Der Freitag wollte nicht und nicht vergehen. Jedenfalls empfand er es so. Josef hatte in Salzburg eine Baubegehung gehabt und war bei der anschließenden Abhandlung derselben einfach nicht richtig bei der Sache. Immer wieder musste er in die eben gemachten Notizen schauen, um den Faden nicht zu verlieren. Da es allerdings ohnehin zu große Unstimmigkeiten gab, hatte er kurzer Hand einen neuen Termin veranschlagt und verlangt, dass die bisher angesprochenen Mängel bis dorthin großteils erledigt, der Rest zumindest in Angriff genommen werden musste.
Nach zwei Anhörungen am Landesgericht, auf die er als Bausachverständiger gut vorbereitet war, machte er sich dann gegen 16:00 auf den Heimweg nach Mondsee, wo ihn sein erster Weg zum Blumenladen führte. Er hatte bereits telefonisch einen fantastischen Blumenstrauß bestellt, der auch schon abholbereit war. Er fuhr damit nach Hause, legte ihn in die kühle Speisekammer, um ihn frisch zu halten und begab sich anschließen sofort ins Bad.
Sonja hatte ein großartiges Abendessen vorbereitet, das aus mehreren Gängen bestand. Sie hatte Wert darauf gelegt, frische Ware zu verarbeiten und alles sah sehr lecker aus. Die frischen Farben der Paprika und Gemüsevariationen, Die kleinen Filetstücke, die auf das Anbraten warteten, ließen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Da es ein warmer Tag war, hatte sie auf der kleinen Terrasse gedeckt, recht liebevoll und dekorativ. Eine Frau, die einen Sinn für Ästhetik hatte und für (ihren) Josef so liebevoll dekorierte...? Sie selbst erkannte den Widerspruch, doch verdrängte sie die immer wieder anklopfenden Gedanken, die der Otto Normalverbraucher wohl als Gewissen deklariert hätte.
"Mach dir keine Gedanken und genieße den Abend, Mädel! Was ist denn nur los mit dir?!"
Sich selbst zu belügen, ist eine Kunst, die nicht jeder sein Eigen nennt. Sie hatte das immer perfekt beherrscht, doch diesmal war es anders! Sie freute sich sehr darauf, dass sie in Kürze von Josef besucht werden würde und sie hatte sich sehr bemüht, ihm einen wundervollen Abend zu bereiten. Allerdings würde sie sich heute ein wenig reservierter geben, oder aber, es zumindest versuchen. Sie hatte nämlich das Gefühl, dass ihn der Kuss letztes Mal ein Wenig überfordert hatte. Dabei hatte sie genau gespürt, dass Josef scharf auf sie gewesen war! Und wie! Am liebsten wäre er über sie hergefallen! Oder sie über ihn... ? Sie war sicher, dass es ihm genauso ging. Aber er war wohl lieber Jäger als Beute. Er konnte ja nicht wissen, wie schön es sein konnte, von ihr erobert zu werden...
Aber bitte! Wenn er es lieber etwas langsamer angehen wollte, sie würde ihn kriegen, so oder so! Sie wusste: Kein Mann würde ihr auf Dauer widerstehen, wenn sie ihn wollte... und sie wollte ihn!