Unsere Ankunft auf Hydra-Red war turbulent, gelinde gesagt. Die Tatsache, dass wir ein Archive gerettet hatten, war für die Mechs der Aufreger schlechthin. Die meisten von ihnen lebten derzeit auf Red und hatten mit Hilfe der Techniker von Green neue Archive gebaut, die mit den Erinnerungen von einzelnen Mitgliedern ihres Volkes gefüllt wurden. Anschließend sollten sie auf allen bewohnten Planeten verteilt werden, zur Sicherung. Das nun aber ein nahezu vollständiges Archiv wieder zur Verfügung stehen würde, wäre so, wie wenn auf der Erde die zerstörte vatikanische Bibliothek und die Bibliothek von Alexandria gleichzeitig wieder aufgetaucht wären.
Dann die Geschichte mit der neuen Reaktor. Wir hatten eine verdammte große Singularität eingesammelt. Das wiederum sorgte für helle Aufregung bei den Technikaffinen Rassen unseres Sektors. Hunderte Schiffe waren auf dem Weg nach Hydra, um das Projekt Parker-Sphäre zu starten.
Und dann war da noch der private Wahnsinn der Familie Parker. Eli wartet schon seit Stunden auf dem Raumhafen von Neuköln, das vom verschlafenen Nest auf der Erde zu einer der größten Städte des Planeten geworden, aber nur, wenn man die Seelen zählte. Über Kopfhöhe waren in alle Straßen kleine Monorailbahnen gezogen worden. Gnunas Volk war die Triebfeder der technologischen Entwicklung und Infrastruktur der Stadt. Immer mehr der kleinen Spinnenzentauren zog es in die Kolonie. Fast keiner des Volkes von Roo lebte mehr außerhalb und auf traditionelle Weise in ihren Felsen. Das Terraforming von Red nahm immer größere Ausmaße an, wodurch sich die alten Mütter an längst vergangene Zeiten erinnerten und in Seen unter freiem Himmel badeten. Auch der Zug der Herden war deutlich verlangsamt. Es gab jetzt Farmen, wo diese Herden im Kreis liefen und grasten. So war Red eigentlich nicht mehr so weiss, rot, Orang und grau, wie zu dem Zeitpunkt, als ich es zum ersten mal sah. Es hatte immer mehr grüne Flecken.
Und so war es nicht nur Eli, die uns erwartete, sondern auch noch ein paar andere Honoratioren, die dort standen und uns zu unseren bisherigen Erfolgen beglückwünschen wollten. Ich persönlich wollte eigentlich nur ins Haus meiner Familie, die Türe hinter mir schließen und meinen Bauch zur Decke strecken.
"Ich nehme ein Shuttle und lass die Hausbesuche machen."
"Das Landen von Schiffen außerhalb der Landezone wurde ausgesetzt. Machen wir nicht mehr, kam über Funk."
"Wieso ist der Kanal offen?", wollte ich von Bexie wissen.
"Seit wir von Hydra die neuen Anflugprotokolle bekommen haben. Wir haben einige als Kometen getarnte Sonden der Sklavenhalter entdeckt. Die Dinger schweben in jedem System herum, dass offiziell als ausgeplündert und zudem als Wehrhaft deklariert wurde. Die Herrscherin hat sich dafür entschieden, dass wir uns als noch wehrhafter präsentieren. Wir bekommen sogar eine Eskorte. Soll, wenn wir genug Red fighter gebaut haben, als Standard in jedem System der Föderation eingeführt werden. Piloten haben wir dafür echt genug. Unsere Jugend ist ganz wild darauf, ins All zu kommen."
"Und du würdest auch gerne da mitmachen?"
"Und die Pi verlassen? Niemals. Auf Patrouilliere passiert doch eh kaum was spannendes. Und abgesehen davon, wer soll dann bitte deinen Arsch retten, Papa?"
"Deine Mutter. Die hatte die Aufgabe vor dir."
"Folgen sie bitte dem Leitstrahl", kam aus den Lautsprechern. "Bei der Parkposition ist mit Trümmern zu rechnen."
"Trümmer?"
"Mein Vater bastelt wieder. Seine Teams reparieren dieses Kolonieschiff", kam über Funk.
"Jolse?"
Schweigen im Äther.
"Ach komm, Jolse. Für mich kannst du eine Ausnahme machen."
"Damit ich nur noch mit Vaseline sitzen kann?"
"Vaseline?"
"Wenn meine Mutter mir den Hintern weichklopft, weil ich dich an ihr vorbei geschleust habe? Nichts für ungut, Onkel. Ich habe keine Lust auf eine Runde Parker Island."
"Parker Island?"
"Das soll so ein fliegender Felsen über White sein."
Mia lachte. Auch Bexie gluckste: "Das Teil hat schon unseren Namen."
"Wer sich nicht benimmt, der bekommt von mir dort eine Woche Einsamkeit verpasst", sagte ich ungehalten. "Wo ist Andrew überhaupt?"
"Mit dem Mann von Annemarie auf Parker Island. Weil er sich erst wieder bei der Ankunft auf Red bei ihr gemeldet hat. Und weil Andrew von der Nestwärme weiß, sitzt er auch da. Also welches Shuttle nehmt ihr?"
"Die Hydra-Terra. Wir werden alle auf Landurlaub gehen", beschloss ich.
"Und weil du denkst, dass du in der Masse der Diplomaten dich leichter an der Offiziellen vorbei drücken kannst?", mutmaßte Bexie.
"Man kann es doch versuchen."
Bei dem Versuch blieb es dann jedoch auch. Eli hatte ein eingebautes Radar, dass sie zielführend zu mir und ihrem Sohn führte. Da half es mir auch nicht, hinter Rooo in seiner neuen von Liän geschneiderten Uniform herzulaufen, der sich in ihr Stolz als Vierbeiner präsentierte. Seine Geschwister streckten ihre Augen, um auch alles mitzubekommen.
Eli stand plötzlich vor uns. Zero wollte sich seitlich verdrücken, aber dort stieß er auf Chimea. Die hatte sich wieder mal getarnt, weil ihr die vielen Wesen unangenehm waren. Eli erwischte sie trotzdem zielstrebig.
"Ihr drei kommt jetzt mit", bestimmte sie.
"Alice hat uns schon auf eine Insel zum Nachdenken gesperrt", motzte ihr Sohn.
"Dann hast du jetzt also eine Antwort auf meine Frage, warum du mir erstens deinen Mann und zweitens, deine Tochter verschwiegen hast. Aber nein, du musst dich verstecken. Und was ist das für eine Geschichte, dass sie jetzt in Julius ist?"
"Ich bin nur der Leihvater", versuchte ich mich um das Thema zu drücken.
"Mit der Aussage hat sich auch Huigio versucht herauszureden. Aber das wird meinem Töchtern nicht passieren. Ihre Kinder werden wissen, wer ihr Vater ist. Da können sich diese Katzoiden hinstellen und wie sie wollen auf ihrer Tradition herumpochen. Wer sich mit uns einlässt, wird selbst zum Parker."
Ich sah mich um und sah viele lächelnde Gesichter.
"Wie groß ist den Jetzt mittlerweile die Familie Parker?", fragte ich ins Blaue.
"Die halbe Stadt bestimmt", grinste eine Mausoidin. "Juri Parker Luis. Angenehm euch begrüssen zu dürfen. Ich bin die derzeitige Gewählte Bürgermeisterin der Stadt. In der Schule sind viele der Kinder von der Familie Parker adoptiert worden. Daher denke ich, dass alleine hier um die zweitausend Wesen sich als Parker-Familie verstehen."
Sie lächelte so erfrischend, wie Eli böse schaute.
"Ach Eli", sagte ich und drehte mich um. "Die kleine wird nie ohne ihre Familie sein. Das weisst du genauso gut wie ich."