Während Flo damit kämpfte, endlich den Alltag, den Stress, den Druck loslassen zu können; während sein Inneres sich in dem Zwiespalt befand, einerseits gegen Max' Willen anzukämpfen, von ihm unterworfen zu werden und Strenge zu erfahren, andererseits aber Max' Willen gehorchen zu wollen; während Flo also mit seinen eigenen Dämonen kämpfte, waren auch Anna und Rick zu Hause in ihrer Wohnung angekommen und waren in ihre kleine Welt hinein geglitten.
Ihr Zusammenleben war anders als das von Max und Flo.
Sie waren in etwa genau so lange zusammen, wie die anderen beiden. Doch ihr Weg war anders, und wer den nach außen hin so brummeligen Rick sah, würde kaum glauben können, wie anders er im Umgang mit Anna war.
Es gab dieses Aufbegehren und doch eigentlich nicht aufbegehren wollen nicht.
Es gab dieses Kämpfen um unterworfen zu werden nicht.
Es gab dieses Gehorchen wollen und doch nicht schaffen zu gehorchen nicht.
Ricks Leben war es, sich um Anna, seine Domme, zu kümmern. Für sie zu sorgen. Ihr zu dienen.
Es ging wie von selbst, einfach weil es ihm ein Bedürfnis war.
Es gab wenige Befehle, einfach weil es nicht notwendig war: Rick sah, was zu tun war, er fühlte, was Anna wollte, was sie sich wünschte, und tat es einfach.
Und Anna ließ ihn so sein, wie er war, genoss dieses umsorgt werden und fand es wunderbar, dass ihre Beziehung so gut wie ohne Befehle und Strafen auskam.
Wenn sie Rick doch einmal bestrafen musste, dann eher, weil er sich zu wenig um sich selber kümmerte. Sich überarbeite, zum Beispiel, oder aus falsch verstandener Höflichkeit keine Rücksicht auf seine Gluten- Unverträglichkeit nahm, und sich somit selbst schadete.
Das konnte und wollte sie nicht zulassen, und strafte ihn daher, indem sie ihm das nahm, was ihm so wichtig war: das Kümmern, das Sorgen. Sie ließ ihn dann knien, in einer Ecke des Raumes, über Stunden, während sie sich selber einen Tee machte, einen Korb Wäsche bügelte oder das Haar bürstete. Alles Dinge, die er sonst in seiner Obhut hatte und als seine Aufgabe betrachtete.
Als sie nach Hause gekommen waren, hatten sie zuerst im Flur ein wenig geknutscht. Sie liebten sich eben auch von Herzen, und Sub oder Domme hin oder her, solche Liebesbekundungen, solche Zärtlichkeiten waren ihnen beiden wichtig.
Rick lief in die Küche, um Anna eine eisgekühlte Mate zu holen. Es war einfach höllenheiß, in ihrer Wohnung ebenso wie draußen, und er wusste, dass sie großen Durst haben musste.
„Hol dir auch etwas zu trinken!“, rief sie ihm hinterher. Er lächelte glücklich, als er zwei Flachen aus dem Kühlschrank nahm.
Als er zurück ins Wohnzimmer kam, klopfte Anna neben sich auf das Sofa.
„Komm, setz dich zu mir!“
Rick kuschelte sich an Anna und lehnte seinen Kopf auf ihre Schulter. Eine Weile saßen sie so, schmusten und genossen ihr kaltes Getränk.
Dann hauchte Anna ihm einen Kuss auf die Wange und sagte:
„Was meinst du- Filmabend?“
„Klar, gerne!“, sagte Rick strahlend und nickte begeistert.
„Na dann bereite mal alles vor!“
Rick machte sich an die Arbeit.
Er brachte die leer getrunkenen Mateflaschen in die Küche. Dann füllte er eine große Schale mit Chips. Es waren extra garantiert glutenfreie aus dem Bioladen. Er stellte Chips und Mate auf dem kleinen Wohnzimmertisch zurecht, und während Anna noch schnell unter die Dusche sprang, ging er noch einmal in die Küche, um die Katzen zu füttern. Nicht ohne vorher den Fress- und den Wassernapf sauberzumachen, denn die beiden feinen Herren hatten sich schon lautstark maunzend beschwert.
„Blödmann!“ brummelte er, als Pabu mit der Pfote in den frisch gefüllten Wassernapf tapste. Aber dann musste er doch schmunzeln. Die beiden waren echt süß.
Als Anna aus der Dusche kam, und mit nass verstrubbelten Haaren vor ihm stand, nur in ein Handtuch gewickelt, da spürte er, wie sehr er diese Frau liebte und begehrte. Anna spürte das auch, es war nicht zu übersehen. Aber sie schüttelte schmunzelnd den Kopf.
„Später“, sagte sie. Ihre Augen funkelten.
„Okay“, sagte Rick. Dann bat er:
„Darf ich auch schnell noch Duschen?“
„Klar“, sagte Anna. Sie hielt es nicht für nötig, dass er sie bei solchen Dingen um Erlaubnis bat. Aber er tat es, er wollte es so, und, nun ja, sie wollte ihn so sein lassen, wie er eben war. Sie wollte, dass es ihm gut ging und dass er glücklich war.
Als sie dann schließlich gemeinsam wieder auf das Sofa gekuschelt hatten, hatten sich inzwischen auch Pabu und Bolin bei ihnen breitgemacht. Katzen schaffen es, sich in Lücken zu quetschen die vermuten lassen, dass ihnen das nur gelingt, weil sie die Brechung des Hyperraumes beherrschen. Oder so ähnlich.
Dummerweise strahlen Katzen auch noch die Hitze eines Hyperraumantriebs aus, und zwar eines, der kurz vor der Überlastung steht.
Aber was soll man machen, Anna und Rick liebten die beiden Kater und konnten ihnen schwer etwas abschlagen.
Rick hatte Netflix angestellt und Anna die Fernbedienung gereicht. Sie würde entscheiden, was sie schauen würden. Manchmal fragte sie ihn nach seinen Wünschen. Aber nicht immer. Das war gut so, sie war die Domme, und er wollte es gar nicht anders.
„Was meinst du“, sagte sie, „Sollen wir Ice Age schauen? Vielleicht kühlt uns das ein bisschen ab?“
Rick grinste.
„Gerne. Dann können wir auch besser diese beiden bekloppten Hitzekerne hier ertragen“, sagte er, während er Bolin hinter dem Öhrchen kraulte und Pabu das Pfötchen streichelte.
„Also dann“, sagte Anna und drückte die entsprechenden Knöpfe. Und schon kurz danach lachten sie gemeinsam über die Abenteuer von Mammut Manni und Faultier Sid.
Und während in Teil Zwei Ellie, das Riesenopossum ihre Kapriolen schoss, drifteten Ricks Gedanken ab.
'Ob das wohl gut geht, mit Flos Video?' dachte er. 'Das wird bestimmt Ärger geben. Dennoch, er hat recht. Diese Dinge müssen zur Sprache kommen. Wenn so etwas zu lange gärt, kocht es sonst über, und das kann nicht gut enden. Das gibt dann...' und er wandte sich schmunzelnd wieder dem Bildschirm zu, 'ganz böses Yoo- Yoo.'
Er musste kichern. Anna schaute ihn fragend an. Er küsste sie sanft und legte seinen Kopf wieder auf ihre Schulter.
Im Moment wollte er gar nicht darüber nachdenken. Er wollte lieber den Abend mit seiner Domme genießen, ihr dienen, für sie sorgen und sie lieben.