Vorwort
Nun ist aus einer Schreibübung eine kleine Geschichte geworden. Natürlich betrachte ich Hexen ein wenig anders, als manche närrischen oder dogmatischen Seelen. Hexen, sind dem Volksglauben nach Frauen, die mit Dämonen und dem Teufel verbandelt sind. Dieser Begriff wurde erst durch die katholische Kirche geprägt und erscheint erstmals im Jahr 1293. Diese Sichtweise wurde also von Klerikern geprägt, die Frauen als Dienerinnen des Mannes sahen und jegliche Form von klugen Frauen ablehnten.
Weniger bekannt ist, dass es bereits Gottfried von Bouillon im Jahr 1099 den Jerusalem Orden gründete, in dem auch Frauen dienten. Zumeist waren es Heilerinnen, die die verwundeten Krieger pflegten. Seither tragen echte Hexen dieses Ordens das Jerusalem Kreuz und bezeichnen sich selbst als Heilerinnen. Nach der Zerschlagung des Templerordens durch den französischen König, im Jahr 1321 verteilten sich die Heilerinnen auf verschiedene Ordensgemeinschaften.
Eine Frage bleibt noch zu stellen. Woher hatte Hildegard von Bingen dieses immense Wissen über die Natur, Kräuter und Heilmethoden? Die Herkunft über griechische und lateinische Texte sind zu vernachlässigen, da diese Schriften nicht öffentlich verfügbar waren. Zumal sie stets die deutschen Pflanzennamen verwendete. Wer jetzt noch fragen hat, der schaue sich das Jerusalem-Kreuz an. Es enthält die Antwort in sich.
Walpurgisnacht
Befremdliche blaue Lichter flackerten immer wieder auf. Dazu lautes Getöse mit lautem Tatütata, welches Isolde von Kummerlos den letzten Nerv raubte. Junge Männer in merkwürdiger Bekleidung kümmerten sich um ein riesiges Metallungetüm. Ein rotes Metallungetüm auf schwarzen Füßen mit ebenso schrecklichen Blinklichtern und einem ebenso entsetzlichen Lärmgerät auf dem Dach hielt gerade neben anderen Ding an. Auch die lärmige und schrille Aussprache der verschiedenfarbig gekleideten Männer irritierte sie. Was war daran nicht zu verstehen, Damen haben immer Vorfahrt.
Dezent packte sie ihren Besen ein, den wozu konnte man zaubern. Ein Typ in einer schwarzen Bekleidung näherte sich ihr. "Hallo, gnädige Frau! Haben sie etwas von dem Unfallhergang mitbekommen?" Isolde hätte nur zu gerne einen Vergessenszauber über diese impertinente Person geworfen, aber es war zu spät. Weitere Personen in gelb schillernder Bekleidung näherten sich ebenso forsch. Erst jetzt bemerkte Isolde schmerzen in der rechten Schulter, die sie noch nicht kannte. Aber schlimm war es nicht. Dezent zog sie also ihre Brille aus der Brusttasche und beäugte die Personen, die beflissen auf sie zu trabten. Rasch überlegte sich Isolde einen Plan, um diese überflüssige Angelegenheit langsam angehen zu lassen. Immerhin schienen diese merkwürdig gekleideten Personen ein gewisses Interesse an ihr zu haben. "Jo, was ist den?" Dabei erkannte sie die Aufschrift auf der Bekleidung. "Polizei und Rettungsdienst."
In ihren Gedanken hinterfragte sie diese seltsame Personenbeschriftungen. "Was bedeutet Polizei und Rettungsdienst? Bei den Göttern der Chauken und Vasen, was wollen diese merkwürdigen Figuren von mir." Freundlich lächelte sie die Personen an. "Meinen sie mich?" Nebenher überlegte, wie sie das Missgeschick mit diesem Blechungetüm erklären sollte. "Die Wahrheit zu offenbaren machte wohl keinen Sinn, also schauen wir mal, was wir diesen dreisten Kerlen auf die Nase binden können."
Erst jetzt erkannte Isolde, dass sie eine junge Frau angesprochen hatte. Na, hübsch war dieses zierliche Wesen nicht, immerhin fehlten ihr gut vierzig Kilo um die Hüften, um sie als weibliches Wesen erkennen zu können. Aufmerksam sah sie zu der Polizei, vielleicht hieß die Jungfer ja so. "Wie kann ich ihnen helfen?" Flötete Isolde nun mit mehr Interesse. "Polizeihauptmeisterin Karima Margis, hier mein Dienstausweis." Perplex schaute Isolde immer noch zu der forschen Frau. "Was ist den hier los? Verzeihen sie bitte, aber ich bin nur auf Besuch hier und erkenne die Gegend kaum wieder. Früher gab es diesen seltsamen Steinweg zumindest nicht, als ich vor fünfzig Jahren hier war." Ein frecher Mann machte eine kreisende Handbewegung mit seiner Hand neben seinem Kopf - zu einem anderen Mann. "Oma, bist wohl ein wenig tüttelig. Hast du gesehen, was mit dem LKW passierte. Immerhin ist die halbe Front heftig eingedrückt und der Fahrer steht unter Schock. Er sagte uns, in seinem Zustand, dass er vor dem Unfall eine Frau auf einem fliegenden Besen gesehen hätte, die er wohl versehentlich gerammt hätte."
Forsch konterte Isolde, wobei sie einen Korb mit Kräutern aufrief, der jäh an ihrer Hand baumelte. "Nein, ich bin zufällig hier und sammle Kräuter. Das sehen sie doch. Und wenn man Kräuter sammelt, dann schaut man zumeist auf den Boden, um diese Pflänzchen auch zu finden. Oder machen sie das anders?" Die Polizeifrau fragte jetzt direkter. " Können sie sich ausweisen? Wie lautet ihr Name und können sie mir bitte sagen, ob sie etwas zu dem Unfallhergang sagen können." Nur zu gerne hätte Isolde die Frau auf die Größe einer Spitzmaus verringert, aber das würde sie nur verraten. "Schließlich befand ich mich ja in einer Notlage und fühlte mich angegriffen. Ich konnte doch nicht wissen, dass dieses Ungetüm kein Drache war. Dabei habe ich doch nur einen Schutzzauber aufgerufen."
"Ja, mein Name lautet Isolde von Kummerlos, ich arbeite als Professorin für Naturheilkunde in Kuusamo in Finnland und bin hier nur auf Besuch. In Hautajävi, also knapp nördlich von Kuusamo, steht mein Haus. Nach vielen Jahren bin ich das erste mal wieder hier und dann krachte es plötzlich hinter mir. Als ich mich umdrehte war nur dieses deformierte Etwas zu sehen." In ihrer Tasche suchte sie nach ihren finnischen Papieren, die sie seit gut zwanzig Jahren ihr eigen nannte. "Hier meine Papiere." Elegant zog sie den finnischen Ausweis heraus und hielt ihn der Polizeifrau vor die Nase. "Werfen sie gerne einen Blick hinein, dann werden sie sehen, dass meine Angaben der Wahrheit entsprechen." Beflissen durchblätterte die Polizei die Papiere. Fotos aus Kuusamo purzelten dabei rein zufällig aus dem Pass. "Vor fünfzig Jahren zogen meine Eltern mit mir nach Finnland. Früher wohnten wir in der Nähe von Wernigerode. Jetzt in meinem Alter wollte ich hier mal wieder meine Heimat sehen." Unhörbar, zwischen den harmlosen Worten, legte sie leichte Vergessenszauber auf die Personen, die sie immer noch impertinent anstarrten, als sei sie etwas sonderbar.
Desinteressiert blickte diese Karima sie an. "Scheint alles in Ordnung zu sein. Sollen wir sie nach Werningerode mitnehmen?" Dem Rettungsmann wuchsen unterdessen kleine Warzen im Gesicht. "Nein, ich werde bald von einer Freundin abgeholt. Sie sollte bald auftauchen. Dezent überreichte ihr die Polizistin den Pass und eine kleine Karte. "Falls ihnen noch etwas einfällt, dann rufen sie mich einfach unter dieser Nummer an." Etwas träger als zuvor schlurften die Leute zu ihrer merkwürdigen Fortbewegungsmitteln, die nicht einmal fliegen konnten oder Beine besaßen. Kopfschüttelnd quittierte sie diese unnütze Zeitverschwendung mit den jungen und übermäßig ungebildeten Leuten. Rasch zog sie sich in den Waldweg zurück und wartete auf Edeltraud von Ricklingen, die ebenso wie sie dem Jerusalem Orden angehörte. Jeder könnte daher wissen, dass sie eine vom Papst zugelassene Hexe war, die schon in Jerusalem ihren Dienst verrichtet hatte.
Edeltraud kam elegant durch die Schneise im Wald angeflogen und landete direkt neben Isolde. "Was ist da den passiert, Isolde? Hast du was damit zu tun?" Schuldbewusst zuckte sie mit den Schultern. "Ach, Edeltraud, ich dachte es sei ein Drache, der mich überfallen wolle. Da rief ich halt einen Schutzzauber auf und dieses Ding donnerte kopflos dagegen. Naja, es hätte ja ein Drache sein können, so wie das Monstrum aussah. Es knurrte laut und dann diese feurigen Augen an der Front. Aber mal ehrlich, hier hat sich so viel verändert in den letzten dreihundert Jahren, woher sollte ich also wissen, was die Leute hier so treiben. Woher sollte ich wissen, dass die so merkwürdige Geräte haben, die einen finster anstarren. Lass uns jetzt zu deinem Häuschen fliegen und dann trinken wir erst einmal ein schönen Kräuterschnaps, damit sich meine Nerven wieder beruhigen. Und Morgen fliegen wir zusammen zum Bocksberg und feiern die Walpurgisnacht mit unseren Schwestern. Zuvor braue ich aber noch einen kräftigen Enzian. Aber eines hat sich nicht verändert, die Schergen der Obrigkeit kann man immer noch mit ein paar kleinen Tricks in die Irre führen. Schließlich stellen sie wohl zumeist nicht die hellsten Köpfe ein. "
Rasch zog sie ihren Besen aus der Tasche und ließ das Körbchen mit Kräutern am Wegesrand stehen. Mit einem Fingerschnipser vergrößerte sie den Besen und stieg auf. Sie bekam nur kurz mit, dass ungläubige Augen sie dabei beobachteten.
Auf dem Flug durch die Waldschneise schaute sie noch einmal zu Edeltraud. "Hätte ich den merkwürdig gekleideten Pappnasen vielleicht auf die Nase binden sollen, dass ich eine richtige Hexe bin und ich mit meiner Freundin einen Abstecher zum Bocksberg machen möchte. Ich denke, sie hätten es nicht verstanden."