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KAPITEL 37
Willkommen zu Hause
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Meine Augen brennen immer noch von dem Abschied, als ich meine zwei Rollkoffer am Flughafen hinter mir herziehe. Durch die vielen Shoppingtrips hat sich mein Gepäck verdoppelt. Es fühlt sich erstaunlich normal an, wieder in Indiana zu sein. Schon im Flugzeug habe ich mir unendlich viele Gedanken darüber gemacht, was ich wohl fühlen werde, wenn ich wieder zu Hause bin. Ich war auf Angst und Nervosität gefasst. Ich war darauf vorbereitet, mich unwohl zu fühlen, doch ich habe nicht damit gerechnet, dass es sich normal anfühlen wird. Es überrascht mich, dass ich mich erstaunlich wohl in meiner Haut fühle. Von Angst oder Unwohlsein fehlt jede Spur. Ich freue mich darauf, meine Eltern und auch Laileena wiederzusehen.
Ich folge der Menschentraube Richtung Ausgang. Schritt für Schritt komme ich meinem echten Leben wieder näher. Letzte Nacht habe ich aus vielen verschiedenen Gründen nicht gut geschlafen. Zum einen habe ich zu viel Alkohol getrunken und zu viel Kuchen gegessen und zum anderen konnte ich nicht aufhören, nachzudenken. Mir ist klargeworden, dass ich all das, was ich mir vorgenommen habe, auch erreichen kann. Ich konnte trotz Angst vor der Welt einkaufen gehen und alleine nach New York fliegen. Und ich werde auch in Zukunft jedes Ziel erreichen. Ob es nun ein kleines Ziel oder ein großes Ziel ist, spielt dabei keine Rolle. Die Hauptsache ist, dass ich den ersten Schritt machen muss und niemals aufhören darf zu laufen, bis ich angekommen bin.
Als ich meinen winkenden Daddy erblicke, wird mein schmales Lächeln immer breiter. Er ist wie versprochen gekommen, um mich vom Flughafen abzuholen. Meine Schritte beschleunigen sich wie von selbst und plötzlich hält er mich fest in seinen Armen.
„Goldfisch, lass dich mal ansehen.“ Daddy hält mich an den Schultern fest, dabei betrachtet er mein Gesicht und meine Haare. Ich nehme meine Mütze ab, sodass er meine neue Haarfarbe in voller Pracht begutachten kann. Mit meiner freien Hand streiche ich meine statisch aufgeladenen Haare glatt. Daddy lässt von mir ab, nur um ebenfalls über meinen Kopf zu streichen. „Wow, das ist in echt noch viel schöner. Jetzt leuchtet die Farbe ja richtig. Du siehst so anders aus. Vollkommen ungewohnt, aber cool.“ Daddy nimmt Abstand. „Und du hast geweint. Ist alles okay?“
Ich zucke mit den Schultern und setze meine Mütze wieder auf. „Es war schwer, mich von New York zu verabschieden. Ich hatte eine schöne Zeit.“
„Und du hast fleißig eingekauft, hm?“ Er greift nach meinem neuen Koffer. „Soll ich dir beide abnehmen? Du siehst aus, als könntest du die Pause gut gebrauchen.“
„Nein, danke, geht schon.“ Ich seufze. „Aber du hast Recht, ich muss unbedingt Schlaf nachholen. Gestern ist es doch viel später geworden, als ich es geplant habe. Wir waren noch in einer Bar. Und Brad und ich haben nachts noch viel Kuchen gegessen. Oh und ich habe einen Abschiedskuchen von meinen neuen Freunden bekommen. Das war übrigens der Kuchen, den Brad und ich gegessen haben.“
„Das klingt ja toll.“ Daddy und ich machen uns auf dem Weg zu seinem Auto. „Ich wusste gleich, dass du ganz viele neue Freunde finden wirst. So ein bezauberndes Mädchen findet immer Anschluss.“
„Das musst du ja sagen, immerhin bist du mein Daddy.“
„Ich sage es, weil ich weiß, was für ein toller Mensch du bist“, antwortet Daddy mir.
„Hör auf, ich bin normal und langweilig.“
„Das sehe ich anders. Du bist überhaupt nicht langweilig, sondern der wundervollste Mensch, den ich kenne. Vielleicht spricht da jetzt aber der Daddy in mir.“ Er lacht über seinen eigenen Spruch. „Brauchst du noch irgendwas, wenn wir schon unterwegs sind? Snacks? Kosmetik? Tampons?“
„Nein, ich bin mit allem versorgt. Ich brauche nur eine lange Dusche und ungefähr zehn bis fünfzehn Stunden Schlaf.“
„Das bekommen wir hin“, antwortet Daddy mir. „Dein Bett ist schon bereit und Okti wartet auch schon auf dich.“
Daddy lädt meine Koffer in den Kofferraum. Bevor ich auf dem Beifahrersitz platznehme, ziehe ich meine Jacke aus, um sie als Decke zu verwenden. Ich entdecke eine Flasche Wasser im Getränkehalter. Ich bin ziemlich sicher, dass Daddy die für mich mitgenommen hat. Auf der Fahrt nach Hause reden wir kaum miteinander. Ich bin müde, außerdem drehen sich meine Gedanken im Kreis. Im Moment habe ich viele Gedanken, die eingeordnet und verarbeitet werden müssen. Auch Daddy sagt nicht viel, wahrscheinlich weil er mir Zeit geben möchte, richtig in Indiana anzukommen und ich bin sehr dankbar dafür, dass er mich nicht mit Fragen löchert und sich mit mir unterhalten möchte. Ich mache es mir bequem und lehne mich Richtung Fenster. Die Welt zieht an mir vorbei. Ich merke, dass ich mich immer mehr entspanne und meine Augen wie von selbst zufallen. Ich bin bald wieder zu Hause.
· • ❀ • ·
Verschlafen steige ich die Treppe hinunter. Es gibt Frühstück. Ich schleiche fast schon zum Frühstückstisch und lasse mich dann in meinen Stuhl sinken. Die fünfzehn Stunden Schlaf habe ich beinahe geschafft. Mein Bett hat mir gefehlt. Genau genommen fehlt es mir bereits jetzt wieder.
„Na da sieht aber jemand müde aus. Hast du gut geschlafen, Dornröschen?“, begrüßt Daddy mich aus der Küche. Er trägt seine Kochschürze und ein unübersehbares Lächeln auf den Lippen.
„Kaffee?“, fragt Mum mich, worauf ich müde nicke. Sie schenkt mir eine Tasse ein und stellt eine Flasche Milch daneben. Sie setzt sich ebenfalls an den Tisch. Ihr Blick ruht auf mir.
„Brad hat ja nur diese Ausziehcouch. Ich hatte ganz vergessen, wie bequem mein Bett eigentlich ist. Es war, als hätte ich auf der flauschigsten Wolke aller Zeiten geschlafen.“ Das Essen duftet herrlich. „Ich hab' riesengroßen Hunger.“
„Du hast ja auch das Abendessen verschlafen“, erinnert Mum mich mit einem Schmunzeln. „Sag mal, wie ist das mit deinen blauen Haaren? Wäscht sich die Farbe wieder raus oder bleibt das?“
Während ich meinem Kaffee Milch zusetze, sehe ich auf, dann stelle ich die Milch ab. Noch etwas Zucker und schon bin ich zufrieden gestellt. Ich rühre um. „Ja, die Farbe sollte in ein paar Wochen wieder verschwunden sein. Die Stylistin hat mich aber vorgewarnt, dass es sein kann, dass etwas Farbe zurückbleibt und sie gräulich aussehen könnten. Wieso fragst du? Gefällt es dir nicht?“
„Ich bin mir da noch nicht sicher, Ilaria“, antwortet sie mir, dabei mustert sie mich. „Mir hat dein blondes Haar immer gut gefallen, auch mit den Strähnen, mal etwas heller, mal etwas dunkler. Das war schön. So gefällst du mir natürlich auch, aber das Blond hat mir etwas besser gefallen.“
Ich nicke. Da ich nicht warten kann, nehme ich meine Gabel und stochere in der Salatschüssel herum. Ein paar Vitamine werden mich wieder in Schwung bringen. „Ja, ich mochte es auch, aber es wurde Zeit für etwas Neues. Es wird Zeit für viele Veränderungen. Nicht nur an mir, meinem Körper, sondern auch an meinem ganzen Leben.“ Kauend sehe ich meine Mum an. Sie nickt nachdenklich. Daddy serviert uns seine Version eines Egg McMuffin und köstlich aussehende Waffeln. Ich kann es kaum erwarten, zu essen.
„Dann hast du fleißig Zukunftspläne geschmiedet?“, fragt Daddy interessiert nach. Er nimmt seine Schürze ab und hängt sie an den Haken an der Wand, dann setzt er sich zu uns. Mum legt ihre Hand an seine Schulter und streichelt ihn zum Dank für das leckere Frühstück. Diese liebevolle Geste bringt mich zum Lächeln.
„Ja, ich denke, dass ich dieses Mal wirklich bereit bin, weiterzumachen. Ich möchte dieses Jahr damit verbringen, mich auf mich zu konzentrieren. Ich möchte das Geld aus meinem College Fund nehmen, um zu reisen. Los Angeles, San Francisco… Ich will mir Kalifornien ansehen. Ich liebe Kalifornien, zumindest die Idee davon, aber ich will Kalifornien in echt sehen, damit ich es auch in echt lieben kann. Vielleicht will ich auch nach Florida? Ein Strandurlaub in Miami wäre bestimmt sehr schön.“ Mum wirkt etwas skeptisch, doch Daddy nickt. „Und ich würde gerne eine Therapie machen, damit ich das alles, was mir passiert ist, besser verarbeiten kann. Es bringt nichts, wenn ich die ganze Nacht in Clubs verbringe und nur noch an Spaß denke. Ich brauche eine gute Balance. Spaß und Arbeit an mir selbst und wenn es mir besser geht, dann kann ich auch bestimmt bald wieder malen.“ Ich greife nach meiner Tasse und wärme meine Finger daran. „Ich möchte, dass sich mein Leben wieder um mich dreht. Ich will nicht die schöne Frau an der Seite eines Mannes sein oder die Mum von irgendwelchen Kindern. Ich will Ilaria sein.“
„Das halte ich für eine gute Idee“, stimmt Mum nun doch zu. Ihre Skepsis hat sich gelegt. „Viele nehmen sich nach dem College Zeit, um herauszufinden, was sie möchten. Du kannst bleiben solange du möchtest und um einen Job kümmern wir uns nächstes Jahr.“
„Was das angeht, habe ich einen Plan. Er ist aber noch nicht besonders ausgereift.“ Ich schneide ein Stückchen von meiner Waffel. Ich sollte mehr essen und weniger reden. „Mein Schmuckgeschäft. Als ich auf dem College war, war das mein Plan. Ich wollte studieren, um später, also nach dem College, Geld mit meiner Kunst zu verdienen. Das Problem ist, dass das nicht einfach ist. Ich brauche einen Businessplan, ich brauche Ware, um sie zu verkaufen und ich brauche einen Weg, um meine Zielgruppe zu finden.“ Überlegend sehe ich auf meinen Teller, dann wieder zu meinen Eltern. „Früher habe ich mir das einfacher vorgestellt, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto komplizierter wird es. Ich bin mir immer noch nicht so sicher, was ich genau machen will. Es sind zu viele Ideen, aber wenn ich in zu viele Richtungen drifte, dann mache ich vielleicht alles, aber nichts davon gut. Versteht ihr?“
„Der Plan gefällt mir deutlich besser als der Plan für immer in deinem Bett zu bleiben“, meint Daddy zuversichtlich. „Du musst das alles ja auch nicht an einem Tag herausfinden. Du hast das ganze Jahr Zeit und selbst wenn das restliche Jahr nicht ausreicht, um alles zu bewältigen, ist das kein Problem. Wichtige Entscheidungen sollte man nicht überstürzen.“
Mum nickt zustimmend. „Vor allem nicht, wenn es sich um Investitionen in sein eigenes Geschäft handelt. Ich bin stolz auf dich, Ilaria.“
„Du bist jetzt schon stolz?“, frage ich. „Aber ich habe von all dem doch noch gar nichts geschafft. Das sind nur Ideen, nicht mal besonders ausgereifte Ideen.“ Ich nehme einen Schluck von meinem Kaffee.
„Ich bin immer stolz auf dich und außerdem bist du aus dem Bett gekommen und heute wirkst du so, als würdest du dich nicht mehr so schnell verstecken.“ Sie legt ihren Kopf schief. „Vielleicht ist es die Haarfarbe. Das verleiht dir diese rebellische Aura. Als könnte dich nichts und niemand mehr aufhalten.“
Ich grinse stolz. „Ja, genau so ist es. Niemand hält mich mehr auf. Ich bin zuversichtlich, dass ich all meine Ziele erreichen werde, egal, wie hart ich dafür arbeiten muss.“
„Hoffentlich macht dir deine Ungeduld keinen Strich durch die Rechnung“, zieht Daddy mich amüsiert auf.
Ich nicke. „Ja, das hoffe ich auch. Ich kann schon sehr anstrengend sein.“
· • ❀ • ·
Die Seiten in meinem Tagebuch zu füllen, hilft mir dabei, meinen Urlaub noch einmal Revue passieren zu lassen. Ich klebe Gruppenfotos und Selfies auf die Seiten, zeichne Sternchen und Herzchen an die Ränder meines Tagebucheintrags und ich bin sogar inspiriert genug, um einen kleinen Sketch der Freiheitsstatue neben eines meiner Selfies zu zeichnen. Mein Abschiedsgeschenk, das gerahmte Schild, dass mich in New York willkommen hieß, ziert nun meine Wand, an der sich in einem längst vergessenen Leben Fotos von Matt und mir befunden haben.
Während ich in New York war, war Matt hier, um einige meiner zurückgelassenen Sachen zu mir zu bringen. Laut Daddy hat er auf ein Gespräch gehofft, sein Wunsch wurde ihm allerdings verwehrt, immerhin war ich nicht zu Hause. Es mag gehässig klingen, doch es fühlt sich auf eine seltsame Weise befriedigend an, dass es Matt immer noch schwerfällt, über mich hinwegzukommen. Er scheint sich wohl immer noch Hoffnungen zu machen, dass ich mit ihm rede und ihm verzeihe, doch ich weiß, dass das nicht passieren wird. Die Freude meines Egos über diese Bestätigung ist größer, als das Mitleid, das meine Empathie für meinen Ex-Verlobten empfindet.
Ich drücke das letzte Foto auf die Seite meines Tagebuchs. Mit einem dunkelblauen Stift male ich einige Farbkleckse. Dass mein Tagebuch nun auf dem aktuellen Stand ist, stimmt mich fröhlich. Lächelnd schreibe ich die letzte Zeile.
‚Meine neue Haarfarbe!‘
Der Stift wird wieder verschlossen und landet in dem Becher, aus dem ich ihn gezogen habe. Freudig klatsche ich in die Hände. Ich bin zuversichtlich, dass mir dieses Jahr neue Lebenskraft verleiht. Bereits jetzt fühle ich die Energie, die mir schon so lange gefehlt hat. Ich greife nach meiner Tasse Tee und hebe sie an. Nachdenklich drehe ich mich in meinem Schreibtischstuhl hin und her, dabei sehe ich mich in meinem Zimmer um. Nach einem Schluck Tee stelle ich meine Tasse wieder zurück auf den Tisch. Vielleicht sollte ich mir ein Visionboard basteln mit allem, was ich mir für mein zukünftiges Zuhause wünsche. Kalifornien, viel Tageslicht, damit ich malen kann, genug Platz für meine Schuhe, aber nicht zu viel Platz, dass es mich stresst, meine Wohnung sauber zu halten. Ein sexy Feuerwehrmann als Partner würde mir gut gefallen. Auch wenn Brad sagt, dass ich es nicht nötig habe, würde sich mein Ego doch darüber freuen, wenn ich den Leuten, die mich aus ihrem Leben gestrichen haben, irgendwann ins Gesicht reiben kann, dass ich viel glücklicher bin, als ich es in meinem alten Leben jemals war. Auch wenn man an sich arbeitet und für sich selbst ein neues Leben erschafft, heißt das noch lange nicht, dass man nicht auch ein bisschen angeben darf!
Voller Tatendrang springe ich auf. Die Kisten, die ich so lange unbeachtet habe stehen lassen, sind als nächste dran. Vielleicht hat Matt mir ja etwas gebracht, von dem ich gar nicht wusste, dass ich es vermisse. Ein verschollenes Paar Schuhe vielleicht.
Ich begutachte die erste Kiste und finde schnell heraus, dass Matt wohl mein Atelier ausgeräumt hat. Alles, was ich im Sommer in den Regalen verstaut habe, befindet sich nun unbenutzt in Kisten, fast so als hätte ich es mir gerade erst liefern lassen. Es ist eine Schande, dass ich so lange um meine Kreativität getrauert habe und nichts davon benutzen konnte, obwohl ich dieses schöne Atelier hatte. Mit einem Seufzer lasse ich die Leinwand sinken, die ich gerade noch in meiner Hand hatte. Vielleicht ist Matt ja doch über mich hinweg. Der Gedanke bringt mich dazu, meine Nase zu rümpfen. Obwohl ich rational weiß, dass man eine Trennung nicht ‚gewinnen‘ kann, bin ich doch ein bisschen enttäuscht, dass es Matt wohl doch schon besser geht, als ich es erwartet hatte. Ich sollte vielleicht doch auf Brad hören und mich lieber auf mich konzentrieren, anstatt dafür zu sorgen, dass Matt weiß, dass es mir ohne ihn viel besser geht.
„Wieso denke ich überhaupt an dich?“, beschwere ich mich und schiebe dann meine Leinwände von mir. „Trennungen sind doch beschissen.“
Ein Klopfen an meiner Tür lenkt mich zum Glück wieder von meinen Gedanken ab. „Goldfisch?“, fragt Daddy, als er ins Zimmer blickt.
Ich winke ihm, wobei ich zu ihm nach oben sehe. „Hier unten.“
„Oh, hätte dich fast übersehen. Hast du gerade zu tun?“
„Nicht wirklich. Wieso?“
„Du musst dir mit mir einen Film ansehen.“
Daddys Worte bringen mich zum Lachen. „Warte. Ich muss mir einen Film ansehen? Was soll das denn heißen?“
„Ja, komm, steh auf.“ Obwohl ich noch keine richtige Erklärung bekommen habe, tue ich, was Daddy von mir verlangt. Er legt seinen Arm um mich. „Wir haben in letzter Zeit so viele deiner Lieblingsfilme zusammen gesehen, da hat mir das gefehlt, als du in New York warst.“
„Aww, Daddy.“ Ich lehne mich gegen ihn. „Wenn du das so sehr vermisst hast, dann muss ich mich doch tatsächlich opfern, um dir diesen Gefallen zu tun. Ich kann dich doch nicht ganz alleine und traurig auf der Couch sitzen lassen. Das wäre sehr unmenschlich von mir.“
„Niemand hat so viel Glück wie ich. Vielen Dank, dass du mit so einem alten, gebrechlichen Mann wir mir mitfühlen kannst“, antwortet Daddy mir grinsend.
„Ja, klar, alt und gebrechlich“, ziehe ich ihn auf, dabei drücke ich ihn von mir. „Ich schnappe mir nur noch meine Kuscheldecke und schon können wir loslegen.“ Ich eile zu meinem Bett und greife nach meiner Kuscheldecke. „Wir haben doch sicher Snacks oder?“
„Natürlich. Chips, Popcorn, der Snackschrank ist gefüllt. Wenn du lieber etwas Süßes willst, kann ich dir auch ein Eis anbieten.“
„Es ist möglich, dass ich alles haben will.“
„Das lässt sich einrichten.“
Daddy und ich finden uns in der Küche ein. Ich bin nicht besonders überrascht, dass bereits eine Tüte Cottoncandy Jellybeans für mich bereit liegt. Meine Kuscheldecke lege ich über meine Schulter und greife gleich sehr enthusiastisch nach der Tüte. „So macht man Ilaria glücklich“, freue ich mich und öffne gleich die Tüte, um Jellybeans in meinen Mund zu stecken.
„Brauchst du noch mehr, um glücklich zu sein?“, erkundigt Daddy sich. Er öffnet bereits den Schrank und holt eine Tüte Mikrowellenpopcorn heraus. „Popcorn zum Beispiel?“
„Ja, Popcorn sind toll und ich will Chips.“ Ich dränge mich an Daddy vorbei, der den Schrank für mich offenlässt und in der Zwischenzeit den Popcornbeutel in die Mikrowelle legt. „Barbecue für dich und Meersalz für mich.“ Die zwei Tüten Chips bringe ich gleich zur Couch und kuschle mich an meinen Lieblingsplatz. Meine Kuscheldecke ziehe ich bis zum meinem Hals hoch, sodass nur noch mein Kopf heraussieht. „Oh nein, jetzt habe ich vergessen, etwas zu trinken mitzunehmen. Hilfe, Daddy.“
Daddy sieht in meine Richtung. Er schnaubt amüsiert. „Ach, vergessen? Du siehst aus wie eine eingekuschelte Königin, die darauf wartet, bedient zu werden.“
„Ich finde, dass ich mir das verdient habe“, antworte ich frech, dabei greife ich gleich wieder in meine Tüte, um noch mehr Jellybeans zu essen. Dafür muss ich allerdings meinen Arm aus meiner Decke strecken. „Hab dich lieb, Daddy.“
Daddy schüttelt amüsiert den Kopf. „Erst frech werden und dann zurückrudern.“ Er öffnet den Kühlschrank. „Was wollt ihr denn trinken, eure königliche Hoheit?“
Ich grinse vor mich hin. „Ist irgendwas offen?“
„Coke?“
„Nehm ich!“
Daddy stellt die Flasche auf den Tisch und füllt gleich ein Glas für mich. Er reicht mir außerdem die Fernbedienung, damit ich mir in der Zwischenzeit einen Film aussuchen kann.
„Wo ist Mum eigentlich?“
„Sie musste sich hinlegen, weil sie Kopfschmerzen hat.“
„Oh Mann, ich hasse Kopfschmerzen.“
„Ja, ich auch“, stimmt er mir zu. „Brauchst du noch irgendetwas?“
„Nein, schätze nicht. Außer einer Idee, was wir uns ansehen könnten vielleicht.“
Daddy steht bereits wieder in der Küche und wartet auf unser Popcorn. „Wir könnten uns wieder einen deiner Lieblingsfilme ansehen. Stört mich nicht, dass wir die in den letzten Wochen hunderte Male gesehen haben.“
„Eines Tages machen wir einen Marathon, bei dem wir alle Texte mitsprechen“, antworte ich schmunzelnd und gehe dabei bereits die Liste meiner Lieblingsfilme durch.
„So stelle ich mir Quality Time mit meiner liebsten Tochter vor“, meint Daddy amüsiert.
„Ich bin deine einzige Tochter.“
„Dreimal darfst du raten, wieso das so ist.“ Daddy klingt amüsiert. Er bringt eine Flasche Bier und die Schüssel mit verlockend duftendem Popcorn mit.
„Weil du mich so sehr geliebt hast, dass du keinen Platz mehr in deinem Herzen für ein weiteres Kind hattest?“, antworte ich ihm mit einer Frage.
Er lacht und schüttelt den Kopf. „Ja und weil du so viel Aufmerksamkeit gebraucht hast, dass wir noch ein zweites Paar Eltern gebrauchen hätten können.“
Ich grinse breit. „Ich war immer schon eine sehr einnehmende Persönlichkeit.“
„Und ich würde nichts an dir ändern wollen“, spricht Daddy mir gut zu. Er reicht mir die Schüssel mit Popcorn und öffnet dann seine Bierflasche mit dem Öffner, den er aus der flachen Schüssel von dem Couchtisch nimmt. „Also? Was sehen wir uns an?“
„Mean Girls!“, gebe ich freudig von mir.
„Ich muss aufpassen, dass ich mittwochs nicht zu pink greife, so oft haben wir den Film gesehen.“
Kichernd starte ich den Film und greife dann bei dem Popcorn zu. „Mir würde das gefallen, dann könnten wir Partnerlook tragen.“
„Das wäre eine Überlegung wert.“