Namen haben ein spezielles Gewicht für mich. Ich sehe sie wie eine Beschreibung, die man immer mit sich trägt. Mein Geburtsname ist "Wiebke", ein altnordischer Name, der in etwa "kleine Kämpferin" bedeutet. Ein wundervoller, kraftvoller, stürmischer, sehr weiblicher Name. Jahrelang habe ich ihn mit Freude getragen, doch es gibt einen Namen, mit dem ich noch lieber angesprochen werden würde.
Dazu muss man wissen, dass mein Vater sein zweites Kind gerne "Hagen" nennen wollte, sofern es ein Junge geworden wäre. Der Name entspringt den deutschen Heldensagen. Er gehört zu einem treuen Diener des Königs, der sein Herz einer unerwiderten Liebe geschenkt hatte und Siegfried, den Drachentöter, erstach. Bezeichnend für Hagen von Tronje ist, dass er vielleicht nicht immer das Richtige tut, aber zu seinen Prinzipien steht. Das halte ich für eine wundervolle Eigenschaft. Meine Mutter hingegen findet einfach, dass der Name "Hagen" furchtbar wäre, und handelte meinen Vater auf "Hayo" runter. Zum Glück habe ich ein Schwesterchen bekommen und konnte auf diese Weise den Namen für mich beanspruchen. (Sie ist nicht ganz einverstanden damit, aber das ist eine andere Geschichte.)
Einer meiner besten Freunde trägt den Namen Masaki. Er bewegt sich in einer Szene, in der das mit den Namen ohnehin sehr locker genommen wird. Darum sprach ich als erstes mit ihm - unser Chat sah ungefähr so aus:
Ich: Masaki, kann ich dich mal um etwas bitten?
Er: Klar, was denn?
Ich: Also, ich würde gerne mal wissen, wie es ist, Hajo genannt zu werden.
Ich: Was ich meine ist, würdest du mich so nennen? Vorerst? Mindestens?
Er: Klar, kein Problem.
Die Transzendenz dieses virtuellen Gespräches ist über alle Maßen inakkurat, da es jetzt auch schon mindestens ein halbes Jahr zurück liegt. Ich war sehr aufgeregt, als ich die Wörter tippte, aber er hat meine Bitte augenblicklich in die Tat umgesetzt. Da ich mich bei dem Namen verschrieben hatte, sprach er lustigerweise zunächst das "J" wie in "Jeans" aus. Erst kurze Zeit später erfuhr ich, dass der Name mit "Y" geschrieben wird und konnte ihn und mich dementsprechend korrigieren. Danach war ich erst einmal zufrieden. Es machte mich auf eine seltsame Art froh, dass er mich "Hayo" nannte, und ich wollte dieses Gefühl vollkommen auskosten. Leider trafen wir uns nicht sehr oft, was das Ausprobieren ein wenig schwierig gestaltete, aber ich ahnte, dass Hayo der richtige Rufname für mich ist.