Karl war, wie vereinbart zu den Mayerhofers gefahren, wo ihm Hannes die Haustüre öffnete.
"Servus Karl! Komm mit nach hinten auf die Terasse. Ich hab die Markise ausgefahren, damit uns die Sonne nicht röstet. Magst du auch ein kaltes Bier?"
"Ja gerne, Hannes!"
Er folgte Hannes, der auf dem Weg zur Terasse kurz die Küchentür öffnete.
"Karl ist da! Ist noch Bier im Kühlschrank, oder soll ich im Keller Nachschub holen, Mama?"
"Geht nur auf die Terrasse, ich bring euch gleich was!"
Hannes zuckte die Schultern "Auch gut!" Und ging mit Karl, der die Mädels ebenfalls begrüßen wollte, weiter."
"Die kommen gleich nach, Karl. Die haben dich schon sehnsüchtig erwartet..."
"Darf ich dich was fragen Hannes?"
Die beiden setzten sich gegenüber auf die schwere Holzgarnitur. "Klar!"
"Es ist sehr schön von euch, dass ihr mich so gut aufnehmt, Natalie und du. Ich möchte den Bogen aber nicht überspannen... Ich meine, Kommst du klar damit, dass ich mich in eure Familie dränge? Ich möchte dich nicht als Familienoberhaupt von deiner Position verdrängen! Und ich möchte auch nicht irgendwie deine Autorität untergraben oder so! Weißt du was ich meine?"
"Das wirst du aber müssen, mein Freund!"
Erstaunt lehnte sich Karl ein wenig zurück. Erwartungsvoll sah er Hannes an.
"Wie meinst du das, Hannes?"
"Schau mal, Karl, ich bin gerade mal achtzehn. Ich kann Papas Firma nicht weiterführen, geschweige denn übernehmen. Noch nicht! Weder von der Ausbildung her, noch von der Autorität. Die Arbeiter würden mich mit Sicherheit nicht ernst nehmen und von unserem Personal möchte ich keinen bestimmen. Wir haben Bauleiter. Gute Leute, aber ich möchte ihnen nicht die Betriebsleitung oder Geschäftsführung anvertrauen. Und da Mutter dich offensichtlich sehr liebt und dir vertraut, hoffe ich, dass du uns in dieser Richtung ebenfalls unterstützt, eventuell vorerst die Firmenleitung übernimmst und mich ein Wenig einführst in die Arbeitswelt, bis ich mit der Ausbildung fertig bin. Du hast lange genug mit meinem Vater zusammengearbeitet sowohl als Freund und Kollege, wie auch als Firma. Deshalb möchte ich dich bitten, mir mit deinem Wissen einen guten Einstieg in die Bauwelt zu ermöglichen, um später mit mir gemeinsam die Firma zu leiten, sie vielleicht sogar mit deiner zusammenzulegen"
Karl war perplex. Damit hatte er nicht gerechnet. Wobei... Hannes hatte völlig Recht! Und Karl würde ihn ganz sicher nicht hintergehen. Karl war beeindruckt, wie reif der Junge tatsächlich schon war, denn bisher hatte er immer nur am Rande mitbekommen, dass er mit seinem GTI Anzeigen sammelte und sich niemals um Belange der Firma gekümmert hatte! Noch nicht mal in den Ferien beim Praktikum...
"Danke für dein Vertrauen, Hannes! Dein Anliegen ehrt mich. Hast du denn mit deiner Mutter schon darüber gesprochen?"
"Würdest du denn auf meinen Vorschlag eingehen, wenn Mutter einverstanden wäre?"
"Ich würde weder Dich, noch Natalie oder deine Mutter jemals im Stich lassen, Hannes! Mit Sicherheit nicht!"
Renate kam mit Zwei Gläsern und zwei Flaschen Bier.
"Was war das eben mit Vorschlag? Verbündet euch nicht gegen mich, ihr zwei!" lächelte sie.
"Wir würden uns niemals gegen dich verbünden!" kam es wie aus der Pistole geschossen von beiden, worauf sie lachen mussten.
"Dann bin ich ja mal froh, dass ihr euch so gut versteht!"
"Das kannst du auch sein, Mutter! Karl und ich haben ein wichtiges Thema diskutiert, das uns alle betrifft und ich glaube du wirst begrüßen, was er zu meinem Anliegen gesagt hat!"
"Jetzt macht ihr mich neugierig!"
Renate hatte keine Vorstellung, worum es eben gegangen war. Sie hätte ihrem Sohn auch gar nicht zugetraut, dass er schon begonnen hatte, die Geschicke der elterlichen Firma in die Hand zu nehmen, beziehungsweise in erfahrene Hände zu legen, um sie später selbst übernehmen und im Sinne der Familie leiten zu können. Karl war aufgestanden um Renate zu begrüßen. Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.
"Schön dass du gekommen bist, Karl! Essen kommt gleich."
"Danke für die Einladung, Natti! Ich freue mich, dass ich mit euch essen darf! Übrigens hat Hannes eine wichtige Frage aufgeworfen und eine gute Idee dazu gehabt. Wir sollten uns nach dem Essen vielleicht alle vier darüber unterhalten. Du siehst das doch auch so, Hannes?"
"Genauso, Karl! Wir sollten das alle Vier zusammen entscheiden..."