Resigniert verließ der Senior die Stube. Josef war aufgewühlt. Er hörte ein Auto abfahren. Es hörte sich aber nicht nach Vaters Benz an. Er ging zur Haustür und öffnete sie. Sonjas kleiner Fiat verschwand in Richtung Hauptstraße...
War sie ihm nachgefahren? Warum? Ihr kleiner Brief von neulich fiel ihm ein, deshalb sah er im Briefkasten nach. Tatsächlich befand sich eine Nachricht darin.
"Lieber Josef!
Ich schäme mich und fürchte, auf Dich jetzt aufdringlich zu wirken. Das bin ich gewiss nicht und wenn Du das wünschst, werd ich Dich nicht mehr kontaktieren. Ich möchte aber, dass Du mich erreichen kannst, wenn Du das willst! Wir haben nämlich auch diesmal keine Handynummern ausgetauscht. Deshalb habe ich Dir noch diese Notiz gebracht und ich wünsche mir sehr, dass Du mich anrufst oder simst. Es würde mir das Herz brechen, dich nicht mehr zu sehen. Ich schwöre dir, ich werde Dir alles erklären! Ich hab Dich lieb! Bitte glaube mir! Und was die unglaublich zärtliche letzte Nacht betrifft, Josef: Nicht Du... Nein, Ich habe zu danken...
Deine traurige Sonja
Die wohl alles kaputt gemacht hat, bevor es was werden konnte..."
Josef las die Mitteilung ein zweites Mal. Auf der Rückseite hatte sie ihre Handynummer notiert. Irgendwie fand er es süß, wie sie agierte. Sie schien immer zu wissen, wie sie ihn mitten ins Herz treffen konnte! Wenn nur diese Ahnungen nicht dauernd durch seinen Kopf schleichen würden. Er durfte sich einfach nicht Hals über Kopf in sie verlieben. Zu tief saß noch die Enttäuschung durch Sabine. Es konnte nicht schaden, die Nummer in den Speicher zu klopfen... mal sehen, was sich noch ergeben würde...
Sein Handy vibrierte. Er nahm es aus der Tasche und betrachtete das Display. "Unbekannt". Ob Sonja es war? Aber sie hatte doch seine Nummer noch nicht, oder...? Er nahm das Gespräch an.
"Servus Seppl! I bins, da Fischer-Michl. I hab ma dei Nummer rausgsuacht, weil i hätt was zum Reden mit dir."
"Griaß di, Michl! Um was gehts denn?"
"Ja, des is am Telefon net so gschickt... hättst net kurz Zeit, dass ma uns kurz treffen, oder schaust kurz auf an Selchfisch bei mir vorbei?"
"Jetzt gleih, oder was?"
"Ja, des passert mir ganz guat, Sepp! Wennst Zeit hast, könnts`t gleih a kemma."
"Passt! Dann bin i in a halben Stund bei Dir, Michi!"
"Sehr guat! Dank da scheh, Sepp! Bis nocha!"
Irgendwie wusste Sepp nicht, ob er sich über eine Ablenkung freuen sollte, oder lieber über seine Beziehung mit Sonja nachdenken. Die Konfrontation mit seinem Vater hatte ihn aus dem Konzept gebracht, dann die Nachricht von Sonja, jetzt das Treffen mit Michl...
Er stieg in seinen Volvo und fuhr Richtung Innerschwand. Er war gespannt, was ihm der alte Michl zu sagen hatte. Und die Aussicht auf eine geräucherte Reinanke mit etwas Zitrone und Oberskren ließ seine Stimmung nicht mehr weiter sinken. Sie war ohnehin schon ziemlich im Keller...