6. Kapitel
Traumwandler, weiter nach Ogrimmar
Aeternias spürte irgendwie eine seltsame Unruhe in sich, als er wieder zurück ins Königsviertel ging. Nun hatte er endlich mal eine Person getroffen, welche sich in der Kunst der Paladine verstand und er konnte nicht mal länger mit ihr reden. Dabei war ihm das, was er von diesen heiligen Kriegern gehört hatte, nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Irgendwie hatte sich einfach etwas in ihm verändert, seit diese… Priesterin ihn mit einem Zauber unter ihre Kontrolle gebracht hatte.
Als er den dunklen Gang zum Gemach der Fürstin durchquerte, kam ihm auf einmal Dabog Goodheart entgegen, der vor Kurzem zusammen mit ihm zur Leibwache von Sylvanas aufgestiegen war. Auch Dabog war Opfer des Zaubers der Priesterin geworden, welche scheinbar einst Dabogs Liebste gewesen war. Dieses gemeinsame Erlebnis verband die beiden Verlassenen irgendwie und hatte sie wohl beide ziemlich verändert. Denn Dabog benahm sich oftmals ziemlich seltsam. Scheinbar war dies wieder so ein Moment. Denn als er fragte: „Hallo Kollege! Wie geht es unserer Fürstin?“ antwortete Dabog gar nicht, er schaute starr geradeaus und ging einfach an Aeternias vorbei. Dieser fand das Ganze schon etwas seltsam. Es war aber nun Zeit, dass er Sylvanas ihre Sachen brachte.
Als er jedoch den grossen Saal mit der erhöhten Plattform erreichte, wurde er von einem aufgeregten Apotheker, mit dunkler Robe empfangen. „Sie ist wieder wach geworden!“ rief er „Einfach so. Schau!“ Sylvanas war tatsächlich wieder wach. Sie sass noch etwas benommen auf dem Lager, das man für sie hergerichtet hatte. Die Banshee Sharlindra beugte sich über sie und fragte mit ihrer wispernden Stimme: „Meine Fürstin, wie fühlt ihr euch?“ Verwirrt schaute Sylvanas die Banshee an und blickte dann um sich: „W… wo bin ich?“ fragte sie, mit einer Stimme, welche erstaunlich zerbrechlich klang.“ „Na in Unterstadt meine Herrin, ihr seid plötzlich eingeschlafen und ihr… habt scheinbar schreckliche Dinge geträumt. Das meiste handelte vom Lich King. Sie haben seinen Namen immer wieder gesagt, auch seinen Namen, den er als Lebender hatte: Arthas Menethil.“ „Ich… habe geträumt? Aber… all das war so real. Ausserdem Sharlindra, wir träumen doch gar nicht mehr.“ „Ihr habt aber geträumt, schreckliche Alpträume, wie es scheint und…ihr seid nicht die Einzige hier. Es hat auch schon einige andern erwischt.“ Apotheker Griffs, beugte sich ebenfalls zu Sylvanas herunter und sprach: „Wir haben alles versucht, grosse Fürstin und meine Leute und ich arbeiten auf Hochtouren, um der Sache auf die Spur zu kommen. Bisher fanden wir nichts heraus.“ „Dann habt ihr noch nicht hart genug gearbeitet!“ meinte Sylvas mit herrischer Stimme und erhob sich von ihrem Lager. Sie schien nun wieder ganz die Alte zu sein.
„Macht euch sogleich wieder ans Werk! Wir müssen dieser Sache auf die Spur kommen.“ Der Apotheker nickte und schien sehr erleichtert, dass seine Fürstin nun wieder das Szepter selbst in die Hand nehmen konnte. „Eine Spur haben wir vielleicht. Ein Mann namens Dabog. Er kam von Tarrens Mühle. Er wurde auch von diesem seltsamen Schlaf übermannt, doch bei ihm war es irgendwie anders. Er hat sich auf einmal wieder beruhigt und es sieht so aus, als hätte er dann etwas sehr Schönes geträumt. Dann wachte er wieder auf. Auch der… seltsame Nebel, der euch bedrohte, wich vor ihm zurück. Er war uns eine grosse Hilfe, aber er will nicht, dass wir ihn untersuchen.“ „Es wird ihm nichts anderes übrigbleiben, jetzt da seine Fürstin wieder da ist. Wo ist dieser Dabog jetzt?“ Sylvanas schaute sich um und der Apotheker trat dasselbe. „Er ist nicht mehr da“, sprach er dann erschrocken. „Gerade war er doch noch hier!“ Hat ihn jemand gesehen?“ „Ja, er kam mir entgegen, als ich die Halle betrat“, meldete sich Aeternias. „Er war etwas seltsam, hat mich keines Blickes gewürdigt auch als ich ihn direkt ansprach, reagierte er nicht.“ „Dann bring ihn sofort her!“ herrschte ihn Sylvanas an und ihre Augen funkelten wie leuchtende Rubine. Sie schien wieder ganz die Alte zu sein. Aeternias nickte und sprach: „Ja, meine Fürstin, ich werde ihn suchen und wieder zu euch bringen und wenn ich ihn an seinem langen Pferdeschwanz herziehen muss.“ „So ist es richtig, dann also los!“ rief die Fürstin und das wispernde Echo ihrer Stimme, widerhallte von den dunklen Wänden des Saales. Aeternias wandte sich um und ging den Weg zurück, den er gekommen war. Wo mochte dieser Dabog nur stecken? Er fragte einige Leute, die ihm begegneten. Von ihnen erfuhr er, dass sich Dabog vermutlich Richtung Ausgang bewegte. Alle die ihn jedoch angetroffen hatten, erzählten ebenfalls, dass er sehr komisch gewesen sei, wie nicht mehr ganz auf dieser Welt. Das klang nicht gut. Hoffentlich hatte dieser seltsame Schlaf ihn nicht doch noch einmal übermannt und ihn nun zu einem der berüchtigten Schlafwandler gemacht.
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Dabogs Seelen- Ich, welches nun schon endlos lange durch den smaragdgrünen Traum zu wandeln schien, war in grossem Aufruhr. Sein Herz, welches eigentlich gar kein wirkliches Herz mehr war, klopfte ihm bis zum Hals. Er musste irgendwie eingeschlafen sein. Ein seltsamer Zustand, wie ein Traum in einem Traum. Als Lebender, hatte er das auch schon einige Male erlebt, doch diese Fälle waren selten. Diesmal war der Traum, im Traum ein Schrecklicher gewesen. Er hatte von Lumnia gehandelt, seiner geliebten Lumnia. Sie war in grösster Gefahr gewesen. Eine dunkle Macht, hatte sie in ihren Fängen gehabt. Es musste ein Dämon, oder irgendwas Ähnliches, sein. Dabog war in diesem Traum ein Hauptakteur gewesen. Er hatte Lumnia versucht zu retten, doch diese war dem grossen Bösen trotzdem zum Opfer gefallen. Es hatte sie in tausend Stückte gerissen und ihr Blut klebte überall an Dabog. Voller Entsetzen fuhr der Mann aus dem Traum hoch und betastete seine Kleider, welche zum Glück völlig sauber waren. Während er so über die schrecklichen Bilder nachdachte, die er eben gesehen hatte, vernahm er plötzlich ein seltsames Flüstern. Noch verstand er keine Worte. Er ging den Geräuschen nach, welche irgendwo aus dem dichten Blätterwerk vor ihm zu kommen schienen. Langsam und vorsichtig bewegte er sich vorwärts. Und schliesslich wurde das Flüstern immer deutlicher. Ein seltsamer Nebel, schien auf einmal vor dem einstigen Menschenkrieger aufzutauchen, ein Nebel, seltsam und schmutzig grün. Doch dies war nur ein kurzer Augenblick und Dabog glaubte an eine Sinnestäuschung. Vor ihm lag noch immer die, unberührt scheinende Welt, des smaragdgrünen Traumes. Doch ein Wind war plötzlich aufgekommen, welcher die Blätter der mächtigen Bäume zum Rauschen brachte. Das sanfte, grüne Licht, welches alles hier einhüllte, schien plötzlich nicht mehr so klar und rein wie vorher, doch diese leichte Verdunkelung, fiel dem jungen Mann nicht so wirklich auf. Die Stimmen, die zu ihm wisperten, wurden lauter und lauter, bis er einige Worte verstand. Vor sich sah er auf einmal die schemenhafte Gestalt von Lumnia. Sie schaute ihn liebevoll an, winkte ihn zu sich. Er verschnellerte seinen Schritt, rief ihren Namen, doch in diesem Augenblick, senkte sich ein mächtiger Schatten über sie! Die Bäume schienen auf einmal zum Leben zu erwachen. Sie veränderten sich. Ihre Blätter, wurden plötzlich spitzig wie Messer, ihre Äste wirkten, als ob sie versteinern würden. Die Erde unter ihnen, wurde zu einer schleimigen, schmutzig grünen Masse und zwischen den Wurzeln, welche sich nun plötzlich wie Schlangen wanden, quollen auf einmal hunderte von Insekten hervor: Tausendfüssler, Käfer und andere Aasfresser.
Die schrecklichen Äste fuhren herab und durchbohrten Lumnia! Sie hoben sie hoch hinauf, tiefrotes Blut quoll aus hunderten von Wunden, ihr fürchterlicher, erstickter Schrei drang Dabog durch Mark und Bein. „Nein!“ sprach der junge Mann zu sich selbst „das kann nicht sein, dass darf nicht sein! Lumnia ist unmöglich hier! Sie ist lebendig! Sie hat diese Welt noch nie betreten!“ Er widerstand, einer höheren Eingebung folgend, dem unbändigen Drang zu ihr zu laufen, um sie zu retten. Der Nebel, den er vorhin nur am Rande wahrgenommen hatte, erschien nun wieder und wallte um den Leichnam seiner Liebsten herum, der nun über und über mit den schrecklichen Insekten bedeckt war.
Und dann vernahm er wieder das Flüstern. „Du hättest sie retten sollen! Immer wieder versagst du. Du hast Lumnia einfach allein gelassen, bist in eine deiner Schlachten gezogen, nur um noch mehr Triumph zu ernten. Du hast sie allein gelassen und dann wurdest du zu einem dieser schrecklichen Untoten. Nur wegen dir, musste sie auch sterben, nur wegen dir! Du bist ein Versager, ein Nichts! Du hast eure Liebe geopfert und ihr Herz gebrochen.“ Aus dem fürchterlichen Schleim, bestehend aus Insekten und Blut, erhob sich Lumnia nun auf einmal wieder. Ihr Körper war schwarz, verbogen und entstellt, ihr einst wunderschönes Gesicht, zerfetzt und rote Augen, glommen in tiefen Augenhöhlen. Dabog stockte der Atem vor unsäglichem Entsetzen. Lumnia starrte ihn an und ihre Stimme, welche nun wie die einer Banshee klang, sprach: „Ich hasse dich Dabog! Ich hasse dich dafür, dass du mich so unglücklich gemacht hast, dafür, dass du mich verlassen, mich allein zurückgelassen hast, ohne Hoffnung, ohne Zuversicht. Du bist schuld, dass ich zu einer schrecklichen, untoten Kreatur wurde, ohne Seele, ohne wirkliches Leben. Du wirst dafür büssen… dafür büssen!“ „Nein, nein!“ schrie Dabog. „Das ist nicht wahr, das ist nicht mit Lumnia passiert! Ich spürte, dass sie lebt, ich spürte dass sie atmet. Ich stand stets mit ihr in Verbindung, seit ich hier bin. Sie wäre auch niemals so rachsüchtig. Was du auch immer bist, weiche von mir! Weiche von hier, beim ewigen Licht!“ Sein Seelen- ich, begann hell zu stahlen, als er diese Worte sprach. Dieses Licht dehnte sich immer weiter aus und traf die schreckliche Szenerie. Und so wie sie aufgetaucht war, war sie auch wieder verschwunden.
Dabog schaute sich ungläubig um, der Wald und die grünen Wiesen des smaragdgrünen Traumes, lagen wieder in ihrer ganzen, reinen Unschuld vor ihm. Auch Lumnia war verschwunden. Der junge Mann seufzte tief und liess sich müde zu Boden sinken. Schliesslich drehte er sich auf den Rücken und schaute gedankenverloren hinauf in die grünlichleuchtende Sonne. Was war nur geschehen? Er wusste, dass alles mit Lumnia, war nicht real gewesen, denn tief in seinem Innern, spürte er, dass alles mit ihr in Ordnung war. Doch wie lange würde das noch so sein? Hatte er vielleicht eine mögliche Zukunft gesehen, oder einen Teil davon? Schwebte sie wirklich in einer Gefahr, welche noch nicht abzusehen war? Sie würde ihm helfen wollen, sie würde versuchen seinen untoten Körper, der noch immer auf der Erde von Azeroth wandelte, zu erlösen, vielleicht hoffte sie sogar, die Seele von Dabog wieder zurück zu holen, doch das konnte sie auch in Gefahren bringen… Auf einmal zuckte er zusammen. Ja er spürte, dass sie irgendwie in Gefahr war und dass sie eines besonderen Schutzes bedurfte. Doch er konnte ihr hier nicht helfen, ausser vielleicht… plötzlich kam ihm ein Einfall, ein kühner bestimmt, aber vielleicht funktionierte er.
Dabog konzentrierte sich und versuchte mit seinem untoten Körper in Kontakt zu treten. Das war ihm schon mal gelungen. Er wusste zwar nicht, wie es genau funktioniert hatte, aber noch bestand eine Verbindung, eine sehr dünne, kaum spürbare zwar, aber dennoch ein schmales Band, welches jedoch auch sehr leicht zerreissen konnte. Vielleicht war das eine Chance endlich etwas zu tun, etwas das ihm half, die schreckliche Untätigkeit, zu der er bisher verdammt gewesen war, zu durchbrechen.
Er lenkte sein ganzes Sein, auf seinen einstigen Körper, versuchte die Aufmerksamkeit selbigen auf sich zu ziehen. Die Verlassenen waren zwar untot, besassen keine Seele mehr, aber einige Erinnerungen und einen Verstand, besassen sie noch. Das war vermutlich noch eine Restessenz der Seele, welche den untoten Körper einst bewohnt hatte. Und… Dabog versuchte seinen liebsten und stärksten Gedanken an seine, von Nekromantie am Leben erhaltenen Hülle zu senden, der Gedanke an Lumnia und seine Angst um sie. Während er diese Gedanken immer mehr intensivierte, geschah mit ihm plötzlich etwas sehr Seltsames. Auf einmal tat sich vor ihm eine Art Portal aus dunkelblauen, wirbelnden Lichtern auf. Von diesem Portal wurde das Seelen- Ich von Dabog, wie durch einen grossen Staubsauger angesogen. Der junge Mann schrie auf, als er den Halt verlor und in die wirbelnde Masse hineingezogen wurde. Was war das bloss? Trotz allem fühlte er aber seltsamerweise keine Furcht. Es war ihm sogar plötzlich, als ziehe ihn der Strudel, an einen ihm bereits sehr vertrauten, Ort. Ein Licht erschien nun am andern Ende des Strudels, der ihn wild umherwarf. Immer stärker wurde der Sog, doch dann prallte Dabog plötzlich gegen etwas Hartes.
Der Durchgang in das seltsame Licht, war mit einem eigenartigen Gitter verschlossen. Es schien, als würden die Gitterstäbe leben. Sie bewegten sich und verformten sich immer wieder. Fratzen bildeten sich aus ihnen, Fratzen, die ihre Münder weit aufgesperrt hatten und schrecklich heulten und schrien. Als Dabog gegen das Gitter prallte und der Sog dahinter ihn an diese heranpresste, griffen kalte Hände nach ihm. Er sah ganz nahe vor sich die schrecklichen Fratzen, stöhnte und versuchte sich zu befreien. Der Sog, der in das Licht führte schwächte sich noch immer nicht ab. Mit grimmiger Entschlossenheit, stemmte sich Dabog von dem Gitter weg, schlug nach den Händen und Münder, welche ihn angriffen. Es waren die nekromantischen Geister, geboren aus einer unheimlichen, dunklen Magie, welche jenseits von Dabogs Vorstellungskraft lag. Doch er würde nicht aufgeben, jetzt da er so weit gekommen war. „Macht den Weg frei!“ sprach er. „Es ist mein Recht hier zu sein. Das Portal ist für mich geöffnet worden.“ „Oh nein!“ hörte er die Echos hunderter von Stimmen. „Wir lassen dich nicht durch.“ „Doch, das werdet ihr, mein Name ist Dabog Goodheart. Weichet!“ Als die verderblichen Geister diesen Namen hörten, stöhnten sie laut und erschrocken auf. „Wie kommst du hierher?“ fragten sie. „Wie ich sagte, ein Portal ist für mich geöffnet worden. Man ruft mich am andern Ende, also hinweg mit euch!“ Er schloss seine Augen und versuchte seinen rasenden Puls zu beruhigen. Dann atmete er tief ein und liess alles Schwere los. Die lebenden Gitter dehnten sich plötzlich aus und verbogen sich, so dass der junge Mann von dem Sog hindurch gezogen werden konnte. Und dann auf einmal fand er sich in einem seltsam schweren Körper wieder! Es fühlte sich an, als würde er in einen eisigkalten Strudel eintauchen. Er keuchte auf, so ein Schock war das was er hier erlebte. Die ganze Leichtigkeit und Transzendent seines geistigen Körpers war verschwunden. Was ihn hier empfing war Leere, Kälte, Schmerz und… ein unglaublicher Gestank, der von ihm selbst auszugehen schien. Er war in seinen alten Körper eingetaucht und dieser setze sich nun, seinen Befehlen folgend, in Bewegung… Noch war es jedoch ein fremdes Gefühl, ein Gefühl nicht zu vergleichen mit einem wirklichen Leben. Dabog begriff, dass er für einen Moment die Kontrolle über seine alte Hülle zurückgewonnen hatte, doch es war als wären nun zwei Wesen in selbiger beheimatet. Er selbst und der nekromantische Geist, der das Etwas das Dabogs Seele zur Zeit steuerte, am Leben hielt. Noch konnte der junge Mann das Ausmass des Ganzen nur schwer erfassen. Er wurde nur von einem Gedanken getrieben: Lumnia vor einem schrecklichen Schicksal zu bewahren. Wie lange er dauern würde, bis der Wille, der seinen alten Körper sonst antrieb, sich sein Terrain zurückeroberte, wusste er noch nicht, aber er würde so lange es ging, die Überhand behalten.
Gerade als Dabogs Seele die Schranke überschritt, um seinen alten Körper für einen Moment in Besitz zu nehmen, fiel dieser wieder in einen tiefen Schlaf.
Niemand merkte das, denn die Aufmerksamkeit aller war zur Zeit auf Lady Sylvanas gerichtet, welche wie durch ein Wunder, wieder aus ihren Träumen erwacht war. Ihr Wille hatte ihr vorerst geholfen, sich gegen die schreckliche Kraft der fürchterlichen Träume, zu behaupten. Doch die Träume von Dabog dem Untoten, waren anderer Natur. Sie verbanden ihn mit seiner Seele und damit auch mit seiner einstigen grossen Liebe Lumnia, welche er um jeden Preis retten wollte. Etwas trieb ihn an, die dunkle Unterstadt zu verlassen und sich auf den Weg zu den Nachtelfen zu machen, welche vermutlich als Einzige wussten, was weiter zu tun war. Dieses Volk war es, welches noch die engste Verbindung mit den unsichtbaren Mächten des Universums, der Natur und auch mit den grossen Drachenaspekten besass. Sie kannten die Natur des Smaragdgrünen Traumes und wie man diesen womöglich wieder verlassen konnte. Vielleicht wussten sie auch, wie eine Seele dauerhaft in seinen Körper zurückkehren konnte. Dabogs Seelen- Ich erschauderte zwar bei diesem Gedanken, so eine Art von Körper zu bewohnen, aber vielleicht liess sich da ja auch eine Lösung finden. Darum trieb er seinen alten Körper zur Eile an. Er wusste, auch durch das Wissen, welches er nun automatisch mit seinem Untoten- Ich teilte, dass es gleich ausserhalb der Unterstadt eine Zeppelin- Anlegestelle gab. Von dort gelangte man nach Ogrimmar und von dort ins Nachtelfenreich. Wie es dann weiterging, darüber wollte er vorerst nicht nachdenken.
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Gwydyon und seine beiden Begleiterinnen, hatten mittlerweile die Unterstadt wieder verlassen und als sie endlich die dunklen, von Tod beherrschten Gemäuer hinter sich liessen, atmeten sie alle drei hörbar auf. Eine erfrischende Brise, wehte ihnen entgegen, als sie vor die Stadttore hinaustraten. „Ich bin wirklich froh, dass wir wieder draussen sind“, sprach Tyrande. „Gwydyon nickte zustimmend und Balduraya meinte: „Ja, auch ich bin eigentlich sehr froh. Die Idee die Stadt näher anzuschauen, war wohl keine so Kluge. Doch dieser Aeternias war seltsam. Er sagte, er interessiere sich für die Paladine und wollte sich noch länger mit mir darüber unterhalten. Dabei dachte ich immer, die Untoten hassen das Licht.“ „Tun sie normalerweise auch“, gab Gwydyon zurück, während die drei einen mit Kopfsteinen gepflasterten, breiten Weg hinab gingen, welcher flankiert war, von den dunkelblauen Fahnen Lordaeron’s. Einige hundert Meter vor sich, erblickten sie nun zwei hohe, schwarze Türme, mit Plattformen, an denen ein Zeppelin gut anlegen konnte.
Es würde noch eine knappe Viertelstunde dauern, bis das Luftschiff nach Ogrimmar losflog. Es befand sich bereits hier. Man hatte es aus Holz gefertigt und mit Häuten überzogen. Der Ballon, welcher es in der Luft hielt, bestand aus violettem Tuch. „Wir müssen uns sputen!“ rief der Blutelf und beschleunigte seinen Schritt. Die Frauen taten es ihm nach.
Balduraya ging zuhinterst, als sie plötzlich aufgeregte Schreie hinter sich vernahm. „Dabog, Dabog! Wo willst du bloss hin, die dunkle Fürstin will dich sehen!“ Balduraya drehte sich um und sah vom Stadttor her, zwei Personen in ihre Richtung kommen. Sie hielt inne und schaute, was da vor sich ging. Ein Untoter mit einem langen Pferdeschwanz und vernarbtem Gesicht, kam auf sie zu. Er lief nicht, aber sein Schritt war schnell und entschlossen. Seine Augen jedoch, blickten seltsam abwesend und er murmelte vor sich hin: „Muss Lumnia finden, muss zu den Nachtelfen…“ diese Worte wiederholte er immer wieder. Es war richtiggehend grotesk. Sie schaute ihm erstaunt nach, als er an ihr vorbeieilte. „Haltet ihn auf!“ rief die andere Person, welche den Verlassenen mit dem Pferdeschwanz scheinbar einfangen wollte. Erstaunt erkannte Balduraya, dass es sich dabei um den Untoten handelte, den sie kurz vorher kennengelernt hatten. „Aeternias, was ist denn los?“ „Haltet ihn doch endlich auf!“ rief dieser nun sichtlich verärgert. „Er darf uns nicht entwischen!“ Gwydyon und Tyrande die mittlerweile auch stehen geblieben waren, hörten die Aufforderung und stellten sich dem Untoten, bei dem es sich scheinbar um Dabog handelte, in den Weg. Dieser aber liess sich nicht beirren, wich ihnen einfach aus und ging auch an ihnen vorbei. Gwydyon war verärgert, dass dieser Untote sie einfach so ignorierte und stellte sich ihm erneut in den Weg. „Muss Lumnia finden, muss sie retten, muss zu den Nachtelfen!“ murmelte Dabog erneut und setzte seinen Weg mit einer Hartnäckigkeit fort, die alle Anwesenden ratlos machte. Aeternias war nun ebenfalls bei ihnen angelangt und packte den andern Untoten mit seinen Klauen, unsanft an der Schulter. Dabog schrie bei diesem direkten Angriff auf und zog sogleich sein Schwert, welches er Aeternias an die Kehle hielt. Dieser liess ihn erschrocken los und blickte in die Augen seines Gegenübers, die immer noch von einer seltsamen Leere erfüllt waren. „Hej, schon gut mein Freund!“ Aeternias hob beschwichtigend die Hände „Ich will nicht mit dir kämpfen, aber die dunkle Fürstin ist aufgewacht und sie verlangt nach dir.“
Bei diesen Worten schien sich der Blick des Verlassenen mit dem Pferdeschwanz für einen Sekundenbruchteil zu klären. „Meine Fürstin… ist wieder erwacht?“ „Ja, komm wir müssen zu ihr.“ Aeternias wollte ihn erneut am Arm fassen, um ihn mit sich zu ziehen. Doch Dabog riss sich los. „Nein! Muss zu Lumnia, muss zu den Nachtelfen…“ Der Untote setze seinen Weg nun unbeirrt weiter fort. Die Blutelfen zuckten hilflos mit den Schultern. Balduraya sprach. „Ich versuche mal mit ihm zu sprechen und ihn etwas zu beruhigen.“ Sie lief Dabog hinterher und legte ihm sanft ihre Hand auf den Rücken. Erstaunt blickte sich dieser um, als er die zarte Berührung spürte.
„Mach dir keine Sorgen Dabog“, sprach sie „wir werden Lumnia bestimmt finden und auch zu den Nachtelfen, reisen wir mit dir. Das ist sowieso auch unser Ziel. Wir sind als Pilger unterwegs. Vertraue uns, wir tun was wir können, um dir zu helfen.“ Die Augen des Untoten richteten sich nun auf die junge Frau und in seinem Ausdruck, lag beinahe etwas Kindliches. „Ihr wollt auch zu den Nachtelfen?“ „Ja genau. Du kannst mit uns kommen, du musst keine Angst haben.“ Sie legte den Arm liebevoll um den Verlassenen, seinen Geruch ignorierte sie einfach, so gut es ging. Dabog liess sich von ihr nun ruhig Richtung Zeppelin- Türme führen. „Aber… startete Aeternias einen letzten, schwachen Versuch „Eigentlich hat die Fürstin nach ihm verlangt…“ „Versuch ihn doch aufzuhalten!“ meinte Gwydyon sarkastisch. „Der bringt dich glatt um, wenn das für solche wie dich, überhaupt noch eine Rolle spielt…“ Aeternias schaute ihn finster an, doch es war nicht die Eigenschaft der Untoten, sich zu sehr von solchen Äusserungen provozieren zu lassen. „Ich weiss, dass du nicht sehr viel von unsereinem hältst, wir halten auch nicht viel von den Lebenden, aber so wie es aussieht, muss ich euch wohl begleiten. Ich kann Dabog ja nicht alleine mit euch lassen. Er scheint mir sehr verwirrt und etwas steckt dahinter. Das will ich rausfinden und dann werden ich Ruhm bei der Fürstin und meinem Volk ernten.“ „Oder du wirst bestraft, weil du den Auftrag nicht ausgeführt hast, den dir die Fürstin auftrug“, gab der Blutelf nüchtern zurück. „Ich werde eine Nachricht nach Unterstadt schicken lassen, sobald wir in Ogrimmar sind“, meinte Aeternias gleichmütig.
Gwydyon erschien das irgendwie seltsam. Es kam ihm fast so vor, als ob dieser Untote noch andere Pläne verfolgen würde. Tatsächlich war es auch so. Aeternias sah diesen Vorfall als einen Wink des Schicksals. Er hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, zu versuchen seine Seele zurück zu gewinnen. Er wollte Paladin werden. Nicht weil es ihn etwa zum Licht hinzog, jedenfalls nicht bewusst und auch nicht, weil es ihm ein Bedürfnis war, dem Licht und den Menschen zu dienen. Sondern einfach nur, weil er glaubte als Untoten- Paladin viel mehr Möglichkeiten und Macht zu haben. Am liebsten wollte er die Fähigkeiten seiner Rasse, mit den Fähigkeiten der Paladine, zu einem perfekten Zusammenspiel bringen. Noch wusste er nicht so genau, wie das vonstattengehen sollte, aber Dabogs seltsamer Zustand, führte ihm vor Augen, dass viel mehr möglich war, als er bisher geahnt hatte. Irgendwie verhielt sich sein Kollege, als ob er wieder am Leben wäre. Er war irgendwie so emotional, beinahe kindlich. Das blosse Gegenteil von den Verlassenen, welche überhaupt nichts von diesen Dingen waren. Es schien Aeternias, als würde Dabog zurzeit von einem Willen angetrieben, der jenseits dessen lag, was er sich vorzustellen vermochte. Ausserdem war seine Fürstin ja wieder erwacht und zur Zeit, brauchte sie ihn nicht mehr so dringend. Auch das Verantwortungsgefühl war bei den Untoten anders ausgeprägt, als bei den Lebenden. Zwar verehrten sie ihre Fürstin. Doch diese Verehrung hatte nichts mit blinder Hingabe und schon gar nichts mit Liebe zu tun. Liebe war den Verlassenen absolut fremd. Zudem war dieses Volk sehr pragmatisch und wenn sie in einem besonderen Verhalten einen grösseren Nutzen für sich erkannten, dann machten sie sich dieses zu Eigen. Ausserdem…wollte Aeternias unbedingt wissen, was es mit Lumnia und Dabog genau auf sich hatte. Und…. was seinen Kollegen dazu veranlasste, die Priesterin so verzweifelt zu suchen.
Der Verlassene wusste gar nicht, wie nahe er der Wahrheit teilweise war. Denn es stimmte ja tatsächlich, dass Das Untoten- Ich von Dabog, zur Zeit von einem besonderen Willen angetrieben wurde. Tatsächlich hatte es seine Seele, welche bisher die Smaragdgrünen Ebenen durchstreift hatte geschafft, seinen einstigen Körper für einige Zeit lang zu übernehmen. Zwar wehrte sich das nekromantische Ich noch immer vehement dagegen und vorhin, als dieser…wie hiess er noch gleich? - Aeternias- das von der dunklen Fürstin gesagt hatte, da hatte Dabogs Seelen- Ich richtig kämpfen müssen, um die Kontrolle auch weiterhin zu behalten. Er wusste auch nicht, wie lange er das noch schaffen würde. Die Verlassenen besassen einen ausserordentlich starken Willen. Aber wenn er es nur bis zum Zeppelin, oder vielleicht gar bis Ogrimmar schaffte… Er war sehr froh, dass sich dieses wunderschöne Mädchen, wie war ihn Name noch? -Ach ja, Balduraya! - sich für ihn eingesetzt hatte.
Er sah durch die Augen seines Untoten- Körpers, noch nicht sonderlich deutlich. Alles war irgendwie verschwommen, als ob er durch einen dünnen Nebel hindurch blicken würde. Doch trotzdem hatte er die Liebenswürdigkeit und das ehrliche Mitgefühl der jungen, schönen Elfin gespürt und dies hatte ihn sehr berührt. Irgendwie erinnerte sie ihn ein wenig an Lumnia. Sie hatte eine sehr ähnliche Haarfarbe und Frisur. Der Unterschied zwischen den beiden, zeigte sich vor allem in den unterschiedlichen Augen. Die Augen von Balduraya leuchteten, wie die aller Blutelfen, in einem magischen, hellgrünen Licht. Diese Augen waren durch die viele, arkane Magie entstanden, welche das Leben der Blutelfen beherrschte. Bisher hatte Dabog überhaupt nichts von dieser Rasse gehalten. Aber nun das er Balduraya kennengelernt hatte, änderte er seine Meinung. Es gab überall sehr gleichgültige, aber auch sehr mitfühlende Wesen.
Es dauerte nicht lange und die fünf Reisenden kamen bei den Zeppelinen an. Sofort stiegen sie die steile Treppe zu den Plattformen empor und Gwydyon vermisste einmal mehr die bequemen Teleportationskugeln, welche es in seinem Reich überall gab. Hier war sowieso alles ganz anders und viel ungemütlicher. Tirisfal war ein Ort des Todes und der Schatten. Das Sonnenlicht wurde von einem grünen Nebel getrübt, der über allem zu liegen schien. Der Himmel schimmerte grün und auch die Erde bestand vorwiegend aus Schattierungen von schwarz-grün- braun. Hier konnten sich wirklich nur noch Untote heimisch fühlen.
So war er froh, als er endlich die Fahrkarten nach Ogrimmar in der Hand hielt.
Dabogs Seelen Ich, bekam all das mit. Er beobachtete, wie die Reisenden die Fahrkarten kauften, sah die gelbhäutigen Goblins, welche den Zeppelin steuerten. Bald würde sie in Ogrimmar sein und dann konnte er sich vielleicht ein wenig ausruhen.
Aeternias war ebenfalls erleichtert, als die das Luftschiff betraten, welches ganz leicht unter ihnen schwankte. Die Goblins begrüssten alle, freundlich wie üblich. „Ich werde mich hier ein wenig umsehen“, sprach Aeternias schliesslich. Die Blutelfen nickten leicht, nahmen aber nicht sehr viel Notiz von ihm, zu aufgeregt waren sie, das erste Mal mit einem Zeppelin zu fliegen. Es würde ein paar Stunden dauern, bis sie in Kalimdor waren. So schlenderte Aeternias unauffällig zu einer Treppe, welche zum oberen Deck führte. Diese bestand aus hellem Holz, wie die ganze Innenausstattung des Zeppelins. Unten in der Kombüse selbigen, konnte man sich etwas zu essen und zu trinken holen und es gab auch ein paar Hängematten und einfache Feldbetten, um sich etwas hinzulegen. Doch Aeternias interessierte sich für all diese Dinge nicht. Er wollte allein sein. Als er das Oberdeck erreichte, schaute er hinunter auf das karge Land von Tirisfal. Dies alles hier, war einst von der Geissel verwüstet worden. Damals hatte der Lich King die schreckliche Idee gehabt, das Getreide in Lordaeron mit der Untoten- Seuche zu infizieren und an das Volk zu verteilen. Jene die davon assen, starben und auferstanden als schreckliche Kreaturen wieder, welche teilweise noch heute durch die verderbten Wälder und Felder streiften. Aeternias konnte einige von ihnen von hier aus sehen und einmal mehr fühlte er den Stolz darüber, dass er selbst zu den Verlassenen- den Kindern von Sylvanas gehörte, welche sich von der Geissel frei gemacht hatten. Dennoch die Nachwirkungen der schrecklichen Seuche, waren noch überall spürbar. Kaum etwas wuchs hier noch, er war ein karges Land und der Himmel immer noch verpestet von Überbleibseln der Verderbnis. Diese Gegend musste für die Lebenden sehr unwirtlich und seelenlos wirken. Doch für Verlassene wie Aeternias, war es ihre Heimat, welche sie mit aller Macht zu beschützen suchten.
Aeternias ging näher an die Reling heran und beobachtete wie das von Düsternis überschattete Land, unter ihm dahinglitt. Er sah die schwarzen Zinnen von Unterstadt. Den breiten Zugangsweg, gesäumt von dunkelblauen Fahnen.
Einige Laternen brachten etwas Licht ins ständige Dunkel. Dort wo sie auf den Boden fielen, malten sie hellgrüne Kreise. Ein Anzeichen dafür, dass die Wiesen hier einst ebenfalls so fruchtbar gewesen waren, wie jene ihm Hügelland, dass nicht weit von hier entfernt lag. Die Bäume wirkten wie Skelette, die ihre kahlen Äste, in den grünlichen Himmel streckten. Der Zeppelin flog über Brill, mit den hunderten von Grabsteinen. Dort unten lag Eseria begraben. Etwas in Aeternias regte sich, doch er konnte nicht einordnen was es genau war. Daran war nur diese Priesterin Lumnia schuld, welche ihn damals durch ihre Magie, an Gefühlen und Empfindungen hatte teilhaben lassen, von denen er gar nichts mehr gewusst hatte, oder überhaupt hatte wissen wollen. Immer öfters war er nun seltsam verwirrt und handelte dann impulsiv, ohne sich der Folgen wahrlich bewusst zu sein. So z.B. war er einfach von Unterstadt weggegangen. Dieser eingebildete Gwydyon hatte, auch wenn er es ihm nicht gerne zugestand, sicher nicht unrecht, mit dem was er sagte. Vermutlich würde die Fürstin Aeternias eher dafür bestrafen, dass er sein Volk und sie, auf diese Weise im Stich gelassen hatte. Und das nur, weil er wieder irgend so einem Impuls gefolgt war, der eigentlich viel zu viel mit den Handlungen emotionaler Sterblichen gemein hatte. Das was er hier tat, war eigentlich nicht rational, es war eine… er erschrak, als er sich der Tragweite seiner Gedanken bewusst wurde. Ja… es war eine impulsive, eine emotionale Entscheidung gewesen! Gleich jedoch korrigierte er sich wieder: Nein, er wollte ja nur mehr Macht erhalten und darum wollte er das Handwerk der Paladine erlernen. Sein Hauptziel war es, seinem Volk und seiner Fürstin noch besser zu dienen und ja, natürlich ging es ihm auch etwas um den eigenen Ruhm. Aber…war Ruhm nicht auch etwas, nach dem eigentlich Sterbliche verlangten. Verflucht! Er war einfach nicht mehr derselbe, seit diesem Vorfall mit Lumnia!
Finster blickte er hinunter zu Dabog, der ganz ruhig auf einem der geladenen Kisten sass und vor sich hinstarrte. Das Ganze war schon höchst seltsam und wieder hatte diese Menschenpriesterin damit zu tun. Wenn diese ihn schon wie einen ständigen Fluch begleitete, sollte sie wenigstens etwas für ihn und Dabog tun. Er fasste in seine Tasche und zog diskret den Kristall hervor, den die Priesterin bei Tarrens Mühle verloren hatte, um mit ihr in Kontakt zu treten. Einen Moment lang, schaute er den weisslich glänzenden Kristall unschlüssig an. Sollte er es wirklich tun? Sollte er mit dieser Frau in Verbindung treten und damit… in gewisser Weise sein Volk verraten? Die Verlassenen hassten die Menschen besonders, nur die Nachtelfen standen noch höher auf dieser Hassliste, denn sie hatten die Untoten stets besonders heftig verfolgt. Und gerade mit diesen verhassten Kreaturen, sollte Aeternias nun zusammenarbeiten, um seine Seele zurück zu bekommen? Es war doch eigentlich vollkommen verrückt, das alles. Doch trotzdem, hob er den magischen Kristall nahe vor seinen Mund und rief in ihn hinein: „Lumnia! Lumnia, bist du da?“ Es dauerte einen Moment, bis der Kristall auf einmal golden zu leuchten begann. Dieses Leuchten spiegelte sich durch die feinen Facetten, in Aeternias Gesicht. Fasziniert beobachtete er das Schauspiel…
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Lumnia lächelte vor sich hin. Bald würden sie und Dadga erneut zusammen sein können. Er kam nun öfters zu ihr auf Besuch. Er hatte es ja nicht weit von der Kathedrale zu ihrem Haus. Auch seine eigene Behausung lag nicht weit entfernt, an den Kanälen, nicht fern vom Hafen von Sturmwind. Heute war Lumnia oft unterwegs gewesen. In Goldhain hatte man ihre Hilfe gebraucht und so hatte sie Dadga den ganzen Tag nicht gesehen. Nun endlich aber war Feierabend! Was würden sie wohl heute zusammen unternehmen? Voller Freude, verschnellerte sie ihren Schritt. Die Kathedrale mit den weissschimmernden Türmen, die nun in das dunkelrote Licht, der späten Abenddämmerung gehüllt waren, tauchte vor ihr auf. Doch als sie gerade den, mit einem edlen Teppich belegten Kirchenaufgang, erklimmen wollte, hielt sie inne. Sie hörte auf einmal eine Stimme, die nach ihr rief. Sie hörte sie jedoch mehr mit ihrem Geist, als mit ihren Ohren. „Lumnia, Lumnia! Bist du da?“ Vollkommen überrumpelt, griff sie in die Tasche ihrer weiss-silbernen Robe und zog den magischen Stein hervor, der plötzlich golden leuchtete. Sie zog sich in eine ruhigere Ecke des Kathedralenplatzes zurück und strich mit einer Handbewegung über den Stein. „Ich bin hier!“ sprach sie und ihr Herz klopfte einen Moment wie rasend. „Wer…ist da?“ Ein Gesicht begann auf der Oberfläche des Kristalls zu erscheinen. Zuerst glaubte Lumnia, es sei das Gesicht von Dabogs Untoten- Ich, doch dann… erkannte sie das Gesicht von Aeternias, jenem Untoten, den sie damals bei Tarrens Mühle, durch Gedankenkontrolle dazu gebracht hatte, ihr zu helfen. Durch diesen Zauber, hatte Lumnia tiefere Einblicke in das Leben dieses Mannes erhalten und er auch in ihres. Aber wie um alles in der Welt, war er an den weissen Kristall gekommen? „Aeternias?“ sprach sie „Das überrascht mich jetzt aber.“ „Ja, das kann ich mir denken,“ sprach der Verlassene, mit eher finsterer Stimme. „Eigentlich habe ich ja Dabog den weissen Kristall gegeben, ich hatte zuerst gehofft, dass er es ist.“ „Tja, so kann man sich eben irren. Nun du wirst nun leider mit mir Vorlieb nehmen müssen. Dabog hat seinen Stein aber noch, ich habe diesen hier gefunden, du musst ihn verloren haben, nachdem du mich… verhext und dazu gezwungen hast, meine Leute umzubringen. Nenne es Schicksal oder Zufall, dass ich ihn fand.“ Lumnia fühlte sich auf einmal etwas schuldig. „Es tut mir leid, dass ich diesen Zauber bei dir anwandte, aber ich hätte sonst keine Chance gehabt, zu entkommen. Ich danke dir aber, dass du mir geholfen hast, wenn auch unfreiwillig.“ „Davon habe ich herzlich wenig Hohepriesterin. Aber du kannst etwas anderes tun, um es wieder gut zu machen.“ Lumnia wurde misstrauisch. „Was willst du von mir,“ fragte sie kühl. „Nicht viel, nur ein Schreiben, dass es Dabog und mir ermöglicht, nach Darnassus zu reisen. „Dabog?! Ihr beide wollt nach Darnassus?!“ Die Priesterin glaubte sich verhört zu haben. „Ja, du hast das Dabog ja auch angeboten. Damit… er nun ja, seine Seele wieder zurückgewinnen kann. Ich habe näher darüber nachgedacht und ich kam zum Schluss, dass es ein Versuch wert ist. Ausserdem müssen wir aus bestimmten Gründen sowieso nach Darnassus und du kannst uns die nötigen Papiere verschaffen. Ob das mit den Seelen klappen wird, sehen wir ja. Ich mache das auch etwas für Dabog, denn er ist… die letzte Zeit ziemlich komisch geworden und manchmal gibt es so Momente, da macht es den Eindruck als lebe er wieder. Er wollte dich suchen und so begleitete ich ihn einfach mal. Ich persönlich, wäre auch bereits für eine… Seele, denn ich will Paladin werden.“ „Paladin, aber wozu?“ rutsche es Lumnia heraus. „Weil die Paladine mich aus verschieden Gründen faszinieren.“ Lumnia entnahm dem Tonfall des Untoten, dass es nichts brachte noch weiter zu fragen. Ausserdem wollte sie auf keinen Fall die Gelegenheit verpassen, Dabog unter Umständen doch noch von seinem Untoten Schicksal zu erlösen. Dass dieser scheinbar doch öfters von ihr geredet hatte und sich so seltsam aufführte, hatte ihre Hoffnung neu entfacht. So sprach sie: „Paladine kenne ich einige, besonders einen, er ist jetzt mein Liebster.“ „Ach, dein Liebster, “ gab Aeternias ungerührt zurück. „Sowas soll es bei den Lebenden ja geben. Ich erinnere mich nur ganz blass an…Liebe. Und…wie Liebe genau ist, das weiss ich nicht mehr.“ „Weil du eben keine Seele mehr hast. Aber wenn du mit Dabog zu den Nachtelfen reist, vielleicht können sie dir ja helfen. Wir treffen uns dann am Besten in Auberdine. Dort hat es ein Gasthaus in dem ihr vermutlich sowieso rasten werdet. “ „Das wird sich zuerst alles erst herausstellen müssen. Jedenfalls habe ich mich entschlossen, den Schritt zu wagen und auf die Suche nach meiner…verlorenen Seele zu gehen.“ „Das ist wundervoll!“ freute sich Lumnia. „Dann wird es ja doch noch etwas aus der Reise nach Kalimdor.“ „Es sieht so aus, ja. Ich muss einfach vorsichtig sein, vor allem mein Volk darf nichts davon erfahren. Ich nehme an, du musst noch eine schriftliche Erlaubnis einholen, damit Dabog und ich nach Darnassus einreisen können.“ „Darum kümmere ich mich gleich. Wir werden dann Morgen um die Mittagsstunde nochmal miteinander Verbindung aufnehmen und die restlichen Einzelheiten besprechen.“ „Alles klar,“ meinte der Untote emotionslos, „also, bis dann. „Ja, bis dann.“