Als Aellia im Schlachtgetümmel bei dem Schiffen ankam, stellte sie sofort fest, dass die Lage heikel war. Einige von Kelanas Anhängerinnen, hatten es bereits auf die Schiffe geschafft. Zwar wurden sie immer noch bitter von den Leuten der Delegation und Königstreuen bekämpft, doch viele von ihnen hatten schon ihr Leben gelassen. Wenigstens lebte Irisa noch, das war schon mal sehr gut, auch wenn diese ebenfalls nur knapp dem Tode entronnen war. Die Pfeile von Aellias Bogenschützen, hatten gute Arbeit geleistet. Wenigstens gab es unter den Männern doch einige, welche sehr gute mit Bogen und Pfeil umgehen konnten. Im Nahkampf waren die meisten eher dürftig begabt, doch sie stürzten sich mit aussergewöhnlicher Leidenschaft in die Schlacht, was einiges wieder wett machte. Dennoch, man musste schon etwas auf die Masculinas aufpassen. Aellia hatte deshalb so gut als möglich versucht, jedem jene Aufgabe zuzuteilen, welche ihr passend zu seinen Fähigkeiten erschien. Ausserdem hatte sie dafür gesorgt, dass alle in geschlossenen Zweier-, Dreier-, oder gar Vierergruppen kämpften, die jeweils von einer bis zwei der begabten, harpischen Kriegerinnen angeführt wurde. Ausserdem hatte sie noch drei Priesterinnen beauftagt, die etwas schwächeren Kämpfer, jeweils mit Schutzschilden zu schützten. Zwar boten all diese Massnahmen keine 100% - ige Sicherheit, da ihre Gegnerinnen ja selbst, hauptsächlich aus Priesterinnen bestanden. Doch wenigstens besassen die meisten von ihnen noch so viel Ehre, dass sie ihre magischen Kräfte nicht allzu oft gegen viel schwächere Gegner einsetzten. Ganz zu vermeiden war es dennoch nicht, dass die Männer auch schlimmen Angriffen ausgesetzt waren, wenn sie sich gegen eine Harpya stellten.
Als Aellia sah, dass einige Gegner bereits die Schiffe gekapert hatten, begann sie sofort einige Befehle zu brüllen: „Ihr da und ihr, ihr kommt mit mir, um die Schiffe wieder zurückzuerobern! Bogenschützen formiert euch, schiesst so viele Gegner ab, wie möglich! Es kann gut sein, dass sie nochmals Verstärkung bekommen. Kelana ist ja auch noch nicht aufgetaucht.“
Die Bogenschützen nahmen im Hintergrund Stellung und spannten ihre, aus vorwiegend dunklem Holz gefertigten Bogen. Gleichzeitig hoben sie diese nun in die Höhe und mit einem furchteinflössenden Zischen, schnellten die Pfeile mit den roten und schwarzen Federn, von der Sehne. Einige der gegnerischen Harpyas fielen sogleich, tödlich getroffen, hinab in die Tiefe. Aellia staunte, wie präzise einige Masculinas das Bogenschiessen beherrschten. Man merkte, dass sie intensiv geübt hatten. Auch Valensios und seine Truppe, die sich auf den Nahkampf spezialisiert hatte, leistete sehr gute Arbeit. Irisa unterstützte sie nun, das war gut so.
Gerade schwebte sie Rücken an Rücken mit Valensios und kämpften gegen drei Harpyas. Die eine eine Priesterin, die anderen beiden Kriegerinnen. Irisa und Valensios bewegten sich in einer bewundernswerten Synchronisation. Der junge Mann führte sein Langschwert, mit dem schwarzen Griff, das mit einem Schlangenkopf verziert war, sehr geschickt. Er wehrte den Schlag der einen Kriegerin ab und danach den der anderen. Irisa sandte eine Schallwelle gegen die Priesterin, welche diese zurückschleuderte. Dann drehte sie sich blitzschnell und schlug mit der einen Seite ihres Schwertes, auf eine der Kriegerinnen ein, um diese von Valensios abzulenken. Die eine Gegnerinnen trug ein Schwert mit gebogener Klinge bei sich, die andere ein normales Langschwert. Jene mit der gebogenen Klinge, griff nun Irisa ihrerseits an, doch Aellias Freunding, wehrte sie erneut mit ihrem Doppelschwert ab. Dann wirbelte sie wieder herum, während Valensios ihr den Rücken freihielt und stellte sich der Priesterin, welche zurückgekehrt war. Jene trug zwei Dolche bei sich, so wie Aellia. Sie überkreuzte sie und wollte Irisa von unten nach oben aufschlitzen, doch diese hob blitzschnell ihr Schwert und wehrte ab. Die gegnerische Priesterin, wandte nun ihrerseits Magie an und sandte ein paar violette Kugelblitze gegen Irisa, welche das Ziel hatten, deren Zauberkraft zu schwächen. Doch Irisa war auch für solche Angriffe gewappnet. Sie hob ihr Schwert und drehte es hin und her, die Kugelblitze prallten von den rotierenden Klingen ab. Ein anderer Mann war nun Valensios zu Hilfe geeilt und nun musste jener nur noch gegen eine Kriegerin kämpfen. So konnte sich Irisa ganz der einen Gegnerin widmen. Schon sehr bald hatte sie diese mit ihrer Kampfeskraft und ihrer doch einiges stärkeren Magie, besiegt.
Valensios parierte einen weiteren Schlag der feindlichen Harpya mit dem Schwert und wich dem nächsten geschickt aus. Nun zahlte sich die Anstrengung aus, welche er die letzten Jahre auf sich genommen hatte, um einer von Tantalius Elitekämpfern zu werden. Eine der wenigen Harpyas, sie hiess Aequitia, welche auf ihrer Seite stand, hatte ihn einstmals ausgebildet. Den Rebellen blieb jedoch nicht sehr viel Zeit und darum schafften es nur wenige, den Standard von Valensios zu erreichen. Valensios Erfolge brachten ihm sein ungestillter Ehrgeiz und sein Durchhaltewillen, in allen Bereichen der Kampfkunst, ein. Er war zum Krieger geboren und hatte sich auch schon öfters in seinem Leben, gegen die Frauen aufgelehnt. Man hatte ihm schon öftersprophezeiht, dass er sich, mit seinem losen Mundwerk einst in Teufels Küche bringen würde. Doch irgendwie schaffte er es immer wieder, sich aus heiklen Situationen herauszuwinden, nicht selten mit seinem Charme, dem einige immer wieder erlagen. Valensios war der Lieblingsschüler von Aequitia gewesen. Sie hatte ihn deshalb noch zusätzlich ausgebildet, ihm noch mehr Tricks beigebracht als den anderen. Sie teilten nicht nur die Trainingsstunden miteinander, sondern auch noch ein paar andere, angenehmere und entspannendere Dinge, wie z.B. die Wonnen. Sie standen sich ziemlich nahe, auch wenn sie beide noch nicht vorhatten, sich wirklich aneinander zu binden oder gar eine Familie zu gründen. Tantalius hatte die beiden, falls alles Stricke rissen, allerdings dazu auserkoren, das neue Königspaar dieses Reiches hier zu werden. Trotz der vielen Macht und der Führungsrolle, die sie dadurch erhalten hätten, waren sie eigentlich recht froh darüber, wenn sie diese Bürde nun doch nicht übernehmen mussten. So konnten sie weiterhin frei leben, so wie es ihnen gefiel und waren nicht für ein ganzes Volk verantwortlich. Podargia besass mehr Erfahrung und es sah so aus, als würde sie Iquitos, ihren Lieblingsmann heiraten und ihn zu ihrem König machen. Damit war allen Beteiligten schlussendlich gedient.
Valensios holte mit dem Schwert aus und stiess es einer gegnerischen Harpya tief ins Herz. Als sie abstürzte, fühlte er einen gewaltigen Triumph in sich und stürzte sich, mit einem lauten Kampfschrei, auf die nächste Feindin. Er war im Blutrausch und jegliche Angst fiel von ihm ab. Eine Feindin nach der andern fällte er. Irisa kämpfte dicht an seiner Seite. Meist kümmerte sie sich um die zauberkundigen Gegnerinnen. Manchmal begegneten sich seine und ihre Blicke dabei und er spürte, wie sein Herz dabei pochte. Voller Bewunderung beobachtete er die geschmeidigen Bewegungen der jungen Frau. Ihr langes, schwarzes Haar, das nun mit einigen dunklen, glänzenden Hornspangen zusammengehalten wurde, wirbelte bei jeder Drehung herum. Ihr in eine Lederrüstung gehüllter Körper, war wohlgeformt, eher sehnig und das Doppelschwert, das sie führte, machte mächtig Eindruck. Auch ihre Zauberkräfte waren erstaunlich, nur Aellia welche ein Stück weit entfernt von ihnen kämpfte, besass noch grössere Kräfte.
Eine Feindin nach der andern fiel Irisa zum Opfer. Es ging manchmal so schnell, dass man mit den Augen kaum folgen konnte. Wenn sich diese Schlacht nicht in der Luft zugetragen hätte, bestimmt hätten sich die Leichen unter den Füssen der jungen Harpya gestapelt. Dennoch es war ein harter Kampf. Man musste sehr aufmerksam und auf der Hut sein, denn die harpischen Gegnerinnen waren wirklich sehr gefährlich.
Tantalius schwebte währenddessen über dem Schlachtgetümmel. Er sass auf dem Rücken seines Greifen- Weibchens Kethia und unterstützte seine Leute mit der Armbrust. Es gab bisher noch keine Armbrustschützen im Reich des dunklen Mondes. Tantalius hatte sich diese Art des Schiessens einst selbst beigebracht. Die Waffe stammte von Solianas. Es war eine sehr gute Waffe, welche man auch auf Equilibria erst ganz neu entdeckt hatte. Tantalius‘ Armbrust bestand aus dunkelbraunem, glänzendem Holz. Der Bogenrücken, war kaum verziert, nur mit einer kleinen, goldenen Sonne- dem Symbol des solianischen Gottes Heliosus.
Tantalius brachte Kethia, welche unglaublich wendig war in Position, legte einen Bolzenpfeil, mit einer roten und einer goldenen Feder befiedert, auf die stabile Pflanzensehne und schoss. Er traf eine der gegnerischen Harpyas, mitten in die Brust. Sie wurde von der Wucht des Pfeiles regelrecht zurückgeschleudert, dann fiel sie wie eine leblose Puppe hinab in die Tiefe. Ihre beiden Dolche entglitten ihren Händen und fielen ebenfalls in die Tiefe. Sie wurden kleiner und kleiner und schliesslich entschwanden sie ganz seinen Blicken. In diesem Moment jedoch, zuckte ein heller Blitz, knapp an Tantalius Kopf vorbei. Kethia flog eine blitzschnelle Kurve, und wich der magischen Attacke aus. Doch schon folgte die Nächste. Es war eine Feuersalve. Eine der gegnerischen Priesterinnen, hatte es scheinbar auf sie abgesehen. Doch der Greif war schneller, immer und immer wieder wich er den Angriffen aus. Einige Pfeile zischten ebenfalls auf sie zu. Doch Tantalius hatte von Aellia den Befehl erhalten, sich mit den Greifen etwas zurückzuhalten. Die geflügelten Tiere waren zu wertvoll, um sie in diesem Kampf zu verlieren. So befahl er Kethia etwa höher zu steigen. Ketios schwebte ebenfalls auf dieser Höhe. Sie kommunizierten miteinander. Der männliche Greif wollte kämpfen, aber Tantalius konnten ihn überreden, sich vorerst zurückzuhalten. Er schaute hinab in die Tiefe unter sich und auf die, nun nur noch winzig kleinen Menschlein, die da so heftig kämpften. Es war ein unbeschreibliches Gefühl auf so einem Reittier zu sitzen. Man konnte viel weiter hinauffliegen, als es mit dem eigenen Flügeln jemals möglich gewesen wäre. Ohne den Greif, wäre Tantalius in dieser Höhe bereits so erschöpft gewesen, dass er es nicht mehr zurück geschafft hätte. Die Relationen der Welten veränderten sich gänzlich, wenn man sie von so hoch oben betrachtete. Er schwebte im weiten Raum eines rotschwarzen Himmels. Nur Stille war hier oben… Frieden. Allein der Flügelschlag von Kethia hörte er noch und das Rauschen des Windes in seinen Ohren. Die Luft hier war frischer, weniger von Rauch und Nebel durchzogen und man sah weit, so weit! Sogar die weit entfernte Grenze des Reiches, des dunklen Mondes und darunter, ein weisslichgraues Wolkenmeer, das vermutlich die herrliche Welt Equilibrias verhüllte. Bald würde Tantalius dorthin reisen, sehr bald! Einst würde sein ganzes Volk in Frieden und Freude leben, sich von den wundersamen Greifen durch die Lüfte tragen lassen und soviel weitere Strecken zurücklegen können, als jemals zuvor.
Der Rebellenführer zog ein paar Kreise am Firmament, dann befahl er Kethia wieder etwas tiefer zu gehen, damit er seine Freunde weiter unterstützen konnte. Der Lärm der Schlacht, erschien ihm beinahe ohrenbetäubend, im Gegensatz zu jener Stille, aus der er kam und er wünschte sich nichts sehnlicher, als dass diese Stille, dieser Frieden auch hier unten bald Einzug halten möge.