Start: 18:10 Uhr
Ende: 19:10 Uhr
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Advent, Advent, ein Lichtlein brennt,
Es duftet nach Tannenzweigen und Gebäck.
Heiße Schokolade, Zimt, Vanillekipferl.
Während Isabelle die erste Kerze anzündet, ist Jan in Erklärungsnot.
Der erste Advent, aber das erste Türchen am Adventskalender durfte David noch nicht öffnen. Das ergibt für den knapp Sechsjährigen keinen Sinn. Und Jan hat definitiv Mühe, Davids Argumente bringen auch sie zum Schmunzeln.
Es ist aber auch gemein, denkt sie. Sie schenkt Jan Kaffee ein und zwinkert ihm zu. Derweil schielt der Junge schon auf den Teller, den sie angerichtet hat. Gebacken hat sie am Vortag, dabei hatte David helfen dürfen und begeistert Teigreste genascht. Am liebsten mochte er den von den Kokosmakronen. Heute wollen sie noch basteln, David wünscht sich große Weihnachtssterne für sein Kinderzimmerfenster.
"Mama, wenn wir morgen die zweite Kerze auch schon anzünden, kommt das Christkind dann schneller?", fragt David nun.
Es kostet sie ein wenig Beherrschung, aber sie schafft es ernst zu bleiben.In Jans Gesicht aber kann sie etwas Schadenfreude entdecken. Jetzt hat sie den schwarzen Peter und versucht zu erklären, dass es für Weihnachten keine Abkürzung gibt.
Immerhin lenken die Naschereien den Jungen dann ab. Zusammen suchen sie eine Vorlage für die Sterne aus und Jan bringt die Kiste mit dem Bastelmaterial herunter. Eifrig ist David bei der Sache. Stolz hilft er auch später mit, als Jan die Ergebnisse aufhängt.
Das erste Adventslicht brennt den ganzen Abend und schürt bei allen die Vorfreude auf die Weihnachtszeit. Am Abend, kurz vorm Schlafengehen, drückt David ihnen die Wunschliste in die Hand. Er hat aus Prospekten ausgeschnitten und auf ein Papier geklebt, was er sich wünscht.
Die DIN A-4 Seite ist gut gefüllt. Wie gut, dass er auch noch Geburtstag hat, denkt Isabelle.
Jan deutet auf die oberste Reihe.
"Er sagt, am wichtigsten ist ihm, dass wir alle zusammen auf das Christkind warten, daher diese Kekswerbung. Er möchte aber, dass wir diesmal die Kokosmakronen auf das Tellerchen tun, hat er mir gerade erzählt. Seiner Meinung nach sind Omas Kekse zu langweilig und bei deinen käme es früher und mit mehr Geschenken vorbei."
.....dann zwei....,
Wieder hat David wichtige Fragen, diesmal stellte er sie aber Isabelles Eltern. Den zweiten Adventssonntag haben sie eben dort verbracht und er fällt mit Nikolaus zusammen. Drei Stiefel hat der Kleine heute bekommen. Auch die Großeltern aus der Ferne haben einen geschickt und David hat sich besonders über die kleinen Spielzeuge darin gefreut. Doch so ganz einverstanden ist er mit dem Brauch dann doch nicht. Denn im Kindergarten war der Nikolaus schon am Freitag und dort hat jedes Kind ein Säckchen mit Nüssen und Mandarinen sowie einem kleinen Buch erhalten.
"Warum hat er denn nicht alles auf einmal gebracht? Der weiß doch, wo ich wohne?"
Isabelles Vater ringt um Fassung, was ihrer Mutter weniger gut gelingt. Amüsiert lehnt sich Jan zurück und widmet sich den Walnüssen.
"Vielleicht wollte er es spannend machen", schlägt Jürgen dem Kind vor. "Oder er hatte es vergessen?" Zweifelnd sieht David zu ihm hoch. Er sitzt auf dem Teppich und hat das Puzzle vor sich, dass er im letzten Stiefel entdeckt hat.
"Hoffentlich vergisst das Christkind nichts! Opi sagte, es hat immer nur wenig Zeit und dann kann es bestimmt nicht nochmal zurückkommen", äußert er seine Bedenken.
....dann drei...,
Staunend steht David vor dem großen Adventskranz. Ein Mitarbeiter des Hotels in Wien hat gerade die dritte Kerze angezündet, als sie alle zum Frühstück herunter gekommen sind.
"Bei uns Zuhause wird immer erst am Nachmittag die neue Kerze angezündet", erklärt dem jungen Mann. Dann dreht er sich zu seinen Eltern um. "Seht ihr, man kann doch abkürzen", meint er dann vorwurfsvoll. Lachend fährt Jan seinem Sohn durch den blonden Schopf.
"Das sind doch nur ein paar Stunden. Und die Kerzen sind hier viel größer, die müssen auch länger brennen."
Da David deutliche Zweifel im Gesicht stehen, springt Isabelle ihrem Mann bei.
"Wenn die nämlich nicht richtig runter brennen, dann lässt das Christkind das Haus womöglich aus", erklärt sie und hofft, dass ihre Improvisation gelingt. Ihre Schwiegermutter beißt sich auf die Lippe und schlägt vor, sich einen Tisch für das Frühstück zu suchen. Doch David hält sie auf.
"Oma, ist euer Kranz oft an? Und wie macht ihr das mit der dritten Kerze? Wir sind ja noch nicht bei euch", überlegt er.
Über den Kopf des Jungen sieht Isabelle die Ältere entschuldigend an.
"Wir holen das morgen gleich nach, Schatz. Mach dir keine Sorgen. Das Christkind hat uns noch nie ausgelassen!"
Beruhigt schiebt David seine Hand in die seiner Großmutter und folgt ihr brav.
...dann vier...,
Mißtrauisch begutachtet David den Adventskranz in der Stube. Er hat darauf bestanden, dass Paul schon beim Mittagessen die vierte Kerze anzündet. Es scheint ihm zu gefährlich, dass in den nächsten vier Tagen noch etwas schief geht. Immerhin ist sein Wunschzettel lang und er möchte dem Christkind perfekte Konditionen anbieten. Auch heute achtet er darauf, dass die Kokosmakronen nicht zu beliebt sind, immerhin sollen sie die Verpflegung sein.
Das erklärt er gerade auch seinem Onkel, der ihm zu häufig zu ausgerechnet diesem Gebäck greift.
"Nimm die mit Marmelade, sie sind auch gut", meint er bestimmt.
Irritiert hält Martin inne und Jan kann es seinem Bruder nicht verdenken. Die Makronen sind köstlich.
"Also sehr viele Jahre war das Christkind mit unseren Keksen glücklich und zufrieden", sagt er zu seinem Neffen.
Doch der ist schon von seinem Stuhl gerutscht und steht neben Martins Platz. Ehe er aber auf dessen Teller greifen und die Makronen weg nehmen kann, schreitet Jan ein.
"Wir haben schon die fünf schönsten ausgesucht und beiseite getan. Das reicht wirklich, David. Nicht, dass es sich überfüttert und dann nicht mehr fliegen kann und hier einfach einschläft. Was würde wohl Simon dazu sagen, wenn er keine Geschenke bekommt, weil das Christkind bei dir zu viele Kekse genascht hat?"
David grinst ihn nur frech an.
"Ach, Papa. Bei Simon kommt gar kein Christkind. Nur der Weihnachtsmann und der hört sich an wie Simons Papa!"
...dann steht Weihnachten vor der Tür.
Akribisch hat David alles her gerichtet. Die fünf Makronen und ein sehr großes Glas Milch warten auf dem kleinen Beistelltisch vor der Wohnzimmertür.
Wie jedes Jahr hat er nur schwer davon überzeugen lassen, dass das Christkind seine Arbeit lieber heimlich macht. Aber als sie von der Kirche und dem Friedhof kommen, ist er völlig aus dem Häuschen. Das Glas ist leer, kein Krümel auf dem Teller und später steht er glücklich vor dem Weihnachtsbaum. Es sieht für ihn so aus, als hätte der Wechsel der Kekssorte Wirkung gezeigt.
"Das hätten wir als Kinder mal probieren sollen", meint Martin flüsternd. "Aber wer kann auch ahnen, dass wir es mit einem Leckermäulchen mit himmlischen Auftrag zu tun haben." Er zwinkert Jan verschwörerisch zu.
Während David das erste große Paket sichtet, schubst Jan seinen Bruder an.
"Waren sie wenigstens nochmal lecker?", fragt er leise.
Der Ältere nickt zufrieden.
"Ich bin dafür, dass wir dabei bleiben. Wobei die mit Marmelade tatsächlich auch lecker sind. Deine Frau ist hiermit offiziell unsere Plätzchenbäckerin, nur damit du Bescheid weißt."
Jan grinst.
"Das ist das kleinste Problem", raunt er Martin zu.