Gerade wollte sie Typon rufen, als ihre Aufmerksamkeit von etwas anderem in Anspruch genommen wurde. Auf einmal tauchten Richtung Stadt einige Pegasosse auf. Auf ihrem Rücken trugen sie nicht nur den Reiter, sondern auch…
„Unsere Frauen!“ rief Varthemos aus und eilte mit einigen andern Lunariern den Pferden entgegen. Aellia konnte sich kaum fassen vor Freude. Es waren tatsächlich die Lunarierinnen! Nannios, Trojanas und die andern hatten es scheinbar geschafft sie zu befreien. Immer mehr Pegasosse kamen geflogen und setzten die Frauen ab, welche mit Jubel und herzlichen Umarmungen empfangen wurden. Sofort nahmen sich die Heiler den Neuankömmlingen an. Doch niemand war nennenswert verletzt. Der junge Pegasossreiter Ikarios, welcher seine Geliebte Ismayila eigenhändig zurückbrachte, rief: „Unsere Leute in der Stadt brauchen Verstärkung, so wie es aussieht. Ich muss gleich wieder zurück!“ Er küsste seine Liebste zum Abschied leidenschaftlich und flog mit einigen anderen wieder zurück in die Stadt. Varthemos gab sofort einige Anweisungen, der Rest der Armee war nun auch zu ihnen gestossen. Auch Artemia wies ihre Frauen an, sich zum Kampf bereit zu machen.
„Vielleicht müssen wir gar nicht mehr viel kämpfen“, sprach Aellia, „wenn sie erst erkennen, dass ich den König besiegt habe, werden sie sich meinen Befehlen fügen.“
„Dennoch machen wir uns besser für alles bereit!“ sprach Varthemos. „Du fliegst mit dem roten Löwen schnellstmöglich in die Stadt. Die restlichen Pegasossreiter werden dich begleiten. Es sind auch ein paar Mondkriegerinnen darunter, du wirst ihre magische Unterstützung vielleicht noch gut gebrauchen können. Wir andern folgen euch so schnell als möglich…“ Er trat zu der Harpya und legte ihr die Hand auf die Schulter. „Achte gut auf dich und stürze mir nicht noch ab, jetzt da du nicht fliegen kannst!“ „Nein nur keine Angst, es wird alles gut.“ „Ich hoffe es…ja ich hoffe es sehr…“
Trojanas kämpfte wie ein Löwe, er hatte auch schon einige Tote auf seinem Konto zu verbuchen. Er war einer der herausragendsten Kämpfer. Einige seiner Leute waren schon gefallen. Doch viele Verletzte, konnten von den Pegasossen und teilweise den, ihm loyalen Löwenreitern, in Sicherheit gebracht werden. Auch die Gegner der Rebellen hatten mittlerweile ihre Löwen mobilisiert und nun war auch in der Luft ein heftiges Gefecht im Gange. All das nahm grössere Ausmasse an, als eigentlich geplant war und auch der junge Königssohn merkte, wie seine Kräfte langsam etwas nachliessen. Er hatte von Nannios erfahren, dass Verstärkung im Anmarsch war. Trojanas hoffte, dass diese bald eintraf. Seine Gedanken waren auch bei Aellia, wie war es ihr wohl ergangen? Hatte sie Solianas besiegen können?
Immer mehr Gegner stürmten auf ihn und seine Leute ein. Er schlitzte einen Gegner von unten nach oben auf, köpfte den einen und rammte dem andern seine Klinge in den Bauch.
Auf einmal jedoch hörte er eine wohlbekannte Stimme hinter sich „Da ist also mein Verräterbruder! Wie konntest du aus dem Gefängnis entkommen?!“ Taumanas stand ihm gegenüber, in seinen etwas hervorquellenden Augen, lag ein beängstigendes Leuchten, es war eine Mischung aus Hass und Irrnis. „ich wurde von meinen Leuten befreit, allerdings von den Feminas.“ „Feminas die kämpfen, so ein Schwachsinn! Sie sollten lieber bei ihren alten Aufgaben bleiben.“ „Wie du siehst sind sie sehr gute Kämpferinnen. Das dort ist übrigens meine Mutter. Vielleicht ist deine Mutter ja auch irgendwo?“ Taumanas blickte sich etwas verunsichert um, doch dann wandte er sich wieder an seinen Bruder. „Ihr habt die Lunarierinnen befreit, das wird euch teuer zu stehen kommen. Ihr habt keine Chance gegen meine Armee, wir sind in der Überzahl.“ „Noch seid ihr das, aber Verstärkung ist bereits im Anmarsch. Vielleicht ist Vater ja auch schon tot.“ „Was meinst du damit?!“ fragte Taumanas und er schien erschrocken. „Aellia wird ihn zum Zweikampf herausfordern, jetzt da ihr das mit den Lunarierinnen anstellen wolltet.“ „Sie wird ihn nicht besiegen.“ „Oh, da wäre ich nicht so sicher. Sie ist eine sehr gute Kriegerin, besser noch als ich und…auch einiges besser als du.“ Spott lag in seiner Stimme. Taumanas spürte die Provokation darin und meinte zornig. „Ich werde dich diesmal besiegen, nichts wird mich davon abhalten. Ich warte schon seit Jahren darauf.“ „Dann los…Bruderherz…,“ sprach Trojanas. „Nenn mich nicht so!“ zischte sein Gegenüber und zog sein Krummschwert aus dem Gürtel. Er trug ausserdem einen Schild bei sich. Trojanas war mit dieser Kampfart etwas vertraut. Es war eine eher heimtückische Kombination, denn Taumanas konnte seinen Schild gut zu seinem Schutz oben behalten und mit der gekrümmten Klinge über den Schildrand hinweg nach seinem Gegner stechen.
Die beiden umkreisten sich erst mal und zögerten den ersten Angriff noch etwas heraus. Schliesslich dann, begann Trojanas mit dem ersten Schlag, seines ebenfalls gekrümmten, etwas längeren Schwertes. Er versuchte behände seitlich an dem Schild von Taumanas vorbeizukommen und ihn mit seiner Klinge in die Seite zu stechen. Doch sein Bruder, war gefasst, wehrte das längere Schwert mit seinen Krummschwert ab und schlug seinem Bruder die Schildkante gegen die Kehle. Dieser taumelte röchelnd zurück eine blutige Schnittwunde, zog sich über seinen Hals. Doch er liess sich nicht so schnell unterkriegen und griff erneut an, Taumanas verschanzte sich, wie man es sich von einem Feigling wie ihm gewöhnt war, ständig vollkommen hinter dem Schild. Trojanas erhob sich etwas in die Lüfte und wollte ihn von oben angreifen. Taumanas hob den Schild über seinen Kopf, sein Krummschwert stach immer wieder nach Trojanas, aber er erwischte ihn nicht wirklich. Schliesslich erhob er sich wutentbrannt ebenfalls höher in die Luft. Er wollte seinem Bruder Schmerzen zufügen und deshalb gab er seine feste Deckung auch wieder etwas auf und stach mit seiner Klinge nach Trojanas rechter Seite, während er die andere Hälfte seines eigenen Körpers schützte. Doch in dieser Position hatte Trojanas schon bessere Chancen. Er machte einen eleganten Salto in der Luft und griff nun Taumanas von seiner ungeschützten Seite her an. Beinahe durchbohrte das Schwert des jungen Königssohnes, die Lunge des Gegners. Taumanas schaffte es aber, ihn mit dem Schild abzufangen und schlug ihm die Waffe aus der Hand. Trojanas fluchte und wollte nach seiner Waffe hechten, doch Taumanas hielt ihn auf, stiess ihn mit dem Schild zurück. Trojanas taumelte einen Augenblick. Doch dann ergriff ihn Zorn und er warf sich mit aller Kraft gegen den goldenen Schild seines Bruder, dabei achtete er darauf, dass dieser ihn nicht von irgendeiner Seite, mit dem Krummschwert verletzen konnte. Er packte den Schild mit aller Gewalt und riss daran. Er entglitt den Händen von Taumanas und Trojanas hatte ihn nun. Er schlug damit mit gewaltiger Wucht gegen die Nase seines Gegners. Jener schrie auf, als sein Nasenbein zertrümmert wurde und Blut aus den Nasenlöchern lief. Taumanas war einen Moment lang etwas benommen, diesen Moment nutzte Trojanas, um seine Waffe wieder aufzuheben. Er trug nun den Schild und sein Bruder stand völlig ungeschützt vor ihm. „Willst du lieber aufgeben?“ sprach er. „du befindest dich gerade in gar keiner glücklichen Lage.“
Doch Taumanas zischte: „Das könnte dir so passen. Ich kämpfe bis zum bitteren Ende, “ „Nun gut…“ Trojanas warf den Schild weit von sich und die beiden Männer stellten sich einander nun nur mit den Schwertern entgegen. Taumanas hatte ein etwas kürzeres Schwert, was ihm einen ziemlichen Nachteil bescherte. Er konnte damit niemals die gleiche Effizient erreichen, wie mit einem längeren Schwert. So besann er sich auf eine List. Er hatte noch eine zweite Waffe dabei, einen Wurf-Dolch, der in seinem Stiefel steckte. Doch er wollte ihn erst im richtigen Moment hervorholen. Trojanas stürzte sich nun auf ihn, die beiden Klingen klirrten, als sie aufeinandertrafen. Taumanas spürte den heftigen Schlag seinen ganzen Arm hinauf, doch er blieb tapfer. Er machte eine Drehung und schaffte es, seinen Bruder von der Seite her zu treffen. Immer wieder wich er aus, immer wieder stach er nach dem Feind. Seine Schnelligkeit war beachtlich. Trojanas aber liess sich davon nicht aus der Fassung bringen. Es folgte seinem Bruder stets mir starrem Blick. Schliesslich, als er wieder zustossen wollte, wehrte er ihn mit der quer haltenden Klinge ab und stiess ihn mit aller Wucht nach vorne. Taumanas taumelte und fand eine Weile keine Bodenhaftung mehr. Doch Trojanas liess ihm keine Verschnaufpause. Er griff sofort wieder an. Taumanas sah nun den Moment für seinen geplanten Trick gekommen. Er fasste in seinen Stiefel und zog einen langen, schweren Wurf-Dolch hervor, diesen schleuderte er gegen das Gesicht seines Bruders. Jener, gar nicht darauf gefasst, schaffte es noch in letzter Sekunde, sich nach hinten zu werfen und der Dolch zischte knapp an seinem Kopf vorbei. In einer Wand hinter dem jungen Mann blieb er zitternd stecken.
Trojanas packte ihn und zog ihn wieder heraus. Zorn zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Er schwebte ein Stück nach vorn und warf den Dolch dann zurück. Taumanas konnte nicht mehr ausweichen, der Dolch drang durch das Muskelgewebe seines Oberarms und nagelte ihn an eine der hölzernen Katapultmaschinen, von denen es hier noch einige gab, fest. Blut tropfte aus der Wunde, er stöhnte schmerzerfüllt und wollte sich befreien, doch es gelang ihm nicht. Trojanas schwebte ganz nahe an ihn heran und packte den anderen Arm seines Bruders, als dieser verzweifelt versuchte, ihn nochmals mit seinem Krummschwert zu treffen. Trojanas drehte ihm die Hand ab, bis er die Waffe fallen liess, dann hielt er ihm sein Schwert an die Kehle. In seinen Augen funkelte Verachtung. „Nun, dann töte mich jetzt auch Bruder!“ rief Taumanas herausfordernd. „Wenn du es nicht tust, wirst du es für immer bereuen.“ Trojanas überlegte, während er Taumanas festhielt. Es war ihm trotz allem zuwider, seinen Bruder zu töten. So meinte er: „Ich glaube, wir werden dich erstmal einsperren, dann werden wir später über dein zukünftiges Schicksal verhandeln.“ Er rief einen Löwenreiter zu sich herab und meinte: „Du bringst Taumanas in unseren Kerker! Ache gut darauf, dass er dir nicht entwischt.“ Er wandte sich nochmal an seinen Bruder. Dann hob er sein Schwert mit dem harten Griff nach unten und schlug einmal heftig gegen den Kopf von Taumanas, dieser versank in tiefe Ohnmacht…