15. Coopers Zuhause
Ich stand wie vom Donner gerührt und starrte auf mein Handy, bis Cooper auf mich zutrat und die Hand ausstreckte.
„Kann ich es haben?“
Wortlos reichte ich es ihm, und er drückte fachkundig ein paar Tasten.
„So, nun können sie es nicht mehr orten.“
„Es zeigte eine Nummer an“, erklärte ich überflüssigerweise, denn anscheinend hatte er das bereits gesehen, denn er hielt das Handy kurz ans Ohr, lauschte und schaltete es dann wieder ab. „Diese Nummer ist nicht vergeben“, wiederholte er den Text der Bandansage und warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu. „Wäre ja auch zu einfach gewesen.“
„Und was nun?“, fragte ich in banger Erwartung. „Wie soll ich mich verhalten? Warten, bis sie hier auftauchen und mich aufmischen, wie sie es mit Jim getan haben?“
„Haben sie einen Grund dafür, Jess?“
Ich starrte ihn ungläubig an. Hatte er das jetzt wirklich gefragt?
Er musterte mich aus seinen dunklen Augen, und sein Blick verhieß nichts Gutes.
„Was soll das, Dean?“, fragte ich und nannte ihn unbewusst zum ersten Mal bei seinem Vornamen. „Glaubst du ihnen etwa? Dass ich Jims geklautes Milliönchen im Jackenärmel versteckt habe?“
„Woher weißt du, wieviel es ist?“, fragte er prompt, ohne eine Miene zu verziehen.
Das war ja wohl der Gipfel!
„Weil ich die Schuldscheine gefunden habe, und zwar genau an dem Tag, als ich meinen zukünftigen Ehemann mit einer anderen im Bett erwischte. Und weil diese Kerle wegen ein paar Tausendern sicher nicht solch einen Aufstand machen würden!“
Er sah mich weiter unverwandt an, mit diesem Blick, der mir ganz und gar nicht gefiel.
„Glaubst du wirklich, ich wäre mit dem ganzen Zaster in der Tasche ausgerechnet hierher geflohen und über deine gottverdammten Beine gestolpert, während ich vergeblich auf der Suche nach einem Hotelzimmer war, das ich mir mit meinen begrenzten finanziellen Mitteln auch hätte leisten können?“, brach es aus mir heraus. „Glaubst du, ich hätte freiwillig mitten in der Nacht auf den Pier herumgestanden, weil ich nicht wusste, wohin ich gehen sollte, anstatt mich mit Jims veruntreutem Geld im Hilton zu amüsieren? Glaubst du das wirklich?“ Ich starrte ihn wütend an, und er starrte scheinbar unbeeindruckt zurück. „Das Geld existiert doch gar nicht! Er hat es verspielt, und wer weiß, wem er außer diesen Leuten noch alles welches schuldet“, versuchte ich ihm abermals klarzumachen und strich mir dabei verzweifelt über die Stirn. „Der einzige Vorwurf, den man mir machen kann, und den ich mir inzwischen selbst mache, ist der, dass ich die ganze Zeit über nicht gemerkt habe, was da läuft. Und nun hetzt dieser Mistkerl seine Gläubiger auf mich, um seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen.“
Jad saß ganz still da und schaute von einem zum anderen.
Cooper sah mich noch immer wortlos an, und ich starrte wütend zurück, da er mich anscheinend für schuldig hielt. Erbost und tief enttäuscht über sein Schweigen gab ich schließlich auf.
„Geh zum Teufel“, fauchte ich zutiefst getroffen über sein offensichtliches Misstrauen und wandte mich um, in der Absicht, mir im Restaurant ein Taxi rufen zu lassen.
Ich hatte den Lift noch nicht erreicht, als sich seine Hand wie ein Schraubstock um meinen Arm legte.
„Jess!“ Trotz meines Widerstandes schaffte er es ohne Mühe, mich zu sich umzudrehen. „Sieh mich an!“
Trotzig erwiderte ich den Blick aus seinen unergründlich dunklen Augen, mit dem er mich förmlich zu durchbohren schien.
„Und, kannst du es jetzt sehen?“, fragte ich beleidigt.
Er verzog keine Miene.
„Was sehen?“
„Das Schriftband, das durch meine Pupillen läuft, und auf dem in Leuchtbuchstaben NICHT SCHULDIG steht.“
„Du kapierst es nicht, oder?“ Kopfschüttelnd sah er mich an, während ich aufmüpfig das Kinn vorstreckte.
„Erklär es mir.“
„Es spielt keine Rolle, was ich glaube. Die wollen ihr Geld zurück. Er hat sie absichtlich auf deine Spur gelockt, also wenden sie sich erst einmal an dich. Schlimmstenfalls werden sie dich als Druckmittel gegen deinen Ex benutzen, damit er die Kohle herausgibt.“
„Aber ich sagte doch schon, das Geld, von dem wir hier reden, existiert nicht, weil Jim es nie hatte. Er hat Schulden gemacht und konnte sie nicht zurückzahlen, so einfach ist das.“
„Woher willst du das denn so genau wissen? Seinen Gläubigern muss er etwas Anderes erzählt haben. Um seinen Hals zu retten, hat er dich ans Messer geliefert! Und du hast selbst gesagt, dass du die ganze Zeit über keinen Schimmer hattest, was dein feiner Freund hinter deinem Rücken getrieben hat! Also sei dir nicht so verdammt sicher, was ihn betrifft.“ Cooper lockerte den Griff um meinen Arm und atmete tief durch. „Ich für meinen Teil habe dich lediglich prüfend angesehen, Jess. Ein Ermittler im Dienst wäre nicht so zurückhaltend gewesen, sondern hätte dir eine Menge unangenehme Fragen gestellt. Und nach deiner Reaktion eben wärst du für ihn schon so gut wie schuldig, denn für die Polizei zählen zunächst nur knallharte Fakten.“
„Zum Beispiel?“, hakte ich skeptisch nach.
„Nun, da gibt es verschiedene Möglichkeiten.“
„Nenn mir eine!“
„Also gut… Du hast deinen Freund mit einer anderen erwischt und wolltest ihm aus Frust über den Verrat eine Lektion erteilen. Also hast du das Geld genommen und bist in die Staaten abgehauen. Im Flieger hattest du Zeit zum Nachdenken und hast kalte Füße bekommen. Also hast du beschlossen, mit dem Geld irgendwo unterzutauchen. Und was gibt es dafür Besseres, als jemand vom LAPD? Ganz schön clever, die Kleine, fast schon genial. Du baggerst bei Nacht und Nebel auf dem Pier einen Officer an, er nimmt dich mit zu sich nach Hause, und schon bist du für den Rest der Welt erst einmal von der Bildfläche verschwunden. Und wie es der Zufall will, quartierst du dich wenig später mitten in einer Einrichtung des LAPD ein, wo du quasi unerreichbar bist. Aber dein Ex hat dich trotzdem gefunden, genauso wie seine Gläubiger, die ganz nebenbei auch nicht davor zurückgeschreckt sind, mitten ins Wespennest zu stechen. Das zeigt, dass dein Typ sich mit einem mächtigen Gegner angelegt hat, der nicht zu unterschätzen ist. Denk mal darüber nach.“
„Zuerst mal… ich habe Tyler nicht angebaggert! Was soll denn der Blödsinn?“, fauchte ich erbost. „Er hat mich angesprochen, nach Dienstschluss, auf dem Weg nach Hause, als ich allein auf dem Pier stand.“
„Das beweise erst mal!“
„Und was ist mit Dr. Allisters Unfall? Habe ich den etwa auch inszeniert?“
„Könnte gut möglich sein. Du hättest jemanden anheuern können mit dem Geld, das du geklaut hast. Es gibt genug Leute, die tun für Geld erheblich mehr als das, ohne dabei auch nur eine einzige Frage zu stellen!“
„Also das ist doch…“ Ich funkelte Coop böse an, doch dann wurde mir klar, dass wir so nicht weiterkamen. Er hatte ja Recht, wenn ich wirklich mit dem Geld durchgebrannt wäre, hätte ich all das tun können. Zumindest hielt er mich für intelligent genug, um mir so etwas auszudenken. Und wenn ich an den Ermittler dachte, der mich vor ein paar Stunden in der Station befragt hatte, dann konnte ich mir an allen zehn Fingern abzählen, wie dessen Fragen nach Bekanntwerden des Drohanrufes ausfallen würden. Resigniert schüttelte ich den Kopf. „Verdammt, Coop, die haben mich ganz schön am Arsch, stimmt`s?“
Er sah mich an und verzog die Lippen zu einem Grinsen.
„Niemand kommt dir zu nahe, wenn wir beide in deiner Nähe sind und auf dich aufpassen.“ Er drehte sich zu Jad um, der noch immer still dasaß und uns genau beobachtete. „Was meinst du, Partner?“
Der Polizeihund gab ein zustimmend klingendes Knurren von sich. Dann legte er den Kopf schief, hob die Pfote und klatsche sich mit Cooper ab.
Trotz der Misere, in der ich mich befand, musste ich über diese Geste lachen.
„Danke“, sagte ich leise und strich Jad über den Kopf. „Danke, dass ihr mir glaubt und für mich da seid.“
„Nachdem wir das geklärt hätten,“ Cooper wies auf den Helikopter. „Können wir nun endlich los?“
Ich atmete tief durch und fühlte mich erst einmal wie befreit, als der Helikopter vom Dach des Getty Centers abhob und in einer kühnen Kurve zügig in nördliche Richtung abdrehte. Trotzdem saß die Angst noch immer wie ein böses Geschwür in meinem Magen. Ich wollte ihr nicht nachgeben, wollte mich nicht von diesen Typen einschüchtern lassen, aber das war leicht gesagt. Ihre unheilvolle Drohung hatte sehr ernst geklungen, und ich zweifelte inzwischen kaum noch daran, dass sie versuchen würden, diese auch in die Tat umzusetzen, wenn sie nicht irgendwie an ihr Geld kamen. Und spätestens jetzt war mir auch klar, warum Jim auf dem Pier diese lächerliche Sonnenbrille getragen hatte, wo ich doch genau wusste, wie sehr er die Dinger verabscheute. Sie hatten ihm eine verpasst, und er hatte versucht seine Blessuren vor mir zu verbergen! Heimlich ballte ich voller Wut meine Fäuste. Wenn ich ihn irgendwann zu fassen bekäme, dann würde ich ihm eigenhändig den Hals umdrehen, dafür, dass er mich so hinterhältig ans Messer geliefert hatte, um seine Haut zu retten. Was für ein verdammter Feigling!
Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte ich, wie Coop mich von der Seite musterte.
„Wo fliegen wir hin?“, fragte ich scheinbar beiläufig, um mich von meinen finsteren Rachegedanken abzulenken und starrte in die von immer weniger Lichtern durchwirkte Dunkelheit.
„Zu mir.“
„Schon klar. Aber wo ist bei dir?“
„Bel Air.
„Wow“
„Was heißt das übersetzt?“
„Eines der absoluten Nobelviertel von LA“, tat ich mein Wissen kund, und Cooper grinste. „Nobelviertel? Schöner Ausdruck für die Spielwiese, auf der ich aufgewachsen bin.“
„Du bist ein Bel Air–Kind gewesen? Ich fasse es nicht!“
„Tja, Ecke Mainstreet ist eben nur mein Feriendomizil.“
„Und ich dachte immer, dass alle, die in einer solchen noblen Gegend aufgewachsen sind, furchtbare Snobs sein müssten.“
„Das bin ich vielleicht auch. Du kennst mich nur noch nicht richtig.“
„Bei dir wundert mich zwar mittlerweile gar nichts mehr“, gab ich unumwunden zu. „Aber du bist ganz sicher kein Snob.“
Er lachte und flog eine so rasante Kurve, dass ich mich an der Tür abstützen musste, um nicht vom Sitz zu fallen. Flugangst verspürte ich mittlerweile keine mehr, von mir aus konnte er im Zickzack fliegen oder Saltos drehen, Hauptsache, er war in meiner Nähe und hielt diese Verbrecher irgendwie von mir fern.
Wir überflogen einen dichtbefahrenen Highway, dann lenkte Cooper den Helikopter im Tiefflug über die von dichten Bäumen eingesäumten Prachtvillen von Bel Air, die ich im Scheinwerferlicht und an ihrer eigenen Beleuchtung teilweise nur schemenhaft erkennen konnte. Plötzlich endete die Straße, und Cooper hielt den Vogel direkt über einem Häuserdach inmitten hoher Bäume sekundenlang in der Luft, bevor er langsam und präzise in einem eigens dafür kreisrund beleuchteten Platz direkt neben dem dort befindlichen Haus landete.
Kaum spürten wir festen Boden unter den Kufen, schaltete er den Motor ab und sah mich abwartend an, während er langsam das Headset abnahm.
„Wir sind da.“
„Bei dir zu Hause?“
Jad bellte wie zur Bestätigung und reckte erwartungsvoll den Hals, als könne er nicht erwarten, dass ihm endlich die Tür geöffnet wurde.
„Er hat Hunger.“ Rasch öffnete ich meinen Sicherheitsgurt, bevor Coop es tun konnte. Für heute hatte ich genug Aufregung gehabt.
„Na dann“, gab dieser das erlösende Kommando für seinen Partner, während er seine Tür öffnete und ausstieg. „Schau nach, ob Celia noch etwas für dich im Kühlschrank hat!“
Während Jad in rekordverdächtiger Geschwindigkeit zwischen den Bäumen verschwand, blieb ich zunächst unschlüssig stehen.
„Wer ist Celia?“
Cooper verschloss den Helikopter und bedeutete mir, ihm zu folgen.
„Na komm, Doc, ich stelle euch einander vor.“
Die schmucken, schmiedeeisernen Laternen, die den kurzen Weg zwischen den Bäumen hindurch beleuchteten, erinnerten mich spontan an die Stadtparklaternen, die mir bei meinem Besuch im Londoner Hyde Park vor zwei Jahren aufgefallen waren. Während ich noch darüber nachdachte, bogen wir um die Ecke, und ich blieb abrupt stehen, denn ich glaubte zu träumen. Vor meinen Augen tat sich eine andere Welt auf.
„Das gibt’s doch gar nicht“, murmelte ich und spürte kaum, wie Cooper unbeabsichtigt gegen mich stieß, weil ich so unverhofft stehengeblieben war. „Das ist ja traumhaft!“
Eine solche Prachtvilla, umsäumt von saftig grünen Palmen und kunstvoll gestutzten Hecken, die von präzise in die Erde eingelassenen gläsernen Scheinwerfern angestrahlt wurden, kannte ich bisher tatsächlich nur aus Hollywoodfilmen.
Der großzügig breite Eingang der schneeweißen Villa stützte sich auf zwei dicke Säulen. Sechs halbrunde Stufen aus glänzendem Marmor führten hinauf zu der Haustür, die weit offenstand. Allem Anschein nach hatte besagte Celia den Hausherrn bereits erwartet.
„Was ist denn los, Doc? Irgendwas nicht in Ordnung?“, fragte Coop und ich hörte die Belustigung in seiner Stimme, während er mir behutsam die Hand auf den Rücken legte und mich mit sanftem Druck vorwärts schob.
Neugierig sah ich mich um. Eine breite Einfahrt führte von irgendwo her genau auf den Eingang der Villa zu. Vermutlich gab es rund um das Anwesen – denn als solches konnte man das Ganze hier guten Gewissens bezeichnen – eine meterhohe Einzäunung mit einem kameragesicherten Tor.
Als ich Cooper danach fragte, grinste er.
„Woher weißt du das?“
„Aus dem Kino“, erwiderte ich prompt und er lachte.
„Na klar, du bist ja ein Film-Profi. Das hatte ich vergessen.“
Mein Blick wanderte über die beeindruckende Fassade des Hauses. Auf den ersten Blick schien das Gebäude in drei Teile geteilt zu sein, einen Mittel- und zwei baulich etwas zurückgesetzte Seitenteile. Das Dach war insgesamt verhältnismäßig flach gehalten und farblich abgesetzt. Den genauen Farbton konnte ich im Licht der Scheinwerfer zwar nicht erkennen, war mir aber sicher, dass er wie alles andere hier perfekt passte.
Der Eingang wurde von einem extra erhöhten Dreieckvorsprung überdacht, welcher architektonisch einen wunderbaren Einklang mit den Säulen bildete.
Linkerhand fielen mir zwei breite Garagen auf, während rechterhand riesige Terrassenfenster hinter dichten Palmenwedeln das künstliche Licht der Scheinwerfer widerspiegelten. Oberhalb versprach eine ganze Reihe von Fenstern helle, von viel Tageslicht durchflutete Räume. Wer auch immer diese Villa konzipiert und erbaut hatte, der besaß einen wahrlich exzellenten Geschmack und hatte nichts dem Zufall überlassen.
„Du wirst hier festwachsen, wenn du dich nicht endlich bewegst“, unkte Coop. „Na los, Doc, hinein in die gute Stube!“
„Wie kann man Ecke Mainstreet campieren, wenn man so ein Wahnsinns-Zuhause hat?“, murmelte ich kopfschüttelnd.
Er lachte.
„Weil Ecke Mainstreet manchmal zu meinem Job gehört!“
Schlagartig ernüchtert drehte ich mich zu ihm um.
„Undercover-Jobs sind gefährlich. Und angeblich ziemlich unterbezahlt. Damit kann man sich keine Hütte wie diese leisten.“
„Doch, das kann man“, widersprach er mit einem Blick, den ich nicht zu deuten wusste. Bevor ich jedoch weitere Fragen stellen konnte, wies er auf den schneeweißen Eingang. „Aber nun hinein mit dir, ich möchte dir jemanden vorstellen, der mir sehr viel bedeutet.“ `Celia` dachte ich und folgte ihm gespannt die Stufen hinauf.
Die Eingangshalle – man konnte diesen riesigen Raum nur als Halle bezeichnen – war hell beleuchtet, überwiegend in cremefarbenem Design gehalten und großzügig mit Grünpflanzen bestückt.
Mein Blick fiel als erstes auf die wunderschöne, überbreite Treppe, die nach oben führte. Im Geiste sah ich Julia Roberts in eleganter Abendrobe majestätisch diese Treppe hinunterschreiten, während Richard Gere unten mit glänzenden Augen und einem Strauß roter Rosen im Arm auf sie wartete.
„Welcher Film?“, raunte Cooper belustigt. Anscheinend hatte er meinen Blick bemerkt und genau richtig gedeutet.
Ich fühlte mich ertappt und grinste verschämt.
„Hab` den Titel vergessen.“
Hinter der Treppe klappte eine Tür, dann kam jemand in schnellen Schritten herangeeilt.
„Dean, dios mio! Ich dachte schon, ihr wollt draußen übernachten!“, vernahm ich eine angenehm weiche, weibliche Stimme, in der ein leichter mexikanischer Akzent mitschwang. Gleich darauf erschien eine etwas rundliche Dame um die Fünfzig. Sie trug ein helles Baumwollkleid und hatte ihr glänzendes schwarzes Haar am Hinterkopf zu einem kunstvollen Knoten aufgesteckt. Ihr freundliches Gesicht war vor Aufregung leicht gerötet und strahlte so viel Herzlichkeit und Wärme aus, dass ich unwillkürlich lächeln musste, als ich sah, wie sie Coop temperamentvoll in die Arme schloss und sich auf die Zehenspitzen stellte, um ihn laut schmatzend auf beide Wangen zu küssen. Lachend hob er sie hoch und schwenkte sie ausgelassen herum wie ein junges Mädchen.
„Detente, demonio!”, protestierte sie und befreite sich zappelnd aus seinen Armen. Mit einem verlegenen Blick strich sie ihr Kleid glatt. „Was soll denn die junge Dame von uns denken!”
„Ich glaube, die junge Dame versteht, wie es ist, wenn zwei Liebende sich stürmisch begrüßen”, scherzte Coop und zwinkerte mir zu.
„Dios mio”, protestierte die Frau sogleich und gab ihm eine Kopfnuss.
„Muy bueno”, kommentierte ich trocken auf Spanisch und grinste. „Nur weiter so, er kann das ab!”
Sie stutzte, sah mich sprachlos an und lachte dann schallend.
„Excelente! Sie gefallen mir! Dean, willst du uns nicht endlich miteinander bekannt machen?”
„Du lässt mich ja nicht zu Wort kommen!”, beschwerte er sich lachend. „Jess, das ist Celia, die gute Seele dieses Hauses. Celia, das ist Dr. Jessica Hausmann, die Tierärztin, von der ich euch erzählt habe.”
`Er hat von mir erzählt?`, schoss es mir durch den Kopf, während Celia begeistert auf mich zugeeilt kam und mich in eine stürmische Umarmung zog. `Na immerhin...`
„Herzlich willkommen, meine Liebe!”, begrüßte Celia mich wie eine alte Bekannte. „Ich freue mich, Sie endlich kennenzulernen! Dean schwärmt ja geradezu von Ihnen!”
„Ich tue was?“, kommentierte Coop ihren Wortschwall trocken und schüttelte grinsend den Kopf. „Nicht zu fassen!“
„Aber sicher”, lachte Celia und zwinkerte mir verschwörerisch zu. „Jedes Mal, wenn er von Ihnen spricht, leuchten seine Augen wie Kerzen am Valentinstag!”
„Noch ein Wort und ich weigere mich, deinen nächsten Gehaltsscheck zu unterschreiben”, knurrte Coop gutmütig und wies auf die Treppe. „Ist Ramon oben? Ich muss ihn unbedingt sprechen!”
„Natürlich ist er da. Als du anriefst, und er hörte, dass du die junge Frau Doktor als Gast mit zu uns bringst, meinte er, es wäre schön, ein Feuer oben im Kamin zu machen, damit ihr beide es gemütlich habt!”
„War es nicht vielmehr so, dass du ihm aufgetragen hast, den Kamin anzuheizen?”
„Aber nein. Solche Sachen gehören zu den Aufgaben meines Mannes”, protestierte Celia sofort und drehte sich zur Treppe. „Ramon! Komm schnell herunter! Dean ist da, und er hat Besuch mitgebracht!”
„Lass gut sein, Celia, ich gehe nach oben. Du kannst Jess inzwischen das Haus zeigen.” Er legte mir fürsorglich die Hand auf den Arm, eine Geste, die mich erstaunte. „Das ist doch in Ordnung, oder?”
„Klar, geh nur”, erwiderte ich schnell und nickte Celia, die mich erwartungsvoll musterte, freundlich zu. „Wo ist eigentlich mein Freund Jad abgeblieben?”
„Jad? Oh, der arme Hund hatte einen Riesenhunger! Hat mich fast umgerannt”, lachte Celia und nahm meinen Arm. „Kommen Sie, Doktor Hausmann, ich bringe Sie zu ihm!”
„Gut, aber nur, wenn Sie mich Jessica nennen. Oder Jess, ganz, wie Sie möchten.”
„Oh sehr gern, Jess”, strahlte Celia und ich hatte das Gefühl, soeben eine Freundin fürs Leben gewonnen zu haben.
Sie nahm mich bei der Hand und zog mich zu dem Raum hinter der Treppe, aus dem sie vor einigen Minuten gekommen war, und ich betrat eine geräumige, helle Hightech-Küche, wie ich sie ebenfalls nur aus Filmen kannte. Hier schien es an nichts zu fehlen. Helle Fußbodenfließen, die Möbel und der Küchenblock, der sich ganz nach amerikanischem Stil in der Mitte des Raumes befand, waren in einem freundlichen Vanilleton gehalten und mit perfekt darauf abgestimmtem Design in moccabrauner Farbe abgesetzt. Die technischen Geräte, allesamt durchweg mit Digitalanzeigen ausgestattet, ließen keine Wünsche offen. Auf der gegenüberliegenden Seite des großen Raumes entdeckte ich eine Tür, die allem Anschein nach hinaus in den Garten führte. Sie war mit einem hübschen, zart transparenten Vorhang versehen, ebenso wie die beiden seitlichen Fenster.
Vor einem riesigen Kühlschrank entdeckte ich Jad, der hingebungsvoll seinen Napf leerte. Als er mich sah, hielt er kurz inne, ließ ein kurzes Willkommensknurren ertönen und fraß unbeirrt weiter. Ich trat zu ihm und klopfte ihm liebevoll auf den Rücken.
„Lass es dir schmecken, Jad!”
„Er ist ein so lieber Kerl”, schwärmte Celia, und erst, als ich ihrem Blick folgte und sah, dass sie auf den Hund blickte, war ich sicher, dass sie nicht von Cooper sprach.
„Ja, er ist großartig”, stimmte ich zu. „Und sehr gut erzogen.”
„Möchten Sie etwas essen, Doc... Jess?”
„Nein, danke, wir haben bereits gegessen”, lehnte ich dankend ab. „Und zwar sehr reichlich.”
„Dann trinken Sie aber wenigstens ein Gläschen Wein mit mir”, beharrte Celia und holte bereits die Gläser aus dem Schrank. „Wenn die beiden Männer etwas miteinander zu besprechen haben, dann dauert das für gewöhnlich eine ganze Weile. Kommen Sie, setzen Sie sich!”
Obwohl ich mich todmüde und ausgelaugt fühlte, und es mir nach der endlosen Aufregung des vergangenen Tages lieber gewesen wäre, wenn sie mir mein Gästezimmer gezeigt und mich allein gelassen hätte, wollte ich sie nicht vor den Kopf stoßen und tat ihr den Gefallen.
Celia schenkte zwei Gläser Rotwein ein, und wir setzten uns beide an den Tresen in der Mitte des Raumes.
„Worauf trinken wir, meine Liebe?”, fragte Celia und beantwortete ihre Frage gleich selbst: „Ach, ich weiß schon! Auf Ihr neues Leben bei uns im schönen Kalifornien!”
„Nun, was das betrifft, so kann es eigentlich nur besser werden”, kommentierte ich ihren Toast, worauf sie sofort fragend die Stirn runzelte.
„Gefällt es Ihnen hier nicht? Haben Sie Heimweh?”
„Weder, noch”, verneinte ich. „Es ist nur so... In meinem Leben läuft momentan einiges anderes als erwartet, und ich weiß nicht, ob das wirklich gut ist.”
Sie sah mich nachdenklich an und nickte dann.
„Ein Neuanfang ist nie leicht, vor allem dann nicht, wenn man allein ist.” Sie atmete tief durch und hob erneut das Glas mit dem funkelnden roten Wein. „Aber das sind Sie ja jetzt nicht mehr, Kindchen. Solange Sie hier bei uns sind, können Sie Ihre Zeit unbesorgt genießen.”
„Danke Celia”, erwiderte ich berührt und trank einen Schluck, nachdem wir unsere Gläser hatten klingen lassen. Der Wein schmeckte aromatisch und frisch, so wie sich das Klima hier an der Küste präsentierte.
„Ist er gut?”, fragte Celia gespannt.
„Wunderbar”, erwiderte ich wahrheitsgetreu und nickte ihr lächelnd zu. „Er weckt die Lebensgeister.”
„Das will ich doch hoffen!”
Jad hatte seine Mahlzeit beendet und gesellte sich zu uns. Er ließ sich von Celia den Kopf streicheln, kam dann jedoch zu mir und streckte sich wohlig zu meinen Füßen aus.
„Na sieh mal einer an”, lachte Celia. “Er hat Sie anscheinend schon in sein Herz geschlossen!”
„Das beruht auf Gegenseitigkeit. Er hat mich bereits bei unserer ersten Begegnung tief beeindruckt.”
„Ich hoffe, das gilt auch für seinen Besitzer?”
„Nun, was das betrifft, wir beide hatten einen... etwas holprigen Start.”
Neugierig zog Celia die Augenbrauen hoch, und ich erzählte ihr von meiner ersten Begegnung mit Coop. Sie lachte schallend über meine Ausführungen.
„Das sieht ihm ähnlich! Davon hat er natürlich nichts erwähnt, sonst hätte ich ihm schon die Meinung gesagt. Keine Manieren, dieses Schlitzohr! Dabei habe ich mir bei seiner Erziehung die allergrößte Mühe gegeben, aber ich glaube, da war es schon zu spät, um ihn noch zu ändern!”
Ich starrte sie verwirrt an.
„Sind Sie...”
„Nein!”, lachte sie und blinzelte mir herzlich zu. „Ich bin nicht seine Mutter, obwohl ich mir ein Leben lang einen Sohn wie ihn gewünscht hätte. Aber meinem Mann und mir waren leider keine eigenen Kinder vergönnt, und als ich damals als Haushälterin hier anfing, war Dean in einem sehr rebellischen Alter, so dass es kein noch so gut bezahltes Kindermädchen lange mit ihm aushielt. Also habe ich mir den Bengel zur Brust genommen und versucht, ihm ein paar Manieren beizubringen. Ganz umsonst war es anscheinend nicht, denn abgesehen davon, dass er äußerst intelligent und noch viel cleverer ist als sein alter Herr, so ist doch ein guter und anständiger Kerl aus ihm geworden.”
„Was ist mit seiner Mutter?”, fragte ich neugierig. Celias Miene verdüsterte sich.
„Sie beging Selbstmord, als er gerade mal drei Jahre alt war. Konnte angeblich die Eskapaden ihres Ehemannes nicht ertragen.”
„Schrecklich, wenn ein Kind seine Mutter verliert. Egal, durch welche Umstände.”
„Und wenn man dann noch so einen ruhelosen und erfolgssüchtigen Vater hat...” Die Haushälterin ließ den Satz unvollendet und seufzte nur tief. „Das Leben ist nicht immer fair.”
„Wem sagen Sie das”, nickte ich zustimmend, nahm noch einen Schluck von dem Wein und beschloss, an dieser Stelle geschickt das Thema zu wechseln, da ich mich etwas unwohl dabei fühlte, hinter dem Rücken meines Gastgebers über dessen Familie zu reden. „Aber das Haus ist fantastisch.”
„Warten Sie, bis Sie es bei Tageslicht sehen!”, prophezeite Celia augenzwinkernd. „Morgen führe ich Sie herum.”
„Du wirst damit warten müssen, bis sie von der Arbeit kommt”, erklang Coopers Stimme hinter uns. Er lehnte mit verschränkten Armen lässig am Türrahmen, und ich fragte mich insgeheim, wie lange er da schon stand. Doch sein Gesichtsausdruck ließ nicht darauf schließen, wie viel er von unserem Gespräch verfolgt hatte.
„Wie komme ich morgen überhaupt zur Station?”, reagierte ich vorsichtig auf seine letzte Bemerkung. „Fliegen wir wieder mit dem Helikopter?”
„Nein. Ramon wird dich fahren. Er holt dich auch wieder ab.”
„Wer ist Ramon?”
„Mein Mann”, erklärte Celia und nickte zustimmend. „Keine Sorge, Jess, er ist wirklich zuverlässig.”
„Aber ich kann doch mit dem Jeep...”
„Ramon wird dich zu deinem Schutz ab sofort überall hin begleiten, bis die Sache mit Jim erledigt ist”, bestimmte Coop in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
Ich wagte trotzdem einen.
„Das ist wirklich nicht nötig. Ich möchte niemandem Umstände machen!”
„Das sind keine Umstände, Miss”, erklärte der große, breitschultrige Mann, der in diesem Augenblick hinter Cooper auf der Bildfläche erschien. Er trug eine verwaschene Jeans und ein weißes Shirt, dessen kurze Ärmel über seinen muskulösen Oberarmen spannten. Er war wie Celia um die Fünfzig, wirkte jedoch sehr sportlich und durchtrainiert. Sein kurzes, dunkles Haar war an den Schläfen bereits leicht ergraut, und seine Augen blickten mich freundlich und ein wenig verschmitzt an. „Ich spiele hin und wieder gern mal den Bodyguard.”
„Ja, besonders, wenn es eine junge hübsche Lady ist, die es zu beschützen gilt!”, erwiderte Celia und zwinkerte mir zu. „Vertrauen Sie ihm, meine Liebe, er ist der beste Personenschützer, den Sie in ganz Kalifornien bekommen können.“
Als ich Cooper wenig später die Treppe hinauf zu einem der Gästezimmer folgte, wurde mir nachhaltig bewusst, wie sehr er wirklich um meine Sicherheit besorgt war.
„War das nötig, Coop?“, fragte ich dennoch leise, damit seine beiden Hausangestellten uns nicht hören konnten. „Du musst doch den armen Mann meinetwegen nicht den ganzen Tag hinter mir herjagen!“
Anstatt einer Antwort öffnete er wortlos eine der Türen auf dem breiten, mit dickem Teppichboden ausgelegten Flur, und ich trat in eine Märchenwelt. Alles in, um und an dieser Villa schien wunderbar hell zu sein, und so auch dieses Zimmer. Ein großer, freundlicher Raum mit verglaster Außenwand, die hinaus auf eine breite Veranda führte. Was mir beim Eintreten sofort ins Auge fiel, war ein wundervolles Blumenarrangement aus fliederfarbenen Orchideen, das auf einem kleinen Glastisch vor der riesigen dunkelbraunen Ledercouch stand. Die Wand hinter dem Sofa erstrahlte in fast dem gleichen Farbton wie die Orchideen. Der Raum selbst war mit hellem Teppichboden ausgelegt. An der Wand gegenüber dem Sofa befand sich ein supermodernes schwarzglänzendes Sideboard mit einem darüber befindlichen überdimensional großen Flachbildschirm. Im angrenzenden, etwas kleineren Raum stand ein breites Doppelbett neben einer saftig grünen Palmeneinpflanzung. Ein riesiger Kleiderschrank gegenüber dem großen Fenster rundete das Bild perfekt ab.
„Und hier ist dein Badezimmer“, erklärte Cooper wie selbstverständlich, während er die Tür gleich neben dem Kleiderschrank öffnete. „Ich hoffe, du findest alles, was du fürs Erste brauchst.“ Das Bad mit Wanne, Dusche und WC erstrahlte in hellbeigen Farbtönen und ließ ebenfalls keine Wünsche offen.
Sprachlos stand ich da und brachte einmal mehr nur ein verblüfftes „Wow“ heraus.
Cooper lachte.
„Okay, Doc. Aus deiner wortreichen Erklärung schließe ich, dass ich deinen Geschmack einigermaßen getroffen habe.“
„Einigermaßen?“, wiederholte ich fassungslos. „Das ist unglaublich schön! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll!“
„Du bist übermüdet“, stellte er grinsend fest. „Da neigt man leicht zu Übertreibungen.“
„Sicher. Wenn ich morgen früh aufwache, hat sich das Schloss in eine Bruchbude verwandelt.“ Ich zupfte an den teuer aussehenden transparenten Vorhängen. „Und die Seidengardinen sind in Wahrheit nur alte Spinnweben.“
Cooper grinste.
„Wann fängt dein Dienst morgen an?“
„Wie immer, um Neun.“
„Ich sage Celia, sie soll dich wecken, damit du noch in Ruhe frühstücken kannst.“
„Coop“, versuchte ich ihn noch einmal von seinem Vorhaben abzubringen, mir einen Leibwächter zur Seite zu stellen. „Ich brauche wirklich keinen Aufpasser. Ich glaube nicht, dass…“
Er sah mich sehr ernst an.
„Hör mal, diese Kerle machen keinen Spaß. Ich möchte, dass du in Sicherheit bist, und Ramon ist für diesen Job der Beste. Er ist ein ehemaliger Marine, an ihm kommt so schnell keiner vorbei.“
„Du machst mir Angst!“
„Nein, ich versuche sie dir zu nehmen.“ Er atmete tief durch. „Wie auch immer, Ramon wird dich nicht aus den Augen lassen, bis ich von Vegas wieder zurück bin.”
„Du willst nach Vegas?”
„Soll ich vielleicht warten, bis deine reizenden Freunde hier auftauchen? Nein, wir erledigen die Sache gleich an Ort und Stelle, und zwar schneller, als ihnen das lieb ist. Überraschung ist der beste Angriff.”
„Coop... Dean!”
„Vertrau mir, Jess. Ich weiß, was ich tue, und ich ziehe das auch ganz sicher nicht im Alleingang durch. Kann ich dein Handy mitnehmen?“
„Und wozu?“
„Sie haben deine Nummer, und sie werden sicher versuchen das Handy zu orten, wenn ich diese Funktion später wieder aktiviere. Vielleicht können wir sie damit anlocken, bevor sie dich erneut kontaktieren wollen.“
„Klar, okay“, stimmte ich zu. Caitis Nummer und die von meinem Bruder standen in meinem kleinen Notizbuch, die einzigen, die mir wichtig waren.
Coop nickte zufrieden.
„Ramon besorgt dir morgen ein Neues.“
„Das kann ich auch selbst erledigen“, widersprach ich eilig, um Celias Mann nicht zu viele Umstände zu machen. „Ich wollte morgen ohnehin mit Paloma shoppen gehen.“ Als ich seinen skeptischen Blick sah, fügte ich schnell hinzu: „Du erinnerst dich hoffentlich, dass ich nach dem Besuch von Jims zweifelhaften Freunden praktisch nichts mehr besitze?“
„Okay, aber Ramon begleitet euch.“
Ich widersprach nicht länger, sondern fügte mich seinen Anweisungen. Schließlich wollte er mir helfen und mich beschützen, dafür war ich ihm zutiefst dankbar, denn nach dem Telefonat vor ein paar Stunden saß mir der Schreck noch immer im Nacken.
„Hast du eine Ahnung, wer diese Leute sind?“, fragte ich vorsichtig.
Er nickte.
„Ja, das habe ich. Wir reden darüber, wenn ich zurück bin.“ Er ging ein paar Schritte zur Tür, drehte sich jedoch noch einmal um. „Jad bleibt übrigens auch bei dir. Sieh zu, dass er genügend Bewegung hat, bei den enormen Mengen, die er frisst!”
Ich starrte ihn sprachlos an. Er überließ mir seinen Partner? War ich wirklich in so großer Gefahr? Warum blieb er dann nicht selbst hier und ließ stattdessen seine Kollegen vom LAPD nach den Typen suchen?
„Gute Nacht, Jess. Schlaf gut“, drang seine Stimme ungewöhnlich sanft an mein Ohr.
Ich sah ihn dort an der Tür stehen und widerstand nur mit Mühe dem Drang, zu ihm hinüberzulaufen und mich in seine Arme zu werfen. Doch ich wusste, heute war nicht der richtige Moment dafür. Ihm schien es ähnlich zu gehen, denn er drehte sich abrupt um und war bereits im Begriff, das Zimmer zu verlassen.
„Dean!“ rief ich leise, und er wandte sich zögernd wieder zu mir um.
„Was ist?“
„Danke!“
Er atmete tief durch und grinste dann etwas gequält.
„Verdammt, Jess, wenn du mich noch länger so ansiehst, bleibe ich, und all meine Pläne sind im Arsch.“
Ich grinste vorsichtig zurück.
„Dann sieh zu, dass du endlich verschwindest und pass gut auf dich auf.“
Sein Grinsen wurde breiter.
„Das werde ich, Doc, ganz sicher. Und wenn ich zurück bin, kannst du mich noch einmal mit diesem Blick anschauen, wenn du dich traust!“