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KAPITEL 18
Etwas Neues
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„So.“ Ich höre das Klatschen von Matts Händen und zucke zusammen, dann sehe ich zu ihm auf. „Jetzt raus aus dem Bett. Du warst lange genug deprimiert. Wir machen einen Ausflug.“ Matt beugt sich über das Bett und nimmt mir mein Smartphone aus den Händen.
„Hey, ich spiele hier Candy Crush“, beschwere ich mich, doch Matt schüttelt den Kopf und steckt mein Smartphone an das Ladekabel.
„Das kannst du morgen wieder machen. Steh' auf, ich hab' alles geplant.“
„Aber ich will wirklich nicht aufstehen.“
Matt zieht die Decke von meinem Körper und ich verschränke meine Arme. „Was ist an meinem ‚Nein‘ so schwer zu verstehen?“
„Ich möchte dir helfen, Ilaria. Du liegst nur noch deprimiert herum und weinst und ich kanns nicht mehr ertragen, dass es dir so schlecht geht.“ Er reicht mir die Hand. „Lass es uns wenigstens versuchen, okay? Wenn’s nicht läuft, dann kannst du ab morgen wieder im Bett liegen und Candy Crush spielen.“
Ich sehe Matt an. Er hält intensiven Augenkontakt. Es dauert einen Moment, doch dann gebe ich mich geschlagen. Vielleicht ist es eine gute Idee, wieder aus dem Haus zu kommen. „Und du hast bereits alles geplant?“, frage ich nach, worauf er nickt. „Und ich muss wirklich an gar nichts mehr denken, sondern nur noch mitkommen?“
„Es wird dir guttun, versprochen.“
„Ist es ein Date nur für uns beide oder treffen wir andere Menschen? Ich will nämlich keine Menschen sehen.“
Matt lässt seine Hand sinken, dann zuckt er mit den Schultern. „Also geplant ist ein Date nur für uns beide. Aber da wir ja raus in die Welt gehen, könnten wir auf andere Menschen treffen.“
„Das ist alles, was ich wissen muss.“
Matt reicht mir erneut die Hand. „Na komm.“ Es kostet ein wenig Überwindung, doch ich nehme seine Hand an und lasse mir aus dem Bett helfen. Matt umarmt mich fest und streichelt meinen Kopf. Mein Freund atmet tief durch und drückt mich dann noch ein wenig fester. „Ich weiß, dass es schwer ist, aber man muss den ersten Schritt machen und dann noch einen und noch einen, um in Bewegung zu bleiben. Dann läufts wieder von selbst.“
„Ja, ich weiß, aber aktuell ist alles sehr erdrückend. Ich weiß nicht einmal, was mich erdrückt, immerhin habe ich absolut nichts zu tun.“
„Das wird schon“, muntert Matt mich auf. „Und jetzt ab ins Badezimmer. Nach einer Dusche fühlst du dich sicher gleich besser. Mir hilft das immer, wenn ich nicht in die Gänge komme.“
Matt streicht mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr. Ich druckse ein wenig herum, doch dann gebe ich mich endgültig geschlagen. Matt hat Recht. Wenn es nicht hilft und ich mich wieder im Bett verkriechen möchte, kann ich das später immer noch machen. Das Bett läuft mir ja nicht davon. „Gut, überredet.“
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Unser erster Zwischenstopp ist bei Starbucks, wo ich mir einen Caramel Frappuccino und ein Stück Kuchen aussuche. Auch der nächste Stopp ist sehr vielversprechend. Wir halten bei Subway, um uns unser Frühstück zu besorgen. Um sicherzustellen, dass meine süßen Gelüste auch wirklich gestillt werden, nimmt Matt noch Cookies für mich mit. Bis zu diesem Punkt kann ich mich nicht beklagen. Auch kurz unter Menschen zu sein, stört mich nicht weiter. Matt verrät mir nicht, wohin wir als nächstes fahren, doch er erklärt, dass das unser letzter Halt sein wird. Da wir unser Essen mitgenommen haben, gehe ich davon aus, dass wir an einen gemütlichen Ort fahren, um dort zusammen zu frühstücken.
Ich schlürfe von meinem Frappuccino und sehe aus dem Fenster. „Ich will es wissen“, bitte ich ihn. Matt legt seine Hand an meinen Oberschenkel und streichelt mich.
„Es ist wirklich nicht mehr weit. Hab' mir gedacht, dass ich den Weg kurzhalte, falls du müde wirst oder alles und jeden um dich herum hasst und nach Hause willst, um wieder Candy Crush zu spielen. Aber du kannst ja raten, wohin es geht.“
„Also für Kino ist es zu früh und wenn wir in ein Restaurant gehen würden, dann hätten wir uns keine Snacks mitgenommen.“
„Mhm, gut beobachtet. Du bist zu schlau, deswegen bekommst du auch keine weiteren Anhaltspunkte. Das wär' sonst viel zu einfach.“ Dass Matt mich ein wenig necken möchte, ist deutlich in seiner Stimme zu hören. Es gefällt ihm, dass ich tatsächlich versuche zu erraten, wohin es geht. Bei meiner Neugierde war das aber wahrscheinlich nicht anders zu erwarten.
„Nach Hause fahren wir nicht, sonst wärst du bestimmt da vorne abgebogen.“
„Mhm“, bestätigt Matt meine Vermutung erneut. „Rate weiter.“
„Du hast gesagt, dass wir rausgehen, also ein Park vielleicht?“
„Ding. Ding. Ding. Und die hübsche Blondine gewinnt den Jackpot. Hab doch gesagt, dass du zu schlau bist und es schnell herausfinden wirst.“
Ich grinse stolz vor mich hin, dann stecke ich wieder meinen Strohhalm in den Mund und trinke von meinem kühlen Getränk. Während ich aus dem Fenster sehe, lasse ich den Becher wieder sinken. „Ich glaube, dass mir die frische Luft tatsächlich guttun wird.“
„Du siehst jetzt schon viel besser aus.“
„Ja, das liegt am Makeup“, erkläre ich ehrlich. „Ich wusste ja nicht, wohin du mich verschleppst, also musste zumindest ein bisschen was in mein Gesicht.“
Matt blickt für eine Sekunde zu mir, dann wieder auf die Straße. „Sieht gut aus. Weniger müde und gelangweilt.“
„Ein Hoch auf den sündhaft teuren Concealer.“
Amüsiert schnaubt Matt. „Ja, und auf Matt, weil es seine tolle Idee war.“
„Du bekommst dein Lob, wenn wir im Park ein schönes Plätzchen gefunden haben“, ziehe ich ihn frech auf.
„Tz“, gibt Matt schnell von sich. „Hier muss man ja wirklich hart für seine Lorbeeren arbeiten.“
„Ja, nichts gibt’s um sonst“, stimme ich ihm zu. Lächelnd sehe ich aus dem Fenster. Indianapolis zieht an mir vorbei. Wenn ich die Umgebung besser im Kopf hätte, wüsste ich wahrscheinlich längst, wohin es geht.
An einem Schild erkenne ich, dass unser Ziel wohl Coxhall Gardens sein muss. Glücklicherweise finden wir nach recht kurzer Zeit einen Parkplatz. Matt packt unsere Verpflegung in seinen Rucksack und schon geht unser Ausflug richtig los. Geräuschvoll schlürfe ich die letzten Tropfen meines Frappuccinos aus dem Becher, den ich anschließend in eine der Mülleimer werfe. Um nicht von der Sonne geblendet zu werden, setze ich meine Sonnenbrille auf, die ich vorher aus meiner Jackentasche fummle. Matt reicht mir seine Hand und ich nehme sie nur zu gerne an. Aus dem Haus zu kommen tut mir bereits jetzt erstaunlich gut. Wie sehr mir die Decke auf den Kopf gefallen ist, war mir gar nicht richtig bewusst.
Das Schild über dem Eingang bestätigt meine Vermutung. Matt und ich spazieren den asphaltierten Weg entlang. Die Grünflächen des Parks sind mir fast schon zu gepflegt. Ausgesprochen kurzes, grünes Gras, in Form geschnittene kleine Büsche und in verschiedenen, künstlerischen Formen angepflanzte Blumen. Ich persönlich bevorzuge wilde Wiesen und Wälder, doch mitten in der Stadt gibt es so etwas leider nicht so oft zu sehen. Man muss sich mit dem Stückchen Natur zufriedengeben, das man bekommt. Und ich bin zufrieden.
„Weißt du schon genau, wohin wir gehen oder improvisierst du von nun an?“, frage ich nach.
„Ach, ich weiß schon, wohin ich dich bringe, aber wir entscheiden uns spontan für einen gemütlichen Platz. Hier gibt es irgendwo einen kleinen Wasserfall, da wäre es ganz chillig, aber am Teich kann man bestimmt auch irgendwo in der Wiese sitzen.“ Ich nicke. „Bei dem Pavillon da hinten hat Brooke ihre Verlobungsfotos gemacht. Also eines der Shootings.“ Er zuckt mit den Schultern. „Ist ein netter Ort für sowas.“
Ich sehe zu Matt auf. „Aber du machst mir heute keinen Antrag, oder?“
Matt bleibt stehen und sieht mich erstaunt an. Fast so, als würde meine Frage jetzt vollkommen aus dem Nichts kommen. Dabei hat er doch damit angefangen. „Äh, nein.“
„Oh.“ Ich sehe Matt an, dann lache ich, um die Situation ein wenig herunterzuspielen. Meine Hand gleitet aus der von Matt. „Entschuldige, ich dachte, weil du Brookes Verlobung angesprochen hast. Wir haben ja noch gar nicht darüber geredet und das wäre doch sehr schnell.“
„Ich mach dir doch nicht an dem Ort den Antrag, an dem deine beste Freundin ihre Fotos gemacht hat.“ Er schüttelt den Kopf. „Frauen sind bei sowas immer total kompliziert. Ich will nicht, dass ihr euch gegenseitig die Haare ausreißt oder so.“
„Hältst du mich für die Art von Mädchen, die anderen Mädchen die Extensions aus den Haaren reißt?“, frage ich fast schon beleidigt nach.
Matt hebt beschwichtigend seine Arme. „Quatsch, nein, nein. Du könntest viel mehr Schaden anrichten, wenn du jemanden boxt oder tretest.“ Er winkt ab, worauf ich die Stirn runzle. „Das war ja auch gar nicht das, was ich sagen wollte. Ich meinte nur, dass Frauen kompliziert sind und ihr euch wegen so dummen Dingen in die Haare bekommt.“
Für einen Moment weiß ich nicht genau, was ich darauf antworten soll, also nicke ich zustimmend. „Ja, stimmt schon. Frauen sind manchmal kompliziert. Aber jeder ist irgendwie kompliziert.“
„Eben. Und es wär' voll scheiße von mir, wenn ich ihr den Ort klaue oder so. Kein Plan, irgendwas wird sich schon finden, worüber man sich aufregen kann.“
„Du klingst gerade wie ein Arschloch“, meine ich schließlich doch. „Nicht alle Frauen sind darauf programmiert, dass sie sich gegenseitig die Augen auskratzen und dass du denkst, dass ich so bin, macht es grade erst richtig schlimm.“
Matt seufzt. „Hör mal, Baby, ich will hier wirklich nicht anfangen zu streiten. Eigentlich wollte ich damit sagen, dass ich nicht möchte, dass ihr euch wegen so etwas streitet. Generell solltet ihr mehr zusammen machen. Ihr wolltet doch mal wieder brunchen gehen. Das wird dir bestimmt auch guttun. Je mehr du unternimmst, desto besser wirst du dich fühlen. Wenn ich nur herumliegen würde, würde es mir auch mies gehen, weil ich mich zu Tode langweilen würde.“
Ich sehe Matt an, dann greife ich wieder nach seiner Hand. „Lass uns weitergehen. Ich will auch nicht streiten, weder mit Brooke, noch mit dir.“
Mein Freund beugt sich zu mir und wir küssen uns sanft. „Mhm, lecker, Ilaria mit Frappuccinogeschmack.“
Der dumme Spruch ist erstaunlich wirksam dabei, meine Laune wieder aufzubessern. „Du bist doch so bescheuert.“
„Ja, aber ich bin es gerne, das macht es besser.“
„Nicht wirklich“, antworte ich schmunzelnd. „Zeig mir lieber den Wasserfall, ich bin neugierig.“ Um Matt wieder in Bewegung zu bringen, ziehe ich ihn an der Hand. „Na los, beweg dich.“
„Zu Befehl.“
Auf dem Weg zum Wasserfall ist unsere Unterhaltung wieder deutlich leichter und verspielter. Matts Worte tanzen zwar immer noch in meinem Hinterkopf herum, doch ich bin sicher, dass er es nicht böse gemeint hat. Er hat sich nur vollkommen falsch ausgedrückt. Kommunikation war nie seine Stärke und ich schätze es sehr, dass er sich Mühe gegeben hat, seine falsch angekommenen Worte wieder richtigzustellen.
Der Wasserfall ist tatsächlich ein sehr entspannender und schöner Ort. Wir machen es uns an dem Rand des Wassers auf den Steinen gemütlich. Matt hat sogar eine Decke in seinem Rucksack mitgebracht. Zusätzlich zu den gekauften Snacks hat er außerdem Starbucks aus dem Kühlregal mitgebracht. Er wusste ganz genau, dass das Koffein mich glücklich machen wird. Ich könnte mich daran gewöhnen, mein Frühstück neben einem plätschernden Wasserfall zu mir zu nehmen. Vielleicht möchte ich so etwas in unserem Garten haben. Das würde meinen Aufenthalt im freien deutlich aufwerten.
Matt und ich machen zusammen Selfies, wir albern herum und in diesem Moment fühlt sich alles wieder so locker und leicht an, als wären wir wieder zurück an der Uni. Es gibt nichts, das mich bedrückt oder stresst. Es gibt nur uns beide und eine weitere wunderschöne Erinnerung, die mir niemals jemand wegnehmen kann.
Ich bette meinen Kopf an Matts kräftigem Oberschenkel und sehe in den Himmel. Eine kleine Wolke zieht langsam über uns vorbei. Als ich heute Morgen meine Augen geöffnet habe, hätte ich nicht gedacht, dass ich auch nur daran denken würde, zu lächeln. Mein Freund streichelt über meinen Bauch.
„Danke“, gebe ich leise von mir. Matt sieht von seinem Smartphone auf und zu mir nach unten.
„Gerne, wofür auch immer.“
„Für diesen Ausflug. Danke dafür. Du hattest Recht. Es hilft mir wirklich sehr, wieder rauszukommen und etwas zu unternehmen.“ Matt lächelt mich an. „Und ich glaube, dass du mir grade auch sehr guttust. Ich vermisse dich.“
„Du vermisst mich?“, fragt er sichtlich verwirrt nach. „Aber ich bin doch wieder da.“
„Ja, ich weiß, aber seit ich bei dir eingezogen bin, hatte ich das Gefühl, dass etwas fehlt und heute war es irgendwie wieder da.“ Ich lege eine Hand an meine Stirn. „Wahrscheinlich klinge ich jetzt, wie ein Arschloch.“
„Nein, gar nicht“, widerspricht Matt mir schnell. „Du klingst, als müsstest du dir was von der Seele reden. Mach mal. Hau alles raus, was dich beschäftigt. Dann können wir den Scheiß in 'ne Kiste packen und direkt hier im Wasser versenken.“ Mit dem Kopf deutet er Richtung Wasserfall.
Ich lache über Matts schöne Idee. „Ja, einfach alle depressiven Gedanken ertränken. Gute Idee.“
„Ja, besser hier, als in Alkohol.“ Er zuckt mit den Schultern. „Also, worauf wolltest du hinaus?“
Ich presse meine Lippen zusammen und überlege. Die Wolke beobachtend, sortiere ich meine Gedanken, dann spreche ich: „Alles hat sich so schwer und ernst angefühlt. Als ob mich das Erwachsensein von einem Tag auf den anderen vollkommen überrumpelt hätte, verstehst du? Ich hatte Stress mit meinem Job, dann warst du weg und irgendwie war alles so viel und so deprimierend. Und als mein Job dann weg war und du wieder hier warst, war es irgendwie immer noch deprimierend.“ Ich streiche durch mein Haar. „Ich denke, dass ich mich nach der Leichtigkeit des Lebens sehne. Macht das irgendwie Sinn?“
„Schätze schon. Was würde sich denn leicht anfühlen?“
„Ich würde gerne reisen. Das mache ich auch. Ich werde dich zu all deinen Spielen begleiten und ich will das Leben wieder richtig fühlen.“ Ich sehe mich kurz um, um sicherzustellen, dass niemand mich hören kann, dann rede ich weiter: „Und ich will Sex. Richtig guten, heißen Sex. Ich will, dass sich die Nachbarn im Hotel beschweren, weil du mich dazu bringst, die ganze Nacht zu schreien.“ Nun grinse ich. Matts Blick wirkt ein wenig beschämt. Er reibt sich den Kopf.
„Oh, okay.“ Er schluckt. „Sorry, darüber zu reden ist immer noch unangenehm. Aber das Sexding wird doch besser, oder? Du hattest beim letzten Mal viel Spaß.“
Ich lege meine Hand an Matts Unterarm und streichle ihn. „Ja, aber ich will beim nächsten Mal wieder Spaß haben und danach wieder und dann wieder.“ Er nickt verstehend. „Du bist doch noch bereit dafür, etwas Neues auszuprobieren, oder?“
„Ja, klar. Ich hab' auch ehrlich gesagt schon darüber nachgedacht.“
„Wirklich?“, hake ich nach, worauf er wieder nickt. „Ich auch.“
„Okay, cool. Könnten wir das vielleicht im Auto besprechen? Oder zu Hause? Irgendwie ist mir das hier in der Öffentlichkeit doch recht unangenehm. Das geht nur uns zwei was an und ich will, dass das privat und unter uns bleibt.“
„Ja, selbstverständlich.“
Matt hebt meine Hand an und küsst meinen Handrücken. „Danke. Den Rest bekommen wir auch hin. Wir werden viel reisen, versprochen. Auch wenn ich nicht spiele. Ich werde dir die ganze Welt zeigen. Wir könnten ja mal eine Liste machen mit Ländern, die wir uns ansehen. In Mexiko gibt’s schöne Strände und Europa soll ganz nett sein.“
„Klingt gut, aber Europa ist kein Land.“
„Hm?“
„Europa ist ein Kontinent und kein Land.“
„Nicht?“ Matt runzelt die Stirn. „Oh. Ich dachte es wäre in Europa wie bei uns. Aber Paris ist eine Stadt, oder?“ Kichernd halte ich mir die Hand vor den Mund, dann nicke ich. „Lach nicht, sonst gehst du gleich schwimmen.“
„Entschuldige. Du bist süß, wenn du so grummelig nachdenkst.“
„Danke“, antwortet Matt, dann schüttelt er den Kopf. „Und jetzt sei ein braves Mädchen und küss mich.“ Ich setze mich auf und lege meine Arme um Matts Hals. Sanft küsse ich seine Lippen, doch aus zärtlichen Berührungen wird schnell ein besonders leidenschaftlicher Kuss. Ich bin Matt für diesen Ausflug äußerst dankbar.
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Motiviert durch den heutigen Tag stehe ich in meinem Atelier und zeichne eine grobe Skizze auf eine große Leinwand. Ich muss die Inspiration und den Tatendrang nutzen, solange sie hier sind. Wer weiß, wie lange sie mir erhalten bleiben. Ich mache einen Schritt zurück und kneife die Augen zusammen, dann trete ich wieder nah an die Leinwand heran. Wenn das Projekt, dass ich in meinem Kopf habe, im realen Leben auch so gut aussieht, dann könnte das ein neues Meisterwerk werden. Mit zielsicheren Bewegungen streiche ich mit dem Bleistift über die Leinwand. Die Linien sind kaum zu erkennen, doch es reicht aus, um das Portrait grob zu definieren.
„Klopf, klopf.“
Ich drehe mich zur Tür und lächle Matt an. „Du hättest auch klopfen können, anstatt ‚Klopf, klopf‘ zu sagen.“
Er wiegt den Kopf hin und her. „Ich wollte dich nicht erschrecken und deinen Flow unterbrechen und habs doch getan. Sorry.“
„Nein, schon gut. Du bist der Grund, wieso der Flow wieder da ist.“
Matt wirkt stolz, als er auf mich zutritt und die Leinwand ansieht. „Ist noch 'ne Skizze, oder?“ Er beugt sich nah zu der Leinwand, um die Linien erkennen zu können. „Ist das ne Frau?“
„Ja“, antworte ich ihm, worauf Matt nickt. „Ein Selbstportrait, um genauer zu sein.“
„Und was malst du? Also… äh, was benutzt du?“ Er sieht sich um. „Öl? Aquarell? Kreide?“ Selbst jemand, der ihn nicht kennt, würde sofort erkennen, dass Matt gerade überhaupt nicht in seinem Element ist.
„Lippenstift.“
„Oh, okay.“ Er sieht wieder die Leinwand an. „Ich will ja nicht wie ein Kunstbanause klingen, aber du hast so viele Farben und Pinsel und da willst du Lippenstift verwenden? Wir haben so viel gutes Zeug gekauft und jetzt verwendest du es gar nicht.“
„Doch, das werde ich noch, aber für dieses Projekt möchte ich etwas Neues ausprobieren. Ich möchte mit meinen Küssen malen. Ich hatte da eine Idee und das muss ich jetzt versuchen, solange ich inspiriert bin.“
„Verarschst du mich oder ist das so ein Künstlerding, dass ich grade überhaupt nicht verstehe?“
Ich kichere und tätschle seinen Arm. „Nein, ich will ganz viele Küsse auf die Leinwand drücken, um das Portrait zu malen. Das habe ich noch nie gemacht, wird also eine Herausforderung sein.“
„Überanstreng deine schönen Lippen aber nicht zu sehr.“ Matt beugt sich zu mir und gibt mir einen liebevollen Kuss. Er streicht durch mein Haar und legt seine zweite Hand an meine Hüfte. Als wir uns voneinander lösen, leckt er sich über die Lippen. „Wenn du möchtest, könnten wir das mit den Küssen vorher noch üben. Dann wärst du morgen bereit für die Leinwand.“
Obwohl es ein kleines bisschen so klingt, als würde ich mich für einen Pornodreh vorbereiten, lasse ich mich dennoch von Matt ablenken. Ich streiche über seine Brust und verwickle ihn in einen weiteren Kuss. Gegen Sex hätte ich eigentlich gar nichts einzuwenden.
Matt scheint einen ganz ähnlichen Plan zu verfolgen, denn er hebt mich an und hält mich am Hintern und meinem Rücken fest. Meine Beine schlingen sich schon fast selbst um seine Hüfte. Ich streiche durch sein Haar und löse den Kuss, um ihn ansehen zu können. Seine grünen Augen sehen direkt in meine. Ich beiße mir sanft auf die Unterlippe, dann senke ich meinen Blick wieder auf seine Lippen. Mein Freund entfernt sich fast schon verstohlen langsam von meiner Staffelei. Ich werfe meinem angefangenen Werk einen Blick zu, doch dann grinse ich Matt frech an.
„Wenn es nach mir geht, können wir heute eine neue Sache ausprobieren.“
Matt hebt seine Brauen, dann grinst auch er. „Einverstanden.“