7. Kapitel
Varunnas Reise- Untergangs Prophezeiungen
Varunna der Tauren Druide, war ziemlich aufgeregt.
Immerhin stand ihm eine ereignisreiche Reise bevor, die sicher nicht ungefährlich war. Denn obwohl er eine besondere Bewilligung vom Zirkel de Cenarius erhalten hatte, um seine drei Blutelfenfreunde heil zu den Nachtelfen zu geleiten, bestand noch immer die Gefahr, dass sie angegriffen wurden. Sei es von wilden Tieren, sonstigen feindlichen Kreaturen, oder Leuten der Allianzseite. Varunna hatte darum auch besondere Waffenröcke besorgt, welche alle das Wappen des Zirkels trugen. Es handelte sich bei diesem Wappen um einen, mit einem flammenden Hirschgeweih gekrönten Kopfumriss auf rotbraunem Grund, welcher den Halbgott Cenarius darstellte. Mit diesem Kleidungsstück konnten er und seine Freunde sich sogleich als Abgesandte des Zirkels zur erkennen geben und würden damit sicher einigem Ärger aus dem Weg gehen können.
Seit Tyrande ihm geschrieben und ihn um Hilfe gebeten hatte, war wieder einige Zeit vergangen. Varunna konnte sich mittlerweile in einen dunkelgrauen Panther, mit roten Sonnen- Mond Tätowierungen verwandeln und auch in einen schnellen, hellbraunen Leoparden. Seit er den smaragdgrünen Traum betreten und sogar die Herrscherin des Traumes- Ysera, die grüne Drachenfürstin kennengelernt hatte, war ihm alles viel leichter und schneller von der Hand gegangen. Während er sich auf den Weg zu den Zeppelinen machte, welche nach Ogrimmar flogen, dachte er wieder an seine damaligen Erlebnisse zurück. Besonders ein Erlebnis liess ihn nicht mehr los. Er war damals erst das zweite Mal durch den smaragdgrünen Traum gewandelt, welcher eigentlich vorwiegend für Druiden zugänglich war. Doch damals, hatte er eine seltsame Begegnung mit einem jungen Menschenmann gehabt, welcher sich Dabog Goodheart nannte. Dieser war ziemlich durcheinander gewesen, hatte nicht gewusst, wie er im smaragdgrünen Traum gelandet war. Er war weder ein Druide, noch sonst jemand mit besonderen Zauberkräften gewesen, doch er war dort und er hatte Varunna damals erzählt, dass er eigentlich tot war, zumindest sein Körper. Dieser war von den Verlassenen wiederbelebt worden, um ihn für ihre Zwecke zu nutzen. Varunna erschauderte, wenn er sich dieses Schicksal vorstellte. Ein besonderer Hohn an Dabogs Geschichte war noch, dass seine Seele aus irgendeinem Grund nicht weiter ins Licht gegangen war, wie es sonst doch eigentlich der Fall sein sollte. Stattdessen musste er als körperlose Seele im smaragdgrünen Traum ausharren, noch immer auf bedrückende Weise, mit seinem einstigen Körper verbunden, allen Schmerz, alles Leid in seinem ganzen Umfang fühlend. Besonders der Schmerz darüber, dass er von seiner einstigen Liebsten Lumnia auf so schreckliche Weise getrennt worden war. Ja diese Lumnia, wer mochte sie sein? Diese Frage hatte Varunna sich immer und immer wieder gestellt. Schliesslich hatte er einen Freund aus Sturmwind kontaktiert, welchen er am Mondfest kennengelernt hatte. Sein Name war William und er lebte in Goldhain, einem kleinen Dorf, ausserhalb der grossen Hauptstadt der Menschen, genannt Sturmwind. Will kannte Lumnia, allerdings nur sehr flüchtig. Sie gehörte zu den Priestern von Sturmwind und war eine der gefragtesten Kandidatinnen für die Nachfolge der Hohepriesterin. Ausserdem war sie sehr schön. Mehr erfuhr Varunna von seinem Freund nicht. Doch die ganze Sache, hatte ihn doch recht neugierig gemacht und er beschloss, möglichst bald mit dieser Lumnia Kontakt aufzunehmen, um ihr zu erzählen, dass er ihren einstigen Liebsten Dabog, im smaragdgrünen Traum angetroffen hatte.
Dann war jedoch Tyrandes Wunsch dazwischengekommen, nach Darnassus zu reisen und diese Pläne, nahmen dann die volle Aufmerksamkeit des Tauren in Anspruch. So schob er die Geschichte mit Lumnia und Dabog erst mal auf die lange Bank. Trotzdem, los liess das Ganze ihn immer noch nicht. Das Schicksal der beiden Liebenden berührte und erschütterte ihn. Zumal er selbst auch verliebt war und zwar in eine junge Taurenfrau, namens Zyklopia, welche zu den Schamanen von Donnerfels gehörte.
Hätte sie beide dasselbe Schicksal getroffen, seine Seele hätte wohl auch keinen wahren Frieden gefunden. Das war ja das Schlimme an dieser Nekromantie. Man nahm einen, einst von einer Seele belebten Körper und pflanze einfach einen neuen Willen in ihn hinein, der dann die dunklen Ziele der Verlassenen, mittzutragen hatte. Sylvanas war zwar etwas anders als der Lich- King, der Verstorbene einfach unter seinen Willen zwang. Doch trotzdem, war nicht zu bestreiten, dass das Wiederbeleben von Toten, ein schreckliches Vergehen war. Dabogs Beispiel war eines, dass den Tauren in dieser Ansicht bestärkte. Jedenfalls würde er sich sicher bald um diese Angelegenheit kümmern. Er reiste ja sowieso zu den Nachtelfen und diese konnten ihm vielleicht noch etwas mehr Klarheit bei allem verschaffen. Seit dem ersten Mal, als Varunna Dabog angetroffen hatte, war der Tauren noch öfters im Smaragdgrünen Traum gewandelt. Doch bisher war der Menschenmann ihm nicht mehr über den Weg gelaufen.
Während Varunna den leicht schwankenden Zeppelin aus Leder und Holz betrat, welcher auf der Anhöhe der Ältesten anlegte, dachte er wieder an seine wundervollen Ausflüge, in die Welt des Smaragdgrünen Traumes. Dass er die Gnade erhalten hatte, dorthin zu gelangen und das schon so früh, war eine wundervolles Geschenk. Er lernte so vieles dort, über die Natur, ihr Zusammenhänge, ihre Beschaffenheit. Einst hatten die mächtigen, gütigen Titanen, diesen Ort geschaffen. Dieser war für sie ein Art Entwurf- eine Blaupause gewesen, für die endgültige Erschaffung Azeroths. Der Traum bestand aus vielen verschiedenen Ebenen, welche sozusagen alles Baupläne für die fertige Welt waren. All diese Ebenen, konnten vorwiegend von den Druiden, bereist werden. Auch wenn die Verbindung zum Traum, seit dem dritten Krieg, nicht mehr so gut war, gab es doch einige auserwählte Seelen und er, Varunna gehörte zu ihnen. Auch wenn er immer noch nicht so recht wusste, warum eigentlich. Ysera die grüne Drachenfürstin, hatte ihm gesagt, dass er von Bedeutung sei, dass er diese Fähigkeit habe. Nun, bald würde es sich ihm hoffentlich offenbaren, aus welchen Gründen.
Er setzte sich auf eine kleine Bank, die vorne beim Bug des Flugschiffes angebracht war und schaute beeindruckt hinunter auf die hellgrünen, wogenden Ebenen von Mulgore. Es war einfach ein herrliches Land, in dem er hier leben durfte! Das Bergmassiv, auf welchem die Taurenstadt Donnerfels, mit ihren vielen Hängebrücken, errichtet worden war, fiel unter ihm steil in die Tiefe. Schliesslich legte der Zeppelin ab und Varunna beobachtete, wie die grünen Hügel und vereinzelte Kalksteinfelsen, unter ihm dahinglitten. Schliesslich überquerten sie eine Bergkette, über welche ein schmaler Pfad, hinein ins kargere Brachland führte. Die Farbe der Landschaft veränderte sich nun, vom saftigen Grün der wogenden Ebenen, in ein trockenes Steppengebiet. Auch hier gab es einige hohe Hügel und Berge. Sie überquerten ein paar grüne Oasen, die wie Smaragde ihm trockenen Grasland leuchteten. Die Palmen wehten im warmen Wind. Teiche lagen zwischen ihnen eingebettet, deren azurblaues Wasser so klar war, dass man die Pflanzen und Felsen darin, deutlich erkennen konnte. Das Licht warf glitzernde Reflexe auf ihre Oberfläche. Dann nach ca. zwei Stunden Flug, erreichten sie den breiten, nicht sehr tiefen Fluss, welcher die Grenze zwischen dem Brachland und Durotar bildete. Eine Brücke im typisch orcischen Stil gebaut, aus Holz und derbem, roten Leder, führte darüber. Der Zeppelin schwebte lautlos dahin, hinein in das trockene rotgoldene Wüstenreich Durotar.
Varunna hatte für sich und auch seine elfischen Freunde im Gasthof der eindrucksvollen, orcischen Hauptstadt Ogrimmar, Zimmer reserviert. Absichtlich reiste der Tauren einen Tag früher an, auch um noch kurz seine Freundin Xantina zu besuchen, welche hier im Tal der Stärke, nahe der Eingangspforte von Ogrimmar, lebte. Der Gasthof lag ebenfalls im Tal der Stärke.
Der Zeppelin legte im oberen Viertel der Stadt an. Varunna stieg aus und schaute sich beeindruck um. Unter ihm lagen die zentralen Teile der Stadt. Die Dächer der Häuser, hatte man vorwiegend aus roten Ziegeln gefertigt. Die Stützbalken, waren meist über sie hinaus verlängert und zugespitzt worden. Was den Gebäuden einen wilden, eigenwilligen Charakter verlieh. Sehr passend, zum orcischen Volk, welches diese Eigenschaften ebenfalls besass. Varunna ging über eine breite Hängebrücke und folgte einem ziemlich steilen Pfad, hinab ins Herz von Ogrimmar. Rechts von ihm ragten steile Felswände auf, an welche sich ebenfalls einige Häuser kauerten. Alle waren sie in ähnlichem Stil gebaut.
Varunna freute sich auf Xantina. Sie wollten sich zur fünften Stunde im Gasthaus auf ein Bier treffen. Eigentlich wusste Varunna noch nicht sehr viel über die junge Orcin mit der seltsam gelblichen Haut und den erstaunlich feinen Gesichtszügen. Sie hatte nie viel über sich selbst oder ihre Arbeit geredet. Sie sahen sich auch sehr selten. Eigentlich hatte Varunna, Xantina über deren Vater kennengelernt. Dieser war ein sehr eindrucksvoller Schamane und er und Varunna hatten in vielem die gleichen Interessen. Xantina aber, wollte sich eher von ihrem Vater distanzieren. Sie teilte nicht all seine Ansichten. So war sie z.B. kein besonders grosser Fan vom orcischen Kriegshäuptling Thrall, dem allerdings ihr Vater treu ergeben war. Varunna kümmerte sich als Druide, wenig um staatliche Belange. Andere Dinge interessierten ihn mehr. Xantina waren diese Sachen wichtiger und sie redete auch öfters darüber. So glaubte sie z.B., dass die Orcs eigentlich einen anderen Häuptling brauchten, einen Häuptling, der sich mehr um die Bedürfnisse der Horde, vormals der Orcs kümmerte und nicht soviel Zeit mit Friedensangelegenheiten zwischen den Völkern, sogar zwischen Horde und Allianz, verschwendete. Varunna war gespannt, wie sich Xantinas Lebensweg entwickelt hatte. Sie hatte ihm geschrieben, dass sich in den letzten Monaten viel verändert habe. Doch näheres wollte sie ihm erst erzählen, wenn er auf Besuch kam. Das tat er nun also auch.
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Bei Xantina hatte sich wirklich eine Menge verändert, seit sie ihre menschliche Mutter Kybelia kennengelernt hatte. Die Erkenntnis, dass sie selbst eine halbe Menschenfrau war, hatte ihr Weltbild gründlich ins Wanken gebracht. Nichts war mehr, wie es einst war, denn wie konnte sie nun noch gegen die Menschen ins Feld ziehen, jetzt, da sie all das wusste? Jetzt da sie auch die berühmte Jaina Prachtmeer kannte, welche in Theramore herrschte und all die anderen, mit denen ihre Mutter zusammenarbeitete. Auch die Erkenntnis darüber, dass sie von ihrer angehende Stiefmutter Asurania dazu angestiftet worden war, ihr eigenes Fleisch und Blut zu töten, hatte in ihr viele Veränderungen ausgelöst. Cromnios der Trollmagier, den sie damals in Theramore kennenlernte, berichtete ihr davon, dass er Asurania im Dialog mit einem Dämon beobachtet hatte. Seither, war Xantina eine Art Doppelagentin. Sie blieb weiterhin in der Gesellschaft der Anhänger der Brennenden Klinge, aber sie erstattete ihrem Vater stets über alle Vorkommnisse Bericht und dieser leitete die Informationen weiter an Thrall, den Kriegshäuptling. Dieser wusste schon länger, um die Machenschaften der Brennenden Klinge und war schon einige Zeit daran, diese endlich als das zu entlarven, was sie wirklich war: Nämlich eine verderblichen Vereinigung, welche immer noch der Brennenden Legion diente- dem puren Bösen, welches die Welt Azeroth seit Äonen versuchte, zu unterjochen. Auch Cromnios hatte angefangen sich innerlich immer mehr von der Brennenden Klinge zu distanzieren. Er hielt den Kontakt zu selbiger ebenfalls augenscheinlich aufrecht, auch jenen mit Asurania. Nur dass er stets eine Ausrede bereithielt, wenn diese sich wieder einmal zu einem Tete à Tete, mit ihm treffen wollte. Cromnios war einst sehr verliebt in die Orc- Hexenmeisterin gewesen, dabei hatte sie ihn nur benutzt, um den Mord an Xantinas Mutter Kybelia zu ermöglichen. Die Hexenmeisterin wollte nämlich unbedingt Xantinas Vater Thralliok heiraten, und die Menschenfrau, so glaubte sie, behinderte die Hochzeit. Ausserdem war Kybelia eine der härtesten Kämpferinnen, gegen Organisationen, wie die Brennende Klinge. Sie gehörte zu den Priestern von Theramore und tat alles dafür, dass die dunkle Macht der Brennenden Legion keinesfalls wieder stärker wurde. Ihre Herrin Jaina Prachtmeer, unterhielt eine freundschaftliche Beziehung zu Thrall dem Kriegshäuptling und er und sie bemühten sich stets, um ein friedliches Miteinander der Allianz und der Horde.
Die Brennende Klinge, wollte die Legion wieder auf die Welt holen und glorifizierte die Zeiten, als die Orcs noch als blutrünstiges Volk aus der Scherbenwelt hierherkamen. Xantina wie Cromnios waren aufs Schändlichste von Asurania missbraucht worden und das schweisste die beiden zusammen. Im Laufe der letzten Monate, hatte sich zwischen den beiden ein Band geknüpft, ein noch sehr zartes Band der tiefen, inneren Zuneigung.
Doch Xantina zögerte noch ihre Gefühle, die sie für Cromnios mittlerweile empfand, zu offenbaren. Denn sie wusste, dass er einst unsterblich in Asurania verliebt gewesen war und Xantina ähnelte dieser vom Äusserlichen her sehr. Sie wollte vollkommen ausschliessen, dass er in ihr etwas suchte, das mit Asurania zusammenhing. Ihre angehende Stiefmutter hatte die junge Halb- Orcin, sehr enttäuscht. Sie hatte ihr wunderbare Geschichten erzählt, sich bei ihr eingeschmeichelt und dabei nur ein Ziel vor Augen gehabt, sie zu einem Muttermord anzustiften und sie dann den Wölfen zum Frass vorzuwerfen. Cromnios war ihr damals extra hinterher gereist, als er erfuhr, welche Schändlichkeit hinter all dem steckte. Das würde sie ihm nie vergessen.
Es war wieder Abend geworden und ein leuchtender Halbmond, stand über den spitzenbewehrten Zinnen, der orcischen Hauptstadt Ogrimmar. Sein Licht fiel auf die dunkel gewordenen, nur spärlich mit Feuerpfannen beleuchteten, Strassen. Cromnios und Xantina gingen nahe nebeneinander, durch die Gasse, welche durch eine steinerne Schlucht führte. Auch hier gab es einige Feuer, doch ihr Licht gelangte nicht in alle Winkel und Nischen der Gasse. Wo kein Funken sie erleuchtete, herrschte undurchdringliche Finsternis. Das war es ja auch, was die Gasse in der Nacht so gefährlich machte. Aber der Troll und die Halb- Orcin fürchteten sich nicht. Sie hatten schon so oft diese Strasse durchquert und nie war etwas passiert. Xantina arbeitete sowieso in der Kluft der Schatten, dort war der Stammsitz der Assassinen von Ogrimmar. Sie gehörte zu ihnen. Sie verstand es meisterhaft, schnell und effizient zu töten und dann wieder unbemerkt zu verschwinden. Die Schatte waren ihr zu Hause, sie gaben ihr deshalb ein Gefühl der Sicherheit und der Geborgenheit. Auch Cromnios kannte sich hier gut aus. War er doch früher dutzende Male zu Asurania auf Besuch gewesen, welche zwischen der Gasse und dem Tal der Weisheit lebte.
„Hat Asurania dich eigentlich wieder einmal zu sich eingeladen?“ fragte Xantina, als sie Richtung Tal der Stärke gingen. Cromnios nickte: „Ja, hat sie.“ Die Halb- Orcin spürte irgendwie einen Stich im Herzen, als er das sagte. Sie hasste Asurania mittlerweile regelrecht. Dazu kam noch, dass Asurania eigentlich Xantinas Vater Thralliok, heiraten wollte. Auch wenn dieser noch immer nicht in dieses Vorhaben eingewilligt hatte. Jetzt da er um die Verschlagenheit seiner Geliebten wusste, würde das sowieso nie passieren. Aber auch Thralliok spielte das Spiel weiter, denn sein und das Ziel von Xantina und Cromnios war es, Asurania weiterhin in Sicherheit zu wiegen und so die Brennenden Klinge von innen immer mehr zu infiltrieren, bis deren Mitglieder einst ihrer gerechteten Strafe zugeführt werden konnten. Auch… Asurania. Xantina schaute Cromnios forschend an, um die Gefühle zu erahnen, welche ihn zur Zeit bewegten. Er schien irgendwie immer noch aufgewühlt, wenn sie von der Hexenmeisterin sprachen. „Was hast du ihr gesagt?“ fragte sie deshalb. „Ich sagte ihr, ich hätte noch einen Auftrag zu erfüllen und dieser dauere bis in die Nacht hinein.“ „Was ja auch stimmt. Wenn sie wüsste, was für ein Auftrag das ist.“ Cromnios nickte und seine Augen blickten plötzlich betrübt. „Ja. Wir müssen das jetzt beenden. Wir haben genug Beweise gegen Asurania und auch Neeru Feuerklinge in der Hand. Es wird Zeit, dass man sie ihrer gerechten Strafe zuführt.“ Irgendwie klang seine Stimme unsicher. So, als hätte er Zweifel. In Xantinas Innerem, begann etwas zu nagen. Etwas, das sie schon lange beschäftigte und das sie langsam drohte zu zerfressen. Noch konnte sie nicht recht einordnen, was er war. Sie empfand nur auf einmal eine lähmende Wut. Cromnios schien immer noch an diesem Miststück Asurania zu hängen. Warum vergass er sie nicht endlich, nachdem was sie ihm an Leid zugefügt hatte?
„Wirst du überhaupt fähig sein das zu tun, was du musst, wenn du Asurania zur Rede stellst?“ fragte sie deshalb ungewollt aggressiv. „Oder wirst du deinen Schwanz einziehen, wie ein geprügelter Hund?“ Cromnios blieb stehen und schaute sie, erschrocken über ihren verachtenden Ton an. „Was… soll das jetzt?“ fragte er „warum bist du so wütend?“ „Warum ich wütend bin?!“ fragte Xantina, mit vor Verachtung triefenden Stimme. „Warum wohl? Kapierst du das immer noch nicht? Kapierst du immer noch nicht, dass Asurania ein mieses Drecksstück ist? Vergiss sie endlich! Das Leben geht weiter! Du hast alles was du brauchst, vor deinen Augen, aber du siehst es nicht!“ „Ich sehe dich“, sprach Cromnios und schaute Xantina aufrichtig an. Doch diese war nun so in Fahrt, dass sie seinen Blick gar nicht richtig wahrnahm und schon gar nicht das, was er ihr eigentlich mit seinen Worten zu sagen versuchte. „Nein, du siehst mich eben nicht wirklich! Du denkst immer noch an Asurania. Du hast sie nicht vergessen und ich… bin nur…“ sie spie das Wort förmlich aus „… nur eine Lückenbüsserin.“ Cromnios konnte kaum glauben, was er da hörte. Bisher hatte ihn Xantina immer auf Distanz gehalten. Warum genau, das wusste er auch nicht. Er hatte, als ein Mann, der in den Feinheiten der Psyche der Frauen noch nicht so bewandert war, aus ihrem Verhalten geschlossen, dass sie nicht wirklich an einer festen Bindung interessiert war. Und er hatte gedacht, er gehe es erstmal langsam an, nach seinen üblen Erfahrungen mit Asurania. Bisher glaubte er, Xantina wolle das auch, aber die heftige Reaktion, welche sie nun an den Tag legte, belehrte ihn eines Besseren. Es sah fast so aus, als wolle sie doch mehr, als er vermutet hatte. Seine Gefühle für die junge Frau, waren in den letzten Monaten sehr stark geworden. Er hatte sich schon von Anbeginn zu ihr hingezogen gefühlt, das wurde ihm mit der Zeit immer klarer. Ja, er hatte sich in sie verliebt und auch darum, war er ihr bis in die Düstermarschen nachgereist, um sie von ihrer schrecklichen Tat zu bewahren. Die Orc Frauen übten grundsätzliche eine grosse Anziehung auf ihn aus, aber bei Xantina war es nicht nur das. Er fühlte für sie, wie er noch nie zuvor für jemanden gefühlt hatte. Bei Asurania, hatte er nicht auf diese Weise empfunden. Das wusste er auch erst, seit er Xantina näher kennengelernt hatte. Er kannte sie mittlerweile recht gut und sie hatte auch viel ihrer einstigen Härte verloren, seit sie nun ihre Mutter kannte. Das ganze Spektrum ihres Wesens, hatte sich ihm die letzte Zeit mehr und mehr offenbart und er wusste, dass unter ihrer harten Schale ein sehr weicher Kern steckte. Dieser offenbarte sich ihm nun erneut, in ihren harten Worten, welche doch so sehr ihre Verletzlichkeit ausdrückten.
Er schaute ihr tief in die Augen und sprach: „Warum denkst du bloss so etwas? Du bist doch keine Lückenbüsserin, du bist… meine Xantina.“ Da die Halb- Orcin noch immer sehr zornig war, legte sie Cromnios alles was er sagte negativ aus und fauchte: „Was soll das heissen deine Xantina?! Ich bin nicht mehr bereit dir zur Verfügung zu stehen, um dich über Asurania hinweg zu trösten, ausserdem gehöre ich niemandem, ich gehöre nur mir selbst!“ „Aber… so war das doch nicht gemeint!“ sprach Cromnios nun ziemlich hilflos. „Ich habe nichts mehr mit Asurania zu schaffen, sie ist durch und durch böse und meine Gefühle für sie, sind mit ihrem Verrat gestorben.“ „Das glaube ich dir nicht! Warum sonst, wärst du immer so betrübt, wenn ich von ihr spreche?“ „Weil ich einfach sehr enttäuscht und traurig bin, weil sie mich so benutzt hat. Das lässt mich einfach nicht kalt.“ „Weil sie dir immer noch nicht aus dem Kopf geht. Sie hat dir scheinbar etwas geboten, was ich dir nicht bieten kann.“ Der junge Troll wurde immer hilfloser. „Wie kommst du nur auf so etwas?“ „Weil ich es spüre. Sie steht immer noch zwischen uns.“ „Uns?“ Cromnios horchte immer mehr auf. „Bisher hast du noch kein wirkliches Uns zugelassen.“ „Das stimmt nicht!“ rief Xantina aus. „Du hast kein Uns zugelassen, weil du immer noch an Asurania denkst.“ „Das ist jetzt aber eindeutig deine Interpretation gewesen!“ erwiderte der Troll nun ebenfalls verärgert. „Du warst es doch, welche mich immer auf Distanz gehalten hat.“ „Ja eben deswegen, weil du doch nie richtig bei mir warst.“ „Das stimmt nicht Xantina“, erwiderte der Troll ernst und nahm ihre Hände.
„Ich dachte, du willst nichts Ernstes mit mir. Du hast mir das nie gezeigt. Dabei bin ich doch schon lange in dich verliebt.“ Die Halb- Orcin schaute ihn ungläubig an. „Was, du bist in mich verliebt? Das ist aber was ganz Neues. Bisher habe ich noch nicht viel davon gemerkt.“ „Dann…hast du eben nicht richtig hingeschaut. Seit ich dich das erste Mal sah, warst du ständig in meinen Gedanken. Das war auch der Grund, warum ich dir bis Theramore gefolgt bin. Jedenfalls der Hauptgrund. Asurania war wohl meine erste Frau, aber mit ihr war es ganz anders, als mit dir. Was uns verbindet ist viel stärker und es gibt keinen Tag, an dem ich mich nicht danach sehne… dir ganz nahe zu sein.“ Er trat etwas näher zu ihr heran und umfasste ihre Hüften. „Wenn ich gewusst hätte, dass du dich so für mich interessierst, dann hätte ich schon früher um dich geworben und glaube mir, ich hätte mich selbst dabei übertroffen.“ Er grinste und zog sie noch näher an sich heran. „Aber das lässt sich ja nachholen.“ Er spürte ihren kräftigen und doch so schönen Körper, durch ihre weiche, lederne Rüstung hindurch. Anfangs wehrte sich Xantina noch ein wenig, doch dann auf einmal wurde sie ganz entspannt und grinste ebenfalls. „Da haben wir ja beide eine Menge fehlinterpretiert, nicht wahr?“ „So sieht’s aus.“ Cromnios presste sie an sich und spürte, wie sich dabei eine intensive Leidenschaft in ihm regte. Auch ihr schien es so zu gehen, denn sie schmiegte sich nun immer mehr in seine Arme und dann… voller Verlangen, küssten sie sich…
Plötzlich jedoch, nahmen sie eine Bewegung ganz in ihrer Nähe wahr! Sofort lösten sie sich voneinander und zogen ihre Waffen. Cromnios machte sich zu einem Zauber bereit. Aus der Dunkelheit war plötzlich eine seltsame Gestalt getreten. Es war ein Orc, mittleren Alters. Mit leerem Blick, kam er auf das junge Paar zu. Er musste sich angeschlichen haben, während sie sich so leidenschaftlich unterhalten hatten. „Was willst du?“ fragte Xantina mit lauter Stimme und ihre beiden Dolche, reflektierten für kurze Zeit, die nahegelegenen Lichtquellen. Es schien dabei, als würden kleine Flammen, über den blankpolierten Stahl tanzen, welche sich geisterhaft in ihrem Gesicht wiederspiegelte. Sie wirkte wie ausgewechselt. Ihre nun eisig wirkenden Augen verengten sich und ihre Muskeln spannten sich unter ihrer Rüstung an. Cromnios war irgendwie von ihrem Anblick gefesselt. Sie wirkte auf ihn wie eine Katze, die vom Kuschelmodus, ganz plötzlich in den Angriffsmodus gewechselt war. Nun war sie sehr gefährlich.
Doch der seltsame Mann schien das nicht wahrzunehmen, beinahe schwerfällig, zog er sein Schwert und ging auf Xantina los. „Ihr verfluchten Bastarde, ich werde nicht zulassen, dass ihr den Zerstörer wieder in die Welt bringt!“ Xantina wehrte den unbeholfenen Schwerthieb des Mannes mühelos ab. Man merkte sogleich, dass mit diesem etwas nicht stimmte und darum schonte sie ihn. Doch der seltsame Mann, schien sich auf die beiden eingeschossen zu haben. Was war nur mit ihm los? Der Fremde wollte erneut auf Xantina los. Cromnios musste ihn irgendwie ruhigstellen, um mehr zu erfahren. So sprach er eine Zauberformel und sogleich wurde die untere Körperhälfte des Mannes, in glitzerndes Eis gehüllt. Dieser versuchte sich zu bewegen, doch er schaffte es nicht. Langsam begann er zu schlottern. Das Eis…“ sprach er „e…es ist so kalt. Aber Todesschwinges Diener, bedienen sich nicht… dieser Magie.“ Auf einmal klärte sich sein Blick für einen Moment und er schaute das Pärchen erstaunt an. „W… wer seid ihr?“ fragte er. „Unsere Namen sind Xantina und Cromnios. Was willst du von uns und was redest du da von Todesschwinge? Der ist doch schon lange von der Welt verschwunden, “ sprach der junge Troll. „N…nein, er lebt noch… er wird die Welt zerstören. Bald… sehr bald!“ „Xantina schaute kopfschüttelnd zu ihrem Gefährten herüber. „Er ist verrückt geworden.“ „Nein, nein!“ rief der Mann. „Ich sage die Wahrheit! Todesschwinge wird wiederkehren! Ich habe seine Diener in den Strassen von Ogrimmar gesehen!“ „Also wir gehören sicher nicht zu seinen Dienern, “ sprach Cromnios und löste den Eiszauber auf. Der nun vor Kälte zitternde Orc, brach in die Knie. „Wir werden sterben, wir werden alle sterben. Die Welt…sie steht vor dem Abgrund, sie haben es gesagt… sie haben es gesagt.“ Dann verlor er das Bewusstsein.
Xantina und Cromnios schauten ziemlich entgeistert auf den Mann hinab. Die Orcin neigte sich über ihn und schaute ob er noch atmete. „Es scheint soweit alles in Ordnung mit ihm“, stellte sie dann fest. „es ist… aber fast so, als würde er schlafen.“ „Was ist nur los mit ihm?“ „Das wüsste ich auch gern. Ich glaube ich hole mal meinen Vater her. Er als Schamane, weiss vielleicht Rat.“ „Okay, ich bleibe bei ihm und werde ihn etwas mit meiner Magie wärmen, bis ihr wiederkommt.“ „Alles klar. Ich hoffe er greift dich nicht noch einmal an. „Das wird er wohl nicht und sonst weiss ich mich schon zu wehren.“ Xantina nickte und lief davon.
Einige Zeit später, kehrte sie mit ihrem Vater Thralliok zurück. Der seltsame Mann, war noch nicht wieder aufgewacht, doch er war sehr unruhig. Es schien, als habe er schlimme Alpträume. Der Schamane kniete neben ihm nieder und überprüfte seine Körperfunktionen. Dazu nahm er auch seine Naturmagie zur Hilfe, welche ihm unsichtbare Dinge erschloss, die andere nicht wahrnehmen konnten. „Die Elemente in diesem Mann sind sehr stark in Unruhe“, sprach er dann ernst. „Was genau ist passiert?“ „Das ist eben das Rätsel“, gab Cromnios zur Antwort. „Er hielt uns für Diener, von Todesschwinge.“ „Todesschwinge? Das ist wahrlich seltsam. Aber… es sind tatsächlich einige Weltuntergangspropheten in der Stadt aufgetaucht. Sie predigen die ganze Zeit vom Aufstieg ihres Gebieters und dass die Welt umgewandelt wird. Thrall ist deswegen sehr beunruhigt und er hat vor, eine Gemeinschaft der Schamanen aller Völker zu gründen, die dann vermutlich „Der Irdene Ring“ genannt werden soll. Ich werde dieser Vereinigung ebenfalls beitreten… vor allem jetzt, da Thrall vorhat Ogrimmar für längere Zeit zu verlassen.“ Seine Augen blickten ernst und traurig. „Der Häuptling will fortgehen?“ fragte Xantina erstaunt und irgendwie seltsam erschüttert. „Ja… Thrall ist irgendetwas auf der Spur. Darum muss er gehen. Er redet jedoch mit keinem darüber.“ Thralliok lachte bitter auf. „Es sieht fast so aus, als hätte die Brennende Klinge ihr Ziel doch noch erreicht, wenn auch etwas anders, als sie gedacht hat.“ Sein ernster Blick fiel auf Xantina und dann auf Cromnios. „Du weisst, wir haben schon lange die Seiten gewechselt“, meinte die junge Frau etwas ärgerlich. „Jaja, ich weiss. Es tut mir leid. Ich bin zur Zeit etwas verbittert. Wenn Thrall weggeht… ich weiss wirklich nicht, wie das mit der Horde, ja überhaupt mit unserer Welt weitergeht, wenn… Garrosh Höllschrei, das Szepter übernimmt. Er legt keinen grossen Wert auf Frieden unter den Völkern und ist ziemlich jähzornig und unberechenbar. Durch seine Venen läuft viel zu heisses Blut. Doch er hat auch Ehrgefühl. Auf dieses Ehrgefühl müssen wir wohl oder übel setzen, wenn Thrall uns verlässt. Letzterer glaubt, dass Garrosh der Richtig für diese Aufgabe ist, ich vertraue seinem Urteil. Zur Zeit haben wir auch andere Sorgen. Wir müssen diesen Untergangsprophezeiungen auf den Grund gehen und… auch dem seltsamen Zustand dieses Mannes hier. Er scheint zu träumen. Wir sollten ihn erst mal in Lazarett bringen um herauszufinden, was mit ihm los ist. „Ihr sagt… er habe von Todesschwinge gesprochen?“ „Ja. War das nicht einst der grosse Drachenaspekt der Erde, bevor er dem Wahnsinn verfiel?“ „Das stimmt. Doch… Todesschwinge sollte eigentlich tot sein. Diese Weltuntergangspropheten sagen allerdings etwas anderes…Nun… wir werden sehen. Bringen wir diesen Mann erst mal von hier weg!“
Als Xantina und Cromnios nachdenklich aus dem Lazarett zurückkamen, war die zweite Hälfte der Nacht, schon lange angebrochen. Sie waren hundemüde und wollten nur noch schlafen. Beide waren etwas frustriert, dass ihre vielversprechende Annäherung, durch so einen unangenehmen, rätselhaften Zwischenfall, gestört worden war. „Es ist schade, dass wir noch nicht mehr Zeit füreinander hatten“, sprach Cromnios, aber wir holen das bald nach.“ Xantina nickte: „Ja, wir müssen und jetzt erstmal ausruhen. Ich treffe mich zudem um 5 Uhr nachmittags, noch mit einem taurischen Freund, namens Varunna. Er hat hier in der Stadt einiges zu tun. Ich sollte einigermassen fit sein, wenn er kommt. Wir verabreden uns im Gasthaus zu einem Bier. Du könntest ja auch kommen, wenn du möchtest. Varunna wird es sicher nicht stören. Immerhin… sind du und ich ja jetzt ein Paar.“ Cromnios lächelte und zog Xantina nochmals eng an sich. „Ja, das sind wir und es macht mich zum glücklichsten Mann der Welt.“ Die junge Orcin grinste und küsste ihn, dann aber entzog sie sich seinen Armen und ging heimwärts. Cromnios schaute ihr etwas wehmütig hinterher. Warum nur musste alles immer so kompliziert sein? Er ging nachdenklich zu seinem momentanen Wohnsitz in Ogrimmar zurück, der sich im Tal der Ehre befand. Die Geschichte mit Todesschwinge und diesem seltsamen Kult, der das Ende der Welt verkündete, gaben ihm irgendwie sehr zu denken. Auch dass Thrall, Ogrimmar vermutlich verlassen würde, machte ihm mehr Sorgen, als er für möglich gehalten hätte. Bevor er dem Verrat des Kultes der Brennenden Klinge und jenem von Asurania auf die Spur gekommen war, war er davon überzeugt gewesen, dass Thrall nicht der richtige Anführer für die Horde war. Asurania hatte ihn sehr stark beeinflusst. Manchmal glaubte er sogar, sie habe einen Zauber über ihn geworfen, der in blind werden liess, für das was wirklich um ihn herum geschah. Nun fürchtete er sich vor dem Gedanken, Thrall zu verlieren. Etwas kam auf sie zu, etwas, dass noch niemand wirklich zu erfassen vermochte. Der Gedanke an die nahende Zukunft, erzeugte in Cromnios ein ähnliches Gefühl, wie er es stets in seinem Traum vom Tempel Atal Hakkar und seiner Mutter empfand. Etwas Dunkles, äusserst Bedrohliches kam auf sie zu und niemand wusste, was es genau war und was noch alles geschehen würde…