Ich war gerade erstmal zwei Stunden zurück an Bord und wollte meiner Frau die besondere Situation wegen meiner erneuten Schwangerschaft erklären, da platzte Mogon in die Zweisamkeit.
"Chef, es ist wichtig. Du musst mal dein Chefding machen."
Meine Frau gluckste. Ich war zwar defacto der Kapitän auf diesem Schiff, der oberste Boss, aber Chefdinge hatte ich noch nie getan. Also nicht so, wie Mogon das gerade von mir wollte. Das der Banschee wegen irgendetwas aufgebracht war, konnte man an seinen Haaren sehen. Die flatterten bedrohlich um seinen Kopf. Zudem waren an seinen Fingern die Krallen soweit ausgefahren, dass er mich damit durch und durch erdolchen könnte. Er musste wirklich sehr erbost sein.
"Was ist denn los."
"Deine neue Flamme, sie reisst überall im Botanischen Garten Pflanzen raus und schraubt Lichtquellen ab. Sie macht unsere schöne Ordnung kaputt. Und immer, wenn wir sie was fragen, versteckt sie sich in dunklen Ecken. Parker, so geht das nicht. Die Abteilung steht unter unserer Verantwortung."
"Unsere?"
"Lily und meiner."
"Was noch?"
"Sie hat den Schutz von der Kernummantelung abgerissen und Rooo mit dem Shuttle runter geschickt, um Dreck zu holen. Ich habe genug Proben, damit wir sie nachempfinden können. Wir brauchen nicht noch mehr Dreck."
Ich seufzte. Jeder von uns war schon mindestens einmal aus dem Botanischen Garten geflogen, weil wir angeblich auf eine seltene Sumpfpflanze getreten, oder zum falschen Zeitpunkt eine rosa getüpfelte Gummifeige vom Busch gepflückt hatten. Dass da jemand war, der ohne zu fragen den ganzen Garten umdekorierte, konnte schonmal für Verstimmung - okay, wilde Rage sorgen.
"Schatz? Lass uns einen Ausflug in den Garten machen. Dann können wir unsere Sachen im Anschluss unter deinen Bäumen besprechen."
"Die sind rausgerissen", bemerkte Mogon und ich hob die Augenbrauen. "Ich hab doch gesagt, die ist verrückt."
Ich nahm meine Frau an die Hand und ließ mich von Mogon in den Garten führen. Garten mag jetzt in dem Zusammenhang etwas winzig klingen, so nach 50qm Vorgarten in einer Reihenhaussiedlung im neuen Köln. Halb gefüllt mit einem Wintergarten mit ein paar Paprika und Tomatenpflanzen drin. Der Garten der Pi-Hydra erstreckte sich über eine Hundert Meter hohe Scheibe über dem Wohnbereich, dem Antriebskern und den wenig besuchten Labors und Lagern im Aussenring. So kam der "Garten" auf einen Durchmesser von satten 2,4 Kilometern. Da sollte doch genug Platz sein, dass man sich aus dem Weg ging, dachte ich zumindest.
Mitten im Garten war jetzt ein Bereich, der tief Schwarz war. Um ihn herum standen die großen Bäume von Hydragreen mit ihren ausladenden Ästen. Der kleine See, der den Zentralenbereich ursprünglich ausgemacht hatte und auch ein bisschen zur Strahlendämmung gedacht war, steckte sammt der Hydrisch-bluen Fischwelt in einem Glastank, den wir zur Quaratäne neuer Tiere eingerichtet hatten. Gerade hob Rooo einen Container durch die Decke, der wohl den Dreck enthielt.
"Nein, Nein, Nein. So geht das nicht, ihr macht ja alles kaputt. Wenn da ein Loch in der Hülle ist, gehen alle meine empfindlichen Pflanzen kaputt."
Ich hielt ihn an der Schulter fest, was er mit wildem Zappeln beantwortete.
"Siehst du nicht, was sie tut?"
"Doch, sehe ich, aber du siehst es nicht."
"Was soll das heißen?"
Hinter mir hörte ich ein keuchendes Geräusch, dazu ein Kratzen und schleifen. Das konnte nur eine sein. Und wenn die sich in einen Anzug quetschte, dann war es sehr wichtig.
"Ihr werdet es nicht glauben", keuchte Tekau.
"Im Planetenkern steckt ein frei schwingender Microquasar?", fragte ich.
"Woher weißt du das?"
"Weil gerade Chimea über der dünnsten Stelle mit Isolierung zu unserem Kern die Pflanzen ihrer Welt einpflanzt. Im Prinzip ist das Teil ja auch nicht weiter als ein Quasar, zumindest wenn wir ihn füttern. Ich denke, die Pflanzen brauchen diese Strahlendosis. Aber wir finden die wohl nicht so toll. Und deshalb die Erde, sie dämpft die Strahlung wieder. Ich habe jedenfalls da unten nichts von einer Erhöhung bemerkt. Keiner der Sensoren hat auch nur irgendetwas angezeigt." Ich sah zu Mogon. "Hast du sie eigentlich gefragt, bevor du sie angeschrien hast?"
"Nein", sagte er.
Ich nahm meinen Traumstein zur Hand und dann zeigte ich ihnen dreien, was ich mittlerweile dort drüben sah. Über all durch die bereits eingepflanzten Gewächse sah man den Lebenssaft aus der Tiefe fließen. Und mittendrin leuchtete Chimea in glücklichem Rot.