Der Michl führte ein paar Telefonate und besuchte schließlich den Obmann des Fischereiverbands, um ihn für sein Vorhaben zu gewinnen. Die Idee, Brantner vom Boot aus die Baustelle besichtigen zu lassen, gefiel auch diesem gut. Bauherr Jansen hatte keine rechtliche Handhabe, dagegen vorzugehen und einige der Verstöße gegen die Bauordnung und vor allen Dingen gegen den genehmigten Bauplan, waren vom Boot aus deutlich genug wahrzunehmen. Das Beste jedoch war: Die Fotos würden zwangsläufig zu einer Untersuchung führen, mit welcher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Brantner junior beauftragt werden würde.
Josef saß mit seiner Angebeteten auf ihrer kleinen Terasse im ersten Stock, wo der Sichtschutz ausreichte, um in Boxershorts frühstücken zu können. Irgendwie wollte sich die traute Zweisamkeit von gestern bei weitem nicht so intensiv einstellen wie gestern Abend. Obwohl beide es zu ignorieren versuchten, stand Sonjas Geheimnis zwischen ihnen. Sowohl er wie auch sie waren hin und hergerissen von dem Verlangen sich zu halten, zu küssen und doch... und doch plagten den verliebten Josef nach dieser fantastischen Nacht Zweifel an Sonjas Liebe. Er hätte es nicht beschreiben können, aber die Tatsache, dass es etwas gab, das sie ihm nicht anvertrauen konnte, ging ihm nicht aus dem Kopf. Es wäre zu schön, mit ihr eine echte Liebesbeziehung zu unterhalten...
Schließlich kleidete er sich an und setzte sich noch einmal zu ihr an den Tisch, als er aus dem Schlafzimmer zurück gekommen war.
"Josef, ich weiß, es ist nicht schön für dich, glauben zu müssen, ich vertraute dir nicht und sei deshalb nicht bereit, es dir zu sagen, aber so ist es nicht. Bitte gib mir etwas Zeit... ich weiß einfach nicht, wie ich es dir sagen soll... aber ich möchte unbedingt mit dir zusammen sein! Ich will es so sehr! Vertrau mir bitte, ich werde dir alles sagen... ich möchte dir alles geben aber ich bin noch nicht so weit..."
Josef stand auf und ging um den Tisch herum. Auch Sonja stand nun auf. Er küsste sie zärtlich und hielt, tief in ihre Augen blickend, noch ein paar Sekunden ihr Gesicht in Händen. "Danke, für die schöne Nacht... Bis bald, Kleines..."
Er wandte sich um und ging. Sonja stand wie angewurzelt da. "Josef, bitte...!" Sie hörte die Wohnungstür ins Schloss fallen und wusste nicht zu deuten, was ihr sein Abgang sagen sollte...
Brantner senior wartete indes ein weiteres Mal auf seinen Sohn, welcher - doch das konnte er nicht wissen - ausgerechnet heute so gar keinen Kopf für dessen Anliegen hatte. Doch bei Betreten der gemütlichen Zirbenholz-Stube war es bereits zu spät, einer Konfrontation auszuweichen...