Flo, Olli und Max gingen gemeinsam zurück zum Büro.
Sie hatten ein wenig gewartet, nachdem die anderen nach und nach verschwunden waren. Dann erst hatten sie sich auf den Weg gemacht.
Max hatte Flos Leine in der rechten Hand und mit der linken griff er vorsichtig nach Ollis Hand. Olli sah ihn fragend und überrascht an; dann jedoch ließ er es geschehen, denn er musste zugeben, dass Max' Griff ihm Sicherheit gab. Es war eine freundschaftliche Geste, und sie schenkte ihm Kraft in dieser Situation und sagte ihm: „Du bist nicht allein.“
Sie steuerten auf das Gebäude zu. Vor dem Eingang stand ein Polizeifahrzeug. Hinter dem Steuer saß ein Beamter, der, als er ihrer ansichtig wurde, hektisch sein Funkgerät schnappte und etwas hinein sprach.
Als sie das Gebäude betraten, steuerten sie auf den Fahrstuhl zu, doch gerade, als Max den Knopf drücken wollte, öffnete sich die Tür, und drei weitere Beamte stürmten heraus. Der aus dem Fahrzeug stieß auch dazu und schon waren sie umstellt.
Einer der Polizisten räusperte sich.
„Florian Mundt? Max Krüger? Oliver Dombrowski?“
Die drei bestätigten nacheinander.
„Sie sind festgenommen. Wegen Verdachts auf Diebstahl, Verstöße gegen die innere Sicherheit und andere Vergehen. Bitte kommen Sie mit.“
„Wir werden mitkommen“, sagte Max ruhig. „Wir haben nichts zu verbergen und sämtliche Vorwürfe entbehren jeglicher Grundlage. Und nehmen Sie bitte zu Protokoll, dass wir gegen die ungerechtfertigten Vorwürfe protestieren und gegen die Beschränkung unserer Rechte als Bürger vorgehen werden.“
„Das können Sie mit unseren Vorgesetzten klären“, knurrte der Beamte. „Und jetzt machen Sie bitte keine Schwierigkeiten.“
„Machen wir nicht“, sagte Max.
Nun, sie schienen friedlich zu sein, daher sah der Beamte, der offenbar mit der Leitung der Festnahme betraut war, von Handschellen und ähnlichem Unsinn ab.
Er nahm jedoch ein Papier zur Hand, sah Max als den Wortführer an und fragte:
„Wir suchen ebenfalls nach folgenden Leuten: ...“
Und er las die Namen der anderen vor.
„Teilen Sie uns bitte umgehend mit, wo sich Ihre Mitverschwörer aufhalten!“
Was für ein Idiot, dachte Olli. Max schüttelte nur den Kopf.
„Also erstens“, sagte er, „sind das nicht unsere Mitverschwörer, weil keine Verschwörung existiert. Und zweitens haben wir keine Ahnung, wo sich unsere Freunde zur Zeit aufhalten.“
Der Polizist schaute Max wütend an. Dann blickte er zu Flo und von ihm zu Olli, und sagte auffordernd:
„Na?!“
Arschloch, dachte Flo. Wenn der provozieren will, na, das kann ich auch. Er rang sich zu seinem freundlichsten Lächeln durch und sagte:
„Mein Dom hat selbstverständlich recht. Wir haben keine Ahnung.“
Olli, sosehr ihm auch ihre Situation missbehagte, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Mit allem Charme, den er aufbringen konnte, sagte er:
„Ach wissen Sie, die Arbeit der letzten Wochen hat uns allen viel abverlangt. Daher haben die meisten von uns heute frei genommen und wie es aussieht, hätten wir das wohl auch besser getan.“
„Also, zum letzten Mal, wo sind ihre ... Freunde?!“
„Keine Ahnung“, sagte Max, „aber wenn ich mir das Wetter so anschaue, sollten Sie vielleicht die umliegenden Badeseen absuchen?“
„Herrgott, nun verkaufen Sie mich doch nicht für dumm!“, motzte der Beamte, inzwischen sichtlich genervt.
„Ach“, sagte Olli, „kann man das denn?“
Der Polizist gab ein ärgerliches knurren von sich.
„Also los jetzt. Kommen Sie.“
Sie folgten den Beamten nach draußen. Als sie auf die Straße traten, stürmten ein paar Leute mit Mikrofonen auf sie los.
Ollis Anrufe hatten also tatsächlich die Presse auf den Plan gerufen.
* * *
Zwei Stunde später klingelte das Telefon im Polizeirevier, im Büro von Polizeioberrat Schmidtke.
Der nahm das Gespräch entgegen.
„Schmidtke?“
„Hier spricht der Leader.“
Oh Gott. Schmidtke wurde bleich. Und begann zu schwitzen.
„Was ... was kann ich für sie tun?“
„Herr Polizeioberrat. Wie ich aus den Nachrichten erfahren musste ...“, die Stimme Des Mannes klang eiskalt und schneidend bei diesen Worten,
„... haben sie einige der angeordneten Verhaftungen vorgenommen?“
„Ja“, sagte Schmidtke und schwankte zwischen Erleichterung und Furcht.
„Drei Verdächtige konnten wir festnehmen.“
„Drei“, sagte Der Mann und schnaubte. „Ganze drei! Und dann noch unter den Augen der Presse!“
Schmidtke schluckte.
„Nun, wir konnten nichts dagegen tun ...“
„Blödsinn, Schmidtke! Sie sind inkompetent!“
„Ich ... es tut mir leid ...“
„Haben Sie aus denen wenigstens etwas herausbekommen? Wo ist der Polizeibericht? Gibt es weitere Informationen, die sie nie in die Hände bekommen hätten dürfen? Wo sind die anderen? Irgendetwas, Schmidtke, irgendwas?“
„Ich ... nun, wir arbeiten daran, mit Hochdruck ...“
Der andere lachte kalt. „Ja, ich sehe es regelrecht vor mir, wie Sie höchstpersönlich keine Mühe scheuen. - Hören Sie. Sie geben mir sofort Bescheid, wenn Sie die anderen in Ihre Hände bekommen. Und auch, wenn Sie Besuch bekommen. Es ist nämlich möglich, dass sie ein paar Leute vom amerikanisch Geheimdienst ersuchen werden, Ihnen die Verdächtigen auszuhändigen. Wenn das geschieht, will ich das wissen. Sofort! Habe ich mich klar ausgedrückt?“
„Jjj...ja, natürlich“, stotterte Schmidtke, doch da hatte er schon aufgelegt.
Schmidtke wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Er hatte Angst. Die ganze Sache wuchs ihm über den Kopf.
Er war so in Panik, dass er nicht mitbekam, wie es kurz bevor er den Hörer in die Gabel hängte, leise klickte.
Zwei Büros weiter hatte Schneider seinen Hörer in diesem Moment ebenfalls aufgelegt. Er hatte das ganze Gespräch mitgehört.
* * *
Viele Kilometer entfernt in seinem Büro hatte Der Mann wiederum den Kopf in die Hände gestützt.
Drei der jungen Männer waren verhaftet.
Er musste überlegen, was er nun tun sollte.
Die Lage für die verhafteten war gefährlich, keine Frage. Aber ...
Das war nicht unbedingt seine oberste Priorität.
Für ihn war erst einmal nur eines dabei von Bedeutung:
Sein Sohn war nach wie vor auf freiem Fuß.