20. Kapitel
Unselige Magie, die Reise ins Eschental
Am nächsten Tag, machten die Blutelfen alles für ihre Abreise bereit. Dabogs Untoten- Ich wirkte noch etwas mitgenommen, doch er war auf dem Weg der Besserung. Ausserdem kannten Untote kaum Schmerz und deswegen stand er rechtzeitig bereit, um die Reise, Richtung Eschental, anzutreten. Ihre Reise würde sie durch das karge Brachland bis zu den dichten Waldgebieten selbigen führen. Beim Hain der Silberschwingen, würden sie die beiden Nachtelfen treffen, welche sie weiter nach Darnassus begleiten würden. Varunna war ja schon voraus gereist und auch sie würden ihr Ziel bald erreichen, das gar nicht so weit entfernt von Ogrimmar lag. Sie würden beim Flugmeister erneut einen Flug mieten.
Als sie alle bereit waren, trafen sie sich unten in der Gaststube und warteten noch auf Aeternias. Doch dieser kam und kam nicht. Langsam wurden die Reisenden nervös. Sie hatten einige Wyvern, auf eine bestimmte Zeit reserviert und wenn sie ihre Reise nicht bald damit antraten, dann würden sie an andere Leute weitervermietet werden. Unruhig ging Tyrande in der Gaststube auf und ab. „Wo bleibt dieser Aeternias nur? Er sollte doch schon lange hier sein!“ „Tja, was kann man schon von einem Untoten an Zuverlässigkeit erwarten,“ meinte Gwydyon sichtlich genervt, was ihm einen düsteren Blick von Dabog einbrachte. „Immerhin hat dir ein Untoter mehrfach das Leben gerettet,“ sprach Balduraya vorwurfsvoll. „Der hatte aber eine Seele. Ich sehe hier keinen Untoten mit Seele.“ Irgendwie sagte der Blutelf das in einem gehässigeren Ton, als er es beabsichtigt hatte. Denn es machte ihm, auch wenn er es niemals zugegeben hätte, ziemlich fertig, dass Dabogs Seelen- Ich, seine Gefäss, offensichtlich wieder verlassen hatte. Tatsächlich hatte ihm Dabog das Leben gerettet und er war ihm unendlich dankbar dafür, doch dieses Ding, dass nun wieder unter ihnen weilte, war leblos geworden. Er sah auch, wie seine Schwester deswegen litt, denn es schien tatsächlich, als hätte sie sich in Dabog verliebt, allerdings in das, was er früher gewesen war und nicht in das, was er jetzt wieder war. Seine Seele war erneut aus seinem alten Körper verdrängt worden und die nekromantische Quacksalberei des Untoten- Apothekers, verhinderte eher, dass er zurückkehren konnte. Sie heilten zwar Dabogs untoten Körper (wenn man dabei überhaupt von Heilung sprechen konnte), aber das verstärkte auch wieder die Barriere, die Dabogs Seelen- Ich aussperrte. Wie viel lieber hätte Gwydyon jedoch die Reise nach Darnassus, mit einem beseelten Dabog angetreten. Er hatte noch nicht einmal richtig Gelegenheit gehabt, sich bei seinem Lebensretter zu bedanken, weil Dabogs Seele durch die schweren Verletzungen, aus seinem alten Körper katapultiert worden war. Er hatte irgendwie ein mieses Gefühl, auch hinsichtlich von Aeternias und diese wurden sogleich bestätigt als die orcische Gastwirtin Gryshka zu ihnen kam und fragte: „Sucht ihr euren anderen Untoten- Freund?“ „Ja, eigentlich schon.“ „Das ist aber seltsam!“ Das Gesicht der Orcin blickte überrascht. „Ich dachte, ihr wisst es. Er ist eben gerade, abgereist. “Abgereist?“ empörte sich Gwydyon. „Ja. Er hat seine Zeche schon gestern Abend bezahlt und gesagt, er werde nicht wieder kommen. „Was! Aeternias ist weg?“ rief Linus. „Sieht so aus,“ sprach sein Vater sarkastisch. „Aber das würde er doch nicht einfach tun. Er muss mich doch noch weiter in der Kriegskunst unterweisen.“ „So weit wird es wohl nicht mehr kommen, Sohn,“ erwiderte Gwydyon. „Aber wir können dir auch einiges beibringen!“ „Das ist aber nicht dasselbe!“ schrie Linus und stampfte trotzig auf. „Aeternias ist der beste Krieger und vor allem ist er nicht so empfindlich wie ihr. Mit ihm kann ich richtig kämpfen, bei euch muss ich immer aufpassen!“ „Wir sind auch noch lebendig und demzufolge auch verletzbarer, als er als Untoter, Schätzchen,“ sprach Balduraya beschwichtigend. „Ausserdem sagte ich dir schon mal, dass zu viel kämpfen nicht so gut für dich ist.“ „Ja genau!“ schrie Linus noch lauter und seine Augen verloren erneut ihren Glanz und wurden schwarz. „Ihr wollt mich immer vom Kämpfen abhalten. Ihr seid doof!“ „Linus!“ Balduraya wollte ihn zurückhalten, doch der Junge verliess zornig das Gasthaus. „Linus warte!“ schrie Tyrande nun ebenfalls, denn sich machte sich ernsthafte Sorgen, wenn der Junge in diesem Zustand war. Doch Linus hörte gar nicht, er lief Richtung Innenstadt davon. „Das ist die falsche Richtung!“ brüllte Gwydyon. „Verdammt noch mal! Jetzt warte doch! Wir müssen endlich die Wyvern abholen!“ Er wob reflexartig einen Zauber. Es war jedoch einer, den er hier wohl niemals hätte verwenden dürfen. Es war der Zauber Dämonensklave. Dieser Zauber brachte einen niedrigeren Dämon dazu, dem Hexenmeister eine Weile zu Diensten zu sein. „Bleib stehen!“ sprach er kalt und Linus blieb augenblicklich stehen und drehte sich zu ihnen um. Sein Blick war leer, jedoch noch immer verschleiert, von dämonischer Essenz. „Wie ihr wünscht Meister,“ sprach er. „Meister?“ rief Balduraya wütend an ihren Bruder gewandt. „Bist du verrückt geworden? Das ist dein Sohn kein… Dämonensklave, wie kannst du nur?“ Sie ging zu dem Kind und legte beschützend den Arm um es. „Es tut mir leid… aber ich konnte nicht anders, er hört einfach nie und wenn er in diesem Zustand ist…“ Gwydyons Stimme klang hilflos. Er begriff, dass er sowas nicht hätte tun dürfen, auch wenn es in gewisser Weise ganz praktisch war. „Du bist ein Scheusal!“ beschimpfte ihn seine Schwester. „Zieh diese unselige Magie sofort zurück!“ „Erst wenn wir bei den Wyvern sind!“ erwiderte Gwydyon jedoch, fast eben so trotzig, wie vorhin Linus.
„Aber das geht doch nicht!“ Zorn funkelte in den Augen der jungen Blutelfin und auch Tyrande musterte ihn voller Abscheu. Sollten sie doch! Er hatte keine Zeit für diese ständigen Streitereien. Er ignorierte die bösen Blicke der Frauen und die hochgezogenen Augenbrauen von Dabog und sprach zu Linus: „Los geht’s, wir müssen endlich zum Flugmeister, sonst sind die Wyvern weg.“ der Junge, folgte ihm nun wiederstandlos.
Gwydyon hatte sich das mit seinem Sohn wahrlich einfacher vorgestellt, als es tatsächlich war. Der Kleine war und blieb ein Halbdämon, in ihm floss das verderbte Blut seiner Mutter. Vermutlich war es eine Illusion, dass dies jemals geändert werden konnte. Auch wenn er im Elune- Tempel den Mächten des Lichts geweiht werden würde, was er eigentlich vorhatte. Dass der Zauber des Dämonensklaven überhaupt wirkte, war schon schlimm genug. Der Blutelf hatte es einfach ausprobiert und eigentlich erschütterte es ihn sehr, dass der Dämon in seinem Sohn doch so stark zu sein schien, dass der Zauber bei ihm auf fruchtbaren Boden gefallen war. Der Blutelfen Hexenmeister war hin und her gerissen zwischen seinem schrecklichen, schlechten Gewissen, dem menschlichen Anteil seines Sohnes gegenüber und der Abscheu, die er doch wegen dessen dämonischen Seite, gegen ihn hegte. Doch er wischte die Gedanken weg und eilte weiter Richtung Flugmeister.
Plötzlich jedoch, blieb sein Sohn stehen und rührte sich nicht mehr vom Fleck. „Los weiter!“ befahl der Blutelf in einem Ton, den er sonst jeweils nur mit seinen Dämonen pflegte. „Nein!“ sprach Linus entschlossen und drehte sich zu ihm um. Seine Augen waren nun wieder so strahlend, wie sie es üblicherweise waren und frei von jeder dämonischen Essenz. Gwydyon schaute den Jungen fassungslos an. Dieser schien bereits wieder ein Stück gewachsen zu sein. Er war jetzt bereits ein Kind von 8 Jahren. „Ich bin kein Dämon… Vater, ich bin mehr als das. Dein Zauber wirkt bei mir nicht, wenn ich mir meine Menschlichkeit bewahre. An deiner Menschlichkeit zweifle ich jedoch gerade ziemlich. Da sind mir die Untoten noch lieber, bei ihnen weiss man wenigstens stets, woran man ist, im Gegensatz zu dir. Ich weiss, du hasst mich, weil ich bin was ich bin. Aber ich werde den Mächten des Lichts folgen. Sobald ich geweiht bin, wird mir das leichter fallen, davon bin ich überzeugt. Ich werde täglich stärker und auch klüger! Deine Herzlosigkeit wird mich nicht dazu verleiten, den Dämonen in mir siegen zu lassen.“ Es war Gwydyon, als hätte er eine Ohrfeige erhalten und er wusste nicht mehr was sagen. Die verbitterten Worte seines Sohnes trafen ihn zutiefst und doch musste er diesem auch grössten Respekt zollen, hatte er doch gerade etwas Unglaubliches zu Stande gebracht und das ganz aus eigener Kraft. Er wollte etwas sagen, doch kein Wort kam über seine Lippen. Er schaute seinen Sohn einfach nur an. Dieser wandte sich demonstrativ von ihm ab und ging dann herüber zu Dabog. „Darf ich mit dir mitfliegen?“ fragte er diesen. Dabog warf einen leicht unentschlossenen Blick zu seinen Begleitern, doch dann erwiderte er. „Okay, wenn du willst.“ „Ja ich will und vielleicht, wenn es dir besser geht, kannst du mich ja in der Kampfkunst unterweisen, Aeternias hat uns ja scheinbar einfach so verlassen.“ „Scheint so,“ gab der Untote emotionslos zurück. „Aber du wirst doch bei uns bleiben Dabog, nicht wahr?“ In den Augen des Jungen, lag eine flehendlicher Ausdruck, welcher Gwydyon einen weiteren Stich ins Herz versetzte. Vermutlich hatte er es nun vollends mit seinem Sohn verspielt.
Balduraya und Tyrande warfen ihm einen finsteren Blick zu und seien Schwester meinte: „Das hast du nun davon!“ Dann kehrte sie ihm mit ihrer Freundin zusammen den Rücken und ging zu Linus, dem sie nun den Arm um die Schultern legte. Linus wirkte traurig und auf einmal kam es Gwydyon sogar vor, als habe der Junge Tränen in den Augen. Er redete leise mit Balduraya und sie wischte ihm etwas von den Wangen. Gwydyon hörte nicht, was sie sagten, aber er konnte es sich ungefähr vorstellen und er lag mit seinen Vermutungen gar nicht so daneben.
Linus sprach leise zu der Blutelfin: „Vater hasst mich einfach, er hasst das was ich bin. Wenn ich nicht dieses dämonische Blut in mir hätte, dann würde er mich wenigstens etwas mögen. Aber ich kann auch nichts dafür, ich bin einfach was ich bin. Ich mach ja was ich kann, um gut zu sein.“ Tränen liefen dem Jungen dabei über die Wangen. Balduraya wischte sie ihm weg und erwiderte. „Aber nein, mein Schatz, dein Vater hasst dich nicht! Er hat viel auf sich genommen, um dich dem Einfluss der Dämonen zu entreissen. Er hat sein Leben riskiert, weil er möchte, dass du gut aufwächst. Du darfst nur nicht vergessen, er ist ein Hexenmeister und Hexenmeister sind immer im Kampf mit Dämonen, manchmal kann er das vielleicht nicht so unterscheiden, vor allem wenn dein innerer Dämon zutage tritt. Aber er liebt dich trotzdem, daran darfst du nicht zweifeln. Er weiss manchmal einfach nicht recht, wie er sich verhalten soll. Er konnte es sowieso nie besonders gut mit Kindern. Aber er wird das alles auch noch lernen, weil er dich trotz allem von Herzen liebt.“ „Ich hasse es so, zu sein, wie ich bin!“ schluchzte Linus. „Es macht alles so schwer! Wenn ich ein normaler Mensch wäre, dann wäre auch mit Vater alles besser.“ „Ach weisst du, er kann manchmal auch ziemlich schwierig sein,“ lächelte Balduraya, „du musst einfach etwas Verständnis für ihn haben. Ich werde dann nochmals mit ihm reden, okay?“ „Okay!“ „Dann wisch dir jetzt noch die letzten Tränen ab und steig dann einfach hinten bei Dabog auf den Wyvern! Tyrande und ich teilen uns auch ein Reittier und deinen Daddy lassen wir mal etwas über sein Verhalten nachdenken, jetzt da Aeternias uns verlassen hat, muss eh jemand allein reiten.“
Balduraya schwieg auf einmal und schaute erstaunt zu den Wyvern, welche beim Flugmeister bereits auf sie warteten. Aeternias stand dort und schien offensichtlich auf sie zu warten. Auch Linus und die anderen trauten ihren Augen nicht. Gwydyon fand als erstes seine Stimme wieder. „Seht, seht, scheinbar hat sich unser anderer Untoten-… Freund (er betonte Freund absichtlich abschätzig), doch noch dazu entschlossen, auf uns zu warten! Wir dachten schon, du lässt uns einfach hängen.“ Aeternias quittierte diese Worte, mit dem üblichen, finsteren Blick der Untoten und antwortete: „Das hatte ich ehrlich gesagt auch vor, weil ihr mir alle unglaublich auf die Nerven geht. Aber ich habe mich dann doch noch anders entschieden.“ Linus schaute Aeternias vorwurfsvoll an: „Das war aber gemein von dir. Ich war deswegen ziemlich traurig.“ „Du hattest keinen Grund dazu,“ gab der Verlassene emotionslos zurück. „Zudem bist du ja jetzt eh schon ein grosser Junge, nicht wahr? Welches Alter hast du jetzt eigentlich?“ „So ungefähr 8-9 Jahre, denke ich,“ gab Balduraya zurück. „Tja, so schnell geht es bei Halb- Dämonen!“ Aeternias musterte Gwydyon spöttisch. Der Blutelf bemühte sich, die Beherrschung nicht zu verlieren. Wie sehr hasste er diesen Untoten doch! „Nun, wollen wir jetzt also endlich los?“ sprach Aeternias, als wäre nichts geschehen. Die Angesprochenen nickten, wenn auch etwas widerstrebend und die Gruppe stieg in die Sättel der mächtigen Reittiere, mit den zottigen, gehörnten Löwenköpfen und den langen, furchteinflössenden Skorpion Schwänzen.
Linus wollte nach wie vor mit Dabog auf einem der Tiere reiten, so nahm Aeternias schliesslich Platz hinter Gwydyon, welcher deswegen mit angeekelter Miene vor sich hin starrte. Mit flatternden Flügeln setzten sich die Reittiere nun in Bewegung und schon bald lag Ogrimmar weit unter ihnen.
Dabogs Untoten- Ich, legte eigentlich nicht sehr viel Wert auf die Gesellschaft von irgendwem und mit Kindern konnte er eh nicht umgehen. Aber aus irgendeinem Grund glaubte dieser Junge, er könnte ihm ein guter Freund sein.
Während er seinem Reittier dem Befehl zum Starten gab, dachte er darüber nach, was Aeternias ursprünglich vorgehabt hätte. Wollte er wohl zurück nach Unterstadt. Eigentlich hätte er selbst auch dorthin zurückkehren sollen, doch irgendwas hielt ihn davon ab, die Blutelfen zu verlassen. Was aber das genau war, wusste er selbst nicht wirklich. Wie er auch nicht wusste, warum es sich Aeternias doch noch anders überlegt hatte.
Während der hellblaue Wyvern, mit der dunkelblauen Mähne sich in die Lüfte erhob und die spitzenbewehrten Zinnen der Stadt Ogrimmar, unter ihnen, immer kleiner und kleiner wurden, schweiften seine Gedanken zurück zu jener Nacht, als Lumnia, seine einstige Liebste ihm den weissen Edelstein gegeben hatte, um mit ihr Kontakt aufzunehmen. Er hatte den Stein noch immer, er hatte ihn nicht weggeworfen und auch nicht verkauft. Er überlegte sich, ob er Lumnia informieren sollte, dass sie unterwegs nach Darnassus waren. Denn noch wusste er nichts davon, das Aeternias schon längst Kontakt mit ihr aufgenommen hatte. Er verwarf den Gedanken, sich bei ihr zu melden, auch sogleich wieder. Es war nicht wichtig, ob sie davon wusste oder nicht, denn vermutlich konnte ihm sowieso niemand wirklich helfen, seine Seele wieder zu bekommen und eigentlich war es ihm gerade auch wieder egal. Er mochte sein Dasein, denn so konnten Gefühle wie Schmerz oder Liebe (was für Dabog im momentanen Zustand ziemlich das Gleiche war), ihm nichts anhaben. Ausserdem war er ohne Seele vollkommen furchtlos und konnte auch besser kämpfen, weil er keine Gewissensbisse verspürte.
Sein Blick schweifte kurz rüber zu Balduraya, welche in einigem Abstand von ihm flog, Tyrande sass hinter ihr auf dem Rücken eines türkisgrünen Wyvern mit petrolfarbiger Mähne. In diesem Moment schaute Balduraya ihn ebenfalls an. Irgendwie wirkte sie dabei etwas traurig. Auch Dabog hatte etwas über die Verhaltensweisen der Lebenden dazugelernt und darum konnte er ihre Emotionen schon ganz gut deuten. Doch es bewegte ihn gerade gar nicht. Irgendwie schien seine Seele wirklich weit weg zu sein. Mit unberührter Mine richtete er seinen Blick wieder auf das Gelände, das unter ihnen vorbei glitt.
Sie kamen wirklich schnell voran, denn das Wetter und der Wind waren gut. Das wüstenähnliche, rötlichgoldene Land Durotars, wurde nun mehr und mehr von den weiten, steppenartigen Ebenen des Brachlandes abgelöst. Der kleine Linus der hinter ihm sass und Dabogs Bauch umfangen hielt, war begeistert und plapperte wie ein Wasserfall. Immer wieder zeigte er auf etwas unter ihnen. Sei es eine Herde der massigen Kodos, die es hier sehr häufig gab, die zahlreichen Wehrtürme der Horde, oder die weit entfernte, blau glitzernde Küstenlinie, von Ratchet. Dabog liess all das über sich ergehen und nickte einfach ab und zu, wenn Linus rief: „Schau mal Dabog!“
Ehrlich gesagt, war es dem Verlassenen schleierhaft, warum dieses Kind ausgerechnet mit ihm hatte fliegen wollen. Eigentlich hatten die meisten Kinder in Linus Alter, Angst vor den Untoten, oder fanden sie schlichtweg eklig. Linus aber scheinbar nicht, das hatte vermutlich mit seiner, teilweise dämonischen Herkunft zu tun.
Schliesslich veränderte sich die Landschaft erneut. Sie flogen über den hölzernen Schutzwall von Mor shan, dessen zugespitzte Pfähle, bedrohlich in den Himmel ragten und dann tauchten sie, in die lilafarbenen Schatten des nachtelfischen Waldes des Eschentales, ein. Linus schaute sich zutiefst beeindruckt um: „Das ist ja wunderschön hier, findest du nicht auch Dabog? Aber es ist so dämmrig.“ „Das liegt wohl daran, dass wir uns dem Reich der Mondgöttin Elune nähern,“ gab der Untote zurück. „Die Nachtelfen heissen nicht umsonst Nachtelfen, sie mögen dämmrige Gegenden. Die Bäume sind teilweise tausende von Jahren alt.“ „Sie sind wunderschön! Ich kann mich kaum satt sehen. Sie haben wunderschöne lila- und pink- farbene Blätter! Und siehst du, dort hat es einen herrlichen, silbernen See und da hinten einen Brunnen, mit leuchtendem Wasser.“ „Das ist ein Mondbrunnen,“ gab Dabog eher gelangweilt zurück. Ihn scherten solche Dinge wenig. „Mondbrunnen? Für was sind die gut?“ „Keine Ahnung, da musst du wohl besser Tyrande fragen, sie weiss über solche Dinge besser Bescheid, immerhin sind wir auch ihretwegen auf dem Weg nach Darnassus.“ „Ich dachte wir gehen dorthin, um mich rechtzeitig den Mächten des Guten zu weihen, Lumnia zu suchen und ausserdem, um deine Seele wieder zu bekommen?“
„Das mit der Seele wird zumindest erzählt.“ „Was, du solltest doch darüber Bescheid wissen!“ „Ja…“ gab Dabogs Untoten Ich zurück „ich weiss es auch… irgendwie, aber ich weiss ehrlich gesagt nicht, wozu eine Seele gut sein soll.“ „Ist doch klar, eine Seele braucht doch jeder!“ „Das würde ich nicht sagen, doch die Seele die diesen, meinen Körper einst zu Lebzeiten bewohnte, ist scheinbar stark genug, um ihn zeitweise wieder zu übernehmen. Ich sehe ihre Gefühle und Gedanken, doch eher wie undeutliche Schatten.“ „Aber das finde ich komisch, wenn ich dem glaube, was du sagst, dann wärst du ja gerade seelenlos und wenn das so wäre, wärst du doch nicht so nett.“ „Ich bin nicht nett, ich war nie nett, Junge!“ „Doch du bist doch nett, das kann man nur, wenn man eine Seele hat.“ „Bilde dir nur nichts darauf ein, dass ich dich hab auf meinem Wyvern mitreiten lassen. Ich bin alles andere als nett.“
„Aber warum hilfst du uns dann immer noch?“ „Habe gerade nichts Besseres zu tun.“ „Das glaube ich dir nicht!“ „Du fragst zu viel Junge, ich möchte wenigstens den Rest des Fluges in Ruhe verbringen, meinst du, du kannst dein Plappermaul mal für eine Weile halten?“ Linus wirkte leicht beleidigt, nickte dann jedoch und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf die wundersame Welt, die unter ihnen vorbei glitt.