Was wir mit jedem neuen System auf unserer Seite auch bekamen, waren Informationen. Wer waren die Bewohner, von wem stammten sie ab, waren sie Ureinwohner oder Kolonisten. Wer kannte wen und warum? Es war ein Netz aus Beziehung aber auch aus Vorurteilen und speziell die letzteren wurden von den Kontrollgeräten des Rates, und soviel war mittlerweile klar, stark verstärkt.
Ich hatte mir die Frage gestellt, wie waren die Geräte auf die Planeten und in die Häuser der Herrschenden gekommen, so dass sie korrumpiert wurden. Es war Handel gewesen.
Die Relaner waren das mächtigste Handelsvolk des hiesigen Sektors. Sie hatten auf Planeten Handelsstützpunkte aufgebaut, meist mit Genehmigung der alten Herrscher. Schon bald wurden diese erst Reich und dann mächtiger als die ursprünglichen Herrscher. Die gedankenkontrollierten Stellvertreter, die ohne Skrupel nach Macht strebten, waren den mit Moral belasteten überlegen. Ihr Weg war immer der einfachere, da sie das verursachte Leid nicht sahen. Das machte es aber für uns am Ende einfacher, dass System wieder zu Fall zu bringen, da sich die Herrscher nicht vorstellen konnten, dass sich jemand gegen sie stellen und Erfolg haben könnte. Überheblichkeit war ihre Achilesverse.
Juliet stand mit mir vor der Tür eines weitern Herrschers, dem unsere Miniyana gerade das Gedankenkontrollgerät geklaut hatten. Wir wussten beide, dass bei diesem Typen alles passieren konnte. Seine Rasse gehörte zu den größten Sklavenhändlern in der Galaxie. Wo sie genau hergekommen waren, stand dabei noch nichtmal fest.
"Bereit?", fragte ich Juliet. Die nickte.
Ich schob die große Doppeltür zu dem Gemach des Herrschers auf, in dem ein dichter Dunst einer Psychodelisch wirkenden Substanz hing. Genau in dem Moment war ich froh, dass jeder an Bord mittlerweile in der Macht trainiert und Herr über seine Gedanken war. Hier drin würde sonst die wildeste Fantasy beflügelt.
Das Wesen lebte in einem Haarem. Bestimmt hundert verschiedene Wesen räckelten sich mehr oder weniger nackt in Kissen herum und geizten nicht mit ihren anatomischen Vorzügen. Juliets Gesicht wurde bei diesem Anblick zu einem Stein.
"Immer noch bereit?", fragte ich vorsichtig.
"Lass es uns schnell hinter uns bringen."
In der Mitte des Raumes saß ein Wesen, das einer behaarten Schnecke ähnelte, wenn man davon absah, dass es ein echtes, wenn auch recht aufgedunsenes Gesicht besaß. Es war so Fett, dass es nicht mehr mit seinen eigenen Armen an den eigenen Mund kam, weshalb es von zwei nackten menschlichen Frauen gefüttert wurde. Wobei dabei manchmal die lange Zunge des Wesen landete, ersparre ich mir hier.
Wir waren hergekommen, um mit ihm das wichtigste Gut überhaupt zu handeln, Informationen. Er hatte angeblich die Besatzung der Adriane gekauft. Das war jetzt etwa zwanzig Jahre her. Laut unserer Quellen waren die da noch in Stase gewesen.
Gerade wollte das Wesen von einem verwirrt dreinblickenden Humanoiden in Uniform und blauen Füllern auf dem Kopf wissen, was eine Katze in seinem Gemach mache.
"Ich bin wegen Geschäften hier. Sonst würde ich hier keinen Fuß reinsetzen", bemerkte Juliet mit großer Abscheu in der Stimme. Das Wesen musterte erst Sie dann mich, bevor es sich drehte und nach hinten aus dem Raum glitt. Wir folgten vorsichtig seiner schleimigen Spur.
Der Raum dahinter war ganz anders. Dort war eine Vorrichtung, die den schwabbelnden Körper in eine Art Rüstung presste, so dass es jetzt Arme hatte, mit denen es auch richtig etwas anfangen konnte. Damit begann er nun, auf einer Art Computerfeld herum zu tippen.
"Parker. Euer Ruf eilt euch vorraus. Ihr seit die derzeit meist gesuchten Verbrecher der Republik. Euer Kopfgeld beträgt hunderttausend Kredits pro Person und deine Tochter mit dem Hexenblick sogar fünfhuntertausend. Viele Kredits für so ein kleines Wesen."
"Der meint Freya. Woher wissen Sie von Freya", wollte Juliet wissen.
"Ein so mächtiger möglicher Wächter? Ich bitte euch. Glaubt ihr wirklich, ihr könnt eure Spuren so leicht verwischen? Der Ausbruch auf Nebulon, die Schwingung, als die Ketzer von Sagitarius geschlagen wurden. Dann das Entzünden der Sonne von Schrkarss. Glaubtet ihr wirklich, das würde nicht bemerkt werden?"
Wir wussten von keinem dieser Ereignisse. Das Bild, was jedoch gerade aufflammte war eindeutig Freya, in den Armen von Zero. Er hatte es an seine Mutter gesendet, weil die wissen wollte, wie es Freya ging. Gerade in dem Moment setzte sie wieder ihren Willen durch und eine Flasche Milch flog auf sie zu. Zero hatte das nicht mitbekommen. Er war in dem Moment nur ganz der stolze Papa.
"Levitation in so jungen Jahren. Das beherrschen nur die mächtigsten Wächter."
"Sie wird nie eine werden", stellte ich fest. "Nur über meine Leiche."
"Und die deiner Familie, ich weiß", sagte das Wesen.
Ein Bildschirm flackerte auf und die Pi-Hydra wurde gezeigt. Im nächsten Augenblick traf sie ein mächtiger Energiestrahl, auf den erst eine Explosion hier unten und dann das Schiff von den Bildschirmen verschwand.
"Hmm", sagte das Schneckenwesen in seinem Anzug.
"Haben Sie echt gedacht, dass wird so einfach?", lachte Juliet. "Haben Sie wirklich geglaubt, dass wir die Waffen in ihrer Festung nicht gesehen hätten, dass wir keine Gegenmaßnahmen einleiten und erhöht wachsam sind?"
"Ihr wahrt so dumm, euch in meine Hand zu begeben."
Er drückte einen weiteren Knopf. Als nichts passierte, kam ein erneutes "Hmm."
"Ich würde es mit dem Klassiker versuchen. Per Funk rufen. Oder haben sie ein derartiges System erst garnicht von den Relanern installieren lassen."
"Es ist nicht von den Relanern. Sie benutzen es nur", schimpfte die Schnecke. "Sie haben keine Ahnung, was es bewirkt, diese lächerlichen Emporkömmlinge."
Er drehte an einem Regler, der auch wieder nicht das bewirkte, was es wohl sollte.
"Hat er einen Chip", fragte Ich meine Tochter. Die schüttelte den Kopf.
"Sein Hirn steckt zwischen den Windungen seines Darms und der ist durchzogen von Carliumfasern. Er dürfte weder von der Macht noch von sonst etwas beeinflusst werden. Wenn das natürlich ist, dann gehört er zu den wenigen Wesen, die absolut Frei von Beeinflussung ist."
"Er ist also von Natur aus ein überhebliche Arschloch und kann sich nicht mit einem Chip rausreden?"
"Genau so sieht es aus", sagte Juliet und zog eines der Lichtschwerter. Mit einem Hieb zerteilte sie zielsicher das Pult vor der Schnecke. Eine kurze Entladung zeigte, dass dabei auch eine Art Waffe das zeitliche segnete. "Entschuldigen sie", sagte sie ruhig. "ich hab die Geduld verloren. Wo waren wir stehen geblieben? Achja, Vorstellung. Wir sind die Parkers, sie sind Tusch, der Sklavenhändler dieses Sektors, sie haben eine Ware, die wir gerne hätten und nun sollten wir endlich zu dem Teil mit dem Preis kommen."
Das Wesen sah vor sich auf das glühende gespaltene Pult und dann wieder zu Juliets Katzoiden Grinsen.
"Ich kann langsam ihre Fazination zu den Katzenartigen verstehen", bemerkte Tusch.
"Das kaltblütige Verhandeln, wenn es sein muss, habe ich von meinem Papa", kommentierte Juliet. "Und der ist, wie sie wissen, ein Mensch."
"Die Paarung aus einem Mensch und einem Affen", kommentierte die Schnecke. "Kein echter Mensch."
"Und ich bin Stolz auf all meine Vorfahren. Ich habe von allen nur das Beste bekommen. Aber könnten wir endlich zur Sache kommen oder wollen Sie uns hinhalten, bis die Wächter kommen? Wir haben ihren Funkspruch abgefangen. Henriette hat gesagt, dass die von jetzt an noch zwei Stunden brauchen, bis die hier sind."
"Einer eurer freien Drachen? Die jeder fünfzigtausend Kredits wert ist und ihr dieses Kapital einfach verderben lasst?"
"Welchen Wert hat euer Haarem?", fragte Juliet unvermittelt. "Wäre es für euch nicht viel lohnender, jede einzelne von ihnen gewinnbringend zu verkaufen? Was ist die jungfräuliche Relanerin wert? Hunderttausend? Was die Florianerin, jetzt, wo die Bezugsquellen versiegt ist. Eine Millionen? Die katanische Prinzessin, die gerade aus ihrer Umnebelung erwacht und von der all die Phermone stammen, die drüben den Raum füllen. So selten ist dieses Wesen, dass sie alleine bereits für einen ganzen Planeten den Besitzer gewechselt hat. Tuska sieben? Sie war euch jede einzelne fast leere Mine auf dem kahlen Felsen wert."
"Ihr könnt nicht in meinen Geist blicken, dass ist unmöglich", stammelte Tusch.
"Das ist richtig. Ich blicke in die Gedanken derer, die ihr hier versklavt habt. Und dadurch habe ich auch schon die Information erhalten, die ich eigentlich für zehn Millionen Kredits von euch kaufen wollte. Das ist jetzt echt dumm für euch, weil ihr jetzt wirklich nichts mehr habt, was ihr irgendjemand anbieten könntet."
Juliet ging zurück zur Tür vom Haarem. Kurz sah sie auf das Schloß und verschmolz es dann mit dem Lichtschwert.
"Papa?", lass uns gehen. "Wir werden den Grossteil seines Haarems mitnehmen. Er hat Glück. Ein paar Spezies finden Schneckoiden echt erregend und bleiben freiwillig bei ihm. Ich würde das an ihrer Stelle nicht vermasseln."
Juliet drückte die Tür auf und zwanzig Minuten später waren wir um siebzig Passagiere reicher.