1.Kapitel
Schwere Entscheidungen und magischeTräume
Aeternias kauerte immer noch atemlos auf dem Boden. Die sich nähernden Untotenkrieger, aus Tarrens Mühle, scharten sich mit gezückten Waffen, um ihn herum. Aeternias war völlig aus der Fassung, als im bewusst wurde, was er getan hatte. Sein Blick huschte über seine, von ihm getöteten, Kumpane. Was war nur mit ihm passiert? Er konnte die Eindrücke, die er durch die Gedankenkontrolle dieser Priesterin erfahren hatte, noch nicht richtig einordnen und war völlig durcheinander. „Was hast du getan?“ sprach der Anführer der gerade angekommenen Untoten. „Du hast zwei von uns getötet. Warum?“ „Er war nicht seine Schuld!“ rief Dabog schnell und stellte sich zwischen Aeternias und die anderen Wachen. „Es war irgend ein Zauber. Eine Menschen- Priesterin hat ihn auch auf mich gewirkt, er kontrolliert die Gedanken. Man ist machtlos dagegen.“ Die Haltung der anderen Verlassenen, entspannte sich ein Bisschen. „Okay, wenn es eine Priesterin war, ist das gut möglich, das können unsere Priester ja schliesslich auch. Und er stand wirklich unter diesem Zauber?“ „Ja natürlich!“ stiess Aeternias nun selbst hervor. „Ich würde sowas sonst niemals tun, ich bin ein treues Mitglied der Verlassenen.“ „Nun gut, dann will ich dir mal glauben,“ erwiderte der Anführer der Wachen, erstaunlich emotionslos. „Allerdings kannst du nach diesem Ereignis nicht mehr hier bleiben. Du hast dich hier ziemlich unbeliebt gemacht. Wir werden dich jedoch nicht vernichten, weil du einer der Besten bist. Ansonsten hättest du nicht so mühelos zwei von uns erledigt.“ Ein leichtes Lächeln, umspielte, als er das sagte sogar seinen Mund. „Unterstadt brauchen sie sowieso mehr Männer, ihr könnt also eure Siebensachen packen und euch gleich auf den Weg nach Unterstadt machen. Alles klar?“ „Ich muss auch gehen?“ fragte Dabog „Ja, du auch. Also los! Bevor wir es uns noch anders überlegen und euch doch noch vernichten!“ Dabog zuckte leicht zusammen. Etwas ganz Ähnliches hatte er auch zu Lumnia gesagt. Er hatte den anderen ihren Namen nicht genannt, warum er das nicht getan hatte…, er konnte es selbst nicht richtig begreifen, doch irgendwas war mit ihm passiert, als sie diesen Zauber auf ihn gewirkt hatte. Sein Blick fiel auf den weisslichen Kristall, den Lumnia ihm hatte geben wollen. Er hob ihn unauffällig auf und liess ihn in seine Tasche gleiten. Das alles ging beinahe automatisch und er begriff es selbst nicht richtig.
Kurz danach, waren er und Aeternias abreisebereit. Die Verlassenen schliefen sowieso nie, da spielte es keine Rolle, wenn sie in der Nacht ihre Reise antreten mussten. Sie sahen ausserdem im Dunkeln sehr gut. Tag oder Nacht, machte für sei keinen Unterschied. Sie traten ihre Reise mit ihren beiden Reittieren an. Bei diesen Reittieren, handelte es sich um zwei Skelettpferde. Wie ihr Name bereits andeutete, bestanden die Körper diese Pferde nur noch aus einem Skelett, von dem herab noch einige restliche Hautfetzen hingen. Es waren untote Pferde, passend zu ihren Reitern, die ebenfalls durch Nekromantie, wieder zum Leben erweckt worden waren. Es gab sie in verschiedenen Farbschattierungen und mit verschiedenen Rüstungen versehen.
Als Aeternias und Dabog Tarrens Mühle wieder verliessen, sah Aeternias auf einmal etwas Helles, Funkelndes, das auf dem Weg lag. Er stieg nochmals ab und nahm es genauer in Augenschein. „Das ist ja ein weisser Kristall, was es damit wohl auf sich hat?“ Dabog blickte erstaunt drein. „Den muss diese Priesterin verloren haben. Ich glaube, du könntest dadurch Kontakt mit ihr aufnehmen.“ „Und weshalb sollte ich sowas tun wollen? Dieses Miststück hat mich dazu gebracht, meine eigenen Leute umzubringen. Aber wer weiss, vielleicht wird er mir ja noch von Nutzen sein und auch wenn ich ihn nur für einen guten Preis verkaufen kann.“ Er steckte den Stein ein und sie setzten ihren Weg nach Unterstadt schweigend fort. Ohne zu ahnen, was sie dort noch an Überraschungen erwarten würde…
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Dabog Goodhearts untoter Körper, wurde immer wieder hin und her geworfen. Er träumte einen seltsamen Traum. Das seltsamste an diesem Traum jedoch war, dass er ihn überhaupt träumte, denn die Verlassenen träumten sonst nicht. Sie hatten diese Fähigkeit, nach dem Übergang in ihr Untotendasein, verloren. Doch nun auf einmal träumte Dabog und nicht nur er träumte, sondern auch viele andere der Verlassenen, die hier in Unterstadt lebten. Sogar Sylvanas Windläufer, die mächtige dunkle Fürstin, hatte es bereits erwischt. Man munkelte, dass sie schon seit geraumer Zeit nicht mehr aufgewacht war. Schwere Träume schienen auch sie zu quälen. Diese hatten alle etwas mit dem mächtigen Lich King zu tun, welcher Sylvanas einst zu einer seiner Dienerinnen machen wollte. Sylvanas jedoch, hatte sich vom Einfluss des Lich Kings befreien können und das Volk der Verlassenen gegründet, welches nun frei vom Einfluss des Lich Kings war.
Dabog hatte bis vor einigen Tagen noch im Hügelland bei Tarrens Mühle gedient, doch nun war er zurück in die Hauptstadt der Untoten, die tief unter der Erde lag, zurückbeordert worden. Er lebte hier nun, nahe dem Apothekenviertel. Da die seltsame Schlafkrankheit in Unterstadt immer mehr um sich griff, brauchte man einige neue Wächter, die jene die eingeschlafen waren, ersetzen konnten. Erst gerade hatte Dabog erfahren, dass er dazu auserkoren worden war, einer der Leibwächter der Fürstin zu werden. Doch nun, schien auch ihn diese seltsame Schlafkrankheit erfasst zu haben. Auch wenn es ihm im Augenblick nicht wirklich bewusst war, denn er träumte einen so lebhaften Traum, dass er glaubte, dieser sei nun seine wahre Realität.
Er durchlebte Erinnerungen, an Dinge welcher vor seinem leiblichen Tod und seiner Wiederauferweckung geschehen waren. Er fühlte sich auf einmal wieder lebendig, sein Körper war warm, sein Herz schlug, seine weiche Haut mit einem leichten Bronzeschimmer, spannte sich über edle Gesichtszüge. Sein Haar, das er zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, war schwarz und glänzend, nicht so stumpf und dünn, wie es bei seinem Untotenkörper war.
Er erlebe von Neuem die vielen Schlachten, in denen er gekämpft hatte und er erlebte nochmals seinen Tod. Er sah wie dieser Verlassene mit dem schrecklichen, herabhängenden Kiefer auf ihn losstürmte, spürte seinen fauligen Atem und den furchtbaren Gestank, der von ihm ausging. Dabog war gerade dabei, sich mehreren Gegnern gleichzeitig zu erwehren. Sein langes, leicht gebogenes Schwert, zischte durch die Luft, schnitt in fauliges Fleisch, schlug Gliedmassen und Köpfe ab. Blut klebte an der sonst silbern schimmernden Klinge. Auch an seinem Körper klebte Blut, er wusste nicht mehr, welches sein eigenes und welches das Blut seiner Gegner war. Er kämpfte einfach nur wie ein Berserker. Doch irgendwann verliess auch ihn die Kraft und der Verlassene, mit dem herabhängenden Kiefer schaffte es, den tödlichen Schlag zu setzen. Dabog schrie, als er den schrecklichen Schmerz nochmals erlebte, den er erlitten hatte, als die grausame Klinge des Gegners seitlich durch die Lunge in sein Herz drang. Er hustete, spürte einen metallischen Geschmack in seinem Mund. Blut quoll hervor, aus seiner Wunde und aus seiner Kehle. Er röchelte, denn er bekam keine Luft mehr. Sein Tod war qualvoll, er schrie und sein schlafender, untoter Körper schlug um sich.
Doch dann auf einmal umgab ihn ein weiches Licht und eine heilsame wohltuende Wärme durströmte ihn…, als seine Seele den Körper verliess und sich in einer wundervollen, unberührten Welt wiederfand, die durchdrungen war, von smaragdgrünem Licht…
Dabogs Seele schreckte auf. Einen Moment lang, hatte er geglaubt, er sei wieder mit seinem Körper verbunden. Doch so schnell dieses Gefühl gekommen war, war es auch wieder gegangen. Er schüttelte sich, um sich wieder klar darüber zu werden, wer und wo er war. Er war nun schon so lange hier, wanderte durch diese seltsamen Astraldimensionen, des Smaragdgrünen Traumes, ohne genau zu wissen, was eigentlich sein Ziel war. Er versuchte sich dessen zu entsinnen, was er gerade erlebt hatte. All das kam ihm so seltsam vertraut und doch so fremd vor.
Seit er seinen Körper verlassen hatte, der nun von den Verlassenen wiederbelebt und für deren Zwecke benutzt worden war, befand Dabogs Seele sich nun hier. Er konnte nicht weitergehen ins ewige Licht, doch auch zurück konnte er nicht. Sein Körper, war für ihn versperrt. Oder… vielleicht doch nicht? Einen Augenblick lang, hatte er wirklich das Gefühl gehabt, sein alter Körper, öffne sich ihm das erste Mal. Seine Traumwanderung endlich zu beenden, war ihm einen Wimpernschlag lange, zum Greifen nah erschienen. Doch… wollte er das überhaupt? Er wusste nicht, ob ihn seine tiefsitzende Abneigung gegen diesen untoten Körper davon abgehalten hatte, wieder in ihn zurück zu kehren. Denn was würde ihn dort schon erwarten? „Ausserdem“…so schalt er sich, „ist das doch sowieso nicht möglich. Mein Platz ist nicht mehr in meinem alten Körper, aber…mein Platz… ist auch nicht hier.“
Er ging zu einem glasklaren Teich und kauerte nieder. Diese Welt hier…sie war so unberührt, noch so ohne Fehl. Es war Azeroth, wie es einst in reinster Form gewesen war, bevor intelligente Völker es besiedelt und ihm das erste Leid zugefügt hatten. Das erste Mal, spürte Dabogs Seelen-Ich aber auch eine Veränderung im Smaragdgrünen Traum. Es war eine Veränderung, die noch so vage, noch so unbestimmt war, dass er nicht ganz sicher war, ob ihm einfach sein Verstand einen Streich spielte. Wie gerade eben auch, als er sich so eng verbunden mit seinem alten Körper und dem, wie sollte er es sagen…Etwas, das diesen nun noch belebte, gefühlt hatte. Dieses Etwas, war natürlich der dunkle, nekromantische Geist, der ihn überhaupt zu diesem unnatürlichen Dasein trieb. Doch da waren auch noch einigen von Dabogs alten Erinnerungen und ein Teil seines Verstandes. Ja, etwas von ihm, war doch in seinem Körper zurückgeblieben! Das spürte er plötzlich ganz deutlich und… dieser Gedanke liess in ihm eine seltsame Hoffnung keimen. Wenn er sich so Eins gefühlt hatte, mit seinem untoten Körper, dann…gab es vielleicht doch eine Möglichkeit, seine Bestimmung endlich zu finden und seinen Weg weiter zu gehen. Doch was war es gewesen, das sein untotes Ich dazu bewegt hatte, diese Pforte zu öffnen, diesen kleinen Spalt, durch den er vielleicht wieder zurück in die irdische Welt gelangen konnte?
Er betrachtete sein Spiegelbild in dem klaren Teich. Ein kräftiger Mann, mit einer leicht bronzenen Haut, langen nun offenen, tiefschwarzen Haaren, blickte ihm entgegen. Er trug einen schön bestickten, dunkelblauen Stoffanzug, der an die Kleidung erinnerte, welche man sonst am Mondfest trug. Ja…das Mondfest! Er hatte wundervolle Erinnerungen daran! Es fand einmal im Jahr auf der unberührten Mondlichtung, nahe des Berges Hyjal, statt und alle Völker der bekannten Welt, trafen sich hier in friedlicher Eintracht. Es wurde gefeiert und es wurden neue Freundschaften geknüpft. Damals am Mondfest, hatte er sie das erste Mal angetroffen: Lumnia, seine einstige Liebste, welche ihn unbedingt retten, ihn unbedingt zurückholen wollte. Doch bisher war es Dabog unmöglich erschienen, ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Nun jedoch… Er setze sich hin und starrte gedankenverloren hinein in den kleinen Teich, der umsäumt war mit wundervollen, exotischen Blüten, hohem Schilf und fleischigen Blättern. Alles strotze hier vor Kraft und Vitalität, das Leben strömte durch es hindurch und ergriff auch von Dabog Besitz. Er spürte seinen eigenen Herzschlag, wie er pulsierte, wie er sein Blut durch die Venen pumpte und seinen ganzen Körper ausfüllte. Auch wenn er ein Geist war fühlte er das, denn…es waren seine Erinnerungen. Seine Erinnerungen, an die wundervollen Zeiten mit Lumnia auf der Mondlichtung.
Es war einer dieser besonders milden, schönen Abende gewesen. Dabog war durch eins der Mondlichtportale, die jeweils am Mondfest in allen Städten geöffnet wurden, gegangen und hatte sich wiedergefunden, auf dem heiligen Hain der von Druiden behüteten Mondlichtung. Auf dieser Lichtung waren die Geister der Natur besonders gegenwärtig. Es waren jene Geister, die er auch hier im smaragdgrünen Traum so intensiv fühlte. Der Bruder des Habgottes Cenarius, welcher einst die ersten Druiden der Nachtelfen und dann auch der Tauren ausbildete- Remulos, war Herr dieser Lichtung. Nichts Böses hatte je Zugang zu diesem Ort gefunden. Die Luft war erfüllt von Musik, dem Lachen und Reden der vielen Feiernden, welche alle von den verschiedensten Völkern abstammten. Alle Streitigkeiten und Kriege waren hier für einmal vergessen und beiseite gelegt worden. Tauren sassen bei Nachtelfen, Menschen bei Orcs usw. Natürlich blieben einige Volksvertreter auch einfach unter sich. Als Dabog eine Weile mitgefeiert, getanzt und mit verschiedenen Leuten einige Worte gewechselt hatte, wandte er sich ab, um etwas für sich allein zu sein und die wundervolle Atmosphäre der Mondlichtung mit dem herrlich, im Mondlicht silbrig-weiss schimmernden Elune’Era See, in sich aufzunehmen. Das Wasser kräuselte sich sanft im lauen Abendwind und dann sah er sie! Sie stand wie ein Standbild am Ufer des Sees und schaute wie Dabog, verträumt hinaus auf das Wasser.
Sie wirkte so wundervoll, so perfekt, als würde sie Teil dieses Reiches sein. Sie trug eine violett- goldene Robe mit edlen Stickereien verziert, die Ranken und Blumen darstellten. Das magische Licht des Mondes erzeugte silberne Reflexe in ihrem glänzenden Haar und auch in ihren Augen, als sie sich nun nach ihm umdrehte. Er trat vorsichtig näher. Seine Knie fühlten sich auf einmal wie Pudding an und er senkte das erste Mal verlegen den Blick, als sie ihn musterte. Noch nie hatte er sich so unsicher in der Gegenwart einer Frau gefühlt. Sie erinnerte ihn irgendwie an eine Göttin, wie sie so dastand, in ihrer Vollkommenheit, ihrer Schönheit. Schliesslich brachte er mit Mühe und Not ein „Hallo“ zustande. Sie musterte ihn einen endlos scheinenden Moment lang erneut und dann…auf einmal lächelte sie und es war, als ginge dabei auf ihrem schönen Gesicht die Sonne auf. Sogleich verlor er sein Herz an sie. Die beiden kamen ins Gespräch, philosophierten über die Schönheit und Heiligkeit dieses Ortes, tanzten zusammen auf dem Mondfest und tranken süssen Met. Irgendwann dann zogen sie sich, wie einige andere Paare, die sich hier gefunden hatten, zurück. Sie fanden einen schönen Platz, ganz nahe dem silbernen See, im Schutze einiger Steine und Büsche. Schliesslich küssten sie sich das erste Mal. Sie waren sich bereits so vertraut, als würden sie sich schon ewig kennen. Die Leidenschaft überkam sie beide und er öffnete den Gürtel, der ihre Robe zusammenhielt. Der Stoff fiel auseinander und legte ihre wohlgeformten Brüste frei. Ihre samtene Haut glänzte sanft im magischen Schein der Mondlichtung. Wieder küssten sie sich leidenschaftlich, ihre Zungen fanden sich. Sein kräftiger Oberkörper war nun ebenfalls nackt und sie begannen sich gegenseitig zärtlich zu streicheln und überall zu küssen und dann… liebten sie sich, unter dem wundervollen Licht des grossen, silbernen Mondes und es war, als würde die Göttin Elune auf sie herablächeln.
Der untote Körper von Dabog indes, wurde von den verschiedensten Emotionen hin und her geworfen. Zuerst hatte er nur schreckliche Alpträume gehabt, doch nun auf einmal, beruhigte sich sein Schlaf zusehends. Wundervolle Bilder tauchten plötzlich auf: Die Mondlichtung, das Mondfest, wo alle Völker so glücklich und fröhlich waren. Er sah die bunten Feuerwerke, welche immer und immer wieder in den Himmel stiegen und deren leuchtende Garben, sich im Elune’Era See spiegelten. Da war diese Frau, so wundervoll, so strahlend. Er fühlte sich tief mit ihr verbunden. Er träumte, wie er ihr ganz nahe war, wie…sie sich küssten und anschliessend liebten. Wer war sie? Es war so eine ferne Erinnerung, eine Erinnerung schon lange zu einem schemenhaften Nebel verschwommen. Nun aber, erinnerte sich der Untote auf einmal wieder ganz genau und die Gefühle die ihn dabei durströmten, waren für ihn beinahe noch schwerer zu verkraften, als die Alpträume. Da er als Verlassenen zu keinerlei Gefühlen, ausser Hass, Rachedurst und Selbsterhaltungstrieb mehr in der der Lage war, brachten ihn die Gefühle die er nun hatte, vollkommen aus dem Lot: Denn diese Gefühle bestanden aus Liebe, Hingabe und tiefer Freude. Jedoch auch aus Trauer, der Trauer darüber, dass er dieses wundervolle Geschenk, dass er damals bekam, mittlerweile gänzlich verloren hatte. Das erste Mal wurde er wieder lebendig, seit langer Zeit, zum ersten Mal, erinnerte er sich wahrlich daran, wie es war…eine Seele zu haben! Dabog- der Verlassene schrie auf und dann…fuhr er aus seinem tiefen Schlaf hoch.
„Du bist wieder aufgewacht, der dunklen Fürstin sei Dank!“ sprach eine Stimme, dicht neben ihm. Er schaute etwas verwirrt hoch und sah einen, in dunkle Robe gekleideten Apotheker, mit narbigem Gesicht, der sich über ihn beugte. „Wir dachten schon, wir hätten auch dich an diese seltsame Schlafkrankheit verloren.“ Dabog blinzelte verwirrt. „I…ich habe also auch geschlafen?“ „Ja und du musst sehr beunruhigende Träume gehabt haben, bis…du dich dann auf einmal etwas beruhigt hast und schliesslich…wieder aufgewacht bist. Was hast du gesehen, was ist passiert?“ Dabog war noch immer etwas durcheinander, besonders von seinen letzten Träumen und er wollte nicht alles preisgeben, man wusste ja nie. Er traute diesen seltsamen Apothekern nicht, die mit so vielen seltsamen Dingen herumexperimentierten. So erwiderte er: „Ich habe davon geträumt, dass ich wieder lebendig bin und davon, wie ich den Tod gefunden habe.“ „Das muss schlimm für dich gewesen sein, denn dein Tod war ziemlich qualvoll.“ „Ja“, erwiderte Dabog und erhob sich von dem kalten, steinernen Bordstein, auf dem er eben noch gelegen hatte, „Es war nicht gerade eine Vergnügen, doch dafür wurde ich dann ja zu dem was ich heute bin.“ Der Apotheker klopfte ihm mit seiner knöchrigen Hand auf die Schulter und meinte: „Ja und du bist einer der Besten. Ausserdem war dein Wille stark genug, dass der Alptraum dich noch nicht ganz übermannen konnte. Ich kann mir gut vorstellen, dass du ein würdiger Leibwächter von Sylvanas sein wirst. Sie braucht nun jeden Mann, denn sie ist nun da sie bereits so lange schläft, noch viel grösseren Gefahren ausgesetzt.“ „Was meint ihr damit?“ fragte Dabog. Das sonst ausdruckslose Gesicht des Apothekers schien für einen Moment lang von einem Anflug von Kummer überschattet zu werden. „Nun, diese Schlafkrankheit scheint noch gefährlicher zu sein, als wir bisher dachten. Die Leute, welche davon länger betroffen sind, werden zu sogenannten Schlafwandlern. Ihre Träume sind so real, dass sie Unbeteiligte angreifen, oder sich auch selbst Schaden zufügen. Ich…mache mir wirklich grosse Sorgen, weil…wir wissen einfach nicht, wie wir diesen Ereignissen begegnen sollen. Sowas haben wir noch nie erlebt. Die Schläfer…benehmen sich alle, als wären sie wieder lebendig. Sie wirken völlig verändert.“ Dabog musste an seine eigenen Träume zurückdenken und er nickte verstehend. „Ja…das ist sehr beunruhigend.“ „Du hast wirklich grosses Glück, dass du wieder aufgewacht bist“, sprach der Apotheker. „Vielleicht kannst du uns auch behilflich sein. Dürften wir einige Tests mit dir durchführen?“ „Was für Tests?“ fragte Dabog misstrauisch. „Nichts Besonderes, wir werden dich untersuchen und vielleicht finden wir heraus, was dir geholfen hat wieder aufzuwachen.“ „Also ich weiss nicht…das muss ich mir noch überlegen.“ „Du traust uns nicht?“ Dabog antwortete nicht und erhob sich. „Ich muss jetzt zur Fürstin. Ich hätte mich schon vor einiger Zeit bei ihr melden sollen.“ Der Apotheker nickte etwas finster, drang aber nicht weiter auf Dabog ein. „Mein Name ist Apotheker Griffs, falls du es dir doch noch überlegen solltest uns aufzusuchen“, sagte er nur, dann fügte er hinzu: „Mögen die Schatten dich leiten.“ Der Angesprochene nickte und dachte einen Moment lang wieder an das wundervolle, warme Licht, dass er direkt nach seinem Tod wahrgenommen hatte und an die Gefühle, die ihn ergriffen hatten, als er diese wundervolle Frau im Traum gesehen hatte. Und… die Schatten schienen ihm auf einmal nicht mehr jene Geborgenheit zu vermitteln, die sie ihm früher vermittelt hatten. Während er Richtung Königsviertel ging, entsann er sich jener Nacht, als Lumnia ihn bei Tarrens Mühle aufgesucht und ihn darum gebeten hatte mit ihr zu kommen um…womöglich seine Seele zurück zu erhalten.
Diese Erinnerung berührte ihn auf einmal seltsam und er fasste instinktiv in die rechte Tasche seines Waffenrockes. Dort spürte er die glatte Oberfläche jenes magischen Kristalls, den ihm Lumnia damals geben wollte, damit er mit ihr Kontakt aufnehmen konnte. Einige Monde waren seither vergangen und er hatte den Kristall, obwohl er ihn zuerst abgelehnt hatte, immer bei sich getragen, wenn auch nie benutzt. Nun auf einmal war er sich nicht mehr so ganz sicher, ob er ihn nicht doch mal benutzen sollte. Doch… er verwarf den Gedanken sogleich wieder. „Das alles ist doch Blödsinn!“ schalt er sich selbst. „Diese Träume haben mich schwach gemacht. Ich sollte sie einfach vergessen.“ Er hatte auch nicht mehr lange Zeit, darüber nachzudenken, denn die Pforte zu den königlichen Gemächern kam in Sicht, welche bewacht wurden, von zwei der berühmten Schreckenswachen, in ihren schwarzroten Rüstungen. Als er nähertrat, hielten sie ihn auf. „Was willst du hier?“ fragte einer der Wachen. Dabog zog ein Schriftstück hervor, dass er vom Kommandanten von Tarrens Mühle erhalten hatte. „Ich soll mich bei der Fürstin melden. Es hiess, sie brauche neue Leibwächter, weil so viele…eingeschlafen sind.“ Der Wächter überflog das Schreiben und meinte dann: „Alles klar. Du kannst passieren. Wir können zur Zeit wirklich jeden Mann gebrauchen, besonders seit Sylvanas selbst eingeschlafen ist und dieser eigenartige grüne Nebel auftauchte.“ Der Nebel, war Dabog bekannt. Er hatte ihn die letzte Zeit öfters gesehen und er hatte die dunkle Bedrohung gespürt, die von ihm ausging. Als er selbst träumte, war dieser Nebel auch gegenwärtig gewesen und…es schien, als wäre er der Auslöser des neuen Übels. Dabog nickte der Wache knapp zu und passierte dann das Tor. Gemessenen Schrittes ging er durch den langen, gewölbeartigen Gang, der nur erleuchtet war mit einigen Schädellampen und betrat schliesslich das Gemach, in dem Sylvanas sich aufhielt. Schon von fern drangen ihre Schreie an seine Ohren. Ein seltsames Gefühl beschlich ihn. Das war ihm ganz und gar nicht geheuer. Sylvanas lag auf einem Lager, dass man notdürftig dort für sie eingerichtet hatte, wo sie eingeschlafen war. Um sie herum, standen einige Wächter Magier und die Apotheker in ihren schwarzgrauen Roben. Der weisse durchschimmernde Körper, einer Banshee, welcher gekleidet war in wallende Gewänder, schwebte daneben. Es war Sharlindra, eine enge Vertraute der Fürstin die besonders besorgt und mit Angst auf Sylvanas herabblickte.
„Sie scheint Schreckliches zu erleiden“, sprach sie mit einer Stimme, die ein seltsames wisperndes Echo erzeugte. „Ich glaube, sie durchlebt nochmals ihre Verwandlung durch den Lich King.
Dabog trat etwas unsicher näher. Er sah sich ein wenig ratlos um, als eine Schreckenswache ihn erblickte und zu ihm kam. „Bist du nicht Dabog Goodheart?“ fragte er. „Richtig, “ erwiderte der Angesprochene „aber lass den Nachnamen weg, ich mag ihn nicht besonders. Ich glaube ich werde ihn bald ändern.“ „Ja, das verstehe ich“, sagte der andere Wächter und ein Art Grinsen huschte über sein, doch recht ansehnliches, narbenloses Gesicht mit den vollen Lippen. „Nur Menschen können solch seltsame Namen haben.“ Dabog nickte, dann wandte sich sein Gesicht der immer wieder aufschreienden Fürstin zu. „Es geht ihr ziemlich schlecht, nicht wahr? „Ja und wir haben eine Menge damit zu tun, sie vor sich selbst zu beschützen und…auch vor diesem Nebel. Dort ist er wieder, siehst du ihn!? Wir müssen ihn von Sylvanas fernhalten und…auch von uns selbst! Dabog schaute genauer hin und tatsächlich, ein Nebel in einem schmutzigen Grün, wallte auf einmal um die Plattform herum, auf der sich Sylvanas Lager befand. Gesichter bildeten sich in ihm, Bilder von Menschen, die Dabog kannte, allesamt litten sie höllische Qualen. Er und die andern Schreckenswachen scharten sich um Sylvanas, versuchten den Nebel mit ihren Schwertern zurück zu drängen, bekämpften die Kreaturen, welche aus ihm entstanden. Es war einem Kampf, dem Kampf gegen Windmühlen gleich. Dabog fühlte auf einmal wieder diese lähmende Müdigkeit. Doch er war fest entschlossen nicht mehr einzuschlafen. Er vergegenwärtigte sich das Gesicht seiner einstigen Liebsten Lumnia und die Gefühle, die er gehabt hatte, als er von ihrer ersten Begegnung träumte. Und auf einmal wurde er von einer seltsamen Kraft durchströmt. Diese vertrieb die lähmende Angst, welche sein totes Herz bisher umklammert gehalten hatte und er stürzte sich schreiend auf dem schrecklichen Nebel und schlug mit seinem Schwert wild um sich. Tatsächlich schien der Nebel etwas vor ihm zurück zu weichen. Das war eine unerwartete Entwicklung und alle sahen den einstigen Menschenkrieger erstaunt an, als der Nebel sich von ihm immer mehr davon treiben liess. Die andren Schreckenswachen, unterstützten ihn tatkräftig und auch Shalindra und die anderen Zauberer, halfen etwas mit ihrer Magie. Sylvanas schrie und wand sich auf ihrem Lager, als der Nebel sich zusammenzog. Doch nun, da er sich langsam wieder etwas zu verflüchtigen schien, beruhigte sie sich zusehends. Auf einmal war er wieder verschwunden und die Banshee Sharlindra schaute Dabog erstaunt an: „Du scheinst besondere Fähigkeiten zu besitzen. Wir sind sehr froh, jemanden wie dich unter uns zu haben. Ich hörte du bist auch eingeschlafen, aber wieder aufgewacht?“ Der Angesprochene nickte: „Ja, das stimmt, aber nun bin ich wieder hier und ich werde mich hüten nochmals einzuschlafen.“ „Jedenfalls heissen wir dich herzlich in unserer Gemeinschaft willkommen. Es sieht so aus, als wärest du für Höheres bestimmt."