Für einige zu überprüfende Schiffe waren wir schon zu weit. Die würde ich meinem Bruder überlassen. Wir waren dem Bereich unseres Armes schon längst entronnen, was aber nicht bedeutete, dass dieser Bereich des Alls leer war. Es war nur so, dass hier mehr sternlose Trümmer zu finden waren.
Dem Planeten, der nun unter uns lag, wurde der Bezeichnung Trümmer allerdings nicht gerecht. Er hatte ungefähr 1,3 fache Erdmasse, lag in Wolken gehüllt und hatte eine Oberflächentemperatur im Schnitt von angenehmen fünfundzwanzig Grad, überall. Er war geologisch höchst aktiv und Materialmäßig langweilig. Es wirkte, als gäbe es keine höheren Elemente in seiner Kruste. Ich vermutete stark, dass es sich bei diesem Planeten um den Nachtplaneten aus den Datenbanken handelte und erste Bilder von der Oberfläche, die von unseren Sonden aufgezeichnet wurden, zeigten blau leuchtende Früchte mit gelben Punkten. Natürlich standen Mogon und Lily auf der Brücke und wollten unbedingt da runter. Ich sah zu Tekau, die meinte, dass sie bisher nichts Verdächtiges gefunden hätte. Für ihr dafürhalten war der Planet nicht bewohnt.
Das machte mich jedoch stutzig. Immerhin hatte Mogon seine Frucht von den "Göttern", wie die Sklavenhalter damals von Banshee noch genannt wurde, bevor sie ihre Natur erkannten und sie aus dem Himmel pusteten. Der Besuch der Relaner auf diesem Planeten war also Astronomisch gesehen vor recht kurzer Zeit gewesen. Sie mussten diesen Planeten auf dem Planten ihre Spuren hinterlassen haben. Bevor ich also den Landgang der beiden erlaubte, ließ ich nochmal einen genauen Scan durchführen.
Was soll ich sagen, der Planet war wohl jetzt leer. Früher schien er von jemand bewohnt worden zu sein. Die Scanner der Sonden fanden die Ruinen einer Stadt mit einer großen Freilichtbühne in ihrem Zentrum. Alles war jedoch von matt leuchtenden Pflanzen überwuchert.
"Ich denke, das Leuchten hat System“, hörte ich Lily hinter mir fachsimpeln. „Überleg doch mal, Mo. Wenn eine Pflanze von einem Tier verbreitet werden will, muss es diesem begreiflich machen, welcher Teil von ihr besonders schmackhaft ist. Die Wesen fressen diesen Teil und der Samen fällt später zusammen mit dessen Kot an eine neue Stelle des Planeten zu Boden, weit entfernt von der Mutterpflanze."
"Und von was leben die Pflanzen, Lil?"
"Also wenn ich das richtig gesehen habe, waren deine tief schwarz. Die nutzen das komplette Restspektrum des Lichtes, die lassen keine Quelle außer Acht. Und hier ist es doch so Hell wie bei uns in einer Vollmondnacht."
"Was ist das?", wollte Mogon wissen.
Ich stellte für mich fest, dass Bewohner von Planeten ohne Mond die Helligkeit von gespiegeltem Licht echt unterschätzten. Hier allerdings war es der Wasserdampf in den Wolken, der das Licht von glühenden Lavaströmen auffing und alles sanft erhellte. Wetter war auch etwas, das man auf dieser Welt vergebens suchte. Thermik entstand durch Vulkane und die waren Ortsgebunden. Der Planet hatte keine eigene Rotation, der Winde angetrieben hätte. Insgesamt war es also Verwunderlich, dass sich hier überhaupt Leben gebildet hatte. Und dass es dazu noch intelligent genug für eine Stadt geworden war, fast schon noch verwunderlicher.
"Ist die Zivilisation von dort?", fragte ich daher.
"Nein", sagte Shima hinter mir. "Sie dürften die Vogelwesen aus dem Rat gewesen sein. Eine von den Spuren, die die Kinder entdeckt haben, zielt genau auf diesen Planeten. Sie müssen hier vor über zweihundertfünfzig Jahren angekommen und notgelandet sein."
"Und wo sind sie?"
"Vielleicht haben sie nicht überlebt", bemerkte Nick. "Nicht jeder kann in solch einer Dunkelheit auf Dauer geistig gesund bleiben. Denk an die Königin. Und bei ihr waren es nur zwei Jahre."
"Okay, ich genehmige den Landgang. Aber ihr nehmt Mia und Bexie mit."
"Als Aufpasser?", fragte Lily etwas empört.
"Als Rückendeckung."
Als sie gut weg waren, kam Treja auf die Brücke.
"Wir dürfen nicht landen", sagte sie.
"Das ist schlecht", antwortete ich. "Die vier sind schon im Landeanflug."
"Sie müssen sofort umkehren, der Planet ist verseucht."
Ich sprang zum Funk, aber aus dem kam nur rauschen. Der Kern des Planeten störte unseren Funk. Ich fluchte herzhaft und ging dann Richtung Shuttledeck. Ich zog Treja mit mir.
"Womit ist der Planet verseucht", fragte ich.
"Das haben die Kinder nicht gesagt. Nur das in der Datenbank steht, dass der Planet die Wesen verändert, die auf ihm landen. Die Sklavenhalter haben alle, die von dem Planeten starten wollten, getötet und das ganze Gebiet als Sperrzone angegeben."
Das konnte allerdings viele Gründe haben, dachte ich. In den aktuellsten Datenbanken der Relaner war auch The Dark Side der Banshee als Sperrzone eingezeichnet. Ich rief über den Bordfunk Kannzu, unseren Relaner in die Shuttleabteilung. Während wir warteten, machte ich ein weiteres unserer Shuttles startklar. Es waren dieselben, die wir auch auf der Hydra-Terra gehabt hatten. Theoretisch hätten wir sie sogar in der Hydra-Terra lassen können, hatten wir ja auch das Schiff mitgenommen. Aber warum sollten wir den Aufwand betreiben. Schiffe aus der Shuttlerampe des einen Schiffes in die Shuttlerampe des nächsten Schiffes zu schleusen um dann nochmal auszuschleusen.
Warum wir die Hydra-Terra mitgenommen hatten? Für den großen Auftritt. Die Pi war zu groß, um irgendwo zu landen. Die Shuttles waren zu klein, um alle Diplomaten zur gleichen Zeit auf eine Oberfläche zu bekommen. Die Hydra-Terra hatte die Größe, war überlichtfähig und sah auch noch gut aus.
Nach zehn Minuten war ich mit meinen Vorbereitungen fertig und es fehlte nur noch der Relaner. Statt ihm kam dann allerdings Zero.
"Ich wollte Kannzu hier haben."
"Kannzu kann dir hierbei nicht helfen", stellte er fest. "Wir beide werden fliegen."
Das sagte er und stieg ohne ein weiteres Wort an Bord. Ich sah nochmal kurz zu Treja und folgte ihm dann.