Es waren nur noch zwei Stunden vor der großen Ratsversammlung und schon jetzt musste auch der König von Sydika B wissen, dass er die Macht über den Ratsplaneten an eine einzelne Familie verloren hatte. Es half kein Zetern. Es halfen keine Planetenweite Steckbriefe. Es half nicht, dass er Vermögenswerte verpfändete, die er nicht mehr besaß. Keiner wollte ihn von den Parkers befreien. Und alle beobachteten die Wächter in ihrem Tempel. Die konnten plötzlich keinen Schritt mehr auf dem Planten machen, ohne das wir davon erfuhren.
Aber in der Zeit, wo wir unser Diplomatenviertel auf den Kopf stellten und von einem Slum in das erste Viertel des Planeten verwandelten, ohne das viele Wesen dort umziehen mussten, waren auch noch andere Diplomaten aus der Republik eingetroffen. Ziemlich viel Aufhebens wurde dabei um ein Schiff gemacht, dass laut Jimal vom Planeten Neron stamme, einer Abedanerbasis im Bereich der Außerwelten, die eigentlich als nicht richtig existent und ausgeplündert galt. Als sie mir das System zeigten, für den dieses Sprachen, wurde mir richtig warm. Es zeigte Hydra. Wie und vor allem warum hatte unserer Welten einen Sitz im Rat und warum wohnten dort Abedaner, die sich seit Jahrhunderten nicht geregt hatten. Immerhin hatten wir fast zehn Jahre vor ihrer Nase die Welten auf den Kopf gestellt.
Es brachte aber auch eine andere Frage. Wo standen jetzt Red und der Rat der Föderation. Wir wollten kein Teil der Republik sein. Und jetzt verlief diese Grenze durch unser System, durch das Zuhause der Familie Parker.
Ich zog mir alles heran, was es zu den Abedaner zu wissen gab. Ursprünglich waren diese Reptilien die Verteidiger der Republik. Sie waren die Krieger, die Fußtruppen. Sie kämpften an den Fronten, wo sie der Rat hinschickte und sie waren gut, in dem, was sie taten. Die letzten Aufträge führten sie sich aber nicht mehr selber, sie wurden den Wächtern unterstellt. Was wohl am Anfang nur so eine Art zweite Waffe war, wurde mit der Zeit den Einheiten vorgesetzt und damit kamen die stolzen Krieger nicht zurecht. Damit fing die Rebellion der Krieger an.
Immer mehr Fälle tauchten auf, dass Einheiten der Reptilien ihren Befehl nicht mehr ausführten. Immer mehr kam es dann auch dazu, dass außer dem Wächter, der diese Einheiten befehligte, keiner mehr von den Einsätzen zurückkehrte. Die Frage stellte sich dem Rat, warum sollen wir so viele Truppen versenden, wenn eine Hand voll Wächter es auch taten. Am Ende war es eine Kostennutzenrechnung. Die Armee der Abedaner wurde dem Rat zu teuer. Und was macht man mit einer Waffe, die gefährlich ist, die in die falschen Hände geraten könnte? Man vernichtete sie. Das hatten sie getan. Und der Vorwand dafür wurde die Befehlsverweigerung beim Angriff auf die Erde gewertet.
Die Wächter rotteten die Abedaner im Bereich der Republik fast vollständig aus, so wie sie es vor zwanzig Jahren mit den Katzenartigen, in diesem Jahr mit den Tribbels und schon vor 38.000 Jahren mit den Katzen gemacht hatten. Der Rat stand für mich wie keine andere Organisation für den massenhaften Tod aus reiner Geld und Machtgier. Kein Wunder also, dass sie mit so ziemlich niemanden gut umgingen. Menschlich wollte ich in dem Zusammenhang nicht sagen.
Folglich war ich tief in Gedanken, als ich mit den anderen Diplomaten Richtung Rat flog. Ich nahm meine Umgebung erst wieder wahr, als mich Rumijas Vater ansprach.
"Jetzt haben sie doch tatsächlich schon immer eine Stimme im Rat gehabt? Wer hätte das gedacht und jetzt auch noch so eine Hübsche."
Ich sah auf und erkannte im Rondell der Vertreterkapseln, dass eine in die Mitte gefahren worden war. Auf ihr stand diese Frau, die ich als Pia Snyder kannte. Sie stand da in einem Kostüm, dass mehr zeigte, als es verdeckte. Ich hatte in den Straßen des Slums, den wir gerade umbauten, Wesen der käuflichen Liebe gesehen, die mehr anhatten. Sie hatte dies alles hier ausgerufen für Wesen, die sich lieber bedeckt hielten. Sie war jetzt auch die Zielscheibe, auf die sich die Wut der Abgeordneten richtete, zumindest die derjenigen, die durch uns noch nicht ihren Posten verloren hatten.
Ich schaute weiter durch das Rondell. Eine Ebene unter mir schüttelte die rote Schnecke hinter ihrem König gerade nur den Kopf. Der strich sich genüsslich über den Bauch, rüpste und zog sich dann einen Stiefel aus dem Maul. Ich nahm mal sehr stark an, dass sein Abgeordneter nicht freiwillig seine Loge hatte räumen wollen. Ich beugte mich herunter und tippte diejenige an. Sofort hatte ich den Lauf eines Busters im Gesicht.
"Lady. In diesem Saal gibt es eine Energiesperre. Die Waffe funktioniert hier nicht, deshalb hat man sie euch gelassen."
Es klickte, als sie den Abzug betätigte.
"Ach Mist", sie warf die Waffe auf den Boden. "Hilf mir mal."
Sie streckte ihre Hand aus. Ich griff zu und half ihr so in meine Loge.
"Sag mal Parker, was muss eine Schnecke wie ich machen, um bei euch eingestellt zu werden."
"Auf Lohn verzichten."
"Was noch?"
"Verrückt genug sein, sich mit einem Parker sehen zu lassen, der das höchste Preisschild über seinem Kopf schweben hat, dass die Republik je ausgesetzt hat", meinte das Reptil hinter mir. "Er wird gerade nur noch von Ihr getoppt." Er zeigte auf die Mitte der Rodells.
"Ich kann ja verstehen, dass wir ein Preisschild haben, aber sie ist eine Botschafterin. Wie kann sie ein Preisschild haben."
Der Ratsherr lachte.
"Parker. Wir haben alle ein Preisschild. So wie sich gerade der König dieser jungen Schnecke das Preisgeld von seinem ehemaligen Vertreter geholt und damit als Erbstück noch direkt ein Eigenes erhalten hat. Wir haben alle mal in einer Abstimmung nicht so entschieden, wie es der König wollte. Da hat auch diese Station nichts geholfen. Und das die schon seit Jahren nicht mehr in der Hand der Relaner sondern in der Hand von Sagitarius war, ist auch ein ungeschriebenes Geheimnis. Erst als die versucht haben, den Tempel damit zu infiltrieren, hat die Bauunion das Fass zum überlaufen gebracht."
"Die Bauunion ist Geschichte?"
"Eine komplette Farm an ein paar Hinterwäldler zu verlieren fand der König nicht ganz so toll. Damit waren sie dann angezählt. Dann haben sie die Wächter des Königs mit den Chips der Kontrolle versehen, um ihn abzuhören. Und sie haben das Preisgeld auf euch ausgesetzt. Und anstatt dass ihr damit aus dem Verkehr gezogen wurdet, habt ihr weiter eine Welt nach der anderen umgedreht. Als ihr dann Tusch zerlegt habt, einen ihrer erfolgreichsten Gauner, war es den König klar, dass die Zeit von Sagitarius zu Ende war und hat die Wächter in die Stadt der Bauunion geschickt. Aber die hatte schon von jemand anderes Besuch."
"Wer war das?"
Der alte Ratsherr lächelte unverbindlich.
"Sagen wir, ich habe euer Geld für die Beschaffung einiger Informationen genutzt."
"Blut sollte dabei aber keines fließen. Ich habe eine friedlich Revolution angestrebt."
"Wie viel Blut hat deine Familie vergossen, seit ihr losgeflogen seid, eure Welten vor uns zu retten. Ich denke jetzt nicht an deine kleine Juliet, die mit dem Quill durch die Gegend läuft. Nur sehr wenige Wesen wissen, dass diese kleinen Machtwesen andere von den Toten zurückholen können. Mit einem solchen Wesen verbunden wird eine Person unsterblich. Klar das dies kein Machthaber will, außer natürlich für sich selber. Ihre Ausrottung wurde deshalb beschlossen. Von wegen Plage. Und jetzt trägt Juliet den Quill, den eigentlich der König für sich wollte."
Der Rat lachte vergnügt.
"Und dann euer doppelter Auftritt. Ihr kündigt euch an. Sagt genau, mit wie vielen Schiffen ihr auflaufen werdet. Ihr sagt noch, dass es Handelsschiffe sind, gänzlich unbewaffnet, und die Armada der Wächter tritt euch entgegen. Alles, was sie haben, lassen sie gegen euch auslaufen und ihr? Ihr springt direkt in die Landebucht des Raumhafens. Ein absolutes Husarenstück. So sagt man doch bei euch Nordeuropäern. Volk der Dichter und Denker. Und wo kommt euere zweite heimliche Waffe her? Sie kommt auch von dort. Ein Zufall? Ich denke nicht."
"Ihr redete von Pia Snyder? Ich denke, sie ist Engländerin."
"Bielefeld, so hieß die Stadt früher mal. Am Starterport Paderborn ist die Guardian Angel ins All geschossen worden. Von den etwa 2000 Passagieren sind sechshundert an eine Forschergruppe der Relaner verkauft worden. Weitere achthundert fristen ihr Leben als Farmsklaven auf Abedan. Ein paar hundert hatte das Syndikat zur Vermehrung auf Sagitarius gekauft, Status unbekannt. Der Rest bis auf zwei ist in den Minen von Luga verkauft worden. Diese beiden Jungfrauen sind besonders interessant, denn eine schickte der König auf eine unbedeutenden Welt eines Randgebietes nahe dem Planet Neron. Die andere zu den Wächtern. Und jetzt sie einer an. Jetzt steht sie dort und verkündet wohl das Ende des Rates und des Königs. Es mag Zufälle geben. Ich glaube nicht an sowas."
Und während ich darüber nachdachte, was der alte Reptiloid da gesagt hatte, schickte sich der König mit trotziger Miene an, die Sitzung zu eröffnen.