12. Kapitel
Lumnias Entschluss und
Fremde Geister
Lumnia war innerlich ziemlich aufgewühlt. Gerade hatte sie mit dem Untoten Aeternias gesprochen, der sich erstaunlicherweise nun doch bereit erklärt hatte, mit ihr zu den Nachtelfen zu gehen. Sie hatte sich mit der Obrigkeit von Darnassus in Verbindung gesetzt und diese war einverstanden, die Untoten zu empfangen. Warum genau, war Lumnia noch nicht ganz klar. Irgendwie hatte es ihr den Eindruck gemacht, als sei der elfische Erzdruide Fandral Hirschhaupt besonders an ihrer Geschichte, über das Zurückholen irgendwelcher Seelen aus dem Jenseits, interessiert. Sie wusste, dass auch er einst seinen Sohn in der Schlacht der Sandstürme verloren hatte und sich seither nichts sehnlicher wünschte, als ihn ins Leben zurück zu holen. Doch wenn es ihm bisher nicht gelungen war, wie sollte es ihr dann gelingen? „Eigentlich ist mein Vorhaben ja schon ziemlich verrückt“, dachte sie bei sich, als sie zu ihrem heimatlichen Haus ging. Auf eine der weissen Brücke, die über die im Sonnenlicht blaufunkelnden Kanäle führte, hielt sie inne. Sie stützte sich auf die Mauer und starrte gedankenverloren ins Wasser. Sie liebte das Wasser, es gab ihr immer ein Gefühl von Ruhe und Klarheit. Doch diesmal wollte es nicht so richtig funktionieren. Die Verwirrung in ihrem Inneren blieb, denn Aeternias hatte ihr, als sie das letzte Mal miteinander gesprochen hatten offenbart, dass er nicht allein nach Darnassus kommen würde. Er wurde noch von jemandem begleitet und dieser Jemand…, war Dabog! Lumnia hatte zuerst an einen schlechten Scherz geglaubt, als sie davon erfuhr. Doch Aeternias erzählte ihr, dass er und Dabog sich erst vor kurzem kennengelernt hatten und Dabog damals in einem seltsamen Zustand gewesen war, in dem er ständig von ihr gesprochen hätte. So beschloss Aeternias, seinen Artgenossen mitzunehmen.
Die junge Priesterin konnte noch immer kaum glauben, dass sich ihre Pläne die sie einst, in Bezug auf Dabog gehabt hatte, nun auf einmal auf solch seltsame Weise verwirklichten. Natürlich gab es ihr vor allem auch Rätsel auf, dass ihr einstiger Liebster sie nun doch plötzlich wiedersehen wollte. Damals in Tarrens Mühle, hatte es in keinster Weise den Anschein gemacht, Dabog wolle noch irgendwas von ihr wissen und schon gar nicht, seine Seele zurückbekommen. Eigentlich hatte sie ihn schon aufgegeben. Zumindest das, was er jetzt war. Sie begann auch mehr und mehr daran zu zweifeln, dass Dabogs Seele den Weg jemals zurückfand.
Es war ihr auch nicht mehr gar so wichtig seit… ja seit sie in Dadga ihre neue, grosse Liebe gefunden hatte. Es fiel ihr irgendwie schwer, den geliebten Paladin wieder mit dieser Geschichte zu konfrontieren. Eigentlich wollten sich die beiden nun ihrem neuen, gemeinsamen Leben zuwenden. Die Vergangenheit sollte endlich ruhen. Doch nun… Lumnia seufzte und ging weiter. Sie bog in den Durchgang zum Kathedralenplatz ein und kam zu einem runden Brunnen, welcher mit der Statue des wohl berühmtesten aller Paladine- Uther Lichtbringer, geschmückt war. Einige Bänke standen darum herum. Sie schaute hinauf zur Kathedrale, zu deren Eingang ein blauer, goldumrandeter Teppich führte. Blau und Gold waren die Farben der Allianz.
Bald würde Dadga Feierabend haben. Lumnia schaute der Statue von Uther entlang nach oben und beobachtete das Wasser, das vom höhergelegenen Becken, in das Darunterliegende floss. „Was hättest du wohl an meiner Stelle getan?“ fragte sie die Statue im Geiste. „Bestimmt wärst du vernünftiger gewesen und hättest so ein verrücktes Unterfangen, gar nicht erst begonnen. Doch jetzt… verlassen sich diese Untoten auf mich und… trotz aller Widrigkeiten zu Beginn, hat die Fügung, oder das Schicksal, Dabog doch noch dazu bewogen, es sich anders zu überlegen. Was mochte ihn bloss dazu bewegt haben? Ist da doch mehr dahinter, als ich geahnt hätte? Ist die Seele meines einstigen Liebsten, immer noch irgendwo da draussen und versucht Verbindung zu mir aufzunehmen? Die Geschichte die Aeternias mit erzählt hat, war schon ziemlich seltsam. Er sagte, es habe eine Weile lang den Anschein gemacht, als sei Dabog nicht mehr Herr seiner selbst und er habe immer wieder von mir geredet und davon, dass er nach Darnassus muss. Worauf lasse ich mich hier bloss ein? Kann ich überhaupt etwas bewirken? Ist das alles nicht sinnlos?“ Sie wurde aus ihren tiefen Gedanken gerissen, als eine weiche, warme Hand sich auf ihre Schulter legte und eine, ihr zutiefst vertraute Stimme, sprach: „Du scheinst sehr weit weg zu sein, nimmst du mich mit?“ Sie drehte sich um und schaute in die leuchtenden, liebevollen Augen von Dadga.
Sein blondes Haar fing die rötliche Abendsonne ein und sein Gesicht wirkte in diesem Licht besonders sanft. Ihr Herz begann heftig zu klopfen. Dadga sah sie auf ganz besondere Weise an. Eine wunderbare Liebe, lag dabei stets in seinem Ausdruck. Nicht mal Dabog hatte sie jemals auf diese Weise angesehen, so voller Hingabe und Loyalität und doch so männlich. Dadga trug diesmal eine Rüstung aus rötlichen Drachenschuppen, welche den Abendschein wundervoll reflektierte. Sie verstärkte noch die lichtvolle Erscheinung des Paladins. Seine Ausstrahlung war unvergleichlich und Lumnia spürte innige Liebe und Zuneigung, in sich aufsteigen. Sie war ihrem Liebsten so dankbar, dass er immer so verständnisvoll und so an ihren Gedanken interessiert war und darum fiel es ihr noch schwerer, ihm zu erzählen, dass sie nun vermutlich doch mit den beiden Untoten ins Nachtelfenreich reisen würde. Würde er sie auch diesmal begleiten?
Sie schaute ihn etwas betrübt an und sprach: „Du weisst, dass ich dich am liebsten überall hin mitnehmen würde, wohin ich gehe. Aber die Frage ist… ob du auch immer mitkommen willst.“ Dadga setzte sich neben sie und schaute sie aufmerksam an. „Das musst du mir jetzt aber genauer erklären!“ „Lumnia lächelte und stupste ihn leicht an, dann sprach sie: „Nun ja… ich habe gerade ein besonderes Gespräch geführt.“ Sie nahm einen weisslichen Kristall hervor und zeigte ihn dem jungen Mann. „Ich kenne diese Art von Steinen, man kann so auf weite Distanzen miteinander Verbindung aufnehmen. Wer hat denn den anderen Stein?“ „Vielmehr, wer hat die beiden anderen Steine“, verbesserte ihn Lumnia. Dann wurde sie wieder ernst, schaute auf ihre Hände und drehte den Kristall nachdenklich zwischen ihren Fingern. Sie suchte nach den richtigen Worten. „Nun… du weisst doch, dass ich damals bei Tarrens Mühle Dabog aufgesucht habe und ich gab ihm dann auch einen solchen Kristall, in der Hoffnung dass er sich meldet. Ich wurde dann ja von den anderen Wachen der Mühle erwischt und einen von ihnen, er hiess Aeternias, habe ich dann mit dem Zauber der Gedankenkontrolle dazu gebracht mir zu helfen. Irgendwie muss ich einen weiteren Kristall verloren haben, denn Aeternias fand ihn und… er hat sich nun gemeldet… Dadgas Gesicht nahm einen erstaunten, leicht erschrockenen Ausdruck an. „Wer hat sich gemeldet, dieser… Aeternias?“ „Ja, das war es ja, was mich so erstaunt hat. Ich hätte damit gerechnet, dass es Dabog sein wird, aber es war nicht so. Ich habe nun bereits zweimal mit Aeternias über den Stein gesprochen und ich muss nun doch nach Darnassus.
Er sagte, er interessiere sich sehr für die Paladine und auch darum will er seine Seele zurück.“ „Ein Untoter der sich für Paladine interessiert, wirklich aussergewöhnlich! Scheinbar hat dein damaliger Gedankenkontrollzauber, etwas in ihm ausgelöst.“ „Es kann gut sein, aber da war vermutlich auch noch mehr, dass in zu diesem Entscheid bewog. Allerdings… reist er nicht allein, er wird jetzt doch tatsächlich begleitet von… Dabog!“
Ein flüchtiger Schatten legte sich über Dadgas Gesicht, als er diesen Namen hörte und er lauschte nun noch aufmerksamer Lumnias Worten. Dieser erzählte ihm alles, was ihr Aeternias berichtet. Als sie geendet hatte, erhob sich der Paladin und ging einige Schritte vor dem Brunnen auf und ab. „Das… muss ich jetzt erst mal alles verdauen“, sprach er. Lumnia erhob sich ebenfalls und schaute ihn besorgt an. „Ich weiss, dass dies für dich jetzt nicht so einfach ist. Ich dachte eigentlich auch, die Sache wäre abgeschlossen, aber… es ist einfach sehr seltsam, dass Dabogs Untoten- Ich, sich so verhalten hat. Als ob ihn eine fremde Macht dazu getrieben hätte, diese Reise nun doch zu unternehmen.“
Dadga nickte und schaute seine Liebste nachdenklich an. „Ja, das ist schon eigenartig. Ich hörte schon mal davon, dass Seelen, die aus irgendeinem Grund nicht ins ewige Jenseits einkehren können, oft noch Einfluss zu nehmen versuchen, auf die irdische Welt. Doch bei den Untoten… da ist das mehr als aussergewöhnlich. Denn diese sind neu beseelt worden, von einem nekromantischen Geist, der wohl kaum zulassen würde, dass so etwas passiert. Es müssen besondere Umstände zu dieser Sache geführt haben, irgendwie muss eine Tür geöffnet worden sein, eine Tür, von der wir noch keinerlei Begriff haben.“ „Das ist es eben, was mir so zu denken gibt. Wenn nun Dabogs Seele nach Hilfe ruft? Ich kann ihn und auch Aeternias, jetzt doch nicht einfach in Stich lassen, obwohl ich schon mit dem Gedanken gespielt habe es zu tun.“ „Was sagt dir denn dein Herz?“ Lumnia dachte einen Moment lang nach. „Es ist sehr schwierig für mich, das im Augenblick genau zu sagen. Mein Herz sagt mir einerseits, dass ich ihnen helfen sollte, andererseits sagt es mir aber auch, dass ich jetzt einfach die Zeit mir dir geniessen möchte.“ „Natürlich ist es auch mein Bedürfnis, möglichst viel Zeit mit dir zu verbringen. Aber man kann die beiden Untoten jetzt auch nicht einfach sich selbst überlassen, wenn sie auf einem zählen. Immerhin ist es ein wichtiger Schritt, den sie damit machen.“ Lumnia wurde es etwas leichter ums Herz. „Du würdest ihnen also helfen, wenn du an meiner Stelle wärst?“
Dadga schwieg einen Moment und schaute gedankenverloren auf die Statue von Uther Lichtbringer. Dann sprach er. „Es war schon immer die Aufgabe der Paladine, jenen die der Hilfe bedürfen, zur Seite zu stehen. Nun gut, diese Situation ist etwas aussergewöhnlich. Aber sollten wir erfolgreich sein, wäre es sicher eine sehr gute Tat. Wenn es nicht sein soll, dann gelingt es auch nicht. Aber dann haben wir es wenigstens versucht. Irgendwas muss dahinterstecken, dass vor allem Dabog so einen Sinneswandel durchmachte. Er war ja damals sehr abgeneigt, als du zu ihm in Tarrens Mühle gegangen bist…“ Seine Mine verfinsterte sich. „Er hat dir damals ja sogar damit gedroht, dich umzubringen, wenn du nicht verschwindest. Ich weiss noch wie schlecht es dir damals deswegen ging. Nun jedoch…“ seine Mine erhellte sich wieder „scheint er sich gewandelt zu haben. Auch wenn ich nicht weiss, wohin uns das alles genau bringen wird, oder… was für Auswirkungen es möglicherweise auf unsere Beziehung haben könnte, so dürfen wir doch keine Chance auslassen, eine Seele zurück ins Licht zu führen. Es ist unsere Aufgabe, es ist die Aufgabe der Paladine und Priester.“ Die letzten Worte hatte er mit grosser Innbrunst gesprochen und Lumnia fiel ein Stein vom Herzen.
„Dann unterstützt du mich also bei dieser Sache, obwohl… es sich bei einer dieser Seelen um Dabog handelt?“ „Das spielt in diesem Fall doch keine Rolle. Jeder Seele ist so wertvoll wie die andere.“ Die junge Priesterin fühlte innige Zuneigung für Dadga in sich aufsteigen und kuschelte sich in seine Arme. Er umfasste sie liebevoll und küsste ihre Stirn. „Ich bin so froh, dass du das sagst“, sprach Lumnia. „Ich hatte irgendwie Angst, du könntest es anders aufnehmen. Immerhin ist das Ganze schon ziemlich verrückt, wenn man so darüber nachdenkt und wir beide haben wieder nicht so viel unbeschwerte Zeiten zusammen, wie ich es eigentlich gerne hätte.“ „Wenn ich dich begleite, dann können wir es ja auch etwa geniessen. Das Eschental soll sehr schön sein und Teldrassil sowieso. Letzteres sei ein Ort voll wunderbarer Ruhe und Eintracht. Ich freue mich, das alles mit dir zu erleben. Wir können zusammen am Lagefeuer sitzen, an glitzernden Seen liegen und die Sterne betrachten und wir können uns ganz nahe sein. Wenn dann die Untoten sich zu uns gesellen, sind wir ja schon bald an unserem Ziel. In Darnassus werden wir sicher auch mal etwas für uns sein.“ „Dann kommst du also mit!“ jubelte Lumnia und fiel ihm stürmisch um den Hals. „Natürlich. Ich lasse dich doch nicht allein mit diesen…Verlassenen.“ Lumnia lächelte und sprach: „Dann werde ich also alles in die Wege leiten! Fandral Hirschhaupt der Erzdruide der Nachtelfen, interessiert sich auch für das Zurückholen der Seelen aus dem Jenseits. Und Tyrande Whisperwind ist ja auch Priesterin, wenn auch eine Priesterin der Mondgöttin Elune. Sie wird sicher auch Verständnis für unser Anliegen aufbringen.“ „Dann packen wir es also an!“meinte Dadga enthusiastisch und wieder spürte Lumnia, dass er und sie wahrlich tief verwandte Seelen waren.
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Während Lumnia und Dadga alles für ihre bevorstehende Reise vorbereiteten, taten der Nachelfenjäger Cerunnos Nachtschwinge und seine Schwester Ismala, welche eine Druidin war, dasselbe. Sie waren sehr aufgeregt und überprüften immer wieder ihr Gepäck, dass sie auch sicher nichts vergassen. Der Erzdruide Hirschhaupt, hatte für sie zwei wunderbare Reittiere, einen schwarzen und einen weissen Nachsäbler, mit besonders schönen Fangzähnen und Streifen besorgt.
Anfangs war es vor allem Ismala nicht so leicht gefallen, sich mit den grossen Katzen anzufreunden. Dieser waren zwar sehr gut ausgebildet und sanft in ihrem Charakter, aber ihre Grösse war der jungen Frau, doch ziemlich unheimlich. „Ich weiss nicht, ob ich mich einfach besser in meine Reiseform verwandle und so mit dir mitkomme“, gab sie deshalb zu bedenken. Cerunnos lachte und sprach: „Du bist doch ein Angsthase! Die grossen Nachtsäbler, die man als Reittiere ausbildet, sind wunderbare Gefährten und du kannst dich ja, wie du angedeutet hast, auch selbst in verschiedenste Raubkatzen verwandeln, da solltest du doch Vertrauen haben.“ „Selbst so ein Tier zu sein ist aber anders, als sein Leben so einem grossen Tier anzuvertrauen. Diese Nachtsäbler könnten uns jederzeit in Stücke reissen, wenn sie unzufrieden sind.“ „Das tun sie aber nicht. Sie sind wie Pferde, nur dass sie ihre Reiter auch noch mit ihrem Leben beschützen würden, wenn ihm etwas zustiesse. Pferde würden da eher die Flucht ergreifen. Diese Nachtsäbler wurden auch immer gerne in Schlachten eingesetzt, weil sie so gute Kämpfer, so zuverlässig und treu sind.“ „Also ich weiss nicht so recht, mir sind sie unheimlich.“ Als ob Spirit die Worte von Ismala verstanden hätte, ging sie zu ihr hin, schnurrte und rieb ihren Kopf freundschaftlich an ihren Beinen. „Sie will dir damit sagen, du sollest ihr und ihren grossen Artgenossen ruhig vertrauen. Sie hätten nur das Beste vor.“ „Nun das wird sich noch herausstellen“, meinte Ismala und setze sich vorsichtig in den weichen Ledersattel.
Der weisse Nachtsäbler hielt ganz still und Ismala streichelte etwas zaghaft den mächtigen Nacken des Tieres. Sie spürte sein weiches Fell und öffnete ihre druidischen Sinne, um Verbindung mit ihm aufzunehmen. Sie spürte wirklich keine Aggression. Im Gegenteil, es war ein sehr freundschaftliches Gefühl, wenn sie auch die Stärke und den eisernen Willen der Raubkatze ebenfalls spürte. So lange sie sie jedoch mit Respekt behandeln würde, würde diese sie überallhin tragen, wo sie nur wollte und sie würde ihr treu ergeben sein. Ismala lächelte und streichelte nun auch die Flanke des Reittieres. „Ich werde dich immer respektieren, wir beide gehören zur selben Familie, wie alle Geschöpfe Azeroths. Ich danke dir, dass du mich als deinen Reiter annimmst, “ sprach sie in Gedanken zu ihm und das Tier schien ihr dasselbe Versprechen zu geben. „Siehst du?“ lachte Cerunnos „Ich wusste doch dass ihr euch anfreunden würdet. Dann steht unserer Abreise Morgen also nicht mehr im Weg.“ „Ja, es sieht ganz so aus“, lächelte Ismala und trieb die Raubkatze nun leicht an. Diese reagierte sofort und setzte sich in Bewegung. „Komm, wir reiten mal rüber zum Mondtempel!“ rief Ismala und lenkte ihren Nachtsäbler zur Brücke, die über eine kleine Seitenarm des silbernen Sees rüber zur Bank führte, welche sich in einem mächtigen, breiten Baum befand, der so geschnitzt war, dass er einen Bären und eine Sturmkrähe zeigte. Diese beiden Tiere spielten in der druidischen Kultur des Nachtelfenvolkes, eine tragende Rolle. Alle Druiden konnten sich im ersten Teil ihrer Ausbildung, in Bären und Panther verwandeln. Später dann, wenn sie noch weiter aufstiegen, erhielten sie auch die Möglichkeit zu einem Seelöwen zu werden, in dessen Gestalt sie fähig waren, viel schneller zu schwimmen und unter Wasser für eine Zeit lang zu atmen. Danach bekam sie ihre Reiseform. Diese war ein sehr schneller Leopard, welcher den Druiden sein Ziel fast doppelt so schnell erreichen liess. Der Höhepunkt, ja die Vollendung des Druiden war es jedoch, zu einer Sturmkrähe, einem grossen, grauen Vogel zu werden, welcher sich so schnell durch die Lüfte bewegen konnte, wie eines der vielen Flugreittiere von Azeroth! Ismala war schon so lange dabei, dass es ihr möglich war die beiden Katzenformen, die Bärenform und die Seelöwenform anzunehmen. Doch zur Sturmkrähe, konnte sie noch nicht werden. Wenn es soweit war, dann war ihre Hauptausbildung abgeschlossen. Es gab dann nur noch ganz wenig Druiden, welche noch höher aufsteigen konnten. Diese wurden dann von den Göttern manchmal besonders gesegnet und erhielten ein Geweih und besondere Kräfte, welche jene aller andern Druiden, überragten. So wie einst der berühmte Erzdruide Malfurion Sturmgrimm. Ysera der grüne Drachenaspekt wachte über den Traum und wenn man ihn betreten konnte, was auch nur Wenigen erlaubt war, dann war man besonders gesegnet. Seit der erste Weltenbaum in einem der grossen Kriege zerstört worden war, gelangte kaum noch jemand in den Smaragdgrünen Traum. Es gab zwar einige Portale, doch diese wurden von grossen, grünen Drachen bewacht. Natürlich war es auch Ismalas Traum, einst noch höher aufzusteigen, aber sie wusste, dass dies sehr schwierig war und man wahrlich dazu begnadet sein musste. Malfurion Sturmgrimm, ihr grosses Vorbild, war der mächtigste Druide, der jemals gelebt hatte, doch nun war auch er seit Jahrhunderten im Smaragdgrünen Traum verschollen und niemand wusste, ob er jemals wieder zurückkehrte. Tyrande Whisperwind, die oberste Priesterin der Elune, war die Liebste von Malfurion und sie ging ihn auch oft besuchen. Sein Körper lag in einer Grabkammer auf der Mondlichtung. Die Mondlichtung, war ausserhalb des Mondfestes, fast nur für Druiden zugänglich. Ismala war schon öfters dort gewesen, denn sie besass als Druidin die Fähigkeit sich dorthin zu teleportieren.
Die junge Frau und ihr Bruder, überquerten nun eine weitere marmorne Brücke, welche durchzogen war mit hellgrünen Ranken und verziert mit lilafarbenen Blüten. Ein lilagoldener Teppich mit dunkelrosa Stickereien, führte zum Tempel des Mondes. Schon von weitem sahen sie die leuchtende Statue, die in der Mitte des grossen Mondbrunnens stand. Doch dann wurde ihre Aufmerksamkeit von etwas anderem in Anspruch genommen. Es war eine flüsternde Stimme, welche ihnen erstaunlich bekannt vorkam. Sie kam von rechts aus den Tempelgärten. Dies waren kleine Gärten, welche man in einigen Nischen der Tempelanlage angelegt hatte. Es gab dort sogar einige Bäume mit lila- grün glänzenden Blättern, der Boden der Nische war mit weichem Gras bedeckt und die Innenwände, mit Efeu und anderen blühenden Kletterpflanzen überwachsen. Mittlerweile war es Abend geworden und es waren nicht mehr viele Leute hier unterwegs. Die Nachtsäbler, darunter auch Spirit, spitzen ihre Ohren und die Nachtschwingen Geschwister taten dasselbe. Etwas hatten alle in dieser Familie gemein. Sie waren sehr, sehr neugierig. So versuchten sie die Worte zu verstehen, welche die Stimme flüsterte. Doch es war aus dieser Distanz unmöglich. Die beiden jungen Nachtelfen, trieben ihre Reittiere vorwärts auf die Stimme zu. Die Raubkatzen verursachten mit ihren Samtpfoten keinerlei Geräusch als wüssten sie, dass sie vorsichtig sein mussten. Spirit knurrte leise, irgendwas schien ihr gar nicht zu behagen. Auch die Geschwister fühlten seltsames Unbehagen und es kam ihnen auf einmal vor, als wäre es um sie herum viel kälter geworden. Sachte, ganz sachte bewegten sie sich auf die Stimme zu. Diese kam aus dem Tempelgarten mit dem kleinen, glitzernden Teich.
Sie waren hier schon oft gewesen, um sich etwas von den Strapazen des Alltags zu erholen. Meist traf man hier die Kräuterkundigen von Darnassus an, doch diese waren bereits nach Hause gegangen. Als sie den Eingang des Gartens erreichten, stiegen sie von ihren Nachsäblern und schlichen sich näher. Seltsamerweise, kauerte Fandral Hirschhaupt- der Erzdruide am Ufer des kleinen, lilaschimmernden Weihers. Er schien völlig abwesend zu sein, gefesselt vom Spiegelbild, dass er auf der glasklaren Wasseroberfläche sah. Irgendwie erschauderten die Geschwister, als sie ihn beobachteten. Fandral schien von seltsamen Schatten umgeben. Ein Schatten war besonders intensiv, er befand sich direkt neben dem Druiden. „Was für ein schöner Anblick, mein geliebter Valastann“, sprach Fandral. „Ich hätte nie für möglich gehalten, dass du zu mir zurückkehrst, sind wir nicht ein ansehnliches Gespann?“ Der Schatten neben dem Druiden, schien etwas zu antworten. Valastann? Das war doch einst Fandrals Sohn gewesen, der im Krieg der Sandstürme in Silithus gefallen war. Warum sprach er aber dann mit ihm. Er war doch gar nicht hier? Da waren nur diese… seltsamen Schatten, welchen den Geschwistern immer wieder Schauder über den Rücken jagten. Der Erzdruide sprach, während er sich wieder erhob: „Ich wusste doch, dass Teldrassil ein Erfolg wird. Nicht mal Malfurion hat jemals daran geglaubt. Er wollte nie, dass wir ihn pflanzen, aber nun zeigt sich, dass ich recht habe.“ Fandral warf einen liebevollen Blick auf den Schatten an seiner Seite. „Ach Valastann, so glücklich war ich schon lange nicht mehr! Ich werde alles dafür tun, dass Teldrassil- der zweite Weltenbaum, seine Funktion erfüllt. Vielleicht können wir jetzt auch diesen… Untoten helfen, die hierherkommen. Auch sie sollen dieses Glück erfahren, dass ich erfahren durfte.“ Der Schatten antwortete ihm wieder, aber Cerunnos und Ismala hörten keine Stimme. Das Ganze war ihnen äusserst unheimlich. Warum bloss, redete der Erzdruide solch wirres Zeug? Sie mussten unbedingt Tyrande Wisperwind darüber informieren. War Fandral womöglich dem Wahnsinn anheimgefallen? Aber was für einem Wahnsinn bloss? Cerunnos gab seiner Schwester ein Zeichen mit der Hand, dass sie sich zurückziehen sollten. Ismala nickte und lautlos schlichen sie zum Tempel zurück. Die Nachtsäbler folgten ihnen, wie zahme Hunde.
Als sie die, vom silbernen Mondbrunnen erleuchtete Umgebung betraten, atmeten sie erleichtert auf. Die unheimliche Düsternis, welche Fandral umgeben und ihre Herzen schwer wie Blei, hatte werden lassen, wich nun von ihnen und der friedvolle Schein der Mondgöttin, hüllte sie ein, wie ein warmer, weicher Mantel.
„Elune sei gepriesen!“ flüsterte Cerunnos, der sich wieder an das wundervolle Gefühl zurückerinnerte, das er empfunden hatte, als ihm die Göttin das erste Mal in einer Meditation erschienen war. Damals hatte sie ihm von den Fremden erzählt, die auf dem Weg nach Darnassus waren. Kurz darauf, hatten er und seine Schwester den Auftrag erhalten, diese Fremden hierher zu eskortieren. Fandral war damals, als er ihnen diese Aufgabe erteilte, so ganz anders gewesen, als sie ihn vorhin erlebt hatten. Was nur mochte es damit auf sich haben? Sie mussten unbedingt mit der Hohepriesterin reden, vielleicht wusste sie einen Rat. Es konnte ja auch sein, dass der Erzdruide aufs Alter etwas wunderlich geworden war. Doch diese Schatten… diese seltsamen Schatten… sie hatten Cerunnos zutiefst beunruhigt. Er hatte in seinem Leben, schon gegen viele Gegner gekämpft und diese Schatten, besassen am meisten Ähnlichkeit, mit den Schergen der Brennenden Legion. Aber…, wenn dem so war… was hatte die Brennende Legion hier zu schaffen? Was hatte der Erzdruide mit ihr zu schaffen?
Der Jäger hoffte tief in seinem Herzen, dass sich das alles aufklären würde, doch ehrlich gesagt, konnte er es sich nicht so wirklich vorstellen. Wenn Fandral sich mit der Brennenden Legion eingelassen hatte, dann hatte er alles mit Füssen getreten, was dem Nachtelfenvolk und vor allem auch den Druiden, heilig war und dann… durfte er keinesfalls mehr Erzdruide sein. „Was Fandral über Teldrassil gesagt hat, hat mich sehr erschreckt“, sprach Ismala, welche wohl ähnliche Gedanken beschäftigten „Was hat er bloss damit gemeint?“ „Ich kann es auch nicht so wirklich verstehen“, erwiderte der junge Mann, während sie den Aufgang zur inneren Säulenterrasse des Tempels erklommen. „Ich weiss, dass Teldrassil einst gepflanzt wurde, um den Nachtelfen ihre Unsterblichkeit zurück zu geben, welche sie in einem der Kriege und durch das Zerstören des Brunnens der Ewigkeit verloren. Doch jeder weiss auch, dass dies immer ein Traum bleiben wird. Oder… meinst du Fandral hat eine Lösung gefunden? Er war es doch auch, welcher den Anstoss zum Pflanzen von Teldrassil gab und die Druiden überredete, es zu tun.“ „Ja“, sprach Ismala ernst „aber auf diesem Unternehmen, lag niemals ein wirklicher Segen. Unser einstiger grosser Shan’Do (Lehrer) Malfurion, hat sich damals deutlich gegen dieses Unternehme ausgesprochen. Auch keiner der grossen Drachenaspekte segnete Teldrassil. So war er niemals so sehr mit der Geisterwelt und dem Smaragdgrünen Traum verbunden, wie einst Nordrassil (der erste Weltenbaum). Deshalb ist es uns heute auch nicht mehr so oft möglich, in den Traum hinein zu kommen. Malfurion konnte das noch sehr gut, doch nun ist er im Traum verschollen. Er ist neben Tyrande noch einer der wenigen, die unsterblich sind. Fandral war mir nie so wirklich geheuer. Er hatte niemals jene besonderen Fähigkeiten wie Malfurion. Ich weiss gar nicht mehr, warum er eigentlich zum Erzdruiden wurde…“
„Was ihr da sagt, kann euch in Schwierigkeiten bringen“, sprach auf einmal eine Stimme in ihrer Nähe. Eine Frau in violetter Rüstung trat aus dem Schatten einer Säule hervor. Cerunnos und Ismala erkannten in ihr die Generalin der Schildwachen Shandris Mondfeder. Sie trug bei sich eine der üblichen drei-klingigen Gleven. Shandris diente Tyrande Whisperwind schon Jahrhunderte lang treu. Sie hatte alle Kriege miterlebt und doch wirkte ihr Gesicht noch immer jung. Ihr Haar war blaugrün und halblang und ihre silbernen Augen, mit Tätowierungen umrahmt. Beeindruckt musterten die Nachtschwingen Geschwister sie und Cerunnos stammelte: „Verzeiht Herrin. Wir wollten nicht respektlos sein. Doch wir müssen unbedingt mit Tyrande Whisperwind sprechen. Es ist eine Sache von grösster Dringlichkeit!“ Leider ist das nicht möglich. Unsere Hohepriesterin ist gerade Richtung Mondlichtung aufgebrochen. Sie sagte mir, es sei sehr wichtig und darum hat sie mich von Feralas hierher beordert, um eine Weile lang die Schildwachen an ihrer statt anzuführen.“ „Unsere Hohepriesterin ist zur Mondlichtung gereist?“ platzte Ismala heraus „aber warum in Elunes Namen? Sie wollte doch diese Menschenfrau und diese Blutelfen empfangen, die wir hierher eskortieren sollen.“ Shandris schaute die junge Druidin mit einer Mischung aus Ärger und Verständnis an: „Selbst ich weiss nicht genau, warum sie zur Mondlichtung reiste, es geht auch niemanden etwas an. Die Herrin hätte mich oder euch schon von ihrem genauen Vorhaben in Kenntnis gesetzt, wenn sie es gewollt hätte. Eine Nachricht hat sie mir jedoch für euch hinterlassen. Hier ein Schreiben! Cerunnos und Ismala brachen das Siegel des Schriftstückes und begannen zu lesen:
Ehrenwerte Nachtschwingen- Geschwister
Leider sah ich mich durch eine Angelegenheit grösster Dringlichkeit genötigt, zur Mondlichtung zu reisen. Ich werde jedoch so schnell als möglich zurückkehren. Es wird sowieso noch ein paar Tage dauern, bis ihr mit unseren Gästen nach Darnassus zurückkehrt. Was die Menschenpriesterin betrifft: Sie wird zum genannten Zeitpunkt, mit den beiden Untoten anreisen, von denen zumindest einer, gerne seine Seele zurückgewinnen will. Elune allein weiss, wie sie sich das genau vorstellen. Doch wir werden unser Bestes tun, ihnen behilflich zu sein. Unser momentaner Erzdruide Fandral, scheint in dieser Hinsicht eine Idee zu haben. Was für eine Idee genau, wird sich noch zeigen. Jedenfalls stossen die Götter niemanden hinaus, der bei uns Hilfe, oder auch nur guten Zuspruch, oder Balsam für seine Seele sucht. Es wird Zeit alte Feindschaften immer mehr beizulegen, denn es wurde mir offenbart, dass bald etwas Einschneidendes passiert, dass unser aller Leben verändern wird. Doch was genau das ist, weiss ich auch noch nicht. Eins jedoch ist sicher: ihr seid auserwählt in dieser Sache eine wichtige Rolle einzunehmen. So haltet an dem Auftrag, denn Fandral und ich euch gegeben haben fest. Ich werdet die Menschenpriesterin, den Tauren, die Sin’Dorei und die Untoten hierher eskortieren. Es wird ein nicht sehr einfaches Unterfangen sein. Shandris wird euch deshalb noch einige Dokumente aushändigen, die ich für die Gruppe ausgestellt habe. Sie werden euch dabei behilflich sein, diese unbeschadet nach Darnassus zu bringen und dann sehen wir weiter. Bei weiteren Fragen wendet euch einfach vertrauensvoll an meine Stellvertreterin.
Möge Elune Euren Weg erleuchten und stets bei Euch sein
Tyrande Whisterwind- Hohepriesterin der Elune
Cerunnos und seine Schwester, rollten das Pergament nachdenklich zusammen und blickten dann zu Shandris herüber. „Hier sind noch die Dokumente“, sprach diese und händigte ihnen zwei Schriftrollen aus, welche das Siegel von Teldrassil trugen. Die Geschwister bedankten sich und nahmen sie entgegen. Sie beinhalteten eine besondere Durchreiseerlaubnis, von Tyrande höchstpersönlich ausgestellt. Dennoch würde es nicht einfach sein, damit auch überall durchzukommen. Seit Thrall, der bisherige Kriegshäuptling verschwunden war, rüsteten Horde, wie Allianz wieder mehr auf. Die Beziehungen zwischen den beiden Fraktionen waren angespannt. Jeder kämpfte um die eigenen Ressourcen und der neue Kriegshäuptling Garrosh Höllschrei, ging dabei nicht etwa zimperlich vor. Das Eschental und das Brachland, waren feindlicher für die Elfen und ihre Verbündeten geworden.
Shandris musterte die beiden jungen Nachtelfen nachdenklich. Sie war schon so viel älter als die beiden. Sie hatte schon so vieles in ihrem Leben gesehen, damals den allerersten Krieg erlebt, als der Brunnen der Ewigkeit zerstört wurde. Sie hatte die beiden Geschwister schon länger belauscht, ihre Ohren waren sehr gut und sie musste zugeben, dass die Bedenken der beiden, nicht ganz unbegründet waren. Auch sie fand das Verhalten von Fandral Hirschhaupt ziemlich seltsam die letzte Zeit. Tyrande hatte sie darüber informiert, dass er sich immer mehr zurückzog und er manchmal sehr abwesend schien. Manchmal murmelte er vor sich hin. Shandris hatte das auch schon gesehen. So sprach sie zu den beiden jungen Elfen: „Ihr wolltet mit unserer Herrin etwas sehr Dringliches besprechen? Kann ich euch möglicherweise weiterhelfen?“ Cerunnos und Ismala schauten einander fragend an. Irgendwie waren beide nicht erpicht darauf, diese wichtige Sache mit jemandem zu besprechen, den sie kaum kannten. So erwiderte der junge Mann: „Ach… so wichtig, dass es jetzt nicht warten könnte, ist es nun auch wieder nicht. Unsere Hohepriesterin kehrt ja schon bald zurück…“ „Ich hoffe es…“ erwiderte die Angesprochene mit ernster Miene.“ „Ihr glaubt nicht, dass sie so bald zurückkehren wird?“ Die Schildwachen- Generalin schwieg einen Moment, sie schien plötzlich weit entrückt. Doch dann wandte sie sich mit einem eher gezwungenen Lächeln wieder an die Geschwister. „Nein nein, sie wird bestimmt bald zurückkehren und wenn nicht, könnte ihr jederzeit zu mir kommen. Ihr könnt mir vertrauen. Ich bin Tyrandes Vertraute, seit dem ersten Krieg. Sie ist wie eine Mutter für mich und ich werde tun was in meiner Macht steht, um sie wenigstens so gut als möglich, zu vertreten. So lebt denn wohl und ich wünsche euch viel Glück bei eurer Mission…“ Sie wollte sich abwenden, doch Ismala hielt sie nochmals auf: „Wir danken euch, Herrin und bitten um Verzeihung, für die unrühmlichen Worte, die ich über Fandral gesagt habe. Werdet ihr es ihm erzählen?“ Shandris silbern leuchtenden Augen, blickten leicht amüsiert. „Nein, vorerst werde ich mit ihm nicht darüber reden, er ist ja schon ein recht seltsamer Geselle. Aber seid vorsichtig, worüber ihr jeweils sprecht. Man weiss nie, was für Folgen es haben kann.“ Sie lächelte die beiden vielsagend an und die Geschwister hatten das Gefühl, sie meine es gut mit ihnen. Noch einmal hob Shandris die Hand zum Abschiedsgruss, dann verliess sie den Tempel des Mondes.
Nachdem die Geschwister noch eine Weile an dem friedvollen, von grünsilbernem Licht erfüllten Ort verbracht und die Götter noch einmal um ihren Beistand und ihren Segen gebittet hatten, taten sie es ihr nach. „Hätten wir doch mit ihr darüber reden sollen?“ fragte Ismala ihren Bruder, als sie die hellgepflasterten Strassen entlang, zurück zur Enklave des Cenarius gingen. „Ich weiss auch nicht so recht. Das was wir gesehen haben, ist schon sehr seltsam.“ „Wieviel glaubst du hat Shandris von unserem Gespräch gehört?“ „Keine Ahnung, es kam mir aber irgendwie so vor, als hätte sie irgendwas gewusst. Sie hat ja selbst zugegeben, dass Fandral schon etwas seltsam ist. Dennoch denke ich, wir besprechen das lieber mit der Hohepriesterin selbst. Sie kennt Fandral besser und weiss um viele Dinge, die unseren Horizont übersteigen. Darum sollten wir uns jetzt erst mal auf unsere Mission konzentrieren. Sie wird uns noch genug in Anspruch nehmen. Immerhin müssen wir nicht nur drei Blutelfen hierher eskortieren, sondern auch noch zwei Untote. Das kann ja heiter werden.“ „Wenigstens ist dieser Tauren auch noch dabei“, erwiderte Ismala. „Er kann uns etwas unterstützen und gehört als Druide sozusagen etwas zur Familie.“
Die beiden erreichten nun die Enklave und brachten dort ihre Nachtsäbler in den, dafür vorgesehenen Stallungen unter. Dann machten sie sich auf den Heimweg. An nächsten Tag würde es endgültig losgehen. Noch wussten sie nicht, was sie alles erwartete, doch sie spürten, dass sich noch so manches zutragen würde.