Prompt 105: Sommergewitter
Auch am Abend wurde es nicht wirklich kühler. Während die Menschen über den Tag schon dachten, an der Hitze ersticken zu müssen, verschaffte die Nacht keine Abhilfe. Zumindest nicht, bis das Gewitter losging und die Welt für einen Moment stillstehen ließ.
Alissa lag, wie vermutlich viele zu der Zeit, im Bett und versuchte einzuschlafen. Doch der Regen war so laut, dass die Blonde stattdessen nur darüber nachdenken konnte wie es wäre, jetzt nach draußen zu gehen. Ehe sie überhaupt wusste, was sie da tat, stand sie schon im Pyjama vor ihrer Haustür und schaute hinauf zum schwarzblauen Himmel, der zwischen den ebenso dunklen Wolken kaum zu erkennen war. Doch das Zusehen reichte Alissa nicht mehr.
Es musste seltsam sein, was sie da tat. Ein Zuschauer hätte sich vermutlich gewundert, ob das Mädchen den Verstand verloren hatte, so wie es da mitten im Regen stand, sich immer wieder drehte und das Gefühl genoss, mitten im Chaos der Natur zu stehen. So lebendig hatte sich die junge Frau schon lange nicht mehr gefühlt. Irgendetwas hatte der Regen an sich, dass er sie so mitriss und sie sogar vergessen ließ, dass sie morgen vermutlich mit Hals- und Kopfschmerzen aufwachen würde.
Doch der Donner übertönte jeden Gedanken und die Blitze, die immer wieder über den Himmel zuckten sorgten dafür, dass keine Zeit blieb, über das Morgen zu grübeln. Dieses Gewitter war ein Feuerwerk, dass sich Alissa nicht entgehen lassen konnte.
Erst, als es allmählich vorüberzog und auch der Regen langsam nachließ, kehrte auch die junge Frau wieder heim. Sie war so zufrieden und im Einklang mit der Welt, dass sie nicht einmal mehr die Müdigkeit spürte, die sie zuvor hatte ins Bett ziehen wollen. Alissa würde in dieser Nacht kein Auge zumachen. Stattdessen würde sie nur in ihrem Zimmer am Fenster sitzen und zum ersten Mal in ihrem Leben denken, dass die Welt doch gar nicht so beängstigend ist, wie sie es vor dem Gewitter immer geglaubt hatte.