„Willst du wirklich wieder Mistelzweige aufhängen, Ethan?“, erkundigte Zane sich sicherheitshalber und sah seinen älteren Bruder fragend an.
„Was spricht dagegen?“, wollte der irritiert von ihm wissen.
„Eigentlich hast du recht damit… immerhin sind wir den Spinner los der diese Zweige ausnutzen wollte“, schüttelte der Jüngere den Kopf. „Vergiss meine Frage wieder.“
Mit einem leichten Grinsen schnappte Zane sich die Holzkiste mit den Mistelzweigen und rief Jannis zu sich, der auch direkt kam.
„Was gibts?“
„Hilfst du mir fix mit den Zweigen? Zu zweit geht es einfach schneller. Nimm du jeweils einen und häng ihn random auf. Ich trage dir die Kiste hinterher, dann brauche ich sie nicht ständig abstellen und wieder hochnehmen.“
„Ich verstehe, du Fuchs“, zwinkerte Jannis ihm grinsend zu und griff sich einen der Zweige. „Und sonst? Wie geht es meinem künftigen Patenkind?“
„Alles bestens. Er wächst und macht Gem zu schaffen. Noch zirka vierzehn Wochen bis zur Geburt. Momentan fliegt die Zeit einfach nur dahin, aber ich genieße jeden einzelnen Tag“, erwiderte Zane lächelnd und beobachtete Jannis während er den Zweig über der Eingangstür befestigte. „Und wie läuft es mit deinem Kerl?“
„Bestens. Wir sind weiterhin happy und ich kann mich schon gar nicht mehr an den Namen meines Ex erinnern“, lachte sein Gegenüber amüsiert auf und ging weiter zur Bar.
„Und du meinst ihr werdet zusammen alt?“
„Ich kann es nur hoffen. Sicher kann man sich ja da nicht sein, oder?“, beantwortete Zanes bester Freund die Frage und angelte einen weiteren Mistelzweig aus der Kiste, damit er sie über dem Tresen anbringen konnte. „Reicht das so, oder ist der zu nahe an uns dran?“
„Geht. Wir wissen ja dass sie dort hängen und können sie meiden. Nur nicht vergessen, Jannis“, neckte Zane ihn und erntete ein leises Schnaufen von diesem.
„Kaum zu glauben dass wir bereits wieder Heiligabend haben. War es nicht erst gestern als Tia hier reingeschneit kam und Ethan den Arsch vor dieser Viper gerettet hat?“
„Kommt mir auch so vor… und als Gem hier aufgetaucht ist, nachdem sie Dexter in den Wind geschossen hat“, entgegnete Zane gedankenverloren und sah zu seinem Bruder hinüber, der gerade einige Lametta Girlanden am DJ-Pult anbrachte. „Und Tia hat gedacht Gem sei ein Betthäschen von meinem Bruder. Ich könnt mich noch immer kringeln, ehrlich.“
„In diesem Moment war es für sie sicherlich nicht so lustig“, mahnte Jannis mit einem ernsten Blick über seine Schulter, da er aktuell einen Mistelzweig über der Tür zu den Damentoiletten anbrachte. „Stell dir doch nur mal vor, du würdest bei mir reinschneien und plötzlich steht da Gem in einem Hauch von nichts und starrt dich verschlafen an.“
Lachend schüttelte Zane seinen Kopf.
„Keine Chance dass ich da etwas rein interpretieren könnte. Immerhin sind Mädels nicht dein Fall und obendrein würdest du dich hüten dich an Gem zu vergreifen.“
„Ist richtig… dann halt nicht in meiner Bude sondern bei… hm… Jack?“
„Der ist rettungslos in seine Louisa verliebt. Und daran wird sich sobald auch nichts ändern, glaub mir das. Aber ich verstehe worauf du hinauswillst. Ich würde es überhaupt nicht witzig finden und mir den Typen zur Brust nehmen in dessen Wohnung sie sich befindet.“
„Siehst du. Endlich hast du es verstanden. Tiara muss sich elend gefühlt haben, da sie von einer vermeintlichen Cousine überhaupt nichts gewusst hatte. Wobei Ethan zu diesem Zeitpunkt noch Single war und tun und lassen konnte was er wollte.“
„Hat er aber nicht. Es war bei beiden Liebe auf den ersten Blick. Nur war mein Bruder schneller und hat es eher begriffen und zugelassen als Tia. Zwischendurch habe ich echt gedacht dass sie ihm nie eine Chance geben würde. Doch Gem hat ein echtes Händchen für sie bewiesen“, grinste Zane.
„Ein kleiner Schubs in die richtige Richtung…“, murmelte Jannis und befestigte den letzten Zweig an der Tür zum Treppenhaus. „Fertig.“
„Der hier hängt wirklich perfekt, findest du nicht auch?“, deutete der jüngere Williams auf den Zweig über Jannis Kopf, der dem Fingerzeig folgte, resigniert aufseufzte und seine Arme vor der Brust verschränkte.
„Nun mach schon… du wirst nicht eher aufgeben, richtig?“
„Richtig“, erwiderte Zane feixend, beugte sich vor und gab seinem besten Freund einen dicken Schmatzer auf die Wange. „Hast du dir verdient.“
Ein Pfeifen ertönte und beide sahen zu Ethan, der grinsend applaudierte.
„Wann kann ich euch das erste romantische Date arrangieren?“, wollte der ältere Bruder amüsiert wissen und trat zu den beiden Freunden. „Heute noch?“
„Vergiss es. Das war ein brüderlicher Kuss, Ethan“, informierte Jannis seinen Chef grinsend.
„Das sah mir aber nach mehr aus“, ärgerte Ethan ihn und wackelte neckisch mit den Augenbrauen.
„Du bist so doof, Alter.“
„Das ‚Alter‘ nimmst du sofort wieder zurück.“
„Nope.“
„Erste Abmahnung“, lachte Ethan belustigt auf und Jannis zeigte ihm, ebenfalls grinsend, den Vogel. „Und direkt die zweite hinterher. Du brichst alle Rekorde.“
„Meinst auch nur du. Ich bin jetzt erst mal zu Hause und werde mich noch eine Runde hinlegen. Meine Nacht war recht kurz und ich habe nicht viel schlafen können. Wir sehen uns später, Jungs.“
Jannis schmunzelte und schnappte sich seine Jacke vom Barhocker, damit er sie sich überziehen konnte, ehe er über das Treppenhaus das Gebäude verließ.
„Ich werde nach Tiara sehen, sie hat momentan vermehrt mit Rückenschmerzen zu kämpfen. Vielleicht tut ihr ein heißes Bad gut“, sagte Ethan und seufzte leise auf. „Wer hätte gedacht dass eine Frau schon vorab so viel leiden muss. Ehrlich gesagt hatte ich vorher keine Ahnung.“
„Nicht? Ich habe mich belesen und damit auseinandergesetzt. Man sollte sich informieren, großer Bruder“, tadelte Zane ihn mit einem Grinsen und Ethan verdrehte die Augen. „Da muss ich dir als der Jüngere also sagen wo der Hase langläuft?“
„Er hoppelt, Zane, er hoppelt.“
„Klugscheißer.“
„Und verdammt stolz drauf. Aber zumindest bist du bei Gem bestens vorbereitet.“
„Definitiv. Ich kann es kaum noch erwarten, wobei die Zeit rast.“
„Tiara ist bereits in der einunddreißigsten Woche. Der pure Wahnsinn. Und in einer Woche haben wir den Jahreswechsel. Danach gehen wir in die finale Phase und halten im März unsere Tochter im Arm. Und ihr folgt uns im April mit eurem Sohn. Großer Gott, Zane.“
„Denk nicht zu sehr darüber nach, sonst kriegst du noch schlotternde Knie“, lachte der Angesprochene und grinste dann breit. „Wir bekommen das schon gemeinsam hin. Einer für alle und alle für einen. Du weißt doch: zusammen sind wir einfach unbesiegbar.“
„Ohne dich würde ich vermutlich irgendwann wahnsinnig vor Sorge werden.“
„Könnte durchaus passieren. Und nun spute dich und geh hoch. Gem wird auch schon auf mich warten, also sehe ich zu dass ich nach Hause komme und noch ein wenig mit ihr und ihrem süßen Babybauch kuschle.“
„Du bist verrückt, weißt du das?“
„Da erzählst du mir tatsächlich nichts neues“, winkte Zane kopfschüttelnd ab. „Ich bin gegen achtzehn Uhr hier. Vorher solltet ihr allein zurecht kommen, denke ich. Habt ihr Not am Mann, melde dich bei mir, dann komme ich eher.“
„Nein, nein. Alles gut. Mach du nur und komm wenn es dir passt. Wir sind ausreichend Mitarbeiter und schaukeln das Schiff schon“, widersprach Ethan vehement und klopfte seinem Bruder mit der Hand auf die Schulter. „Grüß Gem von mir.“
„Mache ich.“
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Gemma stöhnte unterdrückt auf und rieb sich den unteren Rücken als sie aus der Hocke wieder hochkam. Vielleicht sollte sie solche anstrengenden Sachen in der restlichen Schwangerschaft nicht mehr machen. Aber sie wollte unbedingt die Lichterkette anbringen und hatte sich dafür in die Hocke begeben, denn das bodentiefe Fenster des schnuckeligen Einfamilienhauses lud direkt dazu ein. Zane und sie hatten innerhalb weniger Wochen dieses Schmuckstück gefunden, besichtigt und gekauft. Der Umzug gestaltete sich nicht als umständlich und Zane hatte sich mit Ethan, Jannis und seinem Freund darum gekümmert. Selbst Diamond und Ace hatten zwischendurch immer wieder geholfen.
„Brauchst du Hilfe?“, fragte Ace sie und musterte sie besorgt. „Du siehst aus als könntest du eine Pause gebrauchen.“
„Schon okay… ich hab nur ein wenig Rückenschmerzen, weil ich zu lang in ein und der selben Position verbracht habe. Halb so wild“, lächelte sie ihn an. „Ich kann noch immer nicht fassen dass ich dich im Club damals nicht erkannt habe.“
„Als du mich angerempelt hast?“, schmunzelte er und schob die Hände in seine Hosentaschen. „Ich war erstaunt als ich gemerkt habe dass ihr beide mich nicht erkennt.“
„Wir haben dich auch schon einige Jahre lang nicht gesehen.“
„Habe ich mich wirklich so verändert?“
„Hm. Doch, ja. Du warst früher eher schlaksig und nerdig. Brille, Zahnspange… ein Spargeltarzan“, neckte sie ihn liebevoll. „Aber vom Charakter her bist du der selbe wie damals.“
„Soll ich mich jetzt angegriffen fühlen weil du mich scheinbar früher als Spargeltarzan bezeichnet hast?“, schmunzelte Ace und schüttelte fassungslos den Kopf. „Irre was man sich von dir alles so gefallen lassen muss. Zane kann einem schon fast ein wenig leid tun.“
Lächelnd legte Gemma den Karton der Lichterkette auf den Couchtisch und strich sich unbewusst über den Bauch, während sie ihren Freund aus Kindheitstagen ins Auge fasste. Er war der Sohn eines Koreaners und einer Amerikanerin, hatte viele Gene seiner Mutter abbekommen, doch man konnte deutlich die koreanischen Wurzeln erkennen. Seine Gesichtszüge waren eine interessante Mischung, die wohl viele Frauen magisch anzog.
„Sunshine, ich bin wieder…“, lächelte Zane, der gerade das Wohnzimmer betrat und stoppte erstaunt im Gehen, als er Ace erblickte. „...da. Ace, was tust du denn hier?“
„Ich freue mich auch dich zu sehen, Zane“, grinste sein Gegenüber amüsiert. „Die Zeit ließ es zu und ich wollte schauen wie ihr euch eingelebt habt. Immerhin war ich seit eurem Einzug hier nicht mehr da.“
„Und?“, fragte Zane interessiert und hob seine Augenbrauen.
„Modern, aber doch heimelig. Gefällt mir richtig gut. Besonders das Kinderzimmer eures Sohnes.“
Solang er das Schlafzimmer nicht gesehen hatte war Zane alles recht. Er mochte Ace, doch das Wissen dass er Gemma damals süß gefunden und für sie geschwärmt hatte, gaben ihm ein Kopfkino welches er nicht haben wollte. Und er konnte nichts dagegen tun, verflucht.
„Freut mich, wirklich.“
„In der Küche steht ein Paket für uns“, schaltete Gemma sich ein, die mitbekommen hatte dass Zane sich nicht wohl in dieser Konstellation fühlte. „Ich habe es noch nicht geöffnet und wollte auf dich warten.“
Zane warf ihr einen Blick zu und lächelte, ehe er sich umdrehte und dabei einen letzten Blick auf Ace warf, der verwundert die Brauen zusammenzog. Was war in Zane gefahren? So war er doch sonst nicht, wenn sie sich trafen. Wobei die Zeiten sich geändert hatten und er ihn zuletzt vor einigen Jahren flüchtig in New York gesehen hatte, als er mit seinen Eltern und Ethan über einen der unzähligen Weihnachtsmärkte gelaufen war. Und damals war der ‚kleine‘ Zane noch Single gewesen. Gemma. Er selbst hatte in seiner frühesten Jugend für das Mädchen geschwärmt, jedoch niemals feste und ernste Absichten gehabt. Hatte Zane damals bereits ein Auge auf Gem geworfen und reagierte deshalb so wie eben? Hatte ihm jemand gesteckt was damals Phase war? Dann konnte er seine Reaktion durchaus bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen.
Mit dem Paket bewaffnet kam Zane wieder ins Wohnzimmer und setzte sich zu Gemma, die bereits auf der Couch saß und neugierig das Paket beäugte, welches er auf dem Tisch abstellte. Ace beobachtete die beiden und lächelte in sich hinein, weil er fand dass sie perfekt zusammenpassten und miteinander harmonierten. Eine andere Frau konnte er sich nicht an Zanes Seite vorstellen. Und auch zu Gemma passte niemand anderer als er.
„Ich wette das Paket ist von deinen Eltern, Zane“, äußerte Ace seine Vermutung und fing den Blick seines Gegenübers ein. „Liege ich richtig in der Annahme?“
„Tust du, Ace. Es ist von meinen Eltern.“
Ace lehnte sich an die Wand neben der Wohnzimmertür und verschränkte die Arme vor der Brust, um die Knöchel zu überkreuzen.
„Ich bin für dich kein Konkurrent. Euch zwei möchte niemand trennen der euch besser kennt. Ihr seid in meinen Augen das perfekte Paar“, merkte er ruhig an und sah wie Zane verwundert wieder vom Paket aufsah und seinem Blick begegnete. „Ich meine es ernst, Zane. Mach dir wegen mir keinen Kopf. Ich fand deine Frau niedlich als ich fünfzehn war. Das ist Jahre her und der Frauentyp hat sich deutlich geändert seitdem ich erwachsen bin.“
„Woher…?“
„Ich kann eins und eins zusammenzählen, mein Freund. Wir haben uns zwar eine halbe Ewigkeit weder gesehen noch unterhalten, doch ich kann dir von der Stirn ablesen dass du eifersüchtig bist. Allerdings auf mich bezogen ziemlich grundlos.“
Seufzend fuhr Zane sich mit der rechten Hand durch die Haare und wandte sein Gesicht dann Gemma zu, die ihn beruhigend anlächelte.
„Schon okay. Du musst dich bei mir nicht dafür entschuldigen. Ich konnte mir denken was in dir vorgeht und ich kann es auch gut nachvollziehen“, sagte sie und legte ihre Hand auf seinen Oberschenkel. „Und jetzt mach das Paket auf, ich vergehe vor Neugierde fast.“
„Tut mir leid, Ace. Ich weiß dass du niemandem die Frau ausspannen würdest. Immerhin hast du selbst in dieser Hinsicht bereits schlechte Erfahrungen sammeln müssen.“
Ace verzog unwillig seine Lippen und schnaufte dann leise.
„Ja… Yuna ist nicht die treuste Seele gewesen. Vermutlich hätte ich nach der Trennung nicht wieder weich werden dürfen.“
„Ihr seid wieder zusammen?“, wollte Zane verwundert wissen und öffnete das Paket behutsam um nicht versehentlich etwas kaputt zu machen. „Seit wann?“
„Seit zwei Wochen… aber ich bin mir nicht sicher ob das die beste Entscheidung war.“
„Wenn dein Gefühl dir sagt dass es falsch ist, dann solltest du darauf vertrauen, glaub mir“, wies Zane ihn auf das Wesentliche hin und zog einen Strampler aus dem Versandkarton damit er ihn in die Höhe halten und betrachten konnte. „Granny’s little darling… Mom übertreibt wieder maßlos.“
Grinsend legte er den Strampler zur Seite und griff erneut in das Paket. Dieses Mal handelte es sich dabei um ein paar kleine Söckchen in babyblau, die er an Gemma weiterreichte, die sie festhielt und von einem Ohr bis zum anderen grinste.
„Ich sehe schon, Belinda war im Kaufrausch für ihren Enkelsohn. Die Frau fackelt wirklich nicht lang. Hast du da drin auch ein paar Schnuller made in New York?“, amüsierte Ace sich köstlich und reckte den Hals ein wenig. „Sag schon.“
„Zufällig habe ich hier zwei Schnuller und eine Rassel. Hergestellt und gekauft in den USA.“
„Als hätte ich es gewusst.“
„Du kennst Belinda gut“, bemerkte Gemma verwundert und sah Ace an.
„Schon, ja. Ich war mit ihr den ein oder anderen Café trinken, ehe ich nach Deutschland gekommen bin. Sie hat mein Deutsch ein wenig aufpoliert und mir einige Ratschläge bezüglich meiner Situation mit Yuna gegeben.“
„Und was hat sie dazu gesagt?“, hakte Zane interessiert nach und stellte den leeren Karton auf den Boden neben dem Tisch.
„Zu meinem Deutsch?“, zog Ace ihn grinsend auf, da er wusste dass Zane nicht darauf anspielte.
„Nope… zu deiner Perle.“
„Perle. Hm. Sie mochte Yuna von Anfang an nicht sonderlich und hat mir das auch offen ins Gesicht gesagt. Belinda denkt dass sie mir nicht gut tut und ich die Finger von ihr lassen sollte, wenn ich mir mein Herz nicht erneut brechen lassen will“, gab er widerwillig zu und blickte Zane offen an. „Tief in meinem Inneren weiß ich dass sie nicht im Unrecht liegt, doch…“
„Du liebst deine Freundin noch.“
Gemma hatte es ausgesprochen und sah Ace mitfühlend an.
„Ehrlich gesagt weiß ich das gar nicht so genau. Ich habe noch gewisse Gefühle, doch ob ich diese als Liebe bezeichnen würde… Keine Ahnung. Es fällt mir schwer eine Bezeichnung dafür zu finden. Klingt das irgendwie mies?“
„Nein, ganz und gar nicht. Sie hat dich schwer verletzt und dich betrogen. Das ist kein Pappenstiel und jeder Mensch würde an der Aufrichtigkeit seines Partners oder seiner Partnerin zweifeln“, beantwortete sie seine Frage ehrlich. „Allerdings solltest du mit ihr offen darüber sprechen, sofern ihr dieses Gespräch nicht schon bereits hattet.“
„Bisher nicht, nein.“
„Dann wird es Zeit. Je eher du Klarheit geschaffen hast, desto schneller kannst du in dich reinhören und entscheiden was das Beste für dich ist.“
„Ich kann Gem nur beipflichten. Eine gut durchdachte Entscheidung muss her, sonst wirst du früher oder später daran zugrunde gehen“, schaltete Zane sich wieder ein und lehnte sich in die Kissen zurück. „Ist sie auch in Deutschland?“
„Sie wollte nicht mit hier her. Ich soll am liebsten wieder nach New York kommen, doch das möchte ich gar nicht. Wohl fühle ich mich hier in Braunschweig, so seltsam das vielleicht auch klingen mag. Hier habe ich meinen Club und ich habe Diamond als meinen besten Freund an meiner Seite. Ihr seid hier und bald euer kleiner Prinz. Was hält mich denn dort? Yuna? Momentan eher weniger befürchte ich“, entgegnete Ace nachdenklich und rieb sich das glattrasierte Kinn.
„Du hast dir deine Antwort anscheinend bereits selbst gegeben, Kumpel.“
Die Blicke der Männer trafen sich und Ace schüttelte leicht seinen Kopf, ehe er sich von der Wand abstieß und die Hände wieder in die Taschen schob.
„Vielleicht sollte ich wirklich erst einmal ein Gespräch mit ihr suchen und dann darüber nachdenken was sie möchte und was ich eigentlich will. Auf Dauer macht eine solche Fernbeziehung keinen Sinn, zumal sie auf Biegen und Brechen nicht einmal für einen Besuch herkommen möchte.“
„In meinen Augen ist die Beziehung eine Farce. Sorry wenn ich dir das so brutal ins Gesicht sage, aber anders wäre es keine sonderlich große Hilfe für dich“, sagte Zane und rieb sich den Nacken.
„Schon in Ordnung, Zane. Ich schätze deine Ehrlichkeit. Immerhin auf die ist Verlass, wenn ich schon meiner eigenen Freundin nicht über den Weg trauen kann.“
Fehlendes Vertrauen. Die Entfernung. Die Tatsache, dass sie nicht zu Besuch herkommen wollte. Seine unsicheren Gefühle ihr gegenüber. War die Beziehung wirklich nur eine Farce? Bildete er sich vielleicht ein dass er sie noch immer liebte? Mit einem Blick auf Gemma und Zane konnte er nicht glauben dass er Yuna überhaupt jemals geliebt hatte. Wahrscheinlich war es damals eher der Wunsch sie zu lieben als dass es wirkliche Gefühlsregungen dieser Art waren. Gott, was war er nur für ein widerliches Arschloch.
„Halt die Ohren steif, Ace. Wenn was ist, dann melde dich oder komm einfach rum. Ich habe jederzeit ein offenes Ohr für dich. Gerade weil ich dich indirekt beschuldigt habe das du noch immer was von Gem wollen könntest“, grinste Zane verlegen und Ace erwiderte das Grinsen belustigt. „Hör auf mich zu verspotten, Castillo.“
„Würde ich nie tun, Williams. Und nun verabschiede ich mich, denn mein Bett ruft. Heute hat Diamond Schicht und ich kann die Nacht zur Abwechslung schlafend verbringen.“
„Dann genieße die Bettruhe, ehe sie wieder vorbei ist“, amüsierte Gemma sich grinsend und sah Zane an. „Bringst du ihn noch zur Tür? Ich bewege mich für die nächsten Stunden nicht mehr von der Couch weg, es sei denn meine Blase verlangt es dringend von mir.“
Nickend erhob er sich und lächelte ihr zu.
„Dann mach dich lang und ich massiere dich gleich. Danach geht es dir bedeutend besser, du wirst schon sehen, Sunshine.“
Gemeinsam mit Ace ging er zur Haustür und öffnete ihm diese.
„Danke für das Angebot. Du kannst natürlich auch jederzeit rumkommen, wenn du was auf dem Herzen hast. Oder einfach nur auf ein Bier“, zwinkerte sein Freund ihm zu und Zane schmunzelte.
„Gern. Komm gut nach Hause.“
„Immer“, hob Ace im Gehen die Hand und sah über seine Schulter hinweg kurz zu Zane.