Der Auftritt war ein voller Erfolg. Auch wenn der Rat unserer Delegation die hinterste Ecke des Hafens angewiesen hatte, also direkt neben der Müllkippe und näher am Tempel der Wächter als am Empfangsterminal, machte unserer Ankunft trotzdem Eindruck. Sie hatten ein Empfangskomitee in den Orbit gestellt. Sie wollten jedes einzelne unserer Schiffe von einer Wächterdelegation durchsuchen lassen, bevor wir überhaupt in die Nähe des Planeten durften. Das war deren Plan. Wenn wir uns auf diese Prozedur eingelassen hätten, wäre keiner der neuen Abgeordneten pünktlich beim Rat aufgetaucht. Rumijas Vater sagte jedoch, dass sie von den ursprünglichen Gesetzen her auf Sydika A selber keine Befugnis dazu hatten, wenn das Schiff erstmal auf dem Planeten sei.
So war unser großer Auftritt auch noch direkt eine Machtdemonstration. Wir würden uns nicht von der alten Aufhalten lassen. Zudem waren wir jetzt schon ein Viertel aller 1000 Sitze, auch wenn wir uns nicht in allem einig waren. Aber man müsste mit uns reden müssen. Dazu kam, dass wir auch gute 200 zusätzliche Sitze beanspruchten, die von den Wächtern zerstört worden waren. Das würde selbst schon für mächtig Wirbel sorgen. Ich war gespannt, wie die Ratsmitglieder reagierten.
Vorerst reagierten sie, in dem sie uns die Räumlichkeiten der Systeme zuwiesen, die wir repräsentierten, und die sahen so aus, als wäre dort seit gut zwei tausende Jahren keiner mehr offiziell gewesen. Und so war es dann so, dass sie uns ganz offensichtlich im Slum des Planeten unterbrachten. Der ganze Stadtteil stank zum Himmel und sogar der zeigte, wer und vor allem wie dort gewohnt wurde. Die ersten Diplomaten wollten schon wieder, dass wir abreisten, allen voran König Lei und die Ballonwesen.
"Ihr wollt euch von so etwas einschüchtern lassen?", fragte ich böse in die Runde der Diplomaten, die sich in einer Art kleinem Versammlungshaus trafen, das wohl in einem besseren Leben ein Theater gewesen war und eine Bühne in der Mitte besaß. "Dieser Rat zeigt hier sein wahres Gesicht. Das hier", ich hob Unrat vom Boden. "Das seid ihr für sie. Wenn ihr sie füttert, dann schicken sie euch nicht die Wächter auf den Hals und die nahmen euch alles bis auf sowas. Das war euer bisheriges Leben. Um das zu ändern, um besser als das zu sein, seid ihr nach Syndika gekommen. Habt ihr ernsthaft erwartet, sie rollen für euch den roten Teppich aus und tragen euch im Triumphzug durch die Straßen? Ihr seid Revolutionäre. Ihr müsst euch noch zur eigenen Macht hochkämpfen und sie dann greifen und vor allem müsst ihr die Verantwortung begreifen."
Ich nahm einen Besen zur Hand und begann die Bühne vom tausende von Jahren alten Staub zu befreien. Unten drunter kam rotes Holz mit einem wunderschönen Muster zum Vorschein. Alle sahen mir nachdenklich dabei zu. In den Reihen um den König kam Bewegung.
"Likari? Wo willst du hin", fragte der.
"Julius Parker Luis hat recht. Ich geh ihm helfen", sagte die angesprochene Wächterinnen.
"Das wirst du nicht, ich bin dein König."
"Und du bezahlst mich. Aber ich bin auch frei in meinen sonstigen Handlungen. Ich habe geschworen, dich zu schützen. Manchmal erfordert das aber auch, dass ich euch vor euch selber schützen muss. Und deshalb helfe ich jetzt Parker."
Und mit den Worten machte sie den ersten Schritt, dem dann noch viele weitere folgten. Am Ende einer Stunde erstrahlte das alte Theater wieder in ungewohntem Glanz. Wir hatten noch siebenundvierzig Stunden bis zur Ratssitzung.
Als ich in das Palais kam, was der alte Reptiloid uns zugedacht hatte, wollte ich erst wieder rausgehen. Es war die Spitze eines Pyramidenförmigen Hochhauskomplexes, der oben drauf noch eine Landefläche hatte. Es sah überall so aus, als wäre hier noch vor kurzem lebende Wesen entfernt worden. Ich wollte wissen, wer sie waren und wo diese nun seien.
"Warum wollt ihr das wissen?", fragte mich der Mann, der uns hier alles zeigen sollte.
"Weil wir keine Erobere sind. Dieser Ort war doch bewohnt. Hier hat es eine Gemeinschaft gegeben. Wenn wir wieder gehen, werden diese Häuser wieder so leer stehen wie noch vor einem Tag."
"Das waren nur entflohene Sklaven, nicht der Rede wert."
Meine Blicke durchbohrten ihn regelrecht. Er versuchte sich vor ihnen zurück zu ziehen.
"Ich werde versuchen sie wieder zu finden?", fragte er.
"Das wäre doch das mindeste, meinst du nicht?" Ich sah mich um. Die Wände sahen stabil aus, das müsste gehen. "Ich werde die Hydra Terra herholen und oben draufsetzen. Da werden wir dann leben. Und du holst mir die Bewohner wieder zurück."
Ich verließ ihn und ging zu meiner Familie, die ebenso wie ich verloren herumstand. Ihnen sagte ich, was ich vorhatte und sie waren sofort Feuer und Flamme, bis auf Rooo, der gerade den dritten Schrank wieder aus sich rauszog, mit wohl leicht feuchter, aber nun sauberer Wäsche.
"Wir werden hier trotzdem einiges in den nächsten Wochen ändern."
"Wir bleiben Wochen?", fragte Red verzweifelt.
"Warum so bedrückt?"
"Ich wollte, dass unser Kind auf Red auf die Welt kommt. Und da es bei Katzoiden immer so schnell geht und vor allem jetzt, wo auch noch die Macht im Spiel ist."
"Wir werden rechtzeitig abreisen, ich verspreche es."
Die nächsten Stunden war dann auch hier in dem Palais - ein Begriff, der auch nur auch auf Sydika A für ein Gebäude von einem Kilometer Höhe funktionierte - mit viel Arbeit gefüllt. Alleine in den uns zugedachten drei Etagen hatten über zweihundert bunt zusammengewürfelte Wesen vegetiert, die von den Abfällen der nicht ganz so weit entfernten Mülldeponie lebten. Max und ich fanden das gut und ließen uns von diesen tief hinein in ihre Welt ziehen. Wir verbrachten die nächsten fünf Stunden in den Tiefen der Sydikarischen Mülldeponie.
Als wir mit einem Lächeln wegen der für uns zu erkennenden Möglichkeiten wieder im Palais auftauchten, um geben von einem Duft aus Gurkenwasser, Champignonfarm, Großstadtkloake und sehr alter Maschinenhalle, waren sowohl Bexie als auch meine Frau stink sauer.
"Jetzt sind wir beide fällig", lächelte mich Max an.
"Und wie ihr das seid", schimpfte Alice. "Ihr könnt bloß froh sein, dass hier noch viel wichtigere Aufgaben auf euch warten. Aber die Zeit, in euch zu gehen, die bekommt ihr noch. Wir hatten Besuch."
"Von wem?"
"Von den Wächtern."
"Was wollten die?"
"Uns alle Verhaften, wegen schwerem Diebstahl und Hehlerei. Der Haftbefehl gilt für jeden einzelnen Parker und das Urteil steht auch schon darin. Sowohl auf Diebstahl, als auch auf dem Verkauf von unrecht erworbenen stehen auf diesem Planet der Tod. Ohne Verhandlung oder Richter. Julius, wenn sie euch draußen erwischt hätten, hätten sie euch sofort getötet."
"Warum haben sie es hier nicht?"
"Bedank dich bei dem Rat und Nick. Dieses ganze Gebiet hier ist Exorbital. Damit sind sie hier nicht zuständig und dürfen nur nachfragen."
"Okay, die Wächter wollen uns ans Leder. Die Relaner wohl auch. Aber wir haben sowohl den Frachter als auch ihr tolles Schiff erst nach deren Aktion bei uns aufgebracht. Warum wollte die davor uns alle umbringen?"
Alice hob das Schreiben an und las es vor:
"Der Verbrecherorganisation Parker Luis, im weiteren Verlauf nur noch die Familie genannt, wird zur Last gelegt, sich widerrechtlich in den Besitz einer großen Menge Wasser der Bauunion gebracht zu haben. Zudem haben sie Förderanlagen zerstört und deren Arbeiter massakriert. Im genauen wurde der Republik 1.347 Milliarden Standarteinheiten Wasser gestohlen. Damit haben sie auch in einem hohen Maße der Wirtschaft der Republik Schaden zugeführt. Aus diesem Grund wird die Familie zum Staatsfeind erklärt. Die Belohnung zur Ergreifung tot oder lebendig wird auf 100. Millionen für das Familienoberhaupt festgesetzt. Auf die Katzioden ist nur tot die Belohnung pro Wesen auf 2 Millionen veranschlagt.
Gezeichnet
Die Wächter der Republik."
"Die reden nur von dem Wasser?", fragte ich verwirrt.
"So sieht das aus", stellte Nick fest.
"Was ist, wenn wir es ihnen zurückgeben?", wollte ich wissen und sah zu Max, der meine Idee erkannte und grinste. "Das wäre die aktuelle Menge, die wir transportieren könnten, wenn unser Schiff bis zum Rand mit Wasser voll wäre. Unsere Ostmosefilter könnten dieses Wasser denen in nur vierzehn Tagen restlos zurückgeben."
"Julius, die interessieren sich nicht für das Wasser. Das war vielleicht beim ersten mal so. Jetzt wissen die, dass wir ihr Schiff zerstört und dass wir die Drachoiden geklaut haben. Jetzt sind wir auch noch aus ganz anderen Sachen Staatsfeind."
Ich winkte trotzdem ab.
"Wir werden denen jetzt einfach mal zeigen, dass hier eine neue Macht am Werk ist. Die können so viel mit ihren Anzeigen herumfuchteln, wie sie wollen, wir werden hier erstmal putzen und eine kleine schöne neue Welt bauen. Die werden sich noch umgucken."