Kaum ist Rikhon... nicht mehr da, redete Tiibwani davon, ihren Mann loszuwerden. Per Scheidung oder... auf anderem Weg... Natürlich wurde sie bei ihren Gedanken tatkräftig unterstützt von Dhunya und Hyphurion. Wenn es eins gibt, worin sich der Giftzwerg und das Teufelsbuch einig sind, dann das... Obwohl ich zugeben muss, dass der Mann nicht wirklich die beste Wahl ist...
Mitten in der Nacht hockten wir nun vor Rikhons Leiche und trauerten. Grafin hatten die Schlafmonnen mit einem Fluch belegt, der ihn schlafen ließ. Irgendwann kamen Mariwaja und Sandari vorbei, erkundigten sich und forderten uns auf, ihn zu begraben, damit wir morgens schnell weiterreisen konnten. Aber Dhunya wollte ihn unbedingt im Haus Blutschrei begraben - und auch ich hatte so meine Zweifel, dass er gerne ein Grab in der Wüste gehabt hätte. Nach einer Diskussion zwischen den beiden Leitern der Expedition konnten wir uns zumindest etwas Zeit für die Bestattung nehmen und mit Sandari dem Treck hinterherziehen. Mir gefiel es zwar nicht, die Reisenden unter der derzeitig noch angespannteren Situation aus den Augen zu lassen, aber Rikhon war es wert.
Es gab nun also die Möglichkeit, ihn einzuäschern und herumzutragen, bis wir (hoffentlich) wieder zurück im Haus Blutschrei waren, oder per Hentoba zurückzureisen. Die Schnellreise klang da natürlich verlockender - allein, um das Kapitel irgendwie erst einmal abzuschließen. Das Schlangendämonen...dings wollte allerdings 20 Seelensplitter für Hin- und Rückreise haben. Da es möglich war, den Preis von einem anderen Lebenden zu beziehen, schlug Tiibwani vor, (unfreiwillig) ihren Ehemann zu nutzen. Für Dhunya reichte die Idee, um Kias mit einem Schlaftrank zu betäuben und heranzuzerren, während ich (wieder einmal) gegen eine Wand diskutierte. Ich weiß auch nicht, wohin sich der Anstand und die Moral bei den Chaoten immer hin verlagerte. Immerhin waren Itore und Njola meiner Meinung und wollten auch lieber selbst mit ihrer Lebensenergie bezahlen, aber Hentoba hat sich anscheinend nicht angesprochen gefühlt und einfach mal das gesamte Leben von Kias genommen. Merke: Dämonen hören nur das, was sie hören wollen.
Ich hab mich wirklich schlecht für Kias gefühlt, aber nun war es zu spät. Hentoba hat eine Art Portal gebildet, indem es sich in den eigenen Schwanz gebissen hatte, und wir konnten mit Rikhons Leichnam hindurch treten. Das war unwirklich. Mit einem Schritt aus der Wüste in die Steppe zum Haus Blutschrei. Aber es musste ja weitergehen. Nach einer kurzen Diskussion haben wir uns entschieden, unseren Wabawi bei den giftigen Büschen vorm Haus zu begraben. Der Geisterfriedhof der Indianer wäre wohl bei seiner Geist-Phobie nicht wirklich nett gewesen. Während Dhunya und Itore das Grab ausgehoben haben, bin ich mit den anderen zum Lager gegangen, weil wir Qbak brauchen würden. Zu Ehren Rikhons natürlich. Im Haus sind wir dann auf Vrannik, unserem Haushälter gestoßen, der schon Eindringlinge befürchtete. Damit er was zu tun hat, hab ich ihm nach der Nachricht von Rikhons Tod aufgetragen, die anderen Angestellten für die Trauerfeier zusammenzurufen. Ich bin dankbar, dass Tiibwani und Njola gleich das ganze Fass mit Qbak mitnehmen wollten und nicht nur ein paar Portionen, weil eine Portion wahrscheinlich für mich nicht gereicht hätte.
Am Grab hatte ich gehofft, dass Dhunya vielleicht das Wort ergreifen wollte, aber sie brachte es nicht fertig. Sie kam aus dem Weinen ja gar nicht raus, weil gerade hier alles sie an Rikhon und ihre gemeinsame Zeit erinnerte. Die weiße Rose, die Rikhon aus der Tasche rutschte, war da nicht gerade hilfreich. Also trank ich mir noch ein bisschen mehr Mut an und erhob das Wort. Ich weiß nicht mehr genau, was ich sagte. Irgendwas mit Kämpfer und Romantiker, mit Zusammenhalt und dem ewigen Kampf mit den Schlafmonnen, den er schließlich verloren hat. Obwohl ich nochmals mit Qbak nachgelegt hatte, konnte ich bei den Trauergesängen und Abschiedsworten der anderen nicht mehr und bin geflohen. In den Wintergarten.
Hier sitze ich jetzt und schreibe zwischen meiner Flaschenpalme und den Setzlingen, die inzwischen schon so groß geworden sind. Ich wusste selbst nicht, dass ich meine wahren Gefühle für Rikhon die ganze Zeit unter meiner Zynik und Verachtung ihm gegenüber erhalten hatte. Anscheinend konnte selbst das Ausnutzen meiner Verehrung durch ihn und die Leidenschaft für Dhunya nicht ganz auslöschen, dass ich von ihm fast magisch angezogen war. Aber ich hatte Dhunya ja den Vortritt gelassen, um mein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Meine Pflanzen. Meine Oase. Und auch wenn es mir schwerfallen wird, werde ich mich weiter mit diesen Chaoten durch die Wüste quälen, um irgendwie eine Lösung für die Rettung meiner Heimat zu finden. Hoffentlich verliere ich dabei nicht noch meinen restlichen Verstand...