Es hat ein paar Vorteile, als Enby den Körper einer Frau zu haben. Zum Beispiel ernte ich in der Männerabteilung weniger komische Blicke, als wenn ich mich mit einem männlichen Körper in der Frauenabteilung herumtreibe. Außerdem kann ich ohne weiteres sowohl Röcke als auch Hosen tragen. Okay, das sind beides Dinge, die mit der Gesellschaft zu tun haben, was wieder ein ganz anderes Thema ist, welches ich vielleicht später noch einmal aufgreifen werde. Der Punkt ist: Es gibt für Frauen mehr Diversität in der Mode als für Männer, und während Männer sich gefälligst an die für sie geschneiderte Mode zu halten haben, gibt es für Frauen wesentlich mehr Freiheiten.
Einen erheblichen Nachteil hat dieser Körper allerdings: Er menstruiert. Und das nicht zu wenig. Ich liege also mit schmerzendem Unterleib auf der Couch, während ich Kekse, Chips und Schokolade in mich reinstopfe und mich wundere, warum ich mich so eklig fühle. Natürlich könnte ich jetzt alle widerlichen Details meiner Menstruation auflisten, wie ich es schon einmal bei Menschen tue, die mich in dieser Zeit auf dem falschen Fuß erwischen. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich damit niemandem einen Gefallen tue.
Stattdessen möchte ich einmal erklären, wie sich die Erdbeerwoche für mich als Enby anfühlt. Immerhin ist das eine Zeit, in der ich meine angeborene Weiblichkeit nicht leugnen kann. Im großen und ganzen bin ich schnell gereizt. Das bin ich ohnehin, wenn meine Weiblichkeits-Kompetenz auf die Probe gestellt wird, und die Hormone tun ihr Übriges dazu. Inzwischen habe ich eine Art Ritual entwickelt, die die ganze Sache für mich erträglich macht: Ich lasse es mir richtig schlecht gehen. Damit meine ich nicht, dass ich mich absichtlich quäle. Nein, in der Regel verzichte ich einfach nur darauf, irgendetwas zu machen. Natürlich bin ich produktiv, wenn ich die Energie dazu habe, aber meistens liege ich eben nur auf dem Sofa herum und gucke mir Netflix-Serien an, während ich mich frage, wem ich diese Schmerzen zu verdanken habe. Dann nehme ich eine Magnesiumtablette, lasse mir einen Tee und eine Wärmeflasche machen und beschwere mich laut darüber. Kurz: Ich bin von vorne bis hinten unerträglich.
Ich weiß selbst, dass das ganze auch angenehmer gehen könnte, immerhin ist Charlotte während ihrer Periode meistens still und von anderen kriege ich das auch nur mit, wenn sie häufiger zum Klo müssen oder konkret nach einem Tampon oder einer Binde fragen. Aber ich brauche dieses laute Leiden irgendwie. Es ist für mich eine Kompensation, die den inneren Druck abbaut. Manchmal gelingt mir das so gut, dass ich bis zur nächsten Krampfattacke sogar vergesse, dass ich eine Gebärmutter habe.
Gestern Abend lag ich mit Kopfschmerzen und Bauchkrämpfen in meinem Bett und habe versucht, zu schlafen. Ich hatte einen kalten Waschlappen auf meine Stirn gelegt, hatte aber kein Magnesium oder Wärmekissen in der Nähe. Also begann ich, zu meditieren. Ich stellte mir ein weißes Licht vor, von dem ich wollte, dass es mich vollständig ausfüllt - Das Licht hatte allerdings andere Pläne. Es wanderte zu der schmerzenden Stelle und hüllte meine Gebärmutter vollständig ein. Es mag seltsam klingen, aber in dem Moment konnte ich sie wirklich spüren. Ich wusste, dass sie da war, streichelte sie mit dem Licht, und es fühlte sich gut an. Keine Ahnung, wie lang es dauerte, bis ich einschlief, aber es war ein ruhiger Schlaf.
Mir ist an diesem Abend folgendes klar geworden: Ich habe zwar eine gelegentliche Körperdisphorie, die von verschiedenen Dingen getriggert wird. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich auch all meine weiblichen Körperaspekte schlecht finden muss. Im Gegenteil: Meine Geschlechtsorgane sind ein Teil von mir, der mich nicht ausmacht, aber unabstreitbar zu mir gehört, und dieser Teil blutet nun einmal regelmäßig.