Start: 19:20 Uhr
Ende: 20:10 Uhr
Triggerwarnung: Gewalt / Mißbrauch
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Ich brenne.
Die Hitze in mir ist unerträglich.
Sie breitet sich immer weiter aus, hat in meinem Herz begonnen und kriecht in jede Faser.
Mein Körper steht regelrecht in Flammen.
Es ist so heiß, dass ich kaum noch Luft bekomme.
Gleichzeitig wird der Raum immer kleiner.
In meinen Ohren rauscht es, Panik steigt hoch.
Ich habe keine Orientierung, irre wie blind umher.
Ich muss hier raus, sofort.
Tränen schießen aus meinen Augen.
Ringe hilflos nach Luft.
Taste mich an einer Wand entlang, entdecke endlich einen Ausgang, zwänge mich durch die Öffnung, haste heraus. Ohne Ziel, ohne Plan.
Nur raus!
Weg!
Ehe nur noch verbrannte Erde in mir zurück bleibt und Asche meine Seele bedeckt.
Taumelnd stürze ich ins Freie.
In die Dunkelheit der Nacht.
Sehe mich nicht um, laufe hektisch davon.
Nur Abstand, hastig, ohne nachzudenken.
Noch immer vernebelt, fassungslos, voller Abscheu.
Mein Herz rast, pulsiert ohne Unterlass.
Mit hektischen, flachen Atemzügen bleibe ich stehen.
Wage nicht, mich umzudrehen.
Fürchte, das Grauen verfolgt mich und holt mich ein.
Ich kann es spüren, in meinem Nacken.
Die hässliche Fratze, das hämische Lachen.
Der messerscharfe Blick, der mir sagt, dass ich chancenlos bin.
Weiter, immer weiter.
Stillstand wäre mein Tod.
Ich möchte schreien, aber ich bleibe stumm.
Erst als der Regen fällt und wie eiskalte Nadelstiche auf meine Haut trifft, halte ich inne.
Es ist still geworden.
Nur der Eisregen tropft auf den Boden, löscht den Flächenbrand in mir.
Vermischt sich mit dem Salz meiner Tränen.
Ich fühle nichts mehr.
Keinen Schmerz.
Keine Scham.
Keine Trauer.
Alles ist auf einmal taub, erfroren.
Ich möchte auf den Boden sinken, mich zusammenrollen und auflösen.
In mir stürzen tausende Scherben zusammen, hinterlassen eine Staubwolke. Kann man das jemals reparieren? Flicken? So zusammensetzen, dass es irgendwann wieder zusammenpasst? Werde das noch ich sein? Oder habe ich mich verloren?
Stolpernd hebe ich einen Fuß, zwinge mich zu gehen.
Es sind Schritte voller Qual.
Und doch gehe ich sie, weil ich muss.
Zitternd vor Kälte und Nässe.
Mit einer abgestoßenen Seele.
Es ist, als würde ich neben mir gehen und mich selbst immer wieder anflehen, nicht stehen zu bleiben, nicht aufzugeben, nicht zurück in die Hölle zu kriechen.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist.
Ich weiß nicht, wo ich bin.
Ich weiß nicht, was ich tun soll.
Der Orkan hat ein Trümmerfeld hinterlassen.
Nur niemand kann es sehen.
Kein Stein auf dem anderen, eine Blutspur zieht sich durch mein Herz.
Nur niemand kann es spüren.
Ich möchte es verschließen, nie heraus lassen.
Niemand soll es hören.
Keiner soll es erkennen.
Dieser Dämon gehört allein mir.
Er nährt sich an meiner Angst, meiner Scham, meinem Schmerz.
Wenn ich ihn offenbare, frisst er alles um mich herum ebenso.
Überall nur Staub und Asche. Meterhoch. Da ist nichts mehr. Ich bin nicht mehr.
Ganz entfernt eine Stimme, die mich seltsam anrührt.
Erst jetzt spüre ich den sanften Druck an meiner rechten Hand.
Erschrocken komme ich zu mir, schnappe nach Luft.
Der Atem stockt, als ich begreife und der ganze Kummer will heraus.
Wenigstens ihn habe ich bewahrt, verteidigt und nicht den Klauen dieses Biests überlassen.
Helle Kinderaugen.
Ein ängstlicher Blick.
Der Mund weinerlich verzogen.
Das zweite Begreifen ist fast noch erbarmungsloser.
Er weiß, auch wenn er nicht versteht, dass ich mich selbst nicht beschützen konnte.
Jetzt drückt er meine Hand.
Keine Angst, flüstert er.
In mir brechen alle Dämme.