchen leicht genervt. „Warum musstest du auch mit diesem blöden Kai rummachen?“
„Hey… ich hab einfach einen zu viel über den Durst getrunken, als wir im Mary’s waren und dann ist es halt einfach passiert…“, verteidigte die Erste sich vorwurfsvoll.
„Sowas passiert nicht einfach so… da gehören immer zwei zu. Und wenn du keinen Alkohol verträgst, dann trink keinen oder halt weniger.“
„Man Elena…“, stöhnte Paula und Gemma grinste hinter vorgehaltener Hand.
Zane schob sich neben sie und hielt ihr eine der beiden Fahrkarten hin, welche sie ihm abnahm und bedankte sich bei ihm, ehe sie die beiden Mädchen vor sich musterte und innerlich den Kopf schüttelte. Eine vernünftig, die andere unvernünftig. Irgendwie erinnerte sie das an ihre eigene Zeit als Teenager. Vermutlich war sie eine Mischung aus beiden Mädchen gewesen, fuhr es ihr durch den Kopf. Nachdenklich sah Gemma Zane an und kaute auf ihrer Unterlippe herum, während dieser seinen Blick schweifen ließ und Ausschau nach bekannten Gesichtern hielt. Da es mitten in der Woche war, liefen weniger herum als am Wochenende und es war eher unwahrscheinlich jemanden zu treffen, den er kannte.
„Wir sind dran“, holte Gemma ihn aus seinen Gedanken und zog ihn an ihrer Hand sanft mit sich auf die kleine Rampe aus Riffelblechplatten, auf der man bis nach oben laufen musste, um zu den einzelnen Booten zu gelangen.
Das Geräusch, wenn man darauf ging weckte Erinnerungen in Gemma als auch in Zane.
„Bitte einmal hier rein“, deutete einer der Mitarbeiter lächelnd auf das vorderste Boot.
„Gehst du nach vorn, Zane? Ich hab ein bisschen Bammel das ich rausfalle, wenn ich ganz vorn sitze“, bat Gemma ihn und biss sich auf die Unterlippe, um sich ein Grinsen zu verkneifen.
„Ich hätte dich schon festgehalten, aber wenn du dich lieber von hinten an mich klammern und nichts sehen willst, dann gehe ich natürlich gern nach vorne“, zuckte er grinsend die Schultern, stieg behände in das Boot und rutschte auf der Bank nach vorn. „So werden wenigstens meine Schuhe nicht nass.“
„Bist du eitel?“
„Nein, aber die Schuhe waren tatsächlich teuer“, lachte er leise auf und hielt ihr seine Hand hin, damit sie sicher in das Boot kam. „Es ist ein wenig rutschig, Vorsicht.“
Gemma hob das rechte Bein über die Bank und setzte sich, rutschte ein wenig näher an Zane und sah dann über ihre Schulter nach hinten. Der Mitarbeiter wies den nachfolgenden Mitfahrern andere Boote zu und setzten nur Eltern und ihre Kinder zusammen in ein Boot. Zufrieden wandte sie sich wieder nach vorn und sah an Zane vorbei.
„Siehst du überhaupt was, Gem?“
„Ja“, erwiderte sie grinsend und musterte ungeniert seinen muskulösen Rücken und seine Arme. „Ich sehe alles was ich sehen muss.“
„Dann ist ja gut“, lachte er.
„Achtung in den Booten, es geht los! Bitte bleiben Sie während der Fahrt sitzen.“
„Endlich“, freute Gemma sich und hielt sich links und rechts an den dafür vorgesehenen Haltestangen fest, welche innerhalb des Boots befestigt waren.
Das Boot setzte sich in Bewegung und sie betrachtete die Dekorationen, welche ihren ganz eigenen Charme besaßen und liebevoll platziert wurden, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Zane konzentrierte, dem das Ganze scheinbar noch zu unspektakulär war, denn er pfiff ein Lied vor sich hin und trommelte mit den Fingern auf der Außenhaut des Boots, darauf bedacht sich die Finger nicht zu klemmen.
Sie so nahe hinter sich zu wissen machte ihn gelinde gesagt ein wenig nervös und diese Nervosität versuchte er nun zu überspielen, bevor er sich irgendwie blamierte und atmete innerlich erleichtert auf, als sie über das breite Gummiförderband zum höchsten Punkt der Anlage transportiert wurden und dort anhielten. Sofort rutschte Gemma näher an ihn heran und schlang die Arme um seinen Bauch, um sich an ihm festhalten zu können, was ihm ein kaum wahrzunehmendes Knurren entlockte, da er damit in dieser Sekunde nicht gerechnet hatte. Ihre Oberschenkel schmiegten sich an seine und er umfasste die Haltestange direkt vor sich, damit seine Hände beschäftigt waren und er sie nicht über ihre Knie wandern ließ.
„Halt dich gut an mir fest, Gem, es geht verdammt tief runter“, riet er ihr und stieß einen Jubelschrei aus, als es endlich abwärtsging und sie sich halb lachend und halb kreischend an ihm festklammerte.
Das Wasser spritzte in alle Himmelsrichtungen und Zane bekam die volle Ladung ab, ganz so, wie er es erwartet hatte und wischte sich, noch immer lachend, über das Gesicht, während einzelne Wasserperlen auf seiner Haut kitzelten und fuhr sich mit den Händen einmal durch die vollkommen durchnässten Haare.
„Alles okay?“, fragte er besorgt über seine Schulter hinweg, konnte sie jedoch nicht sehen, da sie sich noch immer an seinen Rücken drückte. „Gem?“
Adrenalin pumpte durch ihren ganzen Körper und sie hatte den kleinen Kälteschock auf ihrer Haut noch nicht ganz verarbeitet, den das Wasser auf ihrer mehr als durch die Sonne erhitzte Haut ausgelöst hatte, denn ihr kompletter Rücken war klatschnass. Damit hatte sie überhaupt nicht gerechnet und es hatte ihr, im wahrsten Sinne des Wortes, den Atem samt Stimme verschlagen.
Zane bekam keine Antwort und drehte sich, irgendwie, in Gemmas Armen um und schickte einen kurzen Dank für seine Beweglichkeit in den unmöglichsten Positionen in Richtung Himmel, ehe er sah und nun auch hörte, wie sie nach Atem rang und reagierte, bevor er überhaupt darüber nachdachte, denn er hatte beim erste Hilfe Kurs aufgepasst und frischte diesen auch regelmäßig auf, weil er ständig Kinder um sich herum hatte, denen er das Tanzen beibrachte und die vor Anstrengung jederzeit kollabieren konnten.
Er packte sie bei den Hüften, schob sie ein Stück nach hinten, fasste sie bei den Handgelenken und löste ihre Arme sanft, aber mit Nachdruck von seinem Körper, um ihre Unterarme auf die Bank zwischen Gemma und sich zu legen und drückte sie an den Schultern vorsichtig ein Stück nach vorn unten, damit es ihren Brustkorb entlastete und die Luft besser zirkulieren konnte.
„Öffne deinen Mund ein klein wenig, Gem, leg die Lippen leicht, ganz leicht, aufeinander und lass einen schmalen Spalt, sodass die Wangen entspannt bleiben und atme langsam und ruhig ein und aus“, wies er sie möglichst ruhig an und unterdrückte jegliche Panik, die in ihm aufsteigen wollte, damit diese sich nicht auf sie übertrug.
Mit aufkeimender Panik versuchte sie die Umsetzung von Zanes sanfter und irgendwie beruhigender Stimme und spürte, wie ihre Atmung sich langsam aber sicher normalisierte und schloss die Augen, ganz auf Zanes Anwesenheit konzentriert. Sie bekam wieder besser Luft und hatte nicht mehr das Gefühl gleich ersticken zu müssen. Tief atmete sie durch und setzte sich wieder richtig hin, hob ihren Blick und sah ihn leicht zittrig an, während ihr Herzschlag und Puls noch um die Wette rasten.
Ihre Pupillen waren geweitet und Zane musterte sie mit einem forschenden und besorgten Blick, versicherte sich, dass es ihr den Umständen entsprechend gut ging und stellte fest, dass ihre Atmung sich normalisiert hatte und sie die letzten Ausläufer der Angst langsam abschüttelte. Erleichtert stieß er ein Stöhnen aus und fuhr sich mit beiden Händen über sein Gesicht und durch die Haare, ehe er mit beiden Händen nach ihr Griff und fest an seine völlig durchnässte Brust zog, damit er seine letzten labilen Nerven beruhigen konnte, während sie ihre Arme um ihn schlag und versuchte nicht in Tränen der Erleichterung auszubrechen. Kurzzeitig hatte sie wirklich gedacht, sie würde ersticken und Zane müsste ihr hilflos dabei zusehen. Aber er hatte schnell und richtig gehandelt und ihr in ihrer wohl bisher schwersten Situation geholfen, was dazu führte, dass ihr Herz ihm noch ein Stückchen mehr zuflog, als sowieso schon.
„Gott, Gem, du hast mir einen tierischen Schrecken eingejagt“, raunte er heiser an ihrem Ohr und sie atmete tief seinen vertrauten und beruhigenden Duft ein, ließ sich von ihm halten und schloss für einen winzigen Moment ihre Augen. „Geisterbahn und Tagada fallen heute flach. Dein Körper verkraftet nicht noch einen weiteren Schock, ich hoffe das ist dir bewusst?“
Ein leichtes Nicken war die Antwort und er wollte gerade etwas hinzufügen, als das Boot am Startpunkt andockte und zwei Mitarbeiter es besorgt festhielten, damit sie aussteigen konnten. Mit Widerwillen löste er sich behutsam von Gemma, stieg aus und als sie aufstand, umfasste er ihre Taille und hob sie aus dem Gefährt, damit sie nicht ausrutschte und sich noch verletzte. Am liebsten hätte er sie auf seine Arme genommen und auf kürzestem Weg zu sich nach Hause gebracht, beherrschte sich jedoch mühsam und schlang einen Arm um ihre Taille, damit er sie stützen konnte.
„Geht es Ihnen gut?“, erkundigte sich einer der beiden Mitarbeiter ernsthaft besorgt und Gemma nickte ihm mit einem leichten Lächeln zu.
„Danke… ja… ich muss mich gleich nur ein wenig hinsetzen, dann geht es schon wieder.“
„Setzen Sie sich am besten ein wenig in die Sonne, so lang diese noch da ist“, riet ihr der andere Mann und deutete vage in Richtung Sonne, die bereits am untergehen war und alles in ein sanftes orange-gelbes Licht tauchte.
Vorsichtig verließen sie das, durch die nassen Schuhsohlen, rutschige Riffelblech und traten auf den Rasen, als Zane sie auch schon auf seine Arme hob.
„Halt dich an mir fest, Gem, ich bringe dich zu einer der Bänke. Du musst deine Kräfte für einen Moment schonen, sonst klappt dir der Kreislauf weg“, sagte er und sie schob einen Arm um seinen Nacken. „Genau so.“
Zane trug sie mit schnellen Schritten zu einer der Parkbänke, etwas abseits des allgemeinen Trubels und setzte sie dort behutsam ab, richtete sich auf, löste den Zip-Hoodie von seinen Hüften und legte ihn Gemma um die Schultern, während er sich suchend umsah.
„Bin sofort wieder da“, informierte er sie im Gehen und steuerte eine der Getränkeausgaben an.
Sie sah ihm aufseufzend hinterher und lehnte sich zurück, zog dabei die Jacke richtig an, hielt sie vorn zusammen, ohne den Reißverschluss zu schließen und atmete mit geschlossenen Augen seinen Duft ein, der im Stoff hing und sie noch ein bisschen mehr beruhigte. Froh um Zanes Anwesenheit stiegen ihr Tränen in die Augen und sie presste die Lippen aufeinander, um nicht loszuweinen. Hier und da spürte sie die mitfühlenden und teils auch besorgten Blicke jener, die das kleine Drama mitbekommen hatten und sie wollte vor diesen fremden Menschen nicht weinen, weswegen sie sich voll und ganz auf Zanes Geruch fokussierte, den seine Jacke ausströmte.
„Alles gut?“, hörte sie seine besorgte Stimme und öffnete ihre Augen, sah, dass er neben ihr saß und zwei Becher in den Händen hielt. „Trink, Gem. Aber langsam, okay?“
„Hmhm“, gab sie unbestimmt von sich und nahm einen der Becher Cola entgegen, nippte vorsichtig daran und lehnte sich vertrauensvoll an ihn, als er einen Arm um sie legte und sie an sich zog.
„Ruh dich aus. Wenn du ausgetrunken hast, kommst du mit zu mir – keine Widerrede. Mir ist deutlich wohler, dich in meiner Nähe zu haben, nach diesem Zwischenfall.“
Ernst hielt er ihren Blick fest und konnte das Erstaunen in ihren Augen erkennen, weshalb er ihr ein Lächeln schenkte und ihr einen Kuss auf die Stirn hauchte. Für einen schrecklichen Moment lang hatte er geglaubt, er würde Gemma verlieren, weil sie erstickte, ehe sein Kopf die Führung übernommen und sein Körper einfach nur funktioniert hatte. In diesem Moment war ihm klar geworden, dass er sie immer bei sich haben wollte. Aber wie sollte das funktionieren, wenn er doch ihr Cousin war? Wiederholt ging ihm durch den Kopf, dass diese Verbindung nicht verboten war und sie durchaus ein Liebespaar sein durften… Doch wenn er ehrlich war, wollte er mehr. Er wollte sie ohne wenn und aber. Das gesamte Paket von heiraten über Kinder. Wie sollte das gehen? Mit irgendjemandem musste er über seine Gefühle und Wünsche sprechen – nur mit wem? Wer würde ihn am besten verstehen, ohne ihn zu verurteilen?
* * *
Jack hatte das letzte bisschen Selbstbeherrschung zusammenkratzen können und sich von Louisas, durch seine fordernden Küsse, geschwollenen Lippen gelöst und sie wortlos, aber sanft, an der Hand hinter sich hergezogen, nachdem er seine Sonnenbrille aus dem Gras gefischt und sich aufgesetzt hatte, um sie nicht noch an der Wand des Eiswagens intimer anzufassen oder auch nur durch noch viele weitere heiße Küsse vorzuführen, denn das verdiente sie nicht. Louisa verdiente so viel mehr, doch er musste sich in Geduld üben und es nicht überstürzen, denn tief in ihrem Inneren schlummerte eine verwundete Seele. Er konnte es spüren und es war ihm wichtig, dass sie sich in seiner Nähe wohlfühlte und sich nicht zu irgendwas gedrängt fühlte.
Mit flatternden Nerven starrte sie auf seinen breiten Rücken und bildete sich ein, noch immer seine harten Muskeln unter ihren Handflächen zu fühlen, während seine Lippen auf ihren lagen. Dabei hielt er sie an der Hand und drückte sie nicht mehr gegen den Eiswagen und küsste sie. Noch immer war sie verwirrt und gab dem Drang nach, die Finger über die Lippen zu streichen zu lassen, ehe er seinen Schritt verlangsamte, sie an seine Seite nahm und tatsächlich mit ihr Händchen hielt. Verwundert sah sie zu ihm auf, die Lippen dabei einen winzigen Spalt geöffnet und wünschte sich, seine Augen sehen zu können, welche er erneut hinter der verspiegelten Sonnenbrille verbarg. Wollte er nicht, dass sie in ihnen lesen konnte?
„Ich wollte dich nicht so überrumpeln, Vortice, es tut mir leid“, sagte er und seine Stimme klang rauer als sonst. „Das war übergriffig und hätte nicht passieren dürfen.“
Er bereute es bereits sie geküsst zu haben? Verfluchter Mistkerl! Anscheinend war er doch nicht anders als alle anderen Männer und ebenfalls nur auf eines aus: Vergnügen und weg. Auffauchend riss sie ihre Hand aus seiner und sah ihn mit vor Wut blitzenden Augen an. Irritiert blickte er sie an und fragte sich, was plötzlich in sie gefahren war, bevor er sich innerlich vor die Stirn schlug. Jack war noch nie besonders gut darin gewesen, seine Gefühle auszudrücken und die richtigen Worte zu finden, weshalb sie seine Worte natürlich vollkommen falsch verstanden hatte. Bei ihr war angekommen, dass er das Ganze, was zwischen ihnen geschehen war bereits bereute, was definitiv nicht der Fall war.
„Louisa…“, wollte er dieses Missverständnis aufklären, doch sie unterbrach ihn verletzt.
„Du bist doch genau wie alle anderen Typen! Erst das holen, was sie wollen und dann bereuen und den Schwanz einziehen“, presste sie angestrengt hervor und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er sie gerade verletzt hatte. „Schön – du hattest deinen Spaß anscheinend und gehst nun deinen Weg. Tut mir leid, dass ich deinen Ansprüchen nicht gerecht werde. Vielleicht sollte ich mich darauf einstellen, dass ich für niemanden gut genug bin, niemals die Eine sein werde und immer die zweite Wahl bleibe. Die, die niemand will, außer es bietet sich grade nichts besseres an. Weißt du was? Danke für deine Hilfe heute und danke auch für diese Erfahrung, aber tu mir bitte den Gefallen und tritt nicht noch einmal nach.“
Nach dieser wütenden, und doch mehr als leidenschaftlichen Rede, drehte sie sich um und lief davon. Sprachlos starrte er ihr hinterher und konnte nicht glauben, dass sie seine Worte so in den falschen Hals bekommen hatte, dass sie verletzt geflüchtet war, nachdem sie ihm, aufgrund ihres italienischen Temperaments, eine mehr als deutliche Ansage gemacht hatte.
Verflucht, dieses Mädel hatte Feuer im Hintern und das gefiel ihm. Sogar sehr. Nur hatte er jetzt ein einziges Problem: Er kannte weder ihren Nachnamen, noch ihre Adresse und hatte natürlich auch ihre Telefonnummer nicht. Und nach diesem Abgang den sie hingelegt hatte, bezweifelte er, dass sie in der nächsten Zeit, oder generell, noch einmal im ZEE auftauchen würde.
Houston, we have a problem.