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KAPITEL 2
Ein freundlicher Überfall
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„Hey, Süße!“, werde ich von meiner besten Freundin Brooke begrüßt. Sie hat ihre Schwester Amber dabei, außerdem noch Hailey, eine gemeinsame Freundin.
„Ich habe euch gar nicht erwartet“, begrüße ich die Mädels etwas überrumpelt und lasse sie sofort in das Haus.
Mit Küsschen links und Küsschen rechts begrüßen wir einander. Brooke geht sofort Richtung Küche. Die Mädels und ich folgen ihr.
„Süßer Bikini“, macht mir Amber ein Kompliment.
„Oh, danke.“
„Wir dachten, dass du einen miesen Tag haben wirst. Du wirst Matt doch bestimmt schon sehr vermissen, oder?“, fragt Brooke nach.
„Eigentlich geht es mir gut“, antworte ich ehrlich.
Brooke entdeckt den geöffneten Champagner im Kühlschrank. „Dann wird es dir gleich noch besser gehen.“ Amber nimmt die Champagnergläser aus dem Schrank und Brooke befüllt sie sofort.
„Oh, sind die Blumen von ihm? Matt ist so ein Traummann“, meint Hailey schwärmend. Sie streicht sich ihre blonden Haare aus dem Gesicht und beugt sich zu den Rosen, um daran zu riechen.
„Nein, eigentlich sind die von Enrique, dem Gärtner“, antworte ich, während mir schon ein Glas in die Hand gedrückt wird. „Er bringt mir jede Woche Blumen aus meinem Garten.“
„Uhh, der Gärtner?“, fragt Amber grinsend. „Hast du etwa was mit dem Kerl?“ Sie wackelt mit ihren Augenbrauen.
„Würde erklären, wieso sie Matt nicht besonders vermisst“, meint nun auch Hailey. Dass sie mich nur aufzieht, zeigt sie, indem sie mir zuzwinkert.
Ich schüttle den Kopf und nehme dann einen Schluck von dem Champagner. „Nein, natürlich nicht. Ich würde Matt niemals betrügen. Es ist nur nett, auch einmal Zeit für sich zu haben. Vor allem, wenn man viel arbeitet und ständig einen vollen Kopf hat.“
„Für dich hast du in den nächsten Wochen noch genug Zeit. Heute ist Mädelstag!“ Brooke führt mein Glas zu meinem Mund, dabei ist sie sehr vorsichtig. „Trink, Süße. Wir rufen uns einen Wagen und dann gehen wir shoppen.“
„Ich weiß nicht recht“, antworte ich ihr nach einem Schluck Alkohol.
„Komm schon“, bittet Amber mich, ehe sie mir einen sanften Schubs gibt. „Komm schon. Ilaria. Sei keine Spaßverderberin. Wir bekommen dich in letzter Zeit ohnehin kaum zu Gesicht. Das kannst du uns nicht antun.“
„Matt hat dir seine Karte dagelassen“, meint Brooke grinsend und wedelt mit besagter Karte vor meinem Gesicht herum. „Er will bestimmt, dass du dir eine schöne Zeit machst, dir etwas gönnst und mit uns shoppen gehst, anstatt alleine am Pool zu liegen.“
„Und den Gärtner anzuschmachten!“, wirft Hailey lachend ein.
Ich spüre, wie heiß mir wird. Obwohl ich Matt niemals untreu wäre, fühle ich mich dennoch ertappt. Ich schwärme doch nur ein bisschen! Das ist doch erlaubt. Um dieses unangenehme Gefühl zu dämpfen, trinke ich mein Glas aus. Vielleicht sollte ich mich einfach geschlagen geben und es hinter mich bringen. Sie haben ja nicht Unrecht. Seit meiner Abschlussparty haben wir uns kaum gesehen.
„Oh ja, so ein braves Mädchen. Du wirfst dich jetzt in ein schickes Kleid und dann machen wir uns auf den Weg“, meint Brooke bestimmend. „Amber?“
Sie grinst ihre Schwester an. „Die Limo ist unterwegs.“ Amber trinkt ihr Glas leer. „Der ist gut. Haben wir noch mehr?“
Während die Mädels ihre Gläser noch einmal befüllen, stelle ich mein Glas an der Inseltheke ab und gehe nach draußen, um meine Sachen zu holen. Ich atme tief durch. Eigentlich wäre es schön gewesen, nur zu relaxen, aber vielleicht lenken meine Freundinnen mich von meinen kreisenden Gedanken ab.
„Habt ihr außer shoppen gehen noch eine andere Idee?“, frage ich nach, als ich wieder nach drinnen komme. Ich lege meine Handtücher auf den kleinen Esstisch direkt neben der Küche. Auch meine Sonnenbrille, mein Smartphone und mein Buch lege ich ab. „Mir ist nicht danach von Laden zu Laden zu laufen. Ich wollte mir einen gemütlichen Tag machen.“
Hailey zieht eine Schmolllippe. Bei ihrem Ehemann funktioniert das vielleicht, ich bin jedoch nicht so leicht zu beeinflussen. Wenn ich meinen freien Tag schon nicht am Pool verbringen kann, dann möchte ich wenigstens mitbestimmen, was wir unternehmen.
„Wir könnten ins Spa gehen. Du kannst eine Massage brauchen, besonders entspannt wirkst du ja heute nicht“, schlägt Amber vor. Sie sieht erst mich, dann ihre Schwester und dann Hailey an. Das Schmollen in Haileys Gesicht ist nun durch ein Lächeln abgelöst.
„Die Idee gefällt mir“, stimmt Brooke ihr zu, auch Hailey nickt einwilligend. Nun ruhen alle Blicke auf mir.
Dazu könnte ich mich überreden lassen. Ein Tag im Spa kommt wohl am ehesten an einen ruhigen Tag in meinem Garten heran. Ich bin zwar nicht alleine, doch ich kann die Ruhe genießen, während ich massiert werde. Zustimmend nicke ich.
Die Mädels begleiten mich nach oben ins Schlafzimmer. Aus meinem begehbaren Kleiderschrank hole ich eines meiner Lieblingskleider und zeige es den Mädels. Brooke sitzt auf meinem Bett, während Amber an meinem Schminktisch sitzt und Hailey mich im Stehen begutachtet. Glücklicherweise sind sie sich schnell einig, was mein Outfit betrifft.
„Wieso bist du so mies drauf?“, fragt Brooke mich, als ich die große Lade meines Schminktisches öffne, um mein Makeup herauszunehmen. Amber beugt sich zurück, sodass ich genug Platz habe. „Vermisst du Matt doch ein bisschen?“
„Ich bin nicht mies drauf“, antworte ich ihr. „Ich wollte mich heute eigentlich entspannen. Die Arbeit ist stressig.“
„Dann kündige doch endlich“, meint Hailey mit deutlich genervtem Unterton. „Ich verstehe sowieso nicht, wieso du überhaupt arbeitest. Matt verdient doch mehr als genug für euch beide.“
„Das sehe ich genauso“, stimmt Amber ihr zu. Sie überprüft gerade ihr Aussehen in meinem Spiegel. „Du siehst viel zu gut aus, um die ganze Woche in einem Büro bei einem Haufen Nerds zu sitzen.“
Ich schüttle ungläubig den Kopf. Es ist kein Wunder, dass Amber das sagt. Die Eltern von Brooke und Amber sind sehr wohlhabend. Die beiden sitzen im Vorstand der Firma ihrer Familie und müssen nur wenige Tage im Jahr tatsächlich in einer Besprechung auftauchen. Ambers Leben besteht darin, shoppen zu gehen, schon morgens zu trinken, auf Reisen zu gehen und sich ab und zu an der Seite ihres Mannes zu zeigen.
Hailey geht es nicht anders. Sie hat einen wohlhabenden Ehemann, der ihr jeden einzelnen Wunsch von den Augen abliest. Ob es nun neue Schuhe, ein neues Kleid, ein Luxusurlaub oder eine Yacht ist, Geld spielt keine Rolle.
Meine Freundinnen genießen das Leben. Ich kann verstehen, dass es wundervoll ist, zu tun und zu lassen, was man möchte, doch nur hübsch auszusehen und darauf zu warten, dass mein Mann alles für mich tut, ist mir zu wenig. Ich möchte ein klein wenig mehr von meinem Leben, auch wenn ich die Vorzüge eines reichen Mannes gerne genieße.
„Ja, Amber hat Recht“, meint Brooke. „Du siehst toll aus. Das solltest du nicht in einem Büro verschwenden.“
„Genau. Du hast ein süßes Gesicht und deine neuen Möpse haben dich zu einer 10 gemacht“, stimmt Amber ihrer Schwester zu. „Sieh zu, dass du Matt dazu bringst, dir einen Ring an den Finger zu stecken. Wenn du dich gut anstellst, hast du dein restliches Leben lang ausgesorgt. Matt kann dir alles geben.“
Ja, bis auf einen Orgasmus stimmt das wohl. Ich zucke mit den Schultern und schnappe mir mein Kleid. „Lasst das meine Sorge sein, ja?“ Mit einem Lächeln sehe ich meine Freundinnen an. Amber trinkt ihr Glas leer, dabei mustert sie mich ausgiebig. Ihre grünen Augen wirken fast schon fixiert. „Ich ziehe mich eben an und dann können wir los.“
Im Badezimmer schlüpfe ich aus meinem Bikini, den ich im Waschbecken liegen lasse. Heute Abend möchte ich noch einmal schwimmen gehen. Nach einer kurzen Katzenwäsche schlüpfe ich in frische Unterwäsche und auch in mein Kleid. Auf meine Wimpern trage ich ein wenig Mascara auf. Ein prüfender Blick in den Spiegel reicht aus, um mich zufrieden zu stellen, schon verlasse ich das Schlafzimmer wieder.
„Du musst unbedingt deinen Fitnesstrainer mit mir teilen. Für deinen flachen Bauch würde ich sterben“, bittet Hailey mich, als sie mich mustert.
Ich schmunzle. „Ich fürchte, dass das nicht alleine sein Verdienst ist, sondern mir meine Gene mir da sehr entgegen kommen“, antworte ich meiner Freundin, als ich eine Schublade öffne und ein paar Strümpfe heraussuche.
„Die brauchst du nicht. Zeig deine Beine“, meint Brooke fast schon streng.
„In Ordnung, keine Strümpfe.“ Ich lege sie wieder zurück und betrete dann wieder meinen begehbaren Kleiderschrank.
„Schadet nicht, wenn du mir trotzdem seine Nummer gibst.“
„Ich weiß gar nicht, was du hast“, antworte ich Hailey lauter, sodass sie mich hört, während ich mir ein passendes Paar Schuhe aussuche. „Du siehst klasse aus, Hailey. Du hast nicht nur einen schönen Busen, sondern auch einen tollen Hintern. Mein Hintern ist vergleichsweise gar nicht vorhanden.“
Amber lacht. „Dafür sind aber nicht ihre Gene verantwortlich.“
„Ach, halt die Klappe, Amber, ich habe Fotos von deinem Gesicht, als du noch keine Nasen-OP hattest“, kontert Hailey sofort.
„Du bist so eine Bitch.“
„Du hast doch angefangen, Bitch.“
Während meine Freundinnen sich gegenseitig unschöne Worte an den Kopf werfen, stehe ich noch vor meinem Schuhregal. Mittlerweile besitze ich so viele Schuhe, dass es schwer ist, mich zu entscheiden. Nach einigen Momenten wähle ich ein schlichtes, schwarzes Paar Pumps und präsentiere sie den Mädels. Ich lege meine Hände an meine Hüfte und sehe meine Freundinnen fragend an.
„Und? Was sagt ihr?“, frage ich nach ihrer Meinung.
„Du siehst toll aus“, meint Amber.
„Aber du musst etwas mit deinen Haaren machen, Süße“, bittet Brooke mich, nachdem sie mich ausgiebig gemustert hat. „Die Poolfrisur reicht nicht.“
„Wir gehen ins Spa und nicht auf einen Laufsteg“, antworte ich ihr amüsiert und beuge mich nach vorne, ehe ich mich schnell aufrichte, um meine Haare aufzuschütteln. Mit meinen Händen knete ich noch etwas Volumen in meine Mähne, ehe ich auf das erneute Urteil meiner Freundinnen warte.
„Ist okay“, antwortet Amber mit einem Nicken. „Spa-tauglich.“
„Dann los.“
Wir verlassen das Schlafzimmer und gehen die Treppe hinunter. Aus dem Wohnzimmer schnappe ich noch meine Tasche und mein Smartphone, außerdem greife ich mir Matts Karte, die auf dem Küchentresen liegt. Bevor wir das Haus verlassen, werfe ich noch einen letzten Blick in den Spiegel. Ich greife in das Seitenfach meiner Handtasche und trage noch etwas Farbe auf meine Lippen auf. Um den Lippenstift besser zu verteilen, drücke ich meine Lippen aufeinander und schenke meinem Spiegelbild einen Kuss. Zufrieden lächle ich mich selbst an. So kann ich ausgehen. Während ich noch die Alarmanlage aktiviere und im Anschluss abschließe, steigen die Mädels bereits in den Wagen.
Stufe für Stufe gehe ich die Treppe hinunter, dabei achte ich gut auf meine Schritte, um mich nicht zu verletzen. Als ich dann schließlich einsteige, fahren wir auch schon los.
Ich blicke auf den Bildschirm meines Smartphones und schicke Matt eine Nachricht, um ihm zu sagen, dass ich mit den Mädels ausgehe. Er bekommt außerdem ein Selfie von mir. Auf der Fahrt ins Spa bucht Brooke für uns ein Wellnesspaket. Die Mädels lästern über eine von Brooke und Ambers Cousinen. Ich halte mich bei dem Thema lieber zurück, da ich Christy eigentlich ganz nett finde. Um meine Freundinnen nicht zu verärgern oder Stress zu machen, behalte ich meine Meinung für mich und sehe wieder auf mein Smartphone. Mein Daumen scollt durch Updates und Posts meiner Freundinnen, ich hinterlasse Herzchen und Emojis, doch gedanklich bin ich wieder bei Matt.
Wäre es schlimm, wenn ich meine Arbeitskollegen im Stich lasse und kündige? Mein schlechtes Gewissen scheint das einzige zu sein, was mich im Moment von diesem Schritt abhält. Nicht nur Matt, sondern auch meine Freundinnen halten es für eine gute Idee, den Job an den Nagel zu hängen und das Leben zu genießen, doch irgendetwas in mir ist mit dieser Entscheidung nicht zufrieden. Wenn ich heute Abend immer noch nicht weiß, was ich machen soll, muss ich unbedingt meinen Daddy anrufen.
Ich erstelle in meinem Kalender sofort eine Erinnerung, damit ich es auch sicher nicht vergesse. Etwas nervös presse ich meine Lippen aneinander. Der Lippenstift klebt ein wenig. Wenn mir das sanfte Rot nicht so gut gefallen würde, hätte ich ihn längst weggeworfen.
„Hey, Süße, was ist los?“, fragt Brooke mich. „Du bist mies drauf, auch wenn du sagst, dass du es nicht bist. Irgendetwas ist doch. Sprich mit mir.“
„Matt fehlt mir vielleicht doch mehr, als ich dachte. Vielleicht wird mir gerade klar, dass wir uns jetzt vier Wochen nicht sehen, wenn ich nicht losfahre, um ihn zu besuchen.“
„Dann besuch ihn doch“, meint Amber schnell. „Du hast die Wochenenden.“
„Ja, ich weiß, aber ich zweifle gerade an allem.“
„An allem?“, fragt Hailey nach. „Auch an dir und Matt? Ihr seid so ein süßes Paar. Das kannst du nicht aufgeben.“
„Sie zweifelt doch nicht an ihrer Beziehung. Irgendwas Anderes ist los. Stimmt doch, oder?“, fragt Brooke nach.
„Matt meinte, dass ich meinen Job kündigen soll, damit ich flexibler bin und ihn zu seinen Spielen begleiten kann. Einerseits fände ich die Idee gut, aber anderseits will ich meine Unabhängigkeit nicht aufgeben.“
„Du bist nicht unabhängig. Das ist man nur, wenn man single ist“, meint Amber. „Ihr seid ein Team. Wenn du deinen Job kündigst und ihn begleitest, dann würdest du auch die Welt zu Gesicht bekommen. Du reist doch gerne. Einen Job kannst du immer noch annehmen. Du solltest reisen, solange du auf deinen Urlaubsfotos noch geil aussiehst.“
„Dein Ernst?“, fragt Brooke nach.
„Ja? Denk mal an die Fotos von Grandma und Grandpa. Die sehen zwar süß aus in ihren Hawaiihemden, aber Grandma hat ihre Bikinifigur vor 50 Jahren verloren.“
Ich kichere über Ambers Aussage. Brooke antwortet grinsend: „Sag doch gleich, dass du Ilarias Möpse sehen willst.“
Nun grinst auch Amber: „Warum denkst du habe ich vorgeschlagen, dass wir ins Spa gehen?“ Sie wackelt mit den Augenbrauen. Nicht nur ich, sondern auch Hailey und Brooke lachen.
„Siehst du? Kaum hast du es ausgesprochen, bist du wieder viel lockerer“, spricht Brooke mir gut zu. „Das wird schon wieder, Süße.“ Sie legt ihren Arm um mich und drückt mich sanft. „Dein Job ist nicht der erste und nicht der letzte auf der Welt. Wenn du kündigst, kannst du mit uns den Sommer genießen und wenn dir der Pool und die Cocktails zu langweilig werden, dann kannst du dir neue Nerds suchen.“
„Ja, das stimmt schon. Es fühlt sich im Moment allerdings trotzdem schwer an.“
„Nach der Massage geht es dir besser“, tröstet mich auch Hailey. „Du lässt dich durchkneten und dann sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Alles wird leichter sein.“
„Wahrscheinlich habt ihr Recht. Und man ist ja nur einmal jung, hm?“
„Jup, jung und sexy ist man nur einmal“, spricht Amber, wobei sie bestätigend nickt.
„Genau und jetzt halten wir deine Jugend gleich einmal fest.“ Brooke hebt ihr Smartphone. Auf dem Bildschirm kann ich uns beide erkennen. Ihre schwarzen Haare und blauen Augen stehen stark im Kontrast zu meinen blonden Haaren und dunkelbraunen Augen. Brookes Lächeln bringt jedoch auch mich zum Lächeln. „Selfie!“
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Der Tag im Spa war angenehmer, als ich es gedacht hätte. Ich fühle mich erholt und gut gelaunt. Entspannt schließe ich hinter mir ab und lege meine Tasche an der Kommode bei der Tür ab. Ich steige aus meinen Schuhen, mache die Alarmanlage gleich wieder an und spaziere dann durch das Haus, die Treppen nach oben und ins Schlafzimmer. Ich bin müde.
Ich ziehe mein Kleid und meine Unterwäsche aus und lasse alles in den Wäschekorb fallen. Obwohl ich noch einmal schwimmen gehen wollte, verwerfe ich meinen ursprünglichen Plan und steige in die Dusche, um mir das Massageöl abzuwaschen. Das warme Wasser läuft meinen Körper entlang. Ich greife nach meinem Shampoo, um mir die Haare zu waschen. Der süße, fruchtige Duft zieht mir in die Nase. Da ich schon ziemlich müde bin, beeile ich mich unter der Dusche und werfe mich in einen kuscheligen Flanellschlafanzug.
Während ich mir die Haare Bürste, betrachte ich mich im Spiegel. Matt fehlt mir. Heute Nacht alleine schlafen zu müssen, bringt mich zum Nachdenken. Vielleicht nimmt er sich Zeit für mich und bleibt in der Leitung, bis ich eingeschlafen bin.
Noch einmal trockne ich meine Haare, versprühe dann noch etwas Pflege, um anschließend noch einmal durchzukämmen. Nachdem auch meine abendliche Gesichtspflegeroutine erledigt ist, klettere ich müde ins Bett.
Mein Smartphone erinnert mich daran, dass ich meinen Daddy anrufen wollte. Vor Müdigkeit hätte ich das beinahe vergessen. Ich wähle seine Nummer und mache es mir dann im Bett bequem. Meine Decke ziehe ich bis zu meinem Bauch hinauf.
„Hey, mein Goldfisch“, werde ich von ihm begrüßt. Es ist schön, seine Stimme zu hören. Ich fühle mich jetzt schon viel besser.
„Hey, Daddy.“
„Was ist los? Du klingst traurig? Ist irgendetwas passiert? Soll ich vorbeikommen?“
„Ja, nein, eigentlich nicht“, antworte ich unentschlossen, ehe ich seufze. „Du musst nicht herkommen, aber ich brauche jemanden zum Reden.“
„Oh, heute ist der erste Tag im Trainingscamp, hm? Fehlt dir Matt schon?“, fragt er nach, worauf ich mit den Schultern zucke.
„Es ist ganz nett, alleine zu sein, aber nachts kuschle ich doch schon ganz gerne. Ich weiß nicht recht, aktuell ist alles seltsam. Matt hat mich gefragt, ob ich meinen Job aufgeben möchte, weil ich so viel arbeite und wir uns kaum sehen.“ Nebenbei spiele ich mit einer Haarsträhne. „Es würde alles einfacher machen. Ich könnte ihn im Trainingscamp besuchen und ich könnte ihn zu allen Spielen begleiten. Mit meinem Job geht das nicht. Aber ich arbeite auch gerne, auch wenn es anstrengend ist. Den Sommer würde ich aber trotzdem gerne genießen. Ich bin doch lieber am Pool, anstatt vor einem Bildschirm zu sitzen. Eigentlich weiß ich gar nicht was ich will, anderseits will ich irgendwie alles auf einmal.“
„Hm“, gibt Daddy überlegend von sich. „Das klingt nach einer kleinen Krise.“
„Es fühlt sich aber wie eine riesige Krise an.“ Ich lege eine Hand an meinen Kopf.
„Nach dem College geht es vielen so, Ilaria. Man weiß nicht recht, was man vom Leben möchte und ob das, was man gerade macht, das Richtige für einen ist. Manchmal fühlt man sich durch diese Umstellung überfordert und es ist vollkommen normal und in Ordnung, dich so zu fühlen.“
„Und was soll ich jetzt machen?“, frage ich verzweifelt nach.
„Erst beruhigst du dich und nimmst dir Zeit, darüber nachzudenken. Schlaf dich aus. Vielleicht machst du auch eine Liste, hm?“
Ich nicke. „Ja, das ist eine gute Idee. Was würdest du an meiner Stelle machen?“
Mein Dad überlegt für einen Moment, ehe er mir antwortet: „Was immer ich möchte. Du bist jung und hast alle Zeit der Welt. Fährst du am Wochenende zu Matt?“
„Ich weiß es noch nicht, ich muss noch eine Präsentation fertigstellen.“
„Und die machst du am Wochenende und nicht in der Arbeit?“
„Ja, schätze schon. Es ist nicht so leicht, sich in ein Team zu integrieren. Ich kann schwer nein sagen, wenn mich jemand um etwas bittet.“ Ich drehe mich zur Seite und richte meinen Blick auf die aufgedrehte Nachttischlampe.
„Du machst es dir schwerer, als du es müsstest, mein Goldfisch.“
„Ja, ich weiß. Keine Ahnung, manchmal fühlt es sich an, als wäre alles, was ich mache, falsch. Das Gefühl geht eigentlich nur weg, wenn ich male. Da kann ich jeden einzelnen Strich selbst bestimmen.“
„Klingt, als hättest du deine Antwort.“
„Ja, vielleicht.“ Als ich ein dumpfes Piepen wahrnehme, blicke ich auf den Bildschirm meines Smartphones. „Oh, Daddy, Matt ruft mich an. Danke, dass du mir zugehört hast.“
„Ich bin immer da, wenn du mich brauchst.“
„Danke, Daddy.“
„Gerne. Schlaf schön und grüß Matt von mir.“
„Mach ich.“
Ich lege auf und nehme das nächste Gespräch an.
„Hey, Baby“, werde ich von Matt begrüßt. Ich drehe mich wieder auf den Rücken und sehe an die Decke über mir.
„Hey.“
„Alles okay? Du klingst müde.“
„Ich habe viel über unser Gespräch nachgedacht“, antworte ich ihm. „Wäre es schlimm, wenn ich noch nicht wüsste, was ich tun soll?“
„Nein, ganz und gar nicht“, beruhigt er mich, bevor er weiterspricht: „Ich hoffe nur, dass du dich dafür entscheidest, deinen Job aufzugeben. Das soll dich jetzt natürlich nicht beeinflussen, aber ich hätte dich wirklich gerne an meiner Seite. Viel Freizeit werde ich nicht haben, aber die Nächte gehören ganz uns.“
Ich lächle leicht. „Das klingt schön.“
„Du fehlst mir jetzt schon. Kein hübsches Mädchen, das sich an mich kuschelt.“
Matt bringt mich zum Kichern. „Du könntest ja einen deiner Teamkollegen fragen, ob er zu dir ins Bett klettert.“
Mein Freund lacht los. „Das wäre nicht dasselbe. Ganz und gar nicht.“
„Wer weiß, vielleicht gefällt es dir ja?“
„Nein, danke. Mir reicht der Kontakt beim Spiel vollkommen aus.“
„Wenn wir schon davon reden, wie war das Training?“
„Ganz gut würde ich sagen. Die Sonne war ziemlich heiß, könnte sein, dass ich heute acht Liter Wasser getrunken habe. Und mindestens zwei Gatorade für die Elektrolyte.“
„Das ist wichtig“, meine ich, ehe ich mich zur Seite drehe. Ich blicke auf die leere Seite des Bettes. „Kann ich dich um einen Gefallen bitten?“
„Welchen?“, fragt er mich.
„Bleibst du so lange in der Leitung, bis ich eingeschlafen bin? Du fehlst mir.“
„Selbstverständlich.“
Ich drehe mich wieder auf die andere Seite und greife dann nach meinem Ladekabel. Wäre ungeschickt, wenn ich morgen verschlafe, weil mein Smartphone den Geist aufgegeben hat. Ich stecke das Kabel an und kuschle mich dann in mein Kissen. Mein Blick ist erneut auf die Nachttischlampe gerichtet, doch dann schließe ich meine müden Augen.
„Danke für dein Selfie“, spricht Matt sanft. „Du hast mir den Tag versüßt.“
„Gerne.“
„Hattest du Spaß im Spa?“
„Ja, war schön“, antworte ich, ehe ich gähne. „Könnte ich öfter machen. Das wäre noch ein Punkt auf der ‚Job kündigen Liste‘, aber ich weiß immer noch nicht, was ich will.“
„Lass dir Zeit. Sehen wir uns am Wochenende?“ Ich überlege einen ausgedehnten Moment. „Ilaria?“
„Hm?“
„Schon gut. Schlaf.“
„Wir sehen uns am Wochenende“, murmle ich vor mich hin. „Ganz sicher.“
Matt beginnt damit, mir leise von seinem Tag zu erzählen. Die Bedeutung seiner Worte zieht jedoch an mir vorbei. Ich drifte in den Schlaf.