Es scheint zunächst banal, dass eine so riesige Diskussion daraus gemacht wird, wer wo seine Verdauungsendprodukte lässt. Und das ist es irgendwie auch, um ehrlich zu sein. Und dennoch ist es eine nicht zu verachtende Frage.
Wenn ich aufs Klo muss, gehe ich immer auf die Frauentoilette. Das ist wahrscheinlich eine reine Gewohnheitssache. Die Männertoiletten waren immer ein verbotener Raum für mich und ich hatte bisher kein Interesse daran, dieses Verbot zu brechen.
Wir haben in unserem Dorf ein Jugendzentrum, in dem ich mich nicht besonders gut auskenne. An einem Filmabend dort musste ich einmal auf Klo. Auf die Frage hin, wo denn die Toiletten seien, bekam ich nur die Antwort "oben". Ich stieg also die Treppe hinauf und sah direkt rechts einen gefliesten Raum mit Waschbecken. Unsicher betrat ich das Zimmer. Hinter einer Trennwand lagen einige Pissoirs und ein Kabine mit Sitztoilette. Das hier war offensichtlich ein Männerklo. Eine Frauentoilette fand ich nicht, und der Drang war wirklich stark, also zuckte ich die Schultern und setzte mich auf die Schüssel in der Kabine. In dem Moment kam ich mir unglaublich stark und rebellisch vor. Daran, dass jemand anderes in die Toilette kam und sich ans Pissoir stellte, störte ich mich nicht. Ich dachte mir, dass das wohl eine Unisex-Toilette ist, und war glücklich damit.
Bis mir eine Arbeitskraft mit Hausverbot drohte, weil ich nicht auf die korrekte Toilette gehe. Das tat weh, in dem Moment kam ich mir einmal wieder auf meine Genitalien beschränkt vor. Auf diese blöde Toilette zu gehen, war für mich ein Stückchen weit die Freiheit, meine antrainierten Muster zu durchbrechen.
Auf Frauentoiletten fühle ich mich auch nicht wohl. Ich spüre, dass ich dort nicht hingehöre, noch deutlicher als auf Männertoiletten (Soweit ich das beurteilen kann). Unisex-Toiletten machen mich umso glücklicher. Zu Hause haben wir Unisex-Toiletten, die Lehrertoilette auf unserer Schule sind für alle Geschlechter offen und als ich mich bei einem Ausflug heute auf einer Toilette mit beiden Symbolen wiederfand, sprang ich auf vor Freude.
Technisch gesehen ist es doch eigentlich irre, sich von Symbolen auf der Tür sagen zu lassen, wo man sein Geschäft zu verrichten hat, abhängig von einem binären Geschlechtersystem. Stattdessen könnte man die Türen beschriften mit: "Hier kannst du stehen" für Pissoires und "Hier kannst du sitzen" für Klokabinen, in denen man ohnehin einen kleinen privaten Raum um sich hat. Ändern würde sich nur die Aufschrift, aber ich würde mit dem Öffnen der Tür nicht bestätigen, dass ich eine Frau bin. Transpersonen müssten sich ebenfalls nicht zusammennehmen, um auf die richtige Toilette zu gehen, weil sich diese Beschriftung auf sehr subtile Weise auf die Bedürfnisse einer Person bezieht. Eine Transfrau könnte sich beispielsweise vergleichsweise schnell am Pissoir erleichtern, ohne durch die Beschreibung auf der Tür das Gefühl zu haben, dass sie ihr Geschlecht nicht ernst nimmt.
Ja, all das bezieht sich auf eine relativ kleine Volksgruppe unserer Gesellschaft. Aber sie ist vorhanden. Wenn es also Rampen für gehbehinderte Menschen gibt, wenn an Automaten und Medikamenten Blindenschrift vorhanden ist, wenn Ampeln piepen und Kirchen für neue Religionen gebaut werden, dann sollte es wirklich nicht so schwer sein, die Beschriftung einer Tür zu ändern.