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KAPITEL 8
Zeichen des Universums
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Selbstsicher, motiviert und gut vorbereitet halte ich die Präsentation, an der ich nun seit einigen Wochen gearbeitet habe. Unzählige Stunden führen mich zu genau diesem Moment. Jeder in meinem Team hat die Aufgabe bekommen, ein Konzept und einen Marketingplan zu entwerfen, vorzubereiten und schließlich zu präsentieren. Da Doug tatsächlich fristlos gefeuert wurde, ist meine Chance umso größer, heute Eindruck zu schinden.
Als ich mit meiner Präsentation zum Ende komme, wirken alle Anwesenden zufrieden mit meiner Arbeit. Wie meine Kollegen, bekomme auch ich ein wenig Applaus von dem Rest des Teams. Glücklich, aufgeregt und mit schnell klopfendem Herzen setze ich mich auf meinen Stuhl. Meine Hände sind eiskalt. Ich verstecke sie sofort unter der Tischplatte und reibe sie sanft aneinander, um sie wieder aufzuwärmen. Jetzt, da ich es hinter mich gebracht habe, ist die Nervosität kurioserweise schlimmer als zuvor. Ich schätze, dass die ausstehende Entscheidung mich so sehr aufwühlt. Unser Teamleiter steht auf, um einige Worte an uns zu richten.
„Wie ihr wisst, sind lange Reden nicht mein Ding, also fasse ich mich kurz. Ich bin beeindruckt von euren Ideen, doch wie ihr wisst, müsst ihr nicht mich, sondern den Kunden beeindrucken. Mister Glass und ich werden uns über eure Vorschläge austauschen und ich gebe euch dann Bescheid, welchen Plan wir dem Kunden präsentieren.“
Es ist schwer, meine Füße unter dem Tisch still zu halten. Ich bin sicher, dass Mister Glass meine Idee am besten findet. Ich habe ihn ganz genau beobachtet und er hat nur bei meiner Präsentation gelächelt. Das muss etwas bedeuten. Er wird sich ganz bestimmt dafür einsetzen, dass die Kunden meine Idee zu Gesicht bekommen.
Unser Teamleiter schickt uns zurück an unsere Schreibtische. So aufgeregt war ich schon lange nicht mehr.
„Und? Wie ist es gelaufen?“, fragt Sarah mich. Ihre naturroten Haare sind heute zu einem lockeren Zopf geflochten. „Du siehst aus, als hättest du es gerockt.“
„Ich glaube, dass sie meinen Vorschlag auswählen werden“, antworte ich zuversichtlich. „Mister Glass hat gelächelt, als ich meine Präsentation gehalten habe. Ich glaube, dass das ein gutes Zeichen ist. Was meinst du?“
Sarah nickt beipflichtend. „Klingt vielversprechend. Kaffee?“
„Oh ja, den habe ich mir jetzt verdient.“
Sarah und ich gehen zusammen in den Pausenraum. Wir füllen unsere Becher mit Kaffee und nehmen uns Zeit, uns zu unterhalten. Solange mein gesamtes Team keine weiteren Anweisungen bekommt, haben wir nichts zu tun, außer auf die Entscheidung zu warten.
„Du hast das sicher in der Tasche“, höre ich einen Kollegen sprechen. Seine Worte sind jedoch nicht an mich gerichtet, sondern an einen weiteren Kollegen. Steve wirkt selbstsicher, als er sich an mir vorbei drängelt, um nach einem Muffin zu greifen. Ich nehme Abstand, um ihm Platz zu machen.
„Sorry, ich wollte dich nicht verdrängen, ich will nur einen Muffin“, entschuldigt er sich, ehe er sich wieder an seinen Gesprächspartner wendet. „Ich weiß nicht recht. Die Konkurrenz ist hart.“ Er nickt in meine Richtung und zwinkert mir zu, ehe er in seinen Muffin beißt.
Ich schmunzle und nehme mir ebenfalls etwas Süßes, um mich selbst zu belohnen. „Wir alle haben gute Arbeit geleistet.“
„Auch wahr“, meint der Kollege mit der Brille, dessen Namen ich dummerweise vergessen habe. „Ich glaube trotzdem, dass Steve das Rennen macht. Sorry, Ilaria.“
„Schon in Ordnung. Wie lange wird es wohl dauern, bis die Entscheidung gefallen ist?“
Steve zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung. Bestenfalls nach der Mittagspause. Könnte aber auch sein, dass sie vielleicht noch einmal darüber schlafen wollen. Dann warten wir bis morgen.“
„Ich hoffe, dass wir schnell eine Antwort bekommen. Ich bin aufgeregt“, antworte ich etwas ernüchtert. „Ich will nicht warten.“
Steve lacht. „Ich auch nicht. Wenn ich gewinne, will ich heute darauf trinken und wenn ich verliere, will ich trinken, um mich aufzuheitern. Ich muss doch wissen, warum ich heute trinke.“
Ich sehe meinen Kollegen an, dann fällt mir auch sein Name wieder ein. Phil. Er klopft Steve auf die Schulter, ehe er spricht: „Du wirst feiern, Kumpel.“ Aus dem Kühlschrank nimmt er sich einen Pudding. Ich mache einen Schritt zur Seite, sodass er sich einen Löffel aus der Schublade nehmen kann. „Danke.“
Unser Teamleiter streckt seinen Kopf in den Pausenraum. „Macht eine verlängerte Mittagspause. Wir sehen uns in drei Stunden, okay?“
Ich nicke. Drei Stunden klingen gut. Ich muss unbedingt etwas essen, um meine Nerven zu beruhigen.
Breit grinsend blickt Phil in die Runde. „Verlängerte Mittagspause klingt super. Was haltet ihr von Italienisch?“
„Dazu sage ich nicht nein“, antworte ich meinem Kollegen.
Steve kaut gerade an seinem Muffin, doch er gibt mir und Phil einen Daumen hoch. Da Sarah nicht in unserem Team ist, müssen wir zu meinem Bedauern auf sie verzichten. Phil macht sich allerdings auf den Weg, auch das restliche Team zu unserem gemeinsamen Mittagessen einzuladen.
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Nach unserer Mittagspause und einem sehr ausgelassenen und angenehmen gemeinsamen Essen finden wir uns wieder in Konferenzraum 3 ein. Unser Boss, Mister Glass, sitzt wohl wieder an seinem Schreibtisch, doch unser Teamleiter hat gute Nachrichten für uns. Nun, für einen von uns. Ich bin aufgeregt und mehr als zuversichtlich, dass er jeden Moment meinen Namen nennen wird. Ich habe lange an dieser Präsentation gearbeitet und sie mehrfach geübt, um einen guten Eindruck zu machen. Meine Idee ist gut durchdacht und in der Theorie bin ich deutlich unter dem Budget geblieben. Ich bin sicher, dass meine Idee die beste ist.
„Bevor ich euch sage, wessen Konzept wir dem Kunden präsentieren, möchte ich mich für eure Mühe bedanken. Um ehrlich zu sein habe ich von euch Neulingen keine besonders gut ausgeklügelten Pläne erwartet, aber jeder von euch hat sein Bestes gegeben und gute Arbeit geleistet. Hut ab vor so viel Professionalität.“
Meine Finger und Hände zittern vor Aufregung, also verschränke ich meine Arme vor meiner Brust. Ich fühle mich, als wäre ich in einer Folge von Bachelor. Ich stehe im Finale und es gibt nur noch eine Rose.
„Ohne lange Umschweife. Mister Glass hat sich für Jakes Plan entschieden.“
Diese Entscheidung fühlt sich an wie ein Schlag ins Gesicht. Steve und ich sehen uns an und ich bin sicher, dass er dasselbe denkt wie ich. Jakes Präsentation war nicht die Beste. In den Gesichtern meiner Kollegen lässt sich deutlich ablesen, dass wir derselben Meinung sind. Niemand hätte erwartet, dass Jakes Idee das Rennen macht.
„Oh yes!“, freut Jake sich. „Der Bonus wandert direkt in einen neuen PC.“ Er hebt triumphierend den Arm und holt sich ein eher unmotiviertes High Five von Steve ab. Ihm steht die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Auch Jun und ich fallen aus allen Wolken. Phils beinahe tödlicher Blick zeigt deutlich, wie abgeneigt er davon ist, dass Jake gewonnen hat. Demotiviert lasse ich meine Arme sinken. Die Aufregung ist verschwunden, stattdessen macht sich ein ungutes Gefühl in meinem Bauch breit.
„Ich weiß, dass ihr enttäuscht seid, aber lasst euch davon nicht zu sehr runterziehen. Ihr habt einen guten Job gemacht. Manchmal kommen die Ideen gut an und manchmal eben nicht, deswegen ist es wichtig mehrere Ideen vorzustellen. Bleibt dran, dann werden auch eure Vorschläge von einer kleinen Idee zu einer großen Marketingkampagne.“ Unser Teamleiter lächelt uns aufmunternd zu, doch ich kann mich nicht dazu durchringen, dieses Lächeln zu erwidern. Ich bin nun mal enttäuscht und ich kann nicht so tun, als wäre ich es nicht.
Natürlich hat er Recht und ich weiß auch, dass das nicht meine letzte Chance war, zu zeigen, was ich kann, es schmerzt jedoch trotzdem, zu verlieren. Ich dachte wirklich, dass ich eine Chance habe. Ich hatte ein gutes Gefühl. Ich war mir sicher, dass Mister Glass meine Präsentation gut findet und dass ihm meine Idee gefallen hat. Ich habe mich doch so sehr angestrengt.
Traurig finde ich mich an meinem Schreibtisch ein. Steve lädt mich dazu ein, unsere gemeinsame Niederlage in Alkohol zu ertränken, doch ich lehne ab. Deprimiert zu trinken, hat mir noch nie gutgetan und morgen verkatert an meinem Arbeitsplatz zu erscheinen, ist eine ausgesprochen schlechte Idee.
Enttäuscht stütze ich mein Kinn an meiner Handfläche ab. Mein Ellbogen ruht auf dem großen Mauspad unter meiner Tastatur. Im schwarzen Bildschirm kann ich mein Spiegelbild entdecken. Die Enttäuschung steht mir mehr als deutlich ins Gesicht geschrieben. Im Augenwinkel sehe ich, wie Jake einen kleinen Freudentanz aufführt, ehe er sich an seinen Schreibtisch setzt. So habe ich mir den heutigen Tag nicht vorgestellt. Im Moment ist es schwer, sich für Jake zu freuen.
Ich greife nach meinem Smartphone und schreibe Matt eine kurze Nachricht. Es gibt so vieles, das ich sagen und schreiben möchte, doch all die Worte in meinem Kopf überschlagen sich. Ich tippe das Erste, was aus diesem Chaos heraussticht.
‚Meine Präsentation war nicht gut genug.‘
Als ich aufsehe, steht Sarah vor meinem Tisch. Sie stellt einen Cupcake auf meinen Schreibtisch und lächelt mich leicht an.
„Ich hab’s schon gehört. Tut mir leid. Vielleicht muntert dich das hier wieder auf, hm?“
„Ich bin jetzt wahrscheinlich eine wahnsinnig schlechte Verliererin“, antworte ich trübsinnig, dann betrachte ich den Cupcake mit dem rosa Frosting. „Der sieht wirklich sehr hübsch aus. Danke.“
„Blödsinn. Du darfst enttäuscht sein, aber lass dich davon nicht zu sehr runterziehen, okay?“ Sie streicht mir aufmunternd über die Schulter. „Du machst einen guten Job, Ilaria. Du bist noch nicht so lange bei uns, aber ich bin sicher, dass du die Jungs schnell überholst.“ Sie zwinkert mir zu und lächelt dann wieder.
„Danke, das ist lieb von dir.“
Als Sarah meinen Tisch verlässt, blicke ich auf das Foto, das ich von Matt und mir aufgestellt habe. Ich nehme es zur Hand und betrachte es genauer. Auf dem Bilderrahmen hat sich eine kleine Staubschicht angesammelt. Mit meinem Finger wische ich den Staub weg, dann seufze ich. Im Moment wäre ich viel lieber zu Hause, um mich vor dem Fernseher in eine kuschelige Decke zu wickeln. Mit Enttäuschungen konnte ich noch nie richtig umgehen.
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Rücklings lasse ich mich im Wasser treiben. Mit geschlossenen Augen atme ich tief durch. All die Geräusche meiner Umgebung sind durch das Wasser an meinen Ohren gedämpft. Ein friedliches, ruhiges Gefühl umgibt mich. Wasser war immer schon mein Element. Schon als Kleinkind wurde ich fast schon magisch davon angezogen. Mein Grandpa erzählt gerne die Geschichte, dass er wegen mir einen Zaun um seinen Pool aufstellen musste, weil ich ständig im Wasser war, sobald man mir nur eine Sekunde den Rücken zugedreht hatte.
Auf meinen Lippen breitet sich ein Lächeln aus. Ich öffne meine Augen und wechsle wieder in die Bauchlage. Dass mein Smartphone läutet, habe ich gar nicht mitbekommen. Ich schwimme der immer lauter werdenden Musik entgegen und setze mich an den Rand des Pools. Mit meinem Handtuch trockne ich meine Hände, dann nehme ich den Videoanruf entgegen.
„Matt, hey“, begrüße ich meinen Freund, dann tupfe ich mir mein Gesicht ab.
„Hab mir schon gedacht, dass du im Wasser bist. Soll ich später nochmal anrufen?“, fragt er mich.
„Nein, nein, alles gut.“ Ich knülle das Handtuch zusammen und lege es auf meine Sonnenliege, dann lehne ich das Smartphone dagegen. „Du musst nur damit leben, dass ich wie ein begossener Pudel aussehe.“
„Also mir gefällt, was ich sehe“, antwortet Matt. „Ich hätte aber nichts dagegen, wenn du mir ein bisschen mehr zeigst.“
Ich kichere. „Du bist so ein Idiot.“ Sanft drücke ich das Wasser aus meinen Haaren, dabei sehe ich auf den Bildschirm. Matt grinst breit.
„Nein.“
„Auch nicht, wenn ich dich darum bitte?“
Ich schüttle den Kopf. „Vergiss es.“
„Gut, dann nicht. Hey, tut mir leid, wegen deiner Präsentation. Geht’s dir gut?“
„Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich nicht enttäuscht bin.“
„Denk jetzt aber bloß nicht, dass du schlechte Arbeit leistest, nur weil deine Idee nicht gewonnen hat. Ist blöd gelaufen, aber aufzugeben ist keine Option, okay?“
„Ja, kann sein“, antworte ich und reibe über meine Oberarme. „Und was, wenn das ein Zeichen ist?“
„Ein Zeichen?“, fragt Matt verwirrt. Er kratzt sich an der Stirn.
„Was, wenn das Universum mir damit sagen will, dass das nicht der richtige Weg für mich ist? Dass du mich gefragt hast, ob ich meinen Job aufgebe, könnte das erste Zeichen gewesen sein. Ich habe es ignoriert. Und um die Botschaft noch deutlicher zu senden, wurde mein Konzept nicht ausgewählt.“ Matt fängt an zu lachen. Etwas beleidigt verschränke ich meine Arme. Ich werfe meinem Smartphone einen bösen Blick zu. „Hör auf, mich auszulachen.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob das Universum sich sonderlich für deinen Job interessiert“, meint Matt amüsiert.
„Danke, dass du mich so ernst nimmst. Als wäre der Tag nicht schon beschissen genug.“ Wütend über seine Reaktion beende ich den Anruf. Noch bevor er mich zurückrufen kann, schalte ich mein Smartphone aus. Vielleicht ist es eine Überreaktion meinerseits, doch ich hasse es, ausgelacht zu werden.
Ich lasse mich zurück ins Wasser fallen und schwimme noch einige Runden, um meinen Frust wieder loszuwerden. Der heutige Tag besteht aus einer Kette von Enttäuschungen. Heute Morgen hatte ich mich noch so gut gefühlt, doch jetzt habe ich eher das Gefühl, dass die Welt Stückchen für Stückchen über meinem Kopf zusammenbricht. Vielleicht bin ich auch nur wieder viel zu dramatisch und nehme mein eigenes Leben viel zu ernst. Nach einer weiteren Länge drücke ich mich am Rand des Pools aus dem Wasser und lege mein kuscheliges Badetuch um meinen Oberkörper. Wahrscheinlich dürfte ich mich über keine Sekunde meines Lebens beschweren. Ich wohne in einem großen Haus, habe genug zu essen und zu trinken und saubere Kleidung. Meine Beine bewegen sich im kühlen Wasser auf und ab.
„Heute ist nicht mein Tag“, gebe ich murmelnd von mir und kuschle mich in den flauschigen Stoff.
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Es gibt nichts, das Schokolade und Pizza nicht wieder gutmachen kann. Als ich die Treppen heruntersteige, höre ich, dass jemand an der Tür klingelt. Perfektes Timing.
Frisch geduscht nehme ich mein Abendessen entgegen. Der Pizzabote bekommt gutes Trinkgeld und schon setze ich mich mit meiner Pizza auf die Couch. Mein Smartphone ist mittlerweile wieder eingeschalten. Matt hat mich noch einige Male angerufen und sich in einer kurzen Nachricht für seine Reaktion entschuldigt, doch ich habe mich nicht gemeldet. Wütend bin ich zwar nicht mehr auf ihn, dennoch brauche ich jetzt meinen Freiraum. Nach diesem anstrengenden Tag muss ich meine Gedanken sortieren und abschalten.
Per Knopfdruck starte ich meinen Lieblingsfilm und lege meine Füße auf dem Couchtisch ab. Der Pizzakarton findet seinen Platz auf einem Teller, den ich auf meinen Oberschenkeln ablege. Vorfreudig öffne ich den Karton und nehme einen tiefen Atemzug. Schon bei dem Duft meiner Thunfischpizza läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Sie sieht köstlich aus. Ich nehme eines der vorgeschnittenen Stücke heraus und beiße hinein. Glücklich kauend sehe ich auf den Bildschirm. Schon bei dem Intro fühle ich mich wieder viel wohler.
Im Laufe des Films esse ich die gesamte Pizza und auch einige Pralinen. Ich öffne mir außerdem eine Packung Chips, wovon ich allerdings schon nach einer kleinen Portion genug habe. Das Ende des Films stimmt mich nachdenklicher als sonst. Auch wenn Matt mich für meinen Glauben an das Schicksal oder Zeichen des Universums ausgelacht hat, fühlt es sich auch jetzt so an, als würde mir das Universum etwas mitteilen. Vielleicht sollte ich es genau wie Andrea machen und meinen Job hinter mir lassen, um wieder zu mir selbst zu finden.
Ich schalte den Fernseher aus, lege den leeren Pizzakarton auf die Küchentheke und stelle den Teller daneben ab. Ich verschließe die geöffnete Packung Chips mit einer Klammer und lasse sie auf dem Couchtisch liegen. Im Gehen trinke ich mein Glas leer und stelle es nur noch in die Küche, ehe ich mich schon auf den Weg nach oben ins Schlafzimmer mache.
Im Gang, kurz vor der Schlafzimmertür bleibt mein Blick an einem Bild an der Wand hängen. Ich bleibe stehen und nehme mir einen Moment Zeit, um es zu betrachten. Mein Lächeln wird immer breiter, als ich mich an Matts Worte erinnere. Obwohl ich für dieses Bild viele Angebote bekommen habe, habe ich meinen Feenwald an ihn verkauft. Er war einer meiner ersten Fans, obwohl er sich nicht besonders viel aus Kunst gemacht hat. Mein Herz klopft schneller, als ich mich daran erinnere, wie er mich nach dem Bild gefragt hat. Ich lächle breit und lasse meinen Blick noch einmal über die Szene in dem magischen Wald schweifen, ehe ich mich dazu entschließe, ins Schlafzimmer zu gehen.
Mein Smartphone liegt auf meinem Nachttisch. Ich wollte nicht schwach werden, sobald mein Display aufleuchtet, doch ich habe meine Meinung geändert. Ich war lange genug wütend und abweisend. Auf dem Weg ins Badezimmer lese ich Matts Entschuldigung noch einmal, ehe ich eine Antwort an meinen Freund tippe.
‚Keine Angst, ich bin nicht mehr wütend auf dich. Ich weiß, dass du es vielleicht nicht verstehst, aber ich glaube an Zeichen des Universums und ich glaube auch daran, dass es mir hilft, Entscheidungen zu treffen, die ich nicht alleine entscheiden kann. Es hat mich verletzt, dass du mich ausgelacht hast und ich will, dass du das weißt. Trotzdem verzeihe ich dir. Ich liebe dich, Matt. Und ich kann es kaum erwarten, dich am Wochenende zu sehen.‘
Ich lege das Smartphone zur Seite, wasche mir das Gesicht und trage mein Nachtserum auf. In der Zwischenzeit piept mein Smartphone fröhlich vor sich hin. Ich bekomme wohl gerade eine Antwort von meinem Freund. Meinen Bademantel hänge ich an einen Haken und spaziere dann mit meinem Smartphone zurück ins Schlafzimmer, wo ich in einen kuscheligen Schlafanzug schlüpfe. Schließlich komme ich endlich in meinem Bett an und gehe sicher, dass mein Wecker morgen früh auch pünktlich klingelt. Außerdem lese ich Matts Nachrichten.
‚Hoffentlich hattest du trotz meinem Bullshit einen schönen Abend.‘
‚Ich liebe dich auch!‘
‚Schlaf schön, Baby.‘
‚Und vergiss nicht, dass ich dich liebe und unterstütze, egal, wofür du dich entschiedest!‘
‚*entscheidest!‘
Er schickt mir noch ein Gif von einem großen Hund, der mit einer kleinen Katze kuschelt. Zu gerne würde ich es der Katze gleichtun und mich an jemanden kuscheln. Matt wäre perfekt dafür. Er fehlt mir. Ich entschließe mich dazu, ein schnelles Selfie zu schießen und es meinem Freund zu schicken. Nachdem das Foto angekommen ist, tippe ich noch eine Nachricht.
‚Ich denke, dass ich meinen Job kündigen sollte, aber ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.‘
Es dauert nur einen Moment, schon erhalte ich eine weitere Antwort von Matt.
‚Ich halte es für eine gute Idee. Schnapp dir meine Karte und besorg dir neue Farben!‘
‚Das wird dir guttun, da bin ich mir ganz sicher. Das Universum ist schon ziemlich alt, das heißt, dass es ein cleverer Berater ist.‘
Kichernd schüttle ich den Kopf, dann tippe ich wieder.
‚Jetzt veralberst du mich aber!‘
‚Nein, ich meine es ernst. Tu das, was dir guttut. Der Job verlangt viel zu viel von dir. Wenn du nicht malst, dann verliert die Welt eine wunderbare Künstlerin.‘
‚Meinst du?‘
‚Ja, das meine ich. Ich muss jetzt leider ins Bett, aber ich kann es kaum erwarten, dich am Wochenende zu sehen. Schlaf schön, Baby.‘
‚Gute Nacht, Matt.‘