Prompt 7: Blutsbande
»Für die Familie«, murmelte der junge Mann, ehe er das Gewehr zückte und auf den letzten Überlebenden zielte, der dort an der Wand stand, inmitten von Leichen mit durchschossenen und geplatzten Schädeln, die direkt neben ihm zusammengebrochen waren. Der Reihe nach waren sie erschossen worden – immerhin hatten sie es gewagt, in das Gebiet der Familie einzudringen.
Dass sie tot sind, ist ihre eigene Schuld, redete sich der junge Mann ein, während die Waffe in seiner Hand zitterte und er sich insgeheim dagegen wehrte, diesem Menschen einfach das Leben zu nehmen, nur weil er und seine Freunde ein dummes Schild missachtet hatten, das angebracht worden war, um Fremdlinge vom Betreten dieses Ortes fernzuhalten. Das war nicht fair, doch so war das Leben. Man hatte sich an die Regeln zu halten und mit Konsequenzen hatte man doch immer zu rechnen.
»Was dauert denn da so lange?«, hörte der Bewaffnete seinen Vater brüllen, der sich mit schweren Schritten von hinten näherte. Er war sonst derjenige, der die Fremden bestrafte – nur heute hatte sein Sohn diese Aufgabe übernehmen müssen, da er lernen musste, was er als baldiges Oberhaupt der Familie zutun hätte. Und auch wenn der Junge Angst vor seinem eigenen schlechten Gewissen nach der Tat hatte, die Wut seines alten Herren fürchtete er noch mehr. Es gab keine höhere Autorität für ihn als diesen Alten, der trotz Klumpfuß bedrohlicher wirkte als jedes geladene Gewehr vor der Nase.
»Nun bring es schon hinter dich, Junge! Das erste Mal ist immer schwer, aber du gewöhnst dich schon dran.« Eine kalte Hand legte sich auf die Schulter des Jungen, der stur geradeaus starrte, um seinem alten Herren nicht ins Gesicht sehen zu müssen.
Dieser redete einfach weiter auf seinen Sohn ein: »Du musst sie alle umbringen. Wenn wir nur einen von denen gehen lassen, wissen irgendwann alle, dass wir hier sind. Diese Fremden werden uns unser Land wegnehmen und unser Blut beschmutzen. Am Ende nehmen sie uns alles weg, was wir uns hier aufgebaut haben, seit sich unsere Familie hier niedergelassen hat. Willst du das? Willst du, dass unsere Linie ausstirbt, weil sie von Fremden einfach verunreinigt wird?«
Schnell schüttelte der Junge mit dem Kopf – die einzige akzeptable Antwort in diesem Moment. Das Gewehr legte er nicht nieder, stattdessen starrte er dem Mann an der Wand direkt ins Gesicht und studierte die Todesangst, die sich in seinen Augen widerspiegelte. Er musste weg. Die Familie blieb seit Jahrzehnten für sich. Sie war ihr eigener Staat, mit ihren eigenen Gesetzen und ihrer eigenen Moral.
»Dann mach schon«, knurrte der Alte ungeduldig.
Sich dem Druck beugend, zielte der Junge wieder, beobachtete sein Opfer dabei, wie es vor Angst zitterte und den Mund öffnete, um ein letztes Gebet zu sprechen und drückte ab. Die Kugel zertrümmerte seinen Schädel und er glich den Leichen am Boden, als er in sich zusammensackte, liegen blieb und doch noch immer atmete.
Nach außenhin kalt, drückte der Junge seinem Vater das Gewehr in die Hand und entfernte sich vom Schauplatz seiner ersten Morde. Sollte der Alte doch die Überreste wegräumen, wie der Junge es zuvor hatte stets tun müssen. Er hatte sein Werk für heute getan und wusste, dass er das Blut dieser Fremden niemals wieder von seinen Händen abwaschen könnte. Doch so sehr er sich auch für seine Feigheit schämte, er würde es in naher Zukunft wieder tun müssen. Für die Familie.