Wir brauchten vier Stunden, um der Einladung nachzukommen. Zum einen mussten wir Juma dazu überreden, sich einer offensichtlich der Geistenergie fähigen Person zu stellen. Als wir ihm durch den Doc erklärt hatten, dass in fast jedem Lebewesen die Anlagen dazu vorhanden waren und dass das Leben unter besonderen Sonnen diese Fähigkeit noch verstärkte und er nun, da er unser Essen aus unserem Garten gegessen hatte, er auch bereits einen klitzekleinen Schritt in diese Richtung getan hatte, war er bereit, mit seinen Kameraden und uns der unbekannten Person auf dem Planeten einen Besuch abzustatten. Wir nahmen auch die noch versiegelten Stasekammern mit.
Da wir nicht genau wussten, wo wir landen sollten, schwebte das komplett überfüllte Landeboot von Rooo nun an einem Seil festgebunden neben der Terasse der Frau mit dem Besen. Sie lächelte, als sich auch Lumina endlich aus dem Schiff gezwängt hatte.
"Willkommen auf der zerbrochenen Welt von Schrkarss", begrüsste sie uns auf Standart.
Ich musterte sie etwas und erkannte, dass sie nur sehr wenige Anzeichen andere Spezies als Reptiloiden in sich trug. Das Lächeln und die Augen waren die einer Katze.
"Ja, ihr habt richtig vermutet. Meine Urururgrossmutter war eine Katze. Nur sehr wenige von ihnen haben den großen Genocide überlebt. Reptiloiden waren an die raue Zeit, die darauf folgte, deutlich besser angepasst, weshalb ihre Gene sich am Ende durchgesetzt haben. Das könnte sich wieder ändern, wenn mehr von den Kriegern wiedererweckt würden. Ich weiß noch nicht, ob mein Volk dafür bereit ist."
"Sind Sie eine Führerin?", fragte ich und sie gluckste.
"Nein, das bin ich nicht. Sowas haben wir auch nicht mehr. Hier in der alten Stadt leben in den Ruinen vielleicht um die zweitausend Seelen. Dies war einst Grunschamar."
Juma zuckte bei dem Namen und wurde blass.
"Darf ich raten? Es war die Hauptstadt."
"Gute Intuition. Grunschamar hatte einst über sechzig Millionen Seelen. Wenn wir heute noch sechzig Tausend Seelen haben, dürfte das viel sein."
"Warum geschah das alles", wollte ich wissen und die Frau musterte mich wieder.
"Ich weiß, dass ihr die Antwort schon wisst, aber ich erzähle es gerne nochmal aus meiner Erinnerung, was mein Grossvater erzählte.
Wir waren einst die Krieger der Republik, bevor die Wächter stärker wurden. Wir wurden ausgebildet, beziehungsweise gezüchtet, um allen Bedrohungen der Republik gegenüber zu stehen. Aber wir verfolgten keine eigenen Pläne. Das änderte sich, als die Menschen uns ausschickten, ihren Ursprung auszulöschen. Dein Heimatplanet."
"Die Menschenähnlichen kommen vielleicht aus dem Solsystem, aber die Erde ist nicht ihre Heimat", stellte ich fest.
"Wie dem auch sei. Wenn es nach dem Rat gegangen wäre, hätten wir den kompletten Planeten bis zum letzten Kind ausgelöscht. So lautete zumindest der Auftrag. Das mit dem bis zum letzten Kind war dann aber auch der Grund, warum sich unserere Krieger zurückzogen. Eine Einheit reiner Reptiloiden haben dann den Rückzug der Vertreter des Rates gedeckt. Die Flotte war gerade erst wieder im Orbit, die Mannschaften noch nicht auf der Heimat, da ging in die Sonne das letzte Mal über Grunschamar unter."
"Wie konnte das einer aus ihrem Volk überleben?"
"Glück. Ich weiß, dass auch ihr damit Erfahrungen gesammelt habt. Ich bin zwar der Meinung, dass es irgendwo im All ein Wesen geben muss, dass seine Schöpfungen unverschämtes Glück haben, warum sie dafür aber so viele andere dafür töten und leiden lassen müssen, verstehe ich nicht. Das Leid eines Wahloiden, als es sehen muss, wie seine Art von den Relanern als Kriegerfutter abgeschlachtet wird. Das Leid eines Kindes, das miterleben muss, wie der eigene Erzeuger von den Kräften einer Singularität zerissen wird."
Die alte Frau mit den jungen Augen strich über die Wange von Freya.
"Das Leben ist so zerbrechlich wie Glas und es bedarf wirklich unverschämtes Glück, es zu behalten. Aber es ist eben nicht nur das. Da ist auch die Güte, die Liebe und die Zuversicht, die viel bewirken kann. Und Familie. Familie ist sehr wichtig. Ihr Parkers seit eine wirklich Starke Familie. Ich bin froh, dass ich euch noch kennenlernen durfte."
Den Rest hatte sie immer mehr geflüstert. Sie setzte sich und von irgendwoher kam eine besorgte junge Retiloidin. Sie fuhr mit ihren Fingern unter das Kinn der ältern Frau und sank dann zusammen. Freya begann zu weinen und ihre Finger Richtung der alten zu strecken, aber es war zu spät.
Ja das Leben war zerbrechlich. Eine alte Frau hatte uns empfangen, um den Aufbruch in eine neue Zeit noch zu erleben. Das zumindest hatte sie ihrer Urenkelin erklärt, die keine Ähnlichkeit mehr mit Katzoiden aufwies. Sie hatte ihrer Familie erklärt, dass einst eine andere Familie kommen würde, und das sie die Krieger wieder in die Heimat zurückführen würde. Diese würden der Welt helfen, wieder Aufzuerstehen. Bauen statt kämpfen. Und damit das gelang, müssten sie mit dem ersten Krieger ausziehen und für eine bessere Zukunft kämpfen, nicht mit der Waffe, mit Worten.
Je älter ihre Urma wurde, um so weniger glaubte die junge Frau an die Prophezeihung, obwohl sie in alle anderen recht behalten hatte. Trotzdem hatte sie einen gepackten Koffer, der ihr ermöglichte, alles zurück zu lassen und sofort mit uns abzureisen. Nach der Prophezeihung allerdings sollte der zweite Juma sein.
"Ich kann das nicht. Ich bin ein Krieger."
"Nachrichtendienst? Richtig?", fragte ich. "Die, die Informationen über den Feind sammeln. Das passt, Juma. Du bist die Ohren und sie die Stimme eures Volkes."
Wir flogen noch nicht direkt weiter. Zu erst sprach ich mit weiteren Vertretern dieses Volkes und bot ihnen die Hilfe der Föderation an. Es mochte ein Risiko sein, ein alte Armee zu erwecken. Aber lieber dass diese auf unserer Seite war, als auf der Seite der Republik.