14. Kapitel
Der Kuss der Sukkubus, Reise nach Schattenflucht
Der junge Blutelf konnte seine Wut, seine Enttäuschung und seine Trauer kaum zügeln. Schmerzerfüllt schlug er gegen der Türpfosten, als er nach draussen trat. Er musste weg, einfach fort! Er hielt es hier nicht mehr aus. Er hasste diesen Ort, hasste seine Dummheit, die ihn dazu gebracht hatte, die beiden Frauen hierher zu begleiten. Nichts mehr schien zu funktionieren, seit sie ihre Heimat verliessen. Nichts mehr war, wie es einst gewesen. Tyrande war besessen vom Gedanken ein anderes Leben zu führen, von diesem Nachtelfenort, wo Schandflecke wie er, Gwydyon es war, nicht mehr existierten. Sie war so überheblich und eingebildet diese Tyrande, blickte auf ihn herab und verhöhnte ihn noch dazu. Seine Wut war grenzenlos und für einen Augenblick lang, hasste er seine bisher beste Freundin regelrecht.
Er ging mit schnellem Schritt zum Stadttor von Ogrimmar. Immer schneller wurde er, lief vorbei an der Blokade vom Dranosh‘ar, immer weiter hinein in die trockene, rotgoldene Wildnis von Durotar. Einige Felsen lagen herum. Er hob seine Hand mit einer heftigen Geste und wirkte einen besonders starken Schattenblitz. Die Steine wurden davon regelrecht auseinandergesprengt. Es gab noch weitere Felsen und auch noch einige verdorrte Bäume, die seiner Wut ebenfalls zum Opfer fielen. Tyrande zweifelte an seiner Stärke, an seinem Willen, sie unterschätzte seine wirkliche Macht wahrlich!
Es ging eine ganze Weile, bis er sich wieder beruhigen konnte und erst spät in der Nacht, als der Mond schon hoch am samtdunklen, von tausend Sternen übersäten Himmel stand, in die Stadt zurückkehrte. Es war eine schöne Nacht und in einem anderen Zustand, hätte er diese Schönheit auch wahrgenommen, doch jetzt wollte er nur möglichst bald wieder fort von hier. In ihm war etwas gestorben und er wusste nicht, ob diese Wunde jemals wieder heilen würde. Es wurde langsam kühl, ein eisiger Hauch wehte über die flachen Ebenen des kargen Landes. Ähnlich wie der kalte Hauch, der sein Herz umschlossen hielt. Fröstelnd zog er seine Robe enger um sich und erreichte schliesslich die Stadttore. Die rotschwarzen Banner der Horde, flatterten rechts und links neben dem Eingang. Überall befanden sich Kriegsmaschinerien und stark bewaffnete Orcs, patrouillierten die Mauern entlang. Garrosh Höllschrei schien einen Angriff der Allianz sehr zu fürchten. Vermutlich hatte er selbst mehr als genug Dreck am Stecken. Auch Gwydyon hätte ehrlich gesagt, diese Nacht gerne einige gegnerische Soldaten umgebracht. Das hätte in seinen Zorn und seine Enttäuschung vielleicht etwas vergessen lassen.
Nach einiger Zeit erreichte er das Gasthaus. Er sah sich gründlich um, dass ihm auch niemand von seinen Reisebegleitern begegnete. Er wollte mit niemandem reden. Er wollte einfach seine Ruhe. Er betrat das Obergeschoss. Es war nur spärlich beleuchtet und ein etwas muffiger Geruch lag in der Luft. Gwydyon seufzte. Wie sehr sehnte er sich nach Silbermond zurück, wo alles so sauber, strahlend und schön war! Die Orcs waren sowieso halbe Wilde und die Trolle auch. Von den ekligen Untoten gar nicht zu reden und auch die Tauren, waren und blieben halbe Tiere. Einfach alles hier ärgerte ihn gerade. Seine Freude, deine positive Einstellung, alles verflogen und das nur wegen dieser…Tyrande! Aber es würde ihr noch leidtun, es würde ihr noch leidtun, dass sie ihn abgewiesen hatte! Keiner würde sie jemals so lieben können, wie er es getan hatte. Keiner würde ihn ersetzen können. Sie war selbst schuld, wenn sie ihn nicht wollte. Es gab wahrlich mehr als genug Frauen, die an ihm interessiert waren. Und Tyrande würde einsam und alleine sterben, höchstens noch mit Gleska an ihrer Seite. Dieses dumme Vieh! Er hasste es ebenso wie alles hier und so wie Tyrande. Aber irgendwann würde sie bestimmt wieder angekrochen kommen. Sie würde merken, dass sie falsch lag und dann war er dran, sie zu verspotten und zu verhöhnen. Eine leise Stimme in ihm begehrte auf: „Würdest du das wirklich tun? Würdest du sie abweisen, wenn sie dich doch noch wollen würde?“ Doch er liess solche Gedanken gar nicht zu. Er hatte Tyrandes Liebe nicht nötig, nicht er! Er zog seine Robe aus und warf sie in die Ecke. Auch das Untergewand zog er aus. Er schlief immer nackt, obwohl… hier war es schon etwas kühler als in seiner Heimat. Doch dafür gab es einige wärmende Felle.
Lange wälzte er sich hin und her, seine Gedanken drehten wild in seinem Kopf. Manchmal schien ihm sein innerer Schmerz so übermächtig, dass sich sogar die Wut vor ihm zu verstecken schienen, dann wieder war Gwydyons Zorn so unbändig, dass es ihm fast wehtat, dass es ihm die Brust zusammendrückte und das Atmen ihm schwer fiel. Endlich dann, fiel er in einen leichten, unruhigen Schlaf.
Mitten in der Nacht erwachte er jedoch plötzlich wieder, oder war er wirklich wach? Alles um ihn herum war so seltsam. Und dann sah er sie! Am Fusse seines mit Fellen bedeckten Bettes, stand eine wundersame Gestalt. Er blinzelte, rieb sich die Augen. Wer war sie? Einen Moment lang, war ihr Gesicht noch wie in einem Nebel verborgen. Doch dann auf einmal erkannte er sie. „Tyrande, du?“ fragte er ungläubig. Alles war irgendwie magisch und süsse Düfte lagen in der Luft. Er fühlte sich, als wäre er betrunken. Alles Schwere fiel von ihm ab und er vergass ganz plötzlich, was sich alles zugetragen hatte. Er sah nur Tyrande vor sich. Seine wunderschöne Tyrande! Sie schien von innen heraus zu strahlen, so anmutig, so schön und sie lächelte ihn an. Sie trug ein Kleid aus feinem Spitzenstoff. Ein seltsames Gegenlicht leuchtete hinter ihr und so sah er ihren nackten Körper darunter. Er sah ihre wohlgeformten Brüste, ihren schlanken Körper und… das raubte ihm beinah den Atem, ihre dunkle Scham! „Tyrande…was tust du hier, was…?“ Sie aber beugte ihre Knie und stieg lasziv zu ihm aufs Bett. Er befand sich nun zwischen ihren Schenkeln und sie legte ihm den Finger mit vielversprechendem Lächeln auf den Mund. Gwydyon konnte überhaupt nicht mehr klar denken, sein Verstand war wie ausgeschaltet. Er, der sonst immer alles unter Kontrolle hatte, verlor nun zunehmend die Kontrolle über die Situation. Irgendwo tief in ihm drin, begehrte eine leise Stimme auf, dass dies hier alles doch gar nicht sein konnte, dass alles… irgendwie falsch war, doch diese Stimme war mittlerweile so leise, dass er sie nicht mehr vernahm. Der Zauber dieser seltsamen, von ihm stets so ersehnten Begegnung, war grösser und schlug ihn vollkommen in seinen Bann.
Tyrande beugte sich nun über ihn, ihr schwarzes langes Haar roch wundervoll und hüllte sein Gesicht ein, wie ein himmlisch duftender Vorhang. Ihr Kuss war leidenschaftlich und fordernd, anders als er sich den ersten Kuss mit ihr vorgestellt hatte. Doch das war ihm im Augenblick egal. Er musste diesen Moment nutzen, bevor er wieder entschwand, wie ein Traum, oder ein Trugbild der Nacht. Tyrande war nun endlich bei ihm! Sie küsste ihn weiter, begann mit ihren weichen Händen seine Brust zu streicheln. Da er nackt war, entging ihr nicht, dass seine Männlichkeit sich bereits stark aufrichtete. Sie lächelte, als sie das sah und ihre Hand glitt weiter hinunter. Es war die Hand einer erfahrenen Frau…, war Tyrande wirklich schon so erfahren?“ Einen Augenblick lang, dachte der junge Blutelf darüber nach, doch schon entglitten ihm diese Gedanken wieder, wie geisterhafte Schwaden. Als ihre Hand noch weiter hinabglitt und seine Männlichkeit fest umfasste, stöhnte er auf. Diese Berührung durchzuckte ihn wie ein Blitz. Er hatte zwar schon andere Frauen gehabt, aber diesmal war es was ganz Besonderes, denn dieser Frau hier, liebte er von Herzen. Vage erinnerte er sich an eine Unstimmigkeit, die sie vor kurzem gehabt hatten, doch… er wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Sie war hier, das allein zählte und er wollte sie glücklich machen. Sie widmete sich nun weiter seiner Männlichkeit, streichelte und küsste ihn überall. Seine Leidenschaft steigerte sich bis ins Unermessliche. Er umfasste sie und drehte sich so, dass sie schliesslich unter ihm lag. Dann bedeckte auch er sie mit Küssen. Das Gewand hatte sie schon lange abgestreift und nun endlich, sah er sie in ihrer ganzen Schönheit vor sich. Ihre Haut schimmerte im seltsamen Zwielicht. Ihre Rundungen waren fest und straff. Oh, wie sehr er sie begehrte! Er küsste sie immer weiter und sie schlang die Beine um ihn. „Bei den Göttern Tyrande“, seufzte er „du bist so wundervoll, so schön. Ich liebe dich so sehr!“ Er sah ihr in die Augen und glaubte einen Augenblick lang einen seltsamen Schimmer darin wahrzunehmen, den er nicht richtig zu deuten vermochte. Doch sogleich war es wieder vorbei und er genoss ihren lustvollen Blick, als er seine Männlichkeit in sie hineinstiess. Er konnte nicht mehr warten, er wollte sie ganz und gar spüren und sie schien damit mehr als einverstanden zu sein, denn sie stöhnte auf, als sie seine Festigkeit in sich spürte. Sie legte ihre Beine auf seine Schultern, damit er ganz tief stossen konnte und Gwydyon musste sich zusammenreissen, dass er den Höhepunkt noch etwas hinauszögern konnte.
Sie wurde nun immer unbändiger, drängte sich ihm entgegen, mit ihrer ganzen Kraft. Ihre Nägel bohrten sich in das Fleisch seines Rückens und hinterliessen blutige Striemen. Er stiess einen leisen Schmerzensschrei aus, leicht verblüfft über ihre Wildheit, von der er bisher noch nichts geahnt hatte. Wäre er bei klarem Verstand gewesen, wäre ihm das Ganze vielleicht schon seltsam vorgekommen, doch er war noch immer wie ein Trunkener, welcher mit jeder Faser seines Seins und seines Körpers diese wundervolle Frau spüren wollte.
Sie packte ihn nun mit einer ungewöhnlichen Kraft an den Schultern und drückte ihn zur Seite, so dass sie wieder oben zu liegen kam. Sie wölbte sich ihm mit ihrem Unterleib entgegen, bewegte sich wild auf uns ab, ihre Arme hob sie hinter ihren Kopf, welchen sie hin und her warf, sodass ihre Haare nur so herumwirbelten. Gwydyon spürte wie tief er in ihr war, ihre pulsierenden Innenräume, welche seine Männlichkeit massierten. Manchmal beugte sie sich wieder über ihn und küsste seine Brust, seinen Mund. Ihr Becken bewegte sich hin und her und irgendwie erinnerte sie ihn plötzlich an eine Schlange. Ihre ganzen Bewegungen, gemahnten an dieses Tier, das zugleich gefährlich und faszinierend war. Irgendwie erregten ihn diese Bewegungen und während er sie weiterhin beobachtete, sie bewunderte, während sie ihn ritt spürte er, wie Hitze in seinen Unterleib fuhr und er sich laut stöhnend in sie ergoss! Als das passierte, begannen ihre Augen plötzlich unheilvoll zu funkeln und sie lachte laut und hämisch auf. Und… in diesem Moment erkannte Gwydyon, dass er einer schrecklichen Täuschung erlegen gewesen war! Der ganze Zauber, die Trunkenheit, fielen urplötzlich von ihm ab und da war auf einmal nicht mehr seine geliebte Tyrande welche auf ihm sass, sondern der lilahäutiger Körper der Sukkubus Vilevere! Ihre Augen funkelten nun in hellblauem Licht, er sah ihre Hörner und ihre behuften Beine, die rechts und links von seinem Körper lagen. Seine Männlichkeit befand sich immer noch in ihr, auch wenn sie nun erschlafft war. Der Schwanz der Dämonin schlug hin und her, wie bei einer Katze die mit einem Mäuschen spielte. Ihre nackten Brüste, waren gross und voll. Sie hörte nun auf zu lachen und wandte sich mit schlangengleicher Anmut an ihn: „Danke Gwydyon, in dieser Nacht hast du mich aus der Knechtschaft befreit und du hast mir erst noch ein Kind beschert! Ich werde die Gewissheit geniessen, dass ich dir etwa gestohlen habe, was mir niemand mehr nehmen kann und mich für immer davor bewahrt, von einem sterblichen Wesen wie dir beherrscht zu werden! Die Verdammnisfürsten von Desolace werden ihre Freude an dieser Geschichte haben. So leb den wohl!“ sie lachte nochmals laut und hämisch, dann löste sie sich nach und nach auf und ihr Lachen verhallte mehr und mehr im Nichts. Gwydyon lag da wie paralysiert. Und das erste Mal seit langem, richtete er ein verzweifeltes Gebet an die Götter, das ewige Licht, oder was auch immer es für eine Macht gab, welche ihn von der Verdammnis, die er sich selbst aufgebürdet hatte, zu erlösen vermochte…
************
Tyrande machte sich Sorgen, als Gwydyon so wütend das Gasthaus verliess und so langsam dämmerte ihr, was hier passierte. Der junge Blutelf war in sie verliebt! Diese Erkenntnis traf sie irgendwie unvorbereitet, denn Gwydyon hatte es sich nie richtig anmerken lassen, dass er so fühlte. Oder… hatte sie es einfach zu wenig wahrgenommen, hatte sie ihn einfach stets durch die Augen einer Freundin gesehen und waren ihr die Feinheiten in seinem Verhalten einfach nicht aufgefallen? Sie und Gwydyon, kannten sich schon von frühester Kindheit an und sie hatte nie so für ihn empfunden, für sie stand so was gar nicht zur Debatte und sie war stets davon ausgegangen, dass er gleich empfand. Dem war offensichtlich nicht so. Sie wollte sogleich aufstehen und ihm hinterherlaufen, ihm alles erklären, ihn bitten ihr ihre Taktlosigkeit zu vergeben. Doch als sie sich gerade erheben wollte, wurde sie von Balduraya aufgehalten, welche gerade zur Tür hereinkam und ziemlich aufgeregt zu sein schien. „Tyrande!“ rief sie und zog sie zur Seite „Dabog ist wieder ganz seltsam drauf. Es ist… als würde er von einem ganz andern Willen geleitet, wie es schon mal der Fall war. Diesmal jedoch scheint es noch ausgeprägter. Meinst du es könnte sein, dass seine… Seele wieder in ihn zurückgefahren ist?“ Tyrande blickte etwas hilflos Gwydyon hinterher, doch dann trat Dabog ebenfalls in den Raum und das nahm sie ganz in Anspruch. Dabog kam nur ganz zögerlich auf sie zu, sein Blick hetzte unruhig umher. „Er fühlt sich bedroht, weil es hier nur Hordenleute gibt“, sprach Balduraya leise. „Er… sagt, er gehöre zur Allianz.“ „Zur Allianz? Aber die Verlassenen gehören doch der Horde an?“ „Ja schon, das ist eben das Komische. Er ist total verwirrt und ich weiss echt nicht, was ich mit ihm machen soll.“ Tyrande schaute um sich, einige der Anwesenden reckten schon ihre Hälse, um ihr Gespräch mitzubekommen. „Wir müssen hier raus“, sprach sie deshalb „kommt!“ Sie packte Dabog spontan an seinem Hemd, welches sich über seinen knöchrigen Körper spannte und zog ihm mit nach draussen. Sie gingen ein paar Schritte Richtung Gasse, wo es weniger Leute hatte, dann musterte Tyrande Dabog eingehend. Noch immer hetzte dessen Blick unruhig umher und er stammelte: „Was tue ich hier? Was mache ich hier in der Hauptstadt der Horde? Was… wollt ihr von mir?“ Balduraya wirkte verzweifelt. „Was soll ich nur mit ihm machen? Er scheint uns nicht mehr zu erkennen.“ Dabog hielt nun auf einmal in seinem unruhigen Gehabe inne und schaute sie an, als würden Erinnerungen in ihm aufflammen „Doch… doch, ich kenne dich, du warst immer sehr nett zu mir. Aber… was ist geschehen, gerade noch sass ich an dem Teich in dieser smaragdgrünen Welt und jetzt… bin ich auf einmal hier. Ich wollte das doch gar nicht, es ist einfach passiert…“ „In einer smaragdgrünen Welt?“ fragte Tyrande mit gerunzelter Stirn, „damit kann er wohl kaum Ogrimmar meinen, oder?“ „Neinnein!“ stammelte Dabog. „Es war… nicht hier. Es war… woanders. Es war im Smaragdgrünen Traum.“ Er schlug seine Hände vors Gesicht und fiel auf die Knie. „Ich bin… so durcheinander. Ich verstehe das alles nicht.“ Balduraya schaute voller Mitleid auf den Untoten, der nun wieder so lebendig zu sein schien, dann kauerte sie sich nieder und legte ihm beruhigend den Arm um die Schultern. „Irgendwas Besonderes muss mit dir passiert sein Dabog, “ sprach sie „etwas ganz Aussergewöhnliches. Du musst keine Angst haben, wir sind deine Freunde.“ „Freunde…? fragte Dabog wie ein kleines Kind „aber… ich sollte nicht hier sein, ich sollte zu Lumnia, ja zu Lumnia. „Schon wieder spricht er von dieser Lumnia, “ meinte Tyrande. Irgendwie gab es Balduraya einen Stich ins Herz. Sie war selbst überrascht. Immer diese Lumnia!“ dachte sie plötzlich ärgerlich. Doch sie riss sich zusammen und sprach: „Lumnia ist nicht hier, sie lebt in Sturmwind. Komm, wir bringen dich mal zu Varunna, vielleicht weiss er, was zu tun ist. Er ist ein Druide und mit dem Smaragdgrünen Traum vertrauter als wir. Vielleich kann er uns helfen zu klären, was mit dir ist. Vertraust du mir?“ Dabog schaute die junge Blutelfin erneut wie ein Kind an und irgendwie berührte es diese tief in ihrem Herzen. Dann auf einmal wurde Dabogs Ausdruck ganz klar und er sprach still: „Ja, ich vertraue dir.“ Sie lächelte und half ihm wieder auf die Beine. „Dann lass uns zu Varunna gehen!“ Tyrande erinnerte sich nun auf einmal wieder an Gwydyon und sprach „Könnt ihr das allein machen, ich glaube ich sollte mal zu deinem Bruder. Es geht ihm nicht besonders gut.“ „Balduraya schaute sie erstaunt an „was ist denn mit ihm?“ „Nun… ich glaube, er ist in mich verliebt.“ „Ja, schon länger,“ erwiderter Balduraya. „Schon länger? Warum hast du mir nie etwas gesagt?“ Ich musste es ihm versprechen. Er wollte es dir selbst sagen.“ Tyrande seufzte „Ach bei den Göttern! Wenn ich das nur vorher gewusst hätte, dann wäre das alles nicht passiert!“ „Was ist denn passiert?“ „Ach, es ist eine lange Geschichte. Jedenfalls weiss er nun, dass ich ihn nicht auf diese Weise liebe und… nun scheint er sehr verletzt. Ich muss deshalb zu ihm, ihn um Verzeihung bitten, dass ich seine Gefühle zu wenig gewürdigt habe, ihm alles nochmals erklären. Ich… mache mir etwas Sorgen um ihn. Er sagte, er fühle sich in letzter Zeit etwas geschwächt, weil er so weit weg von Silbermond und den Quellen der Magie ist und du weisst, dass er als Hexenmeister in ständiger Gefahr schwebt, die Kontrolle irgendwann zu verlieren.
„Unter diesen Umständen komme ich aber mit!“ sprach Balduraya entschlossen. Sie wandte sich an Dabog. „Es tut mir leid, wir müssen den Besuch bei Varunna wohl nochmals verschieben. „Ist schon in Ordnung. Ich verstehe das, “ sprach Dabog. Er war nun ganz ruhig und klar in seinem Auftreten. Er schien sich mit seinem seltsamen Zustand langsam etwas angefreundet zu haben.
Zwar stimmte dass nur zum Teil, doch anders als das Untoten- Ich von Dabog, war sein Seelen- Ich, zu wahrem Mitgefühl fähig. Er erkannte, dass die Sache mit Gwydyon dringlicher war, als sein Anliegen. Irgendwie spürte er, dass dieser wirklich ihre Hilfe gebrauchen konnte, mehr… als er selbst. Er wusste ja eigentlich schon, dass seine Seele in seinen untoten Körper zurückgefahren war. Die Schwere, die Kälte und der Gestank dieses Leibes, hatte ihm anfangs das Atmen schwer gemacht und der nekromantische Geist, welcher der alten Hülle noch immer innewohnte, wenn er auch einiges schwächer geworden war, kämpfte noch immer gegen ihn. Doch mit jedem Moment erstarkte die Seele des einstigen Menschenkriegers und er wusste, dass es Balduraya und auch Tyrande gut mit ihm meinten. Sie waren sowieso ganz anders, als er sich die Blutelfen zu seinen Lebzeiten vorgestellt hatte. Sie gehörten zwar einer andern Rasse an als er, aber schlussendlich waren sie wie er: Lebende, atmende Wesen, mit den genau gleichen Problemen, Gefühlen und Nöten. Er musste innerlich lächeln. Eigentlich war der Körper, in den er zurückgefahren war alles andere als lebendig. Doch seine Seele erfüllte ihn wieder mit Leben. Jedenfalls schuldete er Balduraya und Tyrande seine Dankbarkeit dafür, dass sie sich so freundlich um ihn gekümmert hatten. Darum wollte er sie nun auch bei der Sache mit Gwydyon unterstützen.
***********
Der Blutelfen Hexenmeister lag noch immer da, unfähig sich zu bewegen. Er war wie paralysiert, von dem was gerade geschehen war. Wie nur hatte es soweit kommen können? Seine grösste Liebe, war gleichzeitig zu seinem grössten Fallstrick geworden. Er hatte sich von der Sukkubus täuschen lassen, weil er seine Sehnsüchte nicht hatte kontrollieren können. Die Dämonin hatte ihm das gegeben, was er sich am meisten gewünscht hatte, seine Schwäche in jenem Moment ausgenutzt, da er am tiefsten verletzt gewesen war. Dabei war das doch offensichtlich eine Falle gewesen. Warum nur, hatte er das diesmal nicht durschaut? Hätte er es gekonnt, oder… und diese Frage quälte ihn am meisten: hätte er es überhaupt gewollt?“ Es war als erwache er aus einem Traum, der nun zu seinem schlimmsten Alptraum geworden war. Er blickte an sich herunter, wie er so auf seinem Bett lag, ganz nackt, seine Männlichkeit noch feucht von seinem heftigen Erguss. Und… auf einmal ergriff ihn Ekel und Abscheu. Er sprang auf und ging zum Waschbecken, um sich zu waschen. Immer wieder sah er vor sich den nackten Körper von Tyrande, der ihn so erregt hatte und der sich dann… auf einmal in den der Sukkubus zurückverwandelt hatte. Er sah ihre, von irrem Glanz erfüllten Augen und… hörte wieder ihre Worte: „Danke Gwydyon, in dieser Nacht hast du mich aus der Knechtschaft befreit und du hast mir erst noch ein Kind beschert! Ich werde die Gewissheit geniessen, dass ich dir etwa gestohlen habe, was mir niemand mehr nehmen kann und mich für immer davor bewahrt, von einem sterblichen Wesen wie dir beherrscht zu werden. Die Verdammnisfürsten von Desolace werden ihre Freude an dieser Geschichte haben. So leb den wohl…“ Und… dann durchzuckte es den jungen Blutelf wie ein Blitz. Die Dämonin hatte von einem Kind gesprochen, dass er ihr beschert haben sollte. Konnte das wirklich sein? „Oh bei den Göttern!“ er brach beinahe zusammen unter der Last dieser Erkenntnis. „Ich… habe ein Kind mit einer Dämonin gezeugt! Nein, das kann nicht sein, dass darf nicht sein!“ Er setzte sich aufs Bett und keuchte schwer. „ Ist denn so etwas möglich? Aber… wenn das so ist, dann muss ich mein Kind finden! Ich muss es aus den Fängen der Dämonen befreien und… es auf den richtigen Weg bringen! Ich muss es davor bewahren, selbst zum Dämon zu werden. Ich muss nach Desolace!“ Auf einmal spürte er wilde Entschlossenheit in sich. Er packte seine Kleider und seine Waffen und zog sich an. Dann raffte er all die wichtigsten Habseligkeiten zusammen, darunter auch etwas Vorrat und Getränke. Er kritzelte einige Zeilen auf einen Zettel, worin er seiner Schwester erklärte, was sich zugetragen hatte und wohin er wollte. Diesen legte er auf sein Bett. Dann verliess er in Windeseile sein Zimmer.
Doch auf halbem Wege, kamen ihm seine Schwester, einer der Untoten und Tyrande entgegen. Wütend funkelte er die drei an. Warum konnten sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Er musste gehen, jetzt gleich und Tyrande konnte er sowieso gerade nicht mehr sehen. Er errötete vor Scham und Zorn, dass seine Leidenschaft für diese Frau, die ihn nicht mal wollte, ihn in so eine missliche Lage gebracht hatte. „Ich muss nach Desolace und zwar schnell!“ sprach er eiskalt und ihr werdet mich nicht aufhalten!“ Nach Desolace?!“ fragte Balduraya erschrocken, „aber was um alles in der Welt willst du dort?“ „Das geht nur mich etwas an!“ Er wollte sich an den beiden Frauen vorbeidrücken, doch Balduraya stellte sich ihm entschlossen in den Weg. „Nein Bruder, du wirst nicht einfach abhauen, ohne uns zu sagen, was los ist! Ich bin deine Schwester. Ich habe das Recht zu erfahren, was du vorhast. Immerhin wollten wir ursprünglich nach Darnassus.“ „Darnassus kann mir gestohlen bleiben! Ich hätte gar nie mit euch kommen sollen! Lasst mich jetzt gehen.“
„Gwydyon bitte…“ Tyrandes Stimme war flehend „es tut mir leid, das alles. Ich habe dich schrecklich verletzt… ich habe… einfach nicht gewusst, dass du in mich verliebt bist. Ich… habe dich immer nur als meinen besten Freund gesehen. Es tut mir leid, dass ich nicht dasselbe für dich empfinden kannst. Du bist wirklich ein wundervoller Mensch und… ich will dich nicht verlieren. Bitte rede mit uns, sag uns was dich bedrückt! Warum du nach Desolace willst.“ „Das geht dich nichts an“, erwiderte Gwydyon noch zorniger. Er wollte auf keinen Fall, dass Tyrande von seinem schrecklichen Scheitern erfuhr. „Aber… ich kann doch nichts dafür, dass ich nicht dasselbe für dich empfinde, ich weiss ich hätte nicht so harte Worte gebrauchen dürfen und auch das was ich wegen den Hexenmeistern sagte, tut mir leid. Ich weiss, dass du einen eisernen Willen hast und ein wundervoller Hexenmeister bin.“ Gwydyon lachte in einem Anfall von Verzweiflung und Scham bitter auf. „Vielen Dank für die Blumen! Dennoch werde ich allein nach Desolace gehen.“ „Aber… kannst du mir denn nicht verzeihen, wir sind doch immer die besten Freunde gewesen?“ Irgendwas berührten ihre Worte in ihm… tief drin, und sein Ausdruck wurde für einen Moment weicher, wenn auch von tiefem Schmerz gezeichnet. Dann sprach er leise „es geht nicht darum. Es geht nicht darum, dass ich dir nicht vergeben kann. Ich muss… diese Sache durchziehen und dabei kann ich dich nicht mitnehmen. Geh du mit Varunna nach Darnassus. Ich möchte, dass du glücklich wirst. Mein Weg… ist ein anderer. Leb wohl!“ Er wandte sich ab und ging an ihr vorbei zum Ausgang des Gasthauses. Tyrande stand still da, auch ihn ihren Augen lag ein grosser Schmerz. Balduraya blickte sie etwas hilflos an, doch sie erkannte, dass er wirklich nicht gut war, wenn Tyrande mitkam. Sie selbst jedoch, würde ihren Bruder keinesfalls allein lassen. Sie legte ihrer Freundin kurz die Hand auf die Schulter, dann lief sie Gwydyon hinterher. Dabog blieb einen Augenblick etwas unentschlossen stehen, dann folgte er ebenfalls nach. Er würde Balduraya begleiten das wusste Tyrande, wo immer es diese auch hinziehen mochte und sie selbst… blieb ganz allein zurück…
********
Cromnios lag auf einem weichen Lager aus Fellen und Wolldecken, als er erwachte. Als er sich umsah, erkannte er, dass er sich in einer Orcwohnung befand, sie kam ihm irgendwie etwas bekannt vor. „Er ist wieder aufgewacht!“ vernahm er eine wohlklingende Stimme an seiner Seite und in diesem Augenblick schlossen sich zwei Arme mit leicht gelblicher Haut um ihn. „Oh bei allen Geistern, bin ich froh!“rief eine weibliche Stimme. Es war jene von Xantina. Sie drückte ihn fest und Cromnios stöhnte leicht auf, denn seine Rippen schienen gequetscht oder sogar gebrochen. Dennoch war er überglücklich, als er das lachende Gesicht seiner liebsten Xantina vor sich sah. „Lebe ich also noch?“ fragte er. „Ja und du bist auch beinahe wieder ganz gesund!“ lachte Thralliok der neben seiner Tochter stand. Auch Varunna war da. „Die beiden haben sich rührend um dich gekümmert“, sprach Xantina. „Du hattest einige gebrochene Rippen und auch sonst ein paar Quetschungen, doch nun bist du auf dem deutlichen Weg der Besserung.“ Cromnios nickte den beiden Heiler dankbar zu. „Ich stehe in eurer Schuld“, sprach er. „Aber nein,“ erwiderter Thralliok, „dass es dir wieder gutgeht, ist uns Lohn genug.“ Dann wurde sein Blick ernst „obwohl… eine Weile lang, haben wir uns schon ziemliche Sorgen um dich gemacht. Deine inneren Elemente, waren völlig in Disharmonie. Das Feuer erfüllte deinen Geist und du hattest dann auch schlimme Alpträume, in denen du mit einem Feinde gerungen hast, von dem wir nichts wissen, ausser… dass er deine Mutter bedroht hat. Doch nicht nur das schien dich zu beschäftigen, sondern auch noch etwas anderes. Du hast vom Untergang der Welt geredet, davon, dass du etwas tun musst.“ „Es müssen Fieberträume gewesen sein, ich… kann mich an nichts mehr erinnern.“ „Erinnerst du dich aber an das, was mit dir vor deinem… Unfall geschehen ist?“ Cromnios überlegte, alles war noch etwas verworren, sein Kopf schmerzte und es war ihm, als ob einige hundert Kodos über ihn hinweggetrampelt wären. Dann jedoch… kehrte die Erinnerung nach und nach zurück. „Ich war… bei Asurania…“ sprach er „Sie…hat mir einen dieser Elementarapparate gezeigt. Oh nein!“ er fuhr hoch „sie wollen diese Apparate in der Stadt verteilen! Die Feuerelementare sollen sie zerstören. Sie… zerstören alles, alle die sich nicht zum Schattenhammerkult bekennen. Wir müssen sofort los! Wie lange habe ich geschlafen?“ Fast den ganzen Tag.“ „Was! Nein, das darf nicht sein, dann… haben sie die Apparate vielleicht schon verteilt!“ Wir müssen sie unbedingt suchen!“ Er wandte sich an Xantinas Vater: „Du kannst die Energie der Elemente doch spüren. Meinst du, du könntest einen Glasbehälter mit einer Ansammlung von Feuergeistern aufspüren, auch wenn er getarnt wäre?“ „Ich denke schon, es kommt auf dessen Beschaffenheit an. Hast du so eine Behälter schon mal gesehen?“ „Ja eben. Es war jedoch nur ein Kleiner. Asurania hat ihn mir gezeigt. Er sah etwas aus wie eine Sanduhr und beherbergte 5 Elementare. Es gibt jedoch auch noch grössere, mit bis zu 15 Elementaren darin. Jener den ich sah, strahlte eine ziemliche Wärme aus, doch er ist nicht so leicht zu zerstören. Ich habe ihn erst mit Eis abgekühlt und dann durch einen Feuerzauber zerspringen lassen. Die Elementare zerstören sich selbst, wenn sie zu früh freigelassen werden, dass… ist ja auch passiert, darum die Explosion.“ Thralliok nickte ernst: „Darum also auch die starke Feuerenergie, die ich fühlte…“ „Vermutlich war es auch meine Wut und der Hass, den ich noch in mir trug“, sprach Cromnios. „Asurania wollte, dass ich… Xantina töte, als Beweis für meine Loyalität dem Schattenhammerkult gegenüber. Doch… ich habe dieses… Miststück umgebracht. Sie wird uns nicht mehr gefährlich werden.“ Asurania ist… tot?“ „Ja, das ist sie, und die Explosion hat so ziemlich alle Überreste von ihr noch ganz beseitigt. Es wird für den Schattenhammer wie ein unglücklicher Zufall aussehen, dass das Haus hochgegangen ist. Sie werden vermuten, dass Asurania die Feuergeister zu früh freigelassen hat. Selbst schuld.“ „Du klingst so hart, “ sprach Xantina „das bin ich mir von dir gar nicht gewohnt.“ Cromnios schaute seine Liebste an und sein Ausdruck wurde sanfter. „Es tut mir leid. Asurania hat es einfach zu weit getrieben. Sie war einfach nur wahnsinnig und… dieser Schattenhammer entpuppt sich immer mehr als schreckliche Bedrohung für ganz Azeroth. Darum müssen wir die Behälter unbedingt aufspüren und sie unschädlich machen.“ Er erhob sich, mit einem weiteren, leisen Stöhnen. Xantina eilte ihm zu Hilfe und half ihm, sich anzuziehen. Thralliok rief: „Ich werde sofort alle Schamanen zusammentrommeln und ihnen die Lage erklären.“ Varunna sprach: „Und ich muss noch kurz ins Gasthaus, Tyrande und die andern informieren. Je mehr sich an der Suche beteiligen, umso besser. Ausserdem habe ich noch einen andern Plan. Cromnios, dabei werden wir dich brauchen! Du solltest zu den Schattenhämmern gehen und ihnen eine gute Geschichte erzählen! Versuche herauszufinden, ob es irgendeine Vorrichtung gibt, welche uns das Aufspüren der Apparate erleichtern könnte und… versuche diese dann, mit Hilfe von Xantina an dich zu bringen!“ „Ja, das scheint mir ein guter Plan, dann also los!“ sprach der junge Troll, biss die Zähne zusammen und verliess das Haus.
******************
Gwydyon hatte indes andere Sorgen. Gleich nachdem er sich von so eilig verabschiedet hatte, hatte er sich auf den Weg zum Flugmeister der Stadt gemacht. Dieser befand sich im oberen Teil der Stadt und er vermietete verschiedenste Wyvern. Der junge Blutelf war so aufgewühlt, dass er gar nicht merkte, dass ihm Balduraya und Dabog folgten. Er wollte so schnell wie möglich weg von hier! Er musste Vilevere finden und damit auch das Kind, dass er mit ihr gezeugt hatte. Noch wusste er nicht, was er tun würde, wenn er es schliesslich fand, aber er musste einfach etwas tun, er konnte nicht zulassen, dass sein eigen Fleisch und Blut, in die Fängen der Dämonen geriet. Aber… woher wusste er überhaupt, ob er etwas tun konnte, dass dies verhinderte. Immerhin war dieses Kind auch ein halber Dämon. Nein! Er wollte jetzt nicht darüber nachdenken! Scham und ein unbändiger Zorn auf sich selbst, quälte ihn. Wenn seine Lehrmeisterin Taliona gewusst hätte, wie elendiglich er als Hexenmeister gescheitert war…, wenn Tyrande es gewusst hätte… nicht auszudenken!
„Gwydyon! Gwydyon! Bitte warte auf uns!“ hörte er hinter sich plötzlich eine vertraute, irgendwie tröstliche Stimme. Es war jene seiner Schwester. Sollte er auf sie warten? Aber…, wenn sie von seinem schändlichen Versagen erfuhr…? Er war hin und her gerissen, ob er weiter laufen, oder stehen bleiben sollte. Doch Balduraya holte ihn schliesslich ein und erwischte ihn am Arm. Ihr Griff war erstaunlich kräftig, für ihre zierliche Gestalt. „Jetzt warte doch mal!“ rief sie mit einer Mischung aus Wut und Besorgnis. „Was ist mit dir los? Was ist bloss so Schreckliches passiert? Es kann wohl kaum sein, dass du so durchdrehst, weil Tyrande dich nicht liebt. Was ist sonst noch geschehen?“ „Ich kann es dir nicht sagen.“ „Du musst es mir aber sagen! Ich weiche nicht von deiner Seite, bevor du nicht mit mir geredet hast.“ Dabog kam nun auch heran. Gwydyon knurrte. „Was will denn der hier? Kriegt man die niemals los?“ Dabog wirkte irgendwie ganz verändert, sein Ausdruck war ganz anders als sonst. Irgendwie viel mitfühlender… menschlicher und… es machte dem jungen Blutelf beinahe den Eindruck, als fühlte er sich durch seine ablehnenden Worte verletzt. Aber wie konnte diese untote Kreatur sich verletzt fühlen? Dabog sprach: „Ich bin hier, um euch zu unterstützen. Ihr könnte doch nicht so ganz allein nach Desolace aufbrechen. Das ist eine sehr unwirtliche, gefährliche Gegend, für zwei einsame Blutelfen.“ „Wir wissen uns schon zu wehren, “ gab Gwydyon ärgerlich zurück, obwohl…war das wirklich so? Er war gerade jämmerlich an einem seiner Dämonen gescheitert, vielleicht besass er gar nicht mehr die mächtigen Fähigkeiten, die er bisher gehabt hatte? Er sprach unwirsch: „Am besten ihr geht beide wieder und reist wie geplant nach Darnassus. Ich muss das allein durchziehen.“ „Nichts da! Wir kommen mit!“ rief Balduraya zutiefst entschlossen. „Du kannst darüber reden, oder auch nicht, aber alleine lassen wir dich keinesfalls gehen.“ „Irgendwie fühlte Gwydyon doch eine gewisse Erleichterung und meinte: „Ihr wollt also nicht alles wissen?“ „Du kannst ja darüber reden, wenn du denkst es ist der richtige Zeitpunkt, “ gab diesmal Dabog, zum Erstaunen des Blutelfen die Antwort „obwohl, so dein grobes Ziel sollten wir schon kennen, damit wir uns gut vorbereiten können. Wir dürfen sowieso nichts überstürzen. Wir brauchen Vorräte, Waffen und einige andere Utensilien, wenn wir nach Desolace gehen. Wohin soll‘s genau gehen?“ „Ich will dorthin, wo sich die meisten Dämonen herumtreiben, ich suche eine… ganz bestimmte Dämonin, die ich vernichten muss.“ „Lass mich raten… diese Dämonin heisst nicht zufällig Vilevere?“ fragte Balduraya. „Doch… es ist Vilevere“, sprach Gwydyon und sein Gesicht verfinsterte sich vor Kummer und Zorn. „Sie… hat sich also von dir gelöst?“ „Ja… sie hat mich besiegt. Ich war zu sehr geschwächt und habe den Kampf gegen sie verloren. Jetzt ist sie frei und um meine Ehre wieder herzustellen, muss ich sie endgültig vernichten!“ Mehr sagte Gwydyon dazu nicht. Er verschwieg das Kind und alles was damit zu tun hatte. Sollten Balduraya und Dabog erst mal glauben, das Vilevere ihn in einem normalen Kampf besiegt hatte. Seine Schwester schaute ihn prüfend an, irgendetwas an dieser Geschichte schien ihr faul zu sein, doch sie fragte nicht weiter nach, wenigstens wusste sie nun, dass Vilevere das Ziel war. „Also gut, wenn dir das so wichtig ist, dann machen wir uns also auf den Weg nach Desolace, wenn wir alle nötigen Vorbereitungen getroffen haben.“ Und so geschah es…
Zwei Stunden später, war alles erledigt und die drei trafen beim Wyvernmeister ein, um ein Flugreittier nach Desolace zu mieten.
Gwydyon schaute beeindruckt an den mächtigen Tieren empor, welche eine Mischung aus mehreren verschiedenen Tierarten zu sein schienen. Sie besassen mächtige, lederne Schwingen an welchen die Vorderbeine, wie die einer Fledermaus festgewachsen waren. Ihre Häupter mit der mächtigen Löwenmähne waren, wie bei Drachen, mit spitzen Hörnern und Zähnen bewehrt und der skorpionähnliche Schwanz zuckte leicht hin und her, als die Blutelfen und der Untote näher an die Tiere herantraten, um aufzusteigen. So furchterregend die Wyvern jedoch auch aussahen, sie waren eigentlich sehr sanfte Tiere, zumindest zu jenen die sie als Reittiere zu nutzen verstanden. Im Krieg waren sie gefährlich und gnadenlos und ihr blosser Anblick, erfüllte jeden Feind mit Schrecken. Gwydyon und seine beiden Begleiter, bestiegen mit Unterstützung des Flugmeisters den Rücken der Tiere und nahmen die Zügel in die Hand. Sie hatten schon lange auf keinem solchen Reittier der Horde mehr gesessen, in ihrem Reich bevorzugte man die edlen Drachenfalken. Doch sogleich als sie im Sattel sassen, erinnerten sich ihre Köpfe und Körper wieder an das einst Gelernte. Kurz darauf flogen sie los. Beinahe lautlos, schwebten sie über die trutzigen Gebäude der Hordenhauptstadt hinaus, in die rotgoldene Wildnis von Durotar. Ihr Weg würde sie über die weiten Ebenen des Brachlandes, die gezackten Felsformationen des Steinkrallengebirges, in das dürre, öde Land Desolace führen. Ein Land, das sich seit der grossen Teilung der Kontinente, nie mehr richtig erholt hatte. Heute war es besiedelt von einer Menge feindseliger Kreaturen, darunter auch die Zentauren, Wesen die halb Mensch, halb Pferd waren. Die Mythen berichteten davon, dass das Zentaurenvolk einst aus einer kurzen Verbindung einer Tochter der Steinmutter: Theradras und dem erstgeborenen Sohn von Cenarius, genannt Zaetar entstanden waren. Leider jedoch, hatten die Zentauren sich zum Schlechten entwickelt. Sie terrorisierten seit eh und je die andern Völker, vornehmlich die Tauren. In so manchem Landstrich waren sie präsent, aber vornehmlich in Desolace.
Es wurden viele Spekulationen angestellt, warum dieses Land so leblos und unwirtlich geworden war, darunter war auch jene, dass die Boshaftigkeit der Zentauren, einst die Dämonen der brennenden Legion angezogen hatte und so das Land verderbt worden war. Desolace war deshalb auch die Heimat vieler Dämonen. Man erzählte sich von Portalen, welche von mächtigen Verdammnisfürsten geöffnet worden waren, um noch mehr Mitglieder der Brennenden Legion nach Azeroth zu bringen. Sie alle kamen aus der Netherwelt, in welcher sich Gwydyon als Hexenmeister schon ziemlich gut auskannte. Der junge Blutelf war deshalb guter Dinge, dass er Vilevere finden würde. Das grössere Problem jedoch war, dass er mit ihr zusammen ein Kind gezeugt hatte. Dieses Kind galt es zu retten, dieses Kind galt es ihr zu entreissen, denn durch es besass die Dämonin zu viel Macht über ihn. Er wusste nicht einmal, ob er sie überhaupt jetzt noch vernichten konnte. Doch es würde sich schon eine Lösung finden lassen. Eigentlich war er ganz froh, damit nicht ganz allein zu sein. Er blickte über seine Schulter, während hinter ihm einige der schroffen Berghänge des Steinkrallengebirges vorbeiglitten. Balduraya und Dabog, befanden sich direkt hinter ihm. Es war doch tröstlich sie dabei zu haben.
Langsam wurden die Bergkämme des Steinkrallengebirges von einer immer flacher werdenden Ebene abgelöst. Die Vegetation wurde rarer, immer mehr der vielen Tannenbäume, welche die Landschaft bisher geprägt hatten, waren nun abgestorben. Ihre Astgerippe ragten trostlos in den Himmel. In der Ferne, erblickten sie einen roten, lodernden Feuerschein. „Das dort hinten, muss das verbrannte Tal sein!“ rief Balduraya, über das Rauschen der Wyvernschwingen hinweg. „Wir sollten vermeiden darüber zu fliegen. Es gibt dort Harpyien und Feuerelementare. Auch von Schwarzdrachen habe ich schon gehört, die dort in Unwesen treiben sollen. Siehst du dort drüben die Bergkette und den schmalen Pfad der durch sie hindurch führt? Dort müsste es nach Desolace gehen wenn meine Karte stimmt.“ Gwydyon welcher ebenfalls eine Karte bei sich trug, nickte zustimmend. „Ja, das ist richtig. Ich dachte mit, wir fliegen nach Schattenflucht, dieser Ort liegt an der westlichen Küste und soll von den Trollen der Dunkelspeere gegründet worden sein. Von dort haben wir es nicht weit in das Gebiet, wo sich die brennende Legion herumtreibt.“ „Meinst du denn, Vilevere ist dort?“ Ja, vermutlich hält sie sich beim Zirkel des Mannoroc auf. Dort gibt es Portale in die Netherwelt.“ „Aber woher willst du wissen, dass sie nicht schon lange dorthin verschwunden ist.“ „Das glaube ich nicht“, sprach Gwydyon und dachte an das Kind, welches er mit der Dämonin gezeugt hatte. Es war ein halber Mensch und Vilevere würde erst mal schauen müssen, ob es überhaupt in der Netherwelt dauerhaft existieren konnte. Sie würde die Geburt vermutlich abwarten und dann weitersehen. Ausserdem kannte er ihre magische Signatur und würde ihr auch in die Netherwelt hinein folgen können, wenn es sein musste. Nur, ob das auch Balduraya und Dabog tun würden? Das stand alles noch in den Sternen. Irgendwann würde er ihnen die ganze Wahrheit sagen müssen. Doch noch war es nicht so weit.
Sie überquerten nun die letzte Bergkette des Steinkrallengebirges und unter ihnen glitt nun die von den Göttern verlassen scheinende Ödnis Desolace dahin. Überall lagen Knochen herum zum Teil gab es Skelette von Tieren, so gross wie Drachen. Der Boden war sandig und unfruchtbar. Einige Ruinen alter Elfenstädte, ragten noch aus der toten Erde empor. Es gab viele ausgetrocknete Flussbeete und in den wenigen noch übriggebliebenen, kleinen Seen befand sich brackiges Wasser, das vermutlich alles, ausser die abgehärteten Zentauren getötet hätte. Die wenigen grünen Flecken, die es hier noch gab, waren vom Zirkel des Cenarius wiederbelebt worden, der es als seine wichtigste Aufgabe ansah, die Natur hier zu neuer Blüte zu verhelfen. Denn die regenerierenden und erschaffenden Energien Zaetars des Sohnes des Cenarius, waren immer noch präsent. Das war ein beruhigendes Gefühl zu wissen.
Gwydyon betrachtete gedankenverloren dieses öder Land, die vielen, primitiven Zelte aus Leder und Tuch, worin die Zentauren lebten.
Er konnte einige von ihnen sehen. Es waren furchterregenden Gestalten, mit ihren tätowierten Gesichtern und Oberkörpern und den vorwiegend braunen oder schwarzen Pferdeleibern. Sie galoppierten nicht selten in Gruppen über die weite Ebene, ihre Speere und Schwerter schwingend. Die drei Reisenden, flogen möglichst hoch über sie hinweg, damit die Bogenschützen oder die vorwiegend weisshaarigen Magierinnen, sie nicht entdeckten und womöglich noch abschossen.
Ach wie schön und friedlich war da das Land, aus welchem die Blutelfen kamen! Zwar trieb dort die Schergen der Geissel ihr Unwesen, aber bisher hatten die magischen Steine, die meisten von ihnen abhalten können. Gwydyon sehnte sich mehr denn je nach den wunderschönen, lichtdurchtränkten Hainen des Immersangwaldes, nach den gold-weiss-rot leuchtenden Gassen von Silbermond, den malerischen mit Blumen und edlen Statuen geschmückten Parks und Brunnen…
Schliesslich begann es langsam zu dämmern und das Ziel für die Nacht war nicht mehr fern. Schon von weitem, sah Gwydyon das Verhüllte Meer glänzen. Die Sonne war am Untergehen und tauchte alles in einen besonderen gold-rosa Schein.
Die Gegend, wurde nun wieder etwas fruchtbarer, als ob hier die Verderbnis noch keine so grosse Macht hätte, wie im Rest des Landes. Vielleicht hatten die trollischen Schamanen und Druiden sich auch hier besonders um das Wohl der Natur gekümmert.
Eine Ansammlung strohbedeckter Hütten, in Leichtbauweise, gestützt durch leicht gebogenes Holzgebälk, kam nun in Sicht. Sie wurden geschützt durch silbergraue Klippen, mit Blick auf die endlose Weite des Meeres.
Der Horizont wirkte wie ein güldenes Band erleuchtet von einer untergehenden Sonne, welche wie ein hellgelber Ball an einem Himmel von veilchenblauen, rosafarbenen und goldenen Abstufungen schwebte, sich immer weiter senkte, bis sie den Horizont sanft zu küssen schien. Einige weisse Schäfchenwolken zogen vorbei und das Tageslicht verblasste mehr und mehr.
„Das ist aber ein schöner Ort hier!“ meinte Balduraya beeindruckt. „So ganz anders, als der Rest von Desolace. Der Name Schattenflucht passt wirklich. Es war eine gute Idee hier zu übernachten.“ „Ja das finde ich auch“, sprach Gwydyon und die drei Reisenden setzten zur Landung an…