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KAPITEL 13
Nie wieder Alkohol
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Von letzter Nacht ist mir noch ziemlich übel. Obwohl ich wusste, dass ich bei meinen Eltern in Sicherheit bin, konnte ich kaum schlafen. Unerwünschte Erinnerungen haben sich in meinem Kopf im Kreis gedreht. Eigentlich bin ich nur noch froh, dass die Nacht vergangen ist und ich nun am Frühstückstisch sitzen kann.
Müde starre ich auf meine Tasse Tee. Samstagmorgen bedeutet Bananenpfannkuchen von meiner Mum, doch auf etwas Süßes habe ich heute keine Lust. Dad rettet meinen Morgen, indem er mir Rührei und goldgebackenen Toast mit etwas Butter und Salz serviert. Liebevoll streichelt er meinen Hinterkopf.
„Du siehst schon ein bisschen frischer aus, mein Goldfisch.“
„Ach echt? Ich fühle mich so gar nicht frisch“, antworte ich verkatert. „Eher wie die geschmolzene Butter auf meinem Toast.“
„Wieso trinkst du, wenn du es nicht verträgst?“, fragt Mum mich neutral. Sie ist gerade damit beschäftigt, die Pfannkuchen anzurichten. „Dir geht es danach immer schlecht und du kannst nicht gut schlafen, das ist nicht gut für dich.“
„Ich weiß, Mum, danke.“ Ich rümpfe die Nase, da selbst die Eier mit den frisch gepflückten Kräutern keinen Appetit in mir wecken. „Keine Ahnung, vielleicht bin ich einfach dumm und beeinflussbar.“ Ich greife nach meiner Tasse und puste hinein. „Ich will immer noch irgendwo dazugehören, aber ich fürchte, dass ich nirgends richtig reinpasse.“ Dad setzt sich mir gegenüber hin. Er rührt Milch in seinen Kaffee. Das Klingeln seines Löffels an dem Porzellan, scheint immer lauter zu werden. Es fühlt sich an, als würde er mit dem Löffel gegen mein Gehirn stupsen und das Klingeln in meinem Kopf auslösen. Ich deute auf Daddys Tasse. „Kannst du das lassen? Mein Kopf explodiert gleich.“
„Entschuldige.“ Er zieht den Löffel aus seiner Tasse und steckt ihn in den Mund, um den Kaffee abzulecken, dann legt er den Löffel neben seine Tasse. „Du weißt doch, dass du zu deinen Freunden auch ‚Nein‘ sagen darfst. Wenn sie dir einen Shot vor die Nase stellen, dann musst du ihn nicht trinken. Es gibt immer irgendwen, der dir den Alkohol abnehmen kann.“
„Ja, Daddy. Ich wurde ja auch nicht gezwungen, es ist nicht ihre schuld, sondern meine. Ich war nach dem ersten Shot doch ziemlich locker und habe mich gut gefühlt. Es wäre wahrscheinlich schlau gewesen, an dem Punkt aufzuhören.“
Daddy winkt ab. „Mach dir da nicht zu viele Gedanken. Wir trinken alle mal einen über den Durst. Solange es nicht zur Gewohnheit wird, ist das nicht so schlimm.“
„Ja, daran will ich mich auch gar nicht erst gewöhnen. Daran könnte ich mich nicht mal gewöhnen, selbst wenn ich es wollte. Ich fühle mich miserabel.“ Ich nehme einen kleinen Schluck meines Tees. „Ich trinke nie wieder“, beschwere ich mich weiter, was meinen Dad zum Lachen bringt. „Ja, lach mich nur aus.“
„Willst du etwas gegen deine Kopfschmerzen haben?“, fragt Mum mich, worauf ich nicke.
„Ja, bitte.“ Sie verlässt die Küche und ich sehe ihr müde nach.
Mit einem sanften Lächeln sieht Daddy mich an, dann schlägt er vor: „Du kannst dich noch einmal hinlegen und ich bringe dich heute Nachmittag nach Hause.“
„Ja, klingt gut“, antworte ich wenig überzeugt und stochere in meinem Essen herum. „Daddy?“
„Ja?“
„Denkst du, dass es Menschen gibt, die nirgends richtig reinpassen? Manchmal fühle ich mich, als wäre ich anders als alle anderen Menschen. So als wäre da eine oberflächliche Verbindung, die aber nie tiefer geht.“
„Hm“, gibt er überlegend von sich, dann legt er seine Hand an meinen Unterarm. „Damit bin ich ehrlich gesagt ein bisschen überfordert. Brauchst du Hilfe?“
„Nein, wahrscheinlich nicht. Mein Kopf ist nur verwirrt wegen dem Alkohol und ich hatte einen miesen Traum.“
Dad streichelt meinen Arm, dann nimmt er wieder Abstand zu mir und lehnt sich zurück. „Manchmal sind Freunde keine richtigen Freunde fürs Leben, sondern eher Weggefährten. Mit vielen freundet man sich nur an, weil man sie täglich sieht. Freunde aus der Schule oder Arbeitskollegen zum Beispiel.“ Dad lächelt mich an. „Du warst doch gar nicht so lang in der Firma und die letzten zwei Wochen waren ja auch nicht besonders prickelnd. Es ist kein Wunder, dass du dich nicht gut fühlst.“
„Ja, wahrscheinlich hast du recht.“
„Such dir vielleicht wieder einen Tanzkurs“, meint er, worauf er mit den Schultern zuckt. „Oder ruf Brooke an. Ihr habt euch bestimmt nicht so oft gesehen, während du dieses Projekt hattest. Vielleicht geht es dir besser, wenn ihr zusammen brunchen oder shoppen geht.“
Mum bringt mir eine orange Dose mit Tabletten. Ich nehme eine heraus und stecke sie gleich in den Mund. Mit etwas Orangensaft spüle ich sie hinunter und Mum bringt die Tabletten wieder zurück ins Badezimmer.
„Wäre vielleicht keine schlechte Idee.“ Ich esse einen kleinen Happen. Kauend überlege ich. „Das lasse ich mir noch durch den Kopf gehen.“ Nach einem Biss in meinen Toast, sehe ich meinen Daddy wieder an. „Ich bin im Moment wahrscheinlich ein wenig überdramatisch, weil ich mich so abgeschottet fühle. In der Schule war ich immer irgendwie unter Menschen. Auch wenn ich nicht mit ihnen interagiert habe, war immer jemand da. Mir fehlt das Wohnheim.“
Daddy nickt. „Versuch es doch mal mit dem Internet. Daran hast du wahrscheinlich schon selbst gedacht, aber da gibt es ja für jeden etwas.“ Er grinst stolz. „Meine Autofreaks-Gruppe wächst immer weiter.“
„Vielleicht suche ich mir ja ein paar Kunstfreaks und eröffne meine eigene Gruppe“, antworte ich ihm.
Daddy nickt. „Sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, tut immer gut.“ Er lächelt mich sanft an. „Lass dich von zwei miesen Wochen nicht unterkriegen, ja? Eine Umstellung in deinem Leben und ein kleiner Kater sind nicht der Untergang der Welt.“
„Ja, du hast recht.“
„Und wenn du das Gefühl hast, dass es nicht läuft, kannst du mich anrufen und wir sehen zu, dass es wieder läuft, hm?“
„Danke, Daddy.“
Mum betritt wieder die Wohnküche. Sie nimmt die zwei Teller, die sie schon servierbereit gemacht hat und stellt einen davon vor Dads Nase.
„Samstagspfannkuchen“, gibt er freudig von sich. „Mein Leibgericht. Danke, Schatz.“ Sobald Mum sich hingesetzt hat, beugt Dad sich zu ihr und küsst ihre Wange. „Vielen Dank.“
„Gern geschehen.“
· • ❀ • ·
Nach der Fürsorglichkeit und den tollen Gesprächen mit meinen Eltern und kuscheln mit der flauschigen Laileena, fühlt sich das große Haus einsam und kalt an, als ich wieder zu Hause bin. Ein Telefonat mit Matt hebt meine Laune leider nur sehr kurzfristig, also überlege ich, wie ich die letzten Stunden, bis er wieder nach Hause kommt, mit Unterhaltung fülle.
Da ich den Abend nicht alleine verbringen möchte, leisten mir meine Freundinnen Brooke und Amber Gesellschaft. Um mich wieder richtig menschlich zu fühlen, eignet sich ein Beautyabend ausgesprochen gut. Mit Gesichtsmaske und Haarpflege sitzen wir zu dritt auf der Couch und sehen uns einen Film an. Nun, genau genommen läuft der Film nebenbei, während wir uns unterhalten.
„Also, wie verbringst du deine neugewonnene Freiheit?“, fragt Amber nach, ehe sie einen Schluck von ihrem Champagner nimmt. Schon bei dem Gedanken an Alkohol, ist mein Magen wieder beleidigt.
„Bis jetzt habe ich eigentlich keine Pläne. Ich werde wahrscheinlich wieder malen, aber so genau weiß ich nicht, was ich vorhabe.“
„An deiner Stelle würde ich mich in sexy Dessous hüllen und mir den scharfen Gärtner schnappen.“
Ich sehe Amber ertappt an, während Brooke loslacht. „Ja, also“, antworte ich unsicher. Ich weiß nicht genau, was ich überhaupt sagen möchte. Glücklicherweise werde ich sofort von Brooke unterbrochen, also muss ich mir nicht lange Gedanken über meine Antwort machen.
„Sí, du solltest tanzen eine heiße Samba“, wirft sie mit schlechtem spanischem Akzent ein, was nun auch mich zum Lachen bringt.
„Ihr seid furchtbar. Ganz, ganz, ganz furchtbar.“
Amber stellt ihr Glas auf den Couchtisch und lehnt sich dann wieder zurück. „Wenn du es geschickt anstellst, kannst du vielleicht einen Dreier rausholen.“
Brooke stupst ihre Schwester mit ihrem Ellbogen an. „Hör auf meine Kleine zu ärgern. Dazu ist sie nicht versaut genug.“
Ich wiege den Kopf hin und her. „Naja, so wie es bei uns aktuell läuft, wäre es wahrscheinlich gar nicht schlecht, unser Liebesleben aufzupeppen. Vielleicht nicht mit einem Dreier, aber irgendwie anders.“ Ich greife nach meinem Tee und seufze. „Ich war so gestresst, dass es nicht so gut lief in letzter Zeit.“
Meine Aussage scheint Ambers Interesse zu wecken. „Es lief nicht gut? Was ist denn los?“
„Wisst ihr. Ich liebe Matt und ich finde ihn attraktiv und sexy und es hat auch auf dem College wunderbar zwischen uns funktioniert, aber in letzter Zeit hatte ich keinen richtigen Orgasmus mehr.“
„Oh, wow, das ist echt traurig“, meint Amber, ehe sie die Nase rümpft. „Hilfst du denn gar nicht nach?“
„Nachhelfen?“, frage ich ein wenig verwirrt.
„Naja, Vorspiel, Spielzeug? Die wenigsten Frauen kommen von Penetration alleine.“
Ich nicke, dann wirft auch Brooke ein: „Nimm ein bisschen Gleitgel und besorg dir einen Auflagevibrator. Davon gibt es mittlerweile so viele verschiedene, da hast du mehr als genug Abwechslung. Wenn du das gefunden hast, was dir gefällt, hast du die besten Orgasmen.“
„Meinst du?“
„Ja“, bestätigt sie sich. „Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“
Nun grinst Amber wieder. „Und wenn das nicht hilft, hätte ich noch eine andere Idee.“
Ihr Grinsen schreckt mich ein wenig ab, doch ich bin zu neugierig um nicht nachzufragen, deswegen tue ich es: „Was für eine Idee?“
„Tja, wenn ihr Swinger wärt, dann könnte ich euch auf eine Party einladen.“
Brooke murrt. „Amber.“
„Na was denn? Sie hat doch gefragt.“ Amber wendet sich wieder mir zu. „Das ist ein sicherer Ort, um sich selbst zu erforschen. Du kannst dir jeden Mann aussuchen, der auch Lust auf dich hat. Oder auch jede Frau.“ Sie zwinkert mir zu, was mich zum Lachen bringt.
„Ja, wird Zeit, dass wir diese sexuellen Spannungen zwischen uns abbauen“, antworte ich ihr scherzhaft, was die Schwestern zum Lachen bringt.
Ich schüttle den Kopf und trinke von meinem Tee. Dass Amber mit ihrer Sexualität so offen umgeht, erstaunt und erschüttert mich gleichermaßen. Einerseits wünschte ich, ich wäre auch so experimentierfreudig und aufgeschlossen, anderseits könnte ich jemandem, den ich nicht kenne, niemals so sehr vertrauen, um mich vollkommen fallen zu lassen. Möglicherweise bin ich auch nur viel zu verklemmt, um diesen Vorschlag ernsthaft in Erwägung zu ziehen.
„Aber im Ernst“, schließt Amber wieder an das Gesprächsthema an. „Schlag es Matt doch mal vor. Sprecht darüber und diskutiert es. Vielleicht sind Dreier ja tatsächlich genau der Reiz, der euer Sexleben spannend gestaltet.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Sex ist immer noch so ein dummes Tabuthema, dabei geht es darum, Spaß zu haben, darum, sich selbst zu erforschen. Sex ist sexy.“ Sie legt ihre Hand an meinen Schenkel. „Wenn es nichts für euch ist, dann ist das auch okay, aber wenn’s grade echt nicht läuft und du unzufrieden bist, dann musst du einen Dialog starten.“
„Ja, vielleicht solltest du aber nicht mit der Tür ins Swinger-Haus fallen“, unterbricht Brooke ihre Schwester.
Ich lache, dann trinke ich wieder vorsichtig von meinem Tee. Die Tasse stelle ich zurück auf den Couchtisch. „Wir haben schon darüber gesprochen, aber da Matt noch im Trainingslager war, haben wir das Thema mehr oder weniger vertagt. Morgen kommt er wieder nach Hause, vielleicht ergibt sich etwas.“ Ich mache eine ausladende Handgeste. „Ich denke aber, dass ich es vorerst mit Matt alleine probieren möchte, bevor ich noch jemanden ins Schlafzimmer einlade.“
„Sehr, sehr schade“, meint Amber, dann schmunzelt sie und sieht ihre Schwester an, die nur den Kopf schüttelt.
„Lass dich nicht von ihr anquatschen. Sie hat schon recht mit dem Sex-Ding, immerhin wird gerade uns Frauen immer wieder eingeredet, wie schlimm es ist, wenn wir Spaß an Sex haben und dann auch noch mehrere Partner in unserem Leben hatten, aber man muss für das Swinger-Dasein doch irgendwie ein gewisser Typ sein.“
Amber zuckt mit den Schultern. „Also ich hab' meinen Spaß.“ Nun sieht sie wieder zu mir. „Und was noch wichtiger ist: Ich habe auch regelmäßig Orgasmen. Also, denk darüber nach.“
„Ja“, antworte ich wenig überzeugt. „Sollte ich vielleicht tun.“ Ich stehe von der Couch auf. „Aber bevor das hier noch eskaliert und du eine Party in unserem Haus veranstaltest, springe ich eben unter die Dusche.“ Brooke kichert, da zeige ich gleich auf sie. „Behalt sie in der Zwischenzeit im Auge. Halt sie ja von ihrem Smartphone fern. Ich will keine sexy Männer in meinem Haus haben, wenn ich wieder aus der Dusche komme.“
„Wird gemacht, Boss“, antwortet Brooke mir grinsend, dann sieht sie ihre Schwester an, die ihr frech die Zunge zeigt.
Ich gehe nach oben in das Badezimmer und verschließe vorsichtshalber die Türen, um meine ersten Swinger-Erfahrungen nicht überraschend unter der Dusche zu machen. Es tut gut, eine warme Dusche zu nehmen und die Pflege von Gesicht und Kopf spülen zu können. Da ich meine Freundinnen nicht zu lange warten lassen möchte, trödle ich nicht und steige recht schnell wieder aus der Dusche. Ich wickle meine Haare in ein Handtuch und schlüpfe in einen Bademantel. Für einen Moment überlege ich, ob ich mir noch etwas anziehe oder nur im Bademantel nach unten gehe, dabei trage ich eine Gesichtscreme auf. Die Hitze im Badezimmer nimmt mir meine Entscheidung schnell ab. Ich wähle einen kurzen Pyjama. Nachdem ich mich umgezogen habe, ziehe ich auch das Handtuch von meinem Kopf und werfe es ins Badezimmer.
Während ich nach unten gehe, kämme ich durch mein Haar. Auf dem Weg ins Wohnzimmer kommt mir Brooke entgegen. Sie hat die Gelegenheit wohl genutzt, um ebenfalls eine Dusche zu nehmen. Brooke hakt sich bei mir ein.
„Lass dich nicht von Amber verunsichern und zu irgendwas drängen, okay?“
„Nein, keine Sorge. Ich will lieber klein anfangen. Es sollte erst einmal zwischen Matt und mir funktionieren, bevor wir uns ins Abenteuer stürzen.“ Brooke kichert. Durch den Champagner ist sie schon ein wenig beschwipst, doch sie kann damit deutlich besser umgehen als ich. „Mal ganz unter uns. Warst du schon auf eine ihrer Partys?“
„Ich? Nein“, antwortet sie, ehe sie lacht. „So gerne ich Amber auch habe, ich will meiner Schwester dann doch lieber nicht beim Sex zusehen. Damit würde ich mich nicht wohlfühlen.“
Ich schmunzle. „Ich wahrscheinlich auch nicht.“
Wir finden uns wieder auf der Couch ein und Brooke reicht mir ihr Handtuch. Im Gegenzug bekommt sie meinen Kamm. Während ich meine Haare noch einmal trockne, kämmt sie durch ihre schwarze Mähne.
„Hast du irgendeine Empfehlung für Spielzeug, die du mir geben kannst?“, erkundige ich mich, worauf Brooke nickt.
„Wenn du willst, kann ich dir ein paar Links schicken und du klickst dich dann durch das Spielzeug, das für dich interessant aussieht.“
„Ja, das würde mir helfen, danke.“
„Hast du denn gar kein Spielzeug?“, hakt sie interessiert nach. Sie trinkt ihr Glas leer und stellt es auf dem Couchtisch ab. Aus dem silbernen Flaschenkühler greift sie sich die angebrochene Flasche Champagner und füllt damit ihr Glas. „Und du willst sicher nichts?“
„Nein, danke“, antworte ich abwinkend. „Ich bin wahrscheinlich für die nächsten Monate versorgt.“
Brooke kichert. „Mein armes Mädchen.“ Sie nimmt einen Schluck.
„Oh, genau, deine Frage.“ Ich räuspere mich und trockne mein Haar noch einmal. Nach der Haarmaske fühlt es sich immer so weich an, dass ich gar nicht davon ablassen kann. „Ich habe zwei Vibratoren in meinem Nachttisch.“
„Das ist alles?“, fragt sie fast ungläubig nach. „Du musst dein Sortiment ganz klar aufstocken.“ Brooke mustert mich. „Es ist wichtig, dass du das machst, Ilaria. Männer sind einfach gestrickt. Ein bisschen rein und raus reicht für sie, um zufrieden zu sein. Wir Frauen sind da leider etwas komplexer. Wir brauchen ein Vorspiel, um erst richtig in Stimmung zu kommen. Wenn wir nicht in Stimmung sind, dann macht es keinen Spaß und manchmal tut es sogar weh.“ Sie seufzt. „Das dumme ist nur, dass Männer das nicht kapieren, weil es bei ihnen so leicht ist.“
Ich nicke. „Wenn ich noch einmal mit Matt spreche, dann muss ich ihm das richtig erklären. Er ist immer sehr einfühlsam und lieb, ich glaube, dass er das ganz schnell verstehen wird.“
„Und wenn das nicht hilft, dann sagst du ihm, dass Amber dich zu einer Swingerparty eingeladen hat und du da auch alleine hingehst, wenn er sich nicht bemüht“, klinkt Amber sich in das Gespräch ein. Ich sehe zu der Blondine und schmunzle. Sie bindet sich gerade ihre Haare zu einem Dutt zusammen, dann setzt sie sich wieder zwischen Brooke und mich. „Aber ohne Witz. Die Einladung steht, vielleicht wollt ihr euch es ja doch mal ansehen.“
Ich schüttle den Kopf. „Wohl eher nicht. Wenn die Medien sowas erfahren, dann bekommt er vielleicht Ärger. Das mit der NFL ist nicht so einfach.“
Amber zieht eine Schmolllippe. „Schade, ihr zwei würdet die Partys wirklich aufwerten.“
„Sie hat ‚Nein‘ gesagt“, spricht Brooke etwas strenger, was Amber zum Seufzen bringt.
„Schade, schade.“
Da das Thema nun abgehakt ist, lenkt Brooke unser Gespräch Richtung Schuhe und Kleidung. Es freut mich sehr, dass wir uns wieder über lockere, fröhlichere Themen unterhalten. Das hilft mir dabei, nicht mehr weiter darüber nachzudenken, was in meinem Leben aktuell nicht ganz rund läuft. Es tut gut, mich mit meinen Freundinnen auszutauschen, mit ihnen zu lachen und meinen Kopf frei zu bekommen.
Leider neigt sich auch dieser Abend dem Ende zu und Brooke und Amber werden von Brookes Mann abgeholt. Ich sehe den beiden nach, bis sie in das Auto einsteigen. Brooke küsst ihre Finger und winkt mir zum Abschied noch einmal zu. Ich erwidere das Winken und schließe die Tür, nachdem auch Brooke eingestiegen ist.
Die Stille kehrt sofort wieder ein. Es ist unerträglich. Ich starte einen weiteren Film und räume das Wohnzimmer auf. Die leergetrunkene Champagnerflasche spüle ich einige Male mit heißem Wasser aus, trockne sie schnell ab und stelle sie dann zur Tür. Auch die Sektgläser meiner Freundinnen spüle ich gut aus und lasse sie dann mit einem Tropfen Geschirrspülmittel und mit warmem Wasser gefüllt neben der Spüle stehen. Mein Magen beschwert sich mit einem Knurren. Obwohl ich heute nicht besonders viel gegessen habe, verzichte ich auf das Abendessen. Mir ist schlicht noch zu übel, um irgendetwas zu mir zu nehmen. Ich trinke allerdings noch ein Glas Wasser, bevor ich die Küche hinter mir lasse, um mich zu Couch zu begeben.
Einerseits bin ich müde, dennoch fühle ich mich anderseits auch zu wach, um sofort einschlafen zu können. Ich finde mich auf der Couch ein und kuschle mich in eine Decke. Dem Film kann ich nur wenige Minuten folgen, dann widme ich mich meinem Smartphone und scrolle gedankenverloren durch die Posts meiner Freunde. Ein Selfie vom heutigen Abend wird mit einem Herzchen versehen. Amber, Brooke und ich sind darauf zu sehen. Wir tragen unsere Gesichtsmasken. Ich tippe einen kurzen Kommentar und bedanke mich für den schönen Abend. Als ich weiter scrolle, überfliege ich die Hashtags. Ich bleibe an #trophywifes hängen und lasse mein Smartphone sinken. An einem anderen Abend wäre es mir vermutlich egal, doch heute trifft es mich, diese Worte zu lesen. Trophy Wife? Ich? Ich habe mich niemals als ein hübsches Anhängsel betrachtet.
Mit einem Knopfdruck lasse ich das Display erlöschen. Ich lege mein Smartphone auf den Couchtisch und wende mich wieder dem Film zu, der Gedanke lässt mich allerdings nicht los.
Bin ich das? Bin ich nichts Anderes, als ein hübsches Mädchen an der Seite eines erfolgreichen Mannes? Passe ich vielleicht deswegen nirgends richtig dazu?