Donnerstag. Zwei Tage hatte Josef von Sonja nichts gehört oder gesehen. Insgeheim hatte er gehofft, sie würde wieder an seinem Haus vorbei joggen und auch, wenn er es sich selbst nie zugegeben hätte, er war die letzten zwei Tage etwa 10 Minuten früher nach Hause gekommen, um ja nicht zu versäumen, wenn Sonja an seinem Anwesen vorbeikommen würde...
Auch heute fuhr er etwas früher nach Hause, aber Sonja war nicht auszumachen. Doch als er den Briefkasten leerte, war da ein Kuvert. Er nahm es mit ins Haus und öffnete es. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht...
Lieber Josef!
Was mir da neulich passiert ist... der Schwächeanfall und meine Hilflosigkeit... das wäre mir normalerweise total peinlich! Aber er hatte sein Gutes! Wie sonst hätte ich in den Genuss deiner Fürsorge kommen sollen und mich sooo in dich verlieben...?
Ich wünsche mir so sehr, dass du mich nicht für eine oberflächliche Schickimicki-Braut hältst! Es war unglaublich schön, von dir umsorgt zu werden. Ja! Ich weiß, ich sollte mich schämen! Aber ich hoffe sooo sehr, dass du morgen um sieben bei mir vor der Tür stehst und dich (kulinarisch) von mir verwöhnen lässt!
Ich koche auf jeden Fall für dich und warte nicht darauf, dass du mir antwortest! Wie auch? Wir haben unsere Handynummern nicht ausgetauscht! Deshalb bin ich heute zu deinem Haus gelaufen und hoffe inständig dass du in deinen Briefkasten schaust... Und ich wünsche mir so sehr, dass du morgen da bist!
Bussi, Sonja
Josef war total von den Socken! Dieser Brief stellte Sonja in ein völlig anders Licht! War sie etwa doch nicht so oberflächlich? Diese Frau gefiel ihm so sehr! Sie war der Inbegriff dessen, was er sich, hätte er je zuvor darüber nachgedacht, gewünscht hatte!
Er konnte sich den ganzen Abend nicht mehr wirklich konzentrieren. Aber einfach zu ihr fahren, sagte er sich, wäre ein Fehler gewesen... Er würde sie morgen Abend mit seiner Anwesenheit und einem fantastischen Blumenstrauss für ihre Ehrlichkeit belohnen. Und , wer weiß... was dieser Abend für sie beide bereithalten würde...
Sonja hatte ein traumhaftes Abendessen in Vorbereitung. Sie nahm sich die Freiheit, einmal ihrer Gabe, Lebensmittel in unglaublich schmackhafte Gerichte zu verwandeln, freien Lauf zu lassen. Sie sah Josef direkt vor sich, sein Staunen, wie unglaublich gut man alltägliche Zutaten zu Delikatessen ersten Ranges machen konnte! Du wirst dich wundern, mein Junge! Dachte sie sich. Und dabei merkte sie... dass ihr nicht egal war, was er von ihr, von ihren Kochkünsten hielt... Verdammt! Es war ihr wichtig, ihn zu beeindrucken! Aber... Na Gut! Das gehörte ja schließlich zu ihrem ursprünglichen Plan: Ihn richtig zu beeindrucken! Und doch: Langsam wurde ihr klar, dass hier irgendwas einfach überhaupt nicht nach Plan lief...