13. Kapitel
Rätselhafte Ereignisse, gebrochenes Herz
So langsam legte sich die Nacht über die archaischen Zinnen der Stadt Ogrimmar. Der Mond, welcher heute beinahe voll war, ging an einem samtblauen, sternenübersäten Himmel auf. Noch hing die Hitze des Tages in den Gassen und zwischen den trutzigen Gebäuden. Die zugespitzten Stützpfeiler, hoben sich klar und schwarz vom Hintergrund ab. An einigen Stellen, wo weder Mond noch Sternenlicht vordrangen, herrschte absolute Finsternis. Doch die Hauptwege, waren hell erleuchtet. Balduraya, Gwydyons Schwester, ging träumerisch die Strassen zum Tal der Weisheit entlang. Dort, so hatte sie vernommen, befand sich die Gemeinschaft der Paladine. Bis vor kurzem, hatten die Blutelfen, als einziges Hordenvolk zu Paladinen ausgebildet werden können, doch mittlerweile gab es auch unter den Tauren jene, die zu den Kriegern des Lichts ausgebildet wurden. Vielleicht würden noch andere Völker folgen. Doch bisher war es noch nicht so weit. Die Trolle, hingen noch sehr an ihren alten Göttern und die Orcs, interessierten sich mehr für den schamanischen Weg. Die Untoten hatten sowieso keinen Zugang mehr zum Licht, da ihnen die Voraussetzungen dafür fehlten, weil sie eigentlich gar nicht mehr an den Kreislauf des Lebens angeschlossen waren. Auf einmal wurde Balduraya sehr nachdenklich, denn sie musste an die beiden Untoten denken, welche sie hierher begleitet hatten. Besonders Dabog ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Er war ein äusserst seltsamer Geselle. Irgendwie hatte sie ihn ins Herz geschlossen. Dabei war ihr klar, dass dies eigentlich vollkommen verrückt war. Wie konnte man so etwas für eine Kreatur, welche gar keine Seele mehr hatte, empfinden? Doch… etwas an diesem Verlassenen war anders. Auch Aeternias war anders. Sie hatte noch nie erlebt, dass ein Untoter sich so sehr für den Weg der Paladine interessierte. Es war beinahe eine Obsession, wie er so angestrengt versuchte, dieses Ziel zu erreichen. Schon weil seine, zumindest offensichtlichen Beweggründe dafür so gar nichts mit dem wahren Weg der Lichtkrieger zu tun hatten. Zwar gab sie ihm bereitwillig Auskunft, wenn er sie gewisse Dinge fragte. Aber dabei verlor sie nie aus den Augen, dass niemand Paladin werden konnte, ohne wirklich an die Quelle des Lichts angeschlossen zu sein. Obwohl… Priester gab es auch bei den Untoten. Diese jedoch hatten irgendwie gelernt, ihre Kraft vor allem aus dem Schatten zu beziehen. Das blieb für die Lebenden ein Mysterium. Konnte es womöglich also doch sein, dass die Verlassenen auch Paladine werden konnten? Und wenn ja, woraus würden sie ihre Kraft beziehen können? Auch aus den Schatten? Doch… die Fähigkeiten des Paladins richteten sich auch sehr darauf aus, besonders effizient gegen Untote vorzugehen. Vermutlich also, hätte sich ein Verlassener selbst zerstört, wenn er diesen Weg beschritten hätte. Trotzdem wollte Aeternias nicht von seinem Ziel ablassen. Obwohl sie ihm schon so oft erklärt hatte, dass die Haupttugenden eines Paladins auf Respekt, Geduld, aber vor allem Mitgefühl basierten, was die Untoten zum grossen Teil gar nicht zu empfinden vermochten. Denn vor allem die letzte Tugend des Mitgefühls, war ohne Seele schlicht nicht möglich. Aeternias jedoch glaubten trotzdem, dass ihn sein Wille einst ans Ziel führen würde. „Ich werde einen Weg finden, die Fähigkeiten des Paladins zu nutzen und wenn ich meine Macht aus andern Quellen beziehen muss, oder es ein gewisses Mass an Leid für mich bedeutet, dann bin ich dazu bereit.“ „Aber warum, ausgerechnet Paladin?“ fragte ihn Balduraya dann oft. „Es gibt doch sonst so vieles, das du machen könntest. Wie wäre es z.B. mit Priester, die Untoten haben ja auch ihre Priester.“ „Priester jedoch sind körperlich und kämpferisch schwach. Ich bin im Herzen ein Krieger.“ „Dann bleib doch einfach dabei!“ erwiderter Balduraya dann jeweils etwas ungehalten. „Ein Krieger hat nicht dieselbe Macht wie ein Paladin. Er kann nicht heilen.“ „Aber warum ist es dir so wichtig, Heilkräfte zu haben?“ Aeternias schaute die junge Blutelfe etwas spöttisch an. „Du bist ja auch Paladin geworden. Warum nicht Kriegerin, oder Waldläuferin wie deine Freundin?“ „Ich bin Paladin geworden, weil es mir wichtig ist den Menschen zu helfen, ich möchte die Fähigkeit der Heilung haben um Leid zu lindern und natürlich ist es von Nutzen, wenn man sich im Kampf auch selbst heilen kann.“ „Und genau das ist der springende Punkt!“ rief Aeternias aus, als hätte er eine wichtige Entdeckung gemacht. „Wenn du ehrlich bist, dann geht es dir doch vor allem darum, dich selbst heilen zu können und die Anerkennung, welche du jeweils von den andern erhältst, wenn du sie heilst, wirst du auch geniessen. Du hast Macht, Macht ist es doch um die es hier vor allem geht.“ „Das trifft vielleicht für einen Verlassenen wie dich zu“, erwiderte Balduraya nun sichtlich wütend. „Doch das ist es ganz sicher nicht, was den wahren Paladin antreibt. Du hast keine Seele, darum erschliessen sich dir Liebe und Mitgefühl nicht in dem Masse, wie jenen die eine Seele haben. Und weiter will ich darüber jetzt nicht diskutieren! ...
Balduraya wurde schon jetzt, da sie an dem friedlichen, glasklaren See stand wieder ärgerlich, wenn sie an diese Gespräche dachte. Manchmal ging ihr Aeternias furchtbar auf die Nerven…
„Aeternias kann manchmal schon nerven, habe ich recht?“ vernahm sie plötzlich eine Stimme hinter sich. Sie drehte sich etwas erschrocken um, auch weil der Neuankömmling genau die Gedanken ausgesprochen hatte, welche sie gerade beschäftigt hatten. Vor ihr stand Dabog. Sein Aussehen und sein Geruch, befremdete sie noch immer etwas, auch wenn sie sich schon etwas daran gewöhnt hatte. Erstaunt schaute sie ihn an und meinte: „Kannst du zufällig Gedanken lesen? Das habe ich nämlich gerade gedacht. Auch wenn… nun ja…“ sie wurde plötzlich verlegen „diese Gedanken eines Paladins eigentlich nicht würdig sind.“ „Du bist zu streng mit dir selbst!“ erwiderte Dabog leichthin und setzte sich auf einen Stein, am Rand des Teiches. „Nein, eigentlich sollte ich meine Gedanken rein halten.“ Dabog sprach: „Ich weiss nur wenig darüber, wie die Lebenden ticken, aber ich glaube, dass jeder mal negative Gefühle hat. Schau nur mich an, ich sollte eigentlich als Untoter unberührt von allem bleiben, weil… ich eigentlich keine Empfindungen mehr kenne und trotzdem bewegen mich in letzter Zeit Gedanken, die ich früher nicht kannte. Es ist… irgendwie, als hätte sie mir jemand in den Kopf gepflanzt, einfach so…“ Er klopfte an seinen Schädel, wobei sein bereits ziemlich lockerer Kiefer, leicht klapperte. Auch wenn Balduraya es nicht wollte, musste sie auf einmal lachen. Das alles, war irgendwie total seltsam, die ganze Situation fast unwirklich. Das sass sie nun auf einem Stein, neben einem Untoten und sprach mit ihm, wie mit einem alten Freund. „Warum lachst du?“ fragte Dabog, musste dann jedoch selbst schmunzeln. „Ich weiss, dass alles an mir schon ziemlich klapperig ist. Wenn man bedenkt, wie stark und jung ich war, als ich starb. Ich hätte dir gefallen, denk ich. Nun scheint es, als würde ich schon seit Jahrhunderten leben, ich fühle mich alt und verbraucht, Gefühle die die Verlassenen sonst eigentlich nicht haben. Bevor ich diese seltsamen Erlebnisse mit diesen Träumen und dem grünen Nebel hatte und vor meinem Blackout, da war das alles noch kein Thema für mich. Doch seither, funktioniert es da oben nicht mehr, wie es sollte.“ Noch einmal klopfte er sich gegen den Schädel und wieder klapperte dabei sein Kiefer. Balduraya gab ein Prusten von sich, um ein noch lauteres Lachen zu unterdrücken. „Also eigentlich gefällst du mir ganz gut, so wie du jetzt bist.“ „Ich gefalle dir?“ Dabog schaute mit einer säuerlichen Miene an sich herunter „was kann einem daran schon gefallen, ich meine… wenn man eine Lebende ist?“ „Ich meine nicht das. Es ist, wie du sonst bist. Du hast Humor und du machst mir einen sympathischen Eindruck.“ „Dachte ich mir doch, dass ich dich mit meinem Körper nicht mehr beeindrucken kann. Tja, so ist das halt, wenn man zu den Verlassenen gehört. Nun wenigstens sind wir nicht die Sklaven des Lich Kings. Das haben wir unserer Fürstin Sylvanas zu verdanken. Und ausgerechnet sie, habe ich nun bestimmt enttäuscht. Es war nicht klug von mir, mit euch zu gehen, aber… was mit mir los war, als ich diese Entscheidung traf, weiss ich beim besten Willen nicht. Wie gesagt, seit meinem Blackout stimmt nichts mehr mit mir.“ „Das ist aber vielleicht ganz gut so“, sprach Balduraya, „vielleicht war es dir vom Licht bestimmt, dass dein Horizont erweitert wurde.“ „Mein Horizont erweitert…, vom Licht… wohl kaum.“ „Warum denn nicht?“ „Weil das Licht nichts mit unsereins zu schaffen haben will. Wir sind unnatürliche Kreaturen, welche eigentlich gar nicht existieren dürften.“ „Du bist zu streng mit dir“, sprach die junge Elfin, und kurz darauf mussten die beide erneut schmunzeln, weil Dabog das gerade erst zu ihr gesagt hatte. Dann jedoch wurde der Untote wieder ernst „Gerade solche Gedanken sind es, die eigentlich einer wie ich nicht haben sollte und trotzdem… alles fühlt sich manchmal so falsch an. Dieser Körper, mein Dasein, einfach alles.“ „Willst du dich deshalb auch auf die Suche nach deiner Seele machen?“ Dabog überlegte einen Moment „Ich weiss es nicht…“ erwiderte er schliesslich. „Ich weiss es wirklich nicht, ich bin durcheinander und manchmal ist es, als würden dunkle Schatten mein Dasein umwölken und ich finde mich… gar nicht mehr zurecht. Auch dass ich jetzt bei dir sitze und mich so mit dir unterhalte, es ist für jemanden wie mich widernatürlich.“ Balduraya nickte nachdenklich und starrte ins glasklare Wasser des Teiches. Ein paar Fische mit glitzernden Leibern flitzten vorbei und verschwanden wieder. So schnell, wie sie gekommen waren. Sie schaute Dabog an, dessen Blick war irgendwie plötzlich leer und es wirkte, als wäre er weit entrückt.
Dabogs Seelen Ich, sass an dem wundervollen, von dichtem Pflanzenwerk umwachsenen Teich, der im Smaragdgrün des Traumes schimmerte. Und ganz plötzlich war da wieder dieser starke Sog, der in davonriss! Er schrie, als er wieder in den wirbelnden Tunnel gezogen wurde, welcher in zurück in seinen alten Körper führte. Die Gitter, welche vorhin noch von den dunklen, nekromantischen Kräften bewacht worden waren, existierten nicht mehr und so konnte er ohne grosse Hindernisse in seinen untoten Körper hineinfahren. Er keuchte auf, denn Eiseskälte umfing ihn, als er das tat. Und… wieder roch er den Gestank nach Verwesung und spürte die Schwere der Materie um sich herum. Schwer atmend öffnete er die Augen, durch die er jetzt etwas klarer sah, als vorhin. Was machte er hier? Warum wurde er wieder eins mit seinem alten Körper, so ganz ohne Probleme? Er war, als wäre er gerufen worden. Aber von wem? Oder, von was?
„Dabog! Dabog!“ vernahm er plötzlich eine sanfte, ihm bekannte Frauenstimme „alles in Ordnung mit dir? Was ist los?“ Er sah vor sich einen weiteren Teich, aber…er war anders als jener, an dem er vorhin gesessen hatte. Er hob seinen Blick und sah sich um. Er erschrak zutiefst, als er die vielen Trolle und Orcs erblickte, welche sich hier aufhielten. Die Stadt, sah auch nicht aus wie eine Menschenstadt. Es war eindeutig eine Hordenstadt. Bilder kamen in seinen Kopf, die er schon mal gesehen hatte. Ja, das musste Ogrimmar sein, die Hauptstadt der generischen Fraktion! Instinktiv sprang er auf und griff nach seinem Schwert. Er sah sich gehetzt um und schaute in die verdutzten Augen von Balduraya. Ach ja Balduraya, das war doch die junge Elfe, welche sich so freundlich um ihn gekümmert hatte. „Dabog!“ sprach sie „was ist nur los mit dir? Warum, ziehst du dein Schwert?“ „Überall Orcs und Trolle!“ keuchte er „ich muss mich wehren, ich…“ „Du musst dich beruhigen!“ sprach sie und legte ihre Hand beschwichtigend auf seine Waffe „es droht dir hier keine Gefahr. Die Orcs und Trolle sind unsere Verbündeten.“ So langsam klärten sich Dabogs Gedanken wieder und er begriff, was passiert war. Er war tatsächlich wieder zurück in seinem untoten Körper!
Tyrande schlenderte, nachdem sie zusammen mit ihren alten und neuen Kameraden ein paar Bier zu sich genommen hatte, gemütlich durch die Gassen von Ogrimmar. Sie war bisher noch nie hier gewesen, ausserdem brauchte sie einen neuen Lederharnisch. Zuerst schaute sie sich etwas im Tal der Stärke um, wo ja auch ihr Gasthaus sich befand. Sie bestaunte die Feste Grommash, worin sich die Residenz des neuen Kriegshäuptlings Garrosh Höllschrei befand und wunderte sich darüber, wie massiv diese gebaut war. Sie bestand aus Stein und war mit Metall verstärkt.
Der Eingang wirkte wie ein grosser unheimlicher Schlund. Denn die unteren Spitzen des Fallgatters, mit welchem man im Notfall das Tor schliessen konnte, ragten wie grosse Zähne hervor.
Ältere Bilder von Ogrimmar, als Thrall noch der Kriegshäuptling war, zeigten, dass man damals vermutlich noch nicht solche Angst vor möglichen Angriffen auf die Stadt gehabt hatte, wie heute, denn Ogrimmar war zu jener Zeit nur halb so befestigt gewesen, wie jetzt. Das lag wohl daran, dass die Horde unter Höllschrei viel expansiver und aggressiver geworden war. Eigentlich fühlte sich Tyrande hier nicht sonderlich wohl, ihr gefiel ihre Heimat doch einiges besser, wo alles viel feiner, weniger grobschlächtig war, als hier. Eigentlich waren die Orcs schon ganz anders, als die Blutelfen. Sie ertappte sich dabei, wie sie mit einer gewissen Hochnäsigkeit auf die Grünhäute herabschaute und auch die Trolle waren nicht unbedingt ihr Fall. Die Untoten schon gar nicht. Eigentlich war sie ganz froh, dass sie diese beiden Verlassenen mal eine Weile nicht sah. Sie konnte sich einfach noch immer nicht an ihre Anwesenheit, ihren Geruch, ihr Aussehen gewöhnen. Seltsamerweise schien Balduraya jedoch den Untoten der sich Dabog nannte, erstaunlich gut zu mögen. In dieser Hinsicht, war ihre Freundin schon viel mehr eine Dienerin des Lichts als Tyrande selbst. Letztere sehnte sich immer noch nach einem Ort, wo sie endlich ihren inneren Frieden ganz finden konnte. Sie liebte die Natur, all ihre Lebewesen, eigentlich war sie ganz gern allein mit diesen Dingen und… mit ihrem treuen Begleiter Gleska. Sie hielt in ihrem schnellen Schritt inne und beugte sich zu der grossen gefleckten Katze herunter, welche ihr treu auf Schritt und Tritt folgte. „Du bist halt schon meine beste, treueste Freundin!“ sprach sie und streichelte die Katze, welche ein wohliges Knurren von sich gab und ihren Kopf an Tyrandes Bein rieb. Sie befanden sich nun im Tal der Geister, das in einer Schlucht lag, deren Grund beinahe ganz aus einem See bestand. Hölzerne Stege führten darüber. Viele Trolle waren in diesem Viertel einquartiert, dementsprechend gab es hier auch einige der luftig leicht gebauten Trollhäuser, mit strohgedeckten Dächern. Diese gefielen Tyrande etwas besser, als die Orchäuser.
Zwischen den beiden steilen Schluchtwänden, befanden sich auch Hängebrücken, über die man von der einen auf die andere Seite gelangen konnte.
Tyrande liess sich auf einem der Stege nieder und beobachtete eine Weile gedankenverloren das Treiben um sie herum. Gleska lag neben ihr und liess sich von ihr kraulen. Dann machte sich die junge Frau wieder auf, zurück in die Gasse, wo sich ein Lederrüstungsgeschäft befand, wo sie ihren Harnisch zu kaufen gedachte. Dieses lag nicht weit weg von der Kluft der Schatten, welche Tyrande auch noch zu besuchen gedachte. Erst jedoch, wollte sie ihren Einkauf tätigen. Das Lederwarengeschäft war in einem der älteren Orc Häuser untergebracht, welches aus Holz, und Haut gebaut war und dessen Dach aus roten Ziegeln bestand.
Die Elfin wusste, dass früher fast die ganze Stad Ogrimmar aus solchen Gebäuden bestanden hatte. Das war sicher ansehnlicher gewesen, als diese metallverstärkten Monsterbauten, die Garrosh Höllschrei so zu mögen schien.
Sie betrat das Geschäft und teilte ihren Kaufwunsch mit. Kurz darauf, probierte sie eine Auswahl von Harnischen an. Gerade betrachtete sie sich prüfend im Spiegel, als auf einmal ein gewaltiger Knall an ihre Ohren drang! Das Haus schien zu erzittern und einige kleinere Steine lösten sich aus den Schluchtwänden, durch die die Gasse führte. Tyrande hörte sie auf das rotgedeckte Dach prasseln. Erschrocken liefen sie und die Händler nach draussen. Sie sahen sich um. Am nördlichen Ende der Gasse, stieg eine mächtige, schwarze Rauchwolke auf. Es folgte gleich nochmals eine Explosion. „Wir müssen schauen was da los ist!“ rief Tyrande „vielleicht braucht jemand unsere Hilfe!“ Noch einmal stürzten einige kleinere Steine von der Schluchtwand herab. Die jung Elfin hob die Hände schützend über den Kopf und lief weiter. Gleich dort wo die Gasse ins Tal der Ehre mündete, bot sich ihr und ihren Begleitern, ein Bild der Zerstörung dar. Eines der Häuser, die sich dort befanden, war vollkommen verbrannt und zerfetzt. „Bei den Göttern, was ist da geschehen!“ rief Tyrande und lief zum Ort des Geschehens. Man sah keine Flammen mehr, eine enorme Druckwelle musste dafür gesorgt haben, dass das Haus innert kürzester Zeit bis auf die Grundmauern abgebrannt war und nur noch ein schwelender Haufe Asche zurückgelassen hatte. „Das muss eine gewaltige Explosion gewesen sein!“ hörte sie einen Orc sagen „da gibt es bestimmt keine Überlebenden mehr.“ Die junge Elfin sah sich genauer um und auf einmal zuckte sie zusammen. Unter einem Haufen Schutt, blitzte ein Büschel rotviolettes Haar hervor. „Das ist aber noch jemand! Helft mir!“ Sogleich kamen ihr ein paar Orcs und Trolle zu Hilfe und sie räumten den Schutt weg. Als sie den Verletzten der leise stöhnte freigelegt hatten, erschrak Tyrande zu Tode. „Bei den Göttern, es ist Cromnios! Cromnios, alles in Ordnung, Cromnios! Holt einen Heiler her!“ „Ich bin schon da!“ sprach eine ruhige, besonnene Stimme hinter ihr. Sie kannte diese und blickte auf. Es war ihr Freund, der Taure Varunna. Er legte ihr beruhigend die gewaltige Pranke auf die Schulter und beugte sich dann über den verletzten Troll. Er untersuchte ihn und lauschte, ob sein Herz noch schlug. „ Er scheint soweit in Ordnung“, sprach er dann und Tyrande atmete auf. „Vermutlich nur ein paar Prellungen und leichte Verbrennungen. Ich kann ihn gut heilen. Geht bitte alle mal etwas zur Seite!“ Tyrande und die andern nickten und taten wie ihnen geheissen. Der junge Taure konzentrierte sich. Dann legte er dem Troll seine Hände auf. Er schloss die Augen und sanftgrünes Licht, strömte aus seinen Fingern. Es ging über auf den Körper des Verletzten und hüllte ihn einem Moment lang ein. Tyrande beobachtete fasziniert, wie sich einige der leichteren Wunden sogleich schlossen und die Miene des Trolls entspannte sich, als der Schmerz langsam von ihm wich. „Xantina…“ flüsterte er „wo ist Xantina?“ „Wir werden sie sogleich herholen!“ sprach der Tauren beschwichtigend „Du kannst dich jetzt ausruhen. Alles wird wieder gut.“ Der Troll schaute zu ihm auf und sprach: „Danke…“ dann sank er erneut in eine tiefe, heilsame Ohnmacht.
Sogleich wurde nach Xantina gesucht und man fand sie in ihrem zu Hause im Tal der Stärke. Als sie erfuhr, was Cromnios zugestossen war, ergriff sie Furcht und Entsetzen und so schnell wie möglich, lief sie zum Ort des Geschehens. Als sie erkannte, dass es das Haus von Asurania war, welches durch eine Explosion dem Erdboden gleich gemacht worden war, wuchs ihr Entsetzen noch und sie fragte sich, in was Cromnios sich hier nur reinmanövriert hatte. Ihr Vater Thralliok begleitete sie und sie schaute ihn haltsuchend an. „Nur keine Angst, sie sagten, es gehe ihm soweit gut, nur ein paar leichte Verletzungen“, tröstete er sie und legte den Arm um seine Tochter. Zusammen gingen sie zu Cromnios den man mittlerweile auf eine weiche Trage gebettet und zugedeckt hatte. Varunna kümmerte sich um den Troll und auch Tyrande die Elfin, welche sie heute kennengelernt hatte war da. Sie war froh ihren Liebsten in guten Händen zu wissen, denn Varunna war ein guter Heiler und ein absolut zuverlässiger Freund. Als sie näher kam, wandte er ihr das Gesicht zu und sprach: „Ich habe in geheilt. Er sollte bald über dem Berg sein. Eine Weile wird er noch etwas Schmerzen haben, weil ein Teil seiner Rippen, durch die Druckwelle der Explosion gequetscht wurden. Doch es sieht nicht so aus, als ob er gefährlich verletzt wäre.“ „Darf ich auch mal?“ fragte Thalliok. „Ich möchte sehen, ob seine Elemente im nötigen Gleichgewicht sind, das unterstützt die Heilung.“ Varunna nickte: „Ich bewundere den Weg der Schamanen, wir sind uns in vielem ähnlich. Unsere Aufgabe ist es das Gleichgewicht in die Welt zu bringen.“ Thralliok nicke dem junge Tauren freundlich zu und beugte sich dann über Cromnios. Er legte seine Hände über dessen Körper, jedoch aus etwas weiterer Entfernung und tastete das unsichtbare Energiefeld ab, welches jedes lebende Wesen umgab. „Ich spüre Unruhe in ihm“, sprach er dann ernst, an Xantina gewandt. „Seine Elemente sind nicht im Einklang. Ich spüre, dass das Feuer in ihm gerade sehr stark ist, beinahe übermächtig. Das Feuer ist wichtig, um ihm die nötige Kraft zur Selbstheilung zu geben, doch zu viel Feuer, kann in verzehren. Ich spüre sowieso eine sehr starke Gegenwart des Feuers hier. Die Luft ist voll vom Odem der Feuergeister. Sie…“ er erhob sich und sein Blick schweifte herüber zum zerstörten Haus. Seine Brauen zogen sich zusammen und er ging näher zu dem Haus „sie haben diese Zerstörung angerichtet. Doch sie müssen mit einer gewaltigen Macht zugeschlagen haben, sonst sähe das alles hier nicht so aus. Er wandte sich an Tyrande: „Es gab keine Flammen mehr?“ „Nein“, erwiderter die Blutelfe „Es muss tatsächlich eine starke Explosion gegeben haben.“ „Wir müssen uns das unbedingt näher ansehen, etwas ist hier sehr seltsam und…“ er wandte sich wieder um und kauerte neben Cromnios „er muss damit unmittelbar zu tun haben.“ Als er das sagte, senkte er die Stimme, dass nur Xantina und Varunna ihn hören konnten, die unmittelbar neben ihm kauerten. Besonders der Tauren schaute ziemlich erschrocken. Xantina jedoch, wusste schon etwas mehr. Cromnios hatte ihr gesagt, dass er zu Asurania gehe. Er hatte sich in schreckliche Gefahr begeben und der Gedanke, dass sie ihn durch diese Aktion für immer hätte verlieren können, trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie fiel auf die Knie und schlang ihre Arme um ihren Liebsten „Ach Cromnios! Es tut mir alles so leid! Was ist nur mit dir geschehen? Bitte komm zurück zu mir! Ich brauche dich doch so sehr!“
Gwydyon der junge Blutelf, traf nun ebenfalls ein und lief sogleich zu Tyrande. „Was ist hier geschehen? Bei allen Dämonen, das ist ja Cromnios! Was hat er?“ doch als er sich umblickte konnte er es sich ausmalen. „Eine Explosion?! Wie geht es ihm?“ Tyrande legte den Finger an den Mund, um ihn dazu anzuhalten, seine Stimme etwas zu senken. Xantina weinte bitterlich und ihre Tränen benetzten Cromnios Gesicht. Irgendwie war die Orcin von schrecklicher Angst erfüllt, dass all das hier, doch noch zuviel für die Seele ihres Liebsten sein würde. Die Worte ihres Vaters hatten sie bis ins Innerste erschüttert und sie hatte plötzlich den verrückten Gedanken, dass Asurania am Ende doch noch gewinnen und ihre Liebe zerstören würde. Was hatte sich hier zugetragen, warum waren Cromnios‘ innere Elemente so aus dem Gleichgewicht?“ „Thralliok und Varunna traten zu ihr und legten ihr beide die Hände auf den Rücken. „Der Schamane sprach: „Weine nur weiter mein Kind. Deine Tränen werden ihm helfen, sein Gleichgewicht wieder zu finden. Es wird das Wasser in ihm stärken, und das Wasser besänftigt das Feuer. Wir werden ihn jetzt erstmal zu uns nach Hause bringen, dort kann er sich erholen und du kannst die ganze Zeit bei ihm sein. „Ich komme mit“, sprach Varunna, „vielleicht kann ich auch behilflich sein.“ „Das kannst du bestimmt, mein Junge“ sprach Thralliok väterlich und irgendwie musste Tyrande lächeln, wenn man bedachte, dass Varunna den Orc um gut zwei Haupteslängen überragte. „Können wir auch irgendwie helfen?“ fragte Gwydyon. Thralliok schaute ihn forschend an und er runzelte etwas dir Stirn, dann sprach er: „Nein, er braucht jetzt viel Ruhe und darum ist es besser, wenn ihr in euer Gasthaus zurückkehrt.“ Gwydyon fragte sich, was dem Schamanen durch den Kopf gegangen war. Er schien ihn nicht sonderlich zu mögen. Doch er sagte nichts dazu und meinte stattdessen: „Dann warten wir also im Gasthaus, auf Nachricht von euch.“ Xantina die sich wieder etwas gefangen hatte, sprach dankbar: „Ich werde euch auf dem Laufenden halten.“ Sie wandte sich auch an Tyrande und legte ihr die Hand auf die Schulter: „Ich danke dir, dass du dich so gut um Cromnios gekümmert hast.“ „Das ist doch selbstverständlich“, gab die Blutelfe zurück „wir hoffen, er erholt sich bald wieder.“ „Nur keine Sorge, er wird vermutlich morgen schon wieder auf den Beinen sein“, erwiderte Thralliok „und sein Gleichgewicht findet er auch wieder.“ Ich habe einige Schamanen des irdenen Rings hierherberufen, um die Ruine näher zu untersuchen und bald wissen wir wohl auch, was die Explosion ausgelöst hat.“ Ich wünsche euch eine gute Nacht.“
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Als Tyrande und Gwydyon wieder im Gasthaus waren, hatten sie irgendwie keine Lust mehr, die Stadt weiter zu besichtigen. Die Elfin trug den neuen Wams den sie gerade anprobierte, als die Explosion stattfand. Sie hatte ihn nach dem Vorfall sogleich bezahlt und keinen weiteren mehr anprobiert. Er bestand aus dunkelblauem Drachenleder und war sehr weich und anschmiegsam. Ihre Brüste kamen darin besonders schön zur Geltung. Gwydyon gab sich Mühe, sie nicht zu sehr anzustarren. „Der Wams ist neu?“ meinte er wie beiläufig. „Ja, habe ihn heute gekauft“, erwiderte die junge Frau abwesend. „Sieht gut aus an dir“, fügte er an, ohne sich jedoch seine wirklichen Gefühle anmerken zu lassen. „Jaja, danke.“, Tyrande war nicht bei der Sache, sie musste immer wieder an Cromnios denken und die seltsamen Ereignisse, denen sie teilhaftig geworden war, liessen sie nicht mehr los. Was war da nur passiert? Sie nahm einen kräftigen Schluck Met aus ihrem Glas, um sich etwas zu beruhigen. „Der Troll hat wohl ziemliches Glück gehabt was?“ sprach der junge Blutelf. „So nahe bei der Explosion und doch hat er kaum einen Kratzer.“ „Das würde ich jetzt auch nicht sagen. Varunna hatte ihn schon geheilt, als du ankamst.“ „Aber es hätte viel schlimmer kommen können. Gut dass ihr so schnell vor Ort wart. Ich war leider am anderen Ende der Stadt. Ich hörte zwar schon einen Knall, aber ich dachte mir, dass es nichts Besonderes sei, bis ich dann hörte, dass es diese Explosion gab.“
„Ja und es war wahrlich eine schlimme Explosion!“ erwiderte Tyrande irgendwie ungehalten „Steine stürzten von den Schluchtwänden herab und das Haus, indem ich gerade meinen neuen Wams probierte, erzitterte. Du hast das alles gar nicht richtig mitgekriegt. Womit warst du denn beschäftigt?“ „Ich habe etwas ausserhalb der Stadtmauern trainiert. Es ist gar nicht so einfach als Blutelfen Hexenmeister, wenn man von der Quelle der Arkanmagie abgeschnitten ist. Manchmal sehne ich mich schon sehr nach meinem alten Trainingszentrum zurück, wo es die vielen Kristalle gab, welche einem Geist und Körper wieder etwas aufluden.“ „Das ist eben das Problem mit diese Art von Magie, wenn wir z.B. Druiden oder Schamanen wären, wie Varunna und Thralliok, wären wir zu mehr nütze“, sprach Tyrande verbittert. „Auch wenn wir Priester oder Paladine wären, würde wenigstens das Licht uns stärken und wir könnten heilen. Thralliok hat uns nur hierher zurück geschickt, weil wir gar nichts Nützliches in dieser Sache beitragen können, du als Hexenmeister schon gar nicht.“
„Warum bist du nur so aggressiv Tyrande?“ fragte Gwydyon nun ebenfalls ärgerlich. „Was hast du nur gegen Hexenmeistermagie?“ „Das weisst du ganz genau und das was du gerade sagtest, hat das nur noch bestätigt. Schamanen und Druiden, üben Magie auf natürlichem Wege aus. Sie kommunizieren entweder mit den Elementen, oder mit der Natur. Diese Magie schadet unserer Welt und jenen die sie ausüben nicht, deine Magie jedoch schon, das sieh man ja aus den Geschichten der Orcs, welche einst ihr eigene alte Welt mit Hexen- Magie zerstört haben.“ Das wird uns nicht passieren wir sind viel vorsichtiger und lernen aus den Fehlern, die andere gemacht haben.“ „ Darauf hoffe ich sehr. Dennoch, es ist kein guter Weg und die Gefahr zu fallen ist sehr gross.“ „Zweifelst du etwa an meinem Willen?“ „Du sagtest ja selbst, dass du dich schwächer fühlst, seit du von Silbermond weg bist. Wie kannst du sicher sein, dass die Dämonen, dich nicht plötzlich doch übermannen?“ „Das wird nicht passieren.“ „Was macht dich da so sicher?“ „Ich weiss wirklich nicht was plötzlich mit dir los ist.“ „Diese Geschichte mit Cromnios gibt mir sehr zu denken. Es steckt mehr dahinter, als wir ahnen und ich glaube, dass die Hexenmeistermagie damit unmittelbar zusammenhängt.“ „Wie willst du das wissen?“ „Ich habe da irgendwie gespürt und… Gleska auch.“ Sie blickte auf die grosse Raubkatze zu ihren Füssen und streichelte sie. „Sie hat mir gesagt, dass da etwas Schwarzmagisches am Werk ist.“ „Sie hat dir das gesagt? Seit wann können Tiere reden?“ „Schon immer!“ Tyrande wurde nun noch wütender. Irgendwas an Gwydyon hasste sie regelrecht. Sie hasste es, wie er immer den Verstand und den Willen über alles stellte. Sie hasste es, dass er immer alles mit Logik erklärte und ihm oft so der Zugang zu dem fehlte, was hinter allen Dingen steckte. Er war wie die meisten der Blutelfen, vorwiegend arrogant und selbstherrlich. Sie wusste zwar, dass es einen guten, sensiblen Kern hatte, nur kam dieser selten zum Vorschein. Er war und blieb ein Kopfmensch und manchmal glaubte sie, er begriff gar nichts wirklich, schon gar nicht, was ihn ihr vorging. „Scheint heute wirklich nicht dein Tag zu sein, was?“ fragte er nun, was ihren Zorn noch schürte. Bissig sprach sie. „Kein Wunder, du hast auch nicht gesehen, was ich gesehen habe. Du hast weder Cromnios gesehen, wie er da so leblos lag und du hast nicht gesehen, wie sehr Xantina sich Sorgen um ihn gemacht, wie bitterlich sei geweint hat. Sie liebt ihn wirklich zutiefst und sie fühlt sich irgendwie mitschuldig an dem Ganzen.“ „Mitschuldig? Warum das? Sie kann doch nichts dafür, dass Cromnios sowas zugestossen ist.“ „Und doch fühlt sie sich irgendwie schuldig. Ich weiss auch nicht, aber ich hatte einfach das Gefühl, es ist so.“ „Du mit deinen Gefühlen, du weisst doch gar nicht, ob es wirklich so ist.“ „Doch ich weiss es, ich spüre es und ich spüre, dass da noch mehr ist, viel mehr als wir uns vermutlich ausmalen können. Aber das verstehst du einfach nicht. Du bist ein Sklave deiner Logik und deiner…. arkanen Magie. Du hast keine Ahnung von der wahren Liebe! Xantina liebt Cromnios so innig, so tief. Es ist einzigartig.“ „Aber jetzt wirst du wirklich ungerecht!“ entrüstete sich der junge Hexenmeister, denn ihre Worte trafen ihn wie ein Dolchstoss.
Wie konnte sie nur so etwas sagen, sie welche immer in seinen Gedanken gewesen war, in allem was er tat, sie die er schon seit so langer Zeit innig liebte? Sie war immer sein Licht gewesen. Durch die Liebe zu ihr, hatte er die Dämonen bezwungen, sogar die Sukkubus, welche wahrlich nicht leicht zu handhaben war. Und nun sagte sie ihm solch schreckliche Worte, unterstelle ihm, dass er die wahre Liebe nicht kenne. „Hast du denn jemals wirklich geliebt?“ fragte ihn Tyrande… Gwydyon zögerte einen Moment zu lange, denn sein Stolz liess nicht sogleich zu, dass er sich ihr offenbarte, nun da sie so mit ihm gesprochen hatte. Er rang einem Weile mit sich und war dann doch drauf und dran, ihr die Wahrheit zu sagen. Doch da war es schon zu spät und Tyrande meinte unwirsch: „Siehst du, du hast noch nie jemanden wirklich geliebt, ausser dich selbst und… deine magischen Fähigkeiten.“ „Aber…“ wollte er protestieren. Doch dann beschloss er ihr die Gegenfrage zu stellen „hast denn du schon jemanden auf diese Weise geliebt?“ Vielleicht fand er durch diese Frage doch etwas über ihre wahren Gefühle für ihn heraus. Ihre Antwort jedoch, traf ihn mit der Kälte eines eisigen Windes von Nordend. Sie kam ohne Zögern: „Nein, ich kenne diese Gefühle auch nicht. Darum geht mir die Sache mit Xantina und Cromnios so ans Herz. Sie lieben sich so sehr und nun ist diese schreckliche Sache passiert.“
Jetzt war es also raus und Gwydyon meinte einem Augenblick lang, jemand ziehe ihm den Boden unter den Füssen weg! Sein ganzer Halt, all seine Träume und Wünsche, waren von einem Moment auf den andren, zerplatzt. Tyrande hatte ihn nie geliebt, im Gegenteil. Sie schien ihn sogar irgendwie zu verachten, weil er ein Hexenmeister war. Bisher hatte er immer den Eindruck gehabt, sie interessiere sich auch für ihn, wie er sich für sie interessierte. Doch dem war nicht so. Sie hatte ihn mit ihrem Verhalten tiefer verletzt, als sie es jemals ahnen konnte. Er erhob sich und sprach gepresst: „Ich dachte bisher, du hast etwas für mich übrig, doch nun erkenne ich, dass dem wohl nicht so ist. Ich wünsche dir eine gute Nacht!“ Sie sah ihn etwas erschrocken an, als sie in sein Gesicht blickte, das nun eiskalt und abweisend war. Mit einer steifen Bewegung, legte er das Geld für seinen Met auf den Tisch und erhob sich abrupt. „Gwydyon…“ sprach sie hilflos, doch er schaute sie nicht mehr an, wandte sich ab und verliess das Gasthaus.