Inhalt: Gedichte
Eindruck/Gedanken:
Wie der Titel schon sagt, handelt es sich bei den Gedichten um Romanzen, die der Übersetzer im Anhang – unter Verweis auf die Schwierigkeit der Übersetzung – als „eine Reihe achtsilbiger Verse, von denen jeder zweite gereimt ist, und zwar durch Assonanz oder Halbreim, das heißt durch bloß vokalischen Gleichklang“ (S. 107) beschreibt. Romanzen sind fließende, erzählende Gedichte. In dem schmalen Büchlein werden die spanischen Originale und die deutschen Übersetzungen einander gegenübergestellt – da ich des Spanischen allerdings nicht mächtig bin, blieb ich bei den Übersetzungen. Die Geschichten erzählen von einer träumerischen Natur, Zigeuner – damals wurde der Begriff noch bedenkenlos verwendet – tauchen immer wieder auf, sie erscheinen mir als Sinnbild des Wilden und Ursprünglichen. Lorcas Gedichte stecken voller Erotik und Grausamkeit, deren Schilderungen reichlich explizit sind und verstörend sein können. Besonders hat mir allerdings gefallen, dass beim Lesen das Gefühl vieler versteckter Botschaften dauerhaft präsent – man könnte die Gedichte noch hundert Mal lesen und würde doch immer wieder eine neue Bedeutung entdecken.
Ausschnitte aus dem Gedicht ‚Hypnotische Romanze‘:
Grün wie ich dich liebe grün.
Grüne Brise. Grüne Äste.
Auf dem weiten Meer das Schiff
und das Pferd auf steilen Bergen.
Dunkle Schatten um die Taille,
steht sie träumend am Geländer,
grünes Fleisch, die Haare grün,
in den Augen Silberkälte.
Grün wie ich dich liebe grün.
Alle Dinge sehn sie stehen
unter dem Zigeunermond,
und sie selbst kann keines sehen.
[…]
Und die zwei Gefährten steigen
zu den hohen Holzgeländern.
Ziehen eine Spur aus Blut.
Ziehen eine Spur aus Tränen.
Kleine blecherne Laternen
Sah man flackern auf den Dächern.
Tausend Tamburins aus Glas,
die die Dämmerung verletzten.