Noch atmete Synfera intensiv, aber sie hatte den Erzmagier rasch und vernichtend bezwungen. Keiner der Zaungäste hätte diesen Ausgang erwartet, aber der Applaus gab ihr Recht. Frauen sind stärker als man denkt oder es ihnen ansieht. Nach dem grandiosen Triumph von Synfera rief Niala fast augenblicklich eine Cocktailparty für den Abend aus. Das war ein freudiger Anlass der im Kreis der Damen gefeiert werden musste. Den Sieg in einem Kräftemessen über einen Erzmagier feierte man schließlich nicht alle Tage. Besonders, wenn er so deutlich ausfiel und Synfera ihrem Kontrahenten sogar noch einen bindenden Eid abzwang, da der Kerl regelrecht Furcht vor Synfera bekommen hatte. Ja, sie hätte ihn vernichten können, aber in kluger Vorausschau verschonte sie diesen Narren, der nicht einmal bemerkt hatte, dass er zukünftig im Fokus der Überwachung stand. Ihm war klar, dass er seine Gegnerin mit seiner Waffe einfach nicht treffen konnte. Im Anschluss an das Zwischenspiel machte Synfera erst einmal Gymnastik am Strand, um die Körperspannung und Konzentration zu schulen. Niala schaute dabei interessiert zu, weil sie nicht glauben konnte, was sie sah. Synfera ähnelte bei manchen Übungen eher einem Gummimenschen, der leicht einen Spagat machte, als sei es nichts ungewöhnliches. Danach vollführte sie eine Kata, bei der sie die unvorhersehbarsten Drehungen und Schläge gegen mehrere imaginäre Gegner ausführte. Zum Ende faltete sie die Hände und verneigte sich bei dem Verlassen der imaginären Matte vor ihren ehemaligen Lehrern.
Niala lud Synfera danach in den Wellness Bereich ein, weil sie unbedingt in Erfahrung bringen wollte, warum Synfera sich so dermaßen merkwürdig bewegen konnte. Ruhig erklärte Synfera, das einzig diese eingeübten Konzentrationsübungen und dieser permanente Kampf gegen den eigenen Schweinehund sie so weit gebracht hatten. "Versteh, Kampfsport bedeutet vornehmlich den Kampf gegen die eigene Trägheit aufzunehmen. Das ist das Ziel von diesem Sport. Das man nebenher lernt sich zu verteidigen ist eine angenehme Begleiterscheinung und dass man Meisterschaften gewinnt eine nette Zugabe. Genau oder nur weil ich es gemacht habe, konnte ich mich von den Zwängen meiner antiquierten Familie freischwimmen. Ich lebte unter der Knute meines Vaters, der zwar sagte, seine Töchter seien seine Schätze, aber im Prinzip waren es nur Ketten, um uns an die Familie oder ihn zu binden. Für die Söhne gab es Musikgeräte, teure Handys und Bordellbesuche und nur das Beste vom Besten. Ich hingegen bekam die abgetragene Kleidung der Geschwister und drei Euro Taschengeld. Du siehst, als Mädchen in einer Männergesellschaft muss man sich durchbeißen oder wird verheiratet, wie meine Schwester. Und glaube mir, ihr geht es nicht gut. Ihr Mann darf sie verprügeln und betrügen, weil es für Männer normal oder anerzogen ist - ihre Frauen zu unterdrücken. Gesellschaftlich haben wir nur drei Lebensziele. Den Mann befriedigen, Putzen und Kinder bekommen. Alles was darüber hinausgeht ist eine Störung der Familienehre und wird faktisch mit dem Tode bestraft."
Niala nahm es auf und grübelte, um danach eine unerwartete Frage zu stellen. "Wie war es in der Schule für Dich? Wurdest du gemobbt?" Synfera antwortete energisch. "Was glaubst Du denn, Niala. Als Flüchtlingskind, als Flüchtlingsmädchen ist man der Abschaum der Menschheit und der Vater diktiert das Leben der Frau und der Kinder. Als ich mich weigerte ein Kopftuch zu tragen wurde ich natürlich von ihm verprügelt. Frage nicht nach Sonnenschein. Ich musste zur Koranschule gehen und als ich fragte, wo den etwas vom Kopftuch im Koran stände, warf mich der alte Sack raus, weil ich unbelehrbar sei und die braven Mädchen aufwiegeln würde. Verstehst Du nun den Grund warum ich Kampfsport machte. Es war der einzige Ort, an dem ich ein kleines Stück Freiheit besaß, selbst wenn ich mit blauen Flecken nach Hause kriechen musste. Nur weil ich dort gut war, durfte ich als absonderliche Tochter weiter in der Familie leben. Im Prinzip existierten für meinen Vater nur die Söhne. Sie bekamen für die mittlere Reife ein Auto geschenkt und ich für das Abitur einen dürren Silberring für vierzig Euro. Nein, solche Männer kann ich nicht akzeptieren.“ Jetzt verstand Niala den Ursprung für Synferas innere Stärke. Beklommen nickte sie, da sie es mit ihrer Jugend verglich, die ohne solche Gewalt und Erniedrigung verlief.
Das Mittagessen nahm Synfera auf ihrem Zimmer ein, weil sie sich auf das Rifftauchen am Nachmittag vorbereiten wollte. Niala schloss sich ihr bereitwillig an. Die Bootsfahrt war noch angenehm, aber das Anlegen der Taucheranzüge wurde zum Drama für beide. Offenbar waren sämtliche Taucheranzüge einzig für Damen der Größe XXXXL zugeschnitten worden. Aber mit ein wenig Magie ließ sich auch dieses Problem elegant lösen. Gemeinsam eroberten sie das Riff in dem wunderbaren lichtblauen Wasser. Sie genossen die besondere Stille bei dem Tauchgang, bei dem man nur den Atemautomaten und das Geräusch der Luftblasen hörte. Korallen und tropische Fische wurden stetig fotographiert und sie sahen verschiedene Haie, die majestätisch über sie hinweg glitten. Zum Glück waren es nur Haie, die wenig Interesse an Menschen zeigten. Nach etwa einer Stunde brachen sie den Tauchgang ab und entledigten sich der schweren Tauchausrüstung. Auf der Rückfahrt merkten sie die ungewohnte Belastung durch das Tauchen und Synfera erbat sich eine Ruhepause vor der Cocktail Party. Schließlich machten alle Aktivitäten müde, aber Tauchen eben in einer besonderen Weise. Nach einer erfrischenden Ruhepause bereitete sie sich auf die Party vor, das bedeutete eine erfrischende Dusche zu nehmen, sich zu stärken und ein passendes Outfit zu wählen. Nebenher sah sie nach ihrer runzeligen Zimmergenossin. Dazu der Schmuck samt der anderen Kleinigkeiten, die jede Frau mit sich führte, wenn sie zu so einer Feier ging.
Niala ließ es sich nicht nehmen ihr ein bezauberndes Kleid zukommen zu lassen und eine Beauty Hexe für sie zu bestellen. Es war nicht viel Make-up, aber Synfera merkte, dass nicht viel dazu gehörte aus einer normalen Frau eine Augenweide zu machen. Fröhlich ging sie danach zur Party, denn sie wusste um die Bedeutung dieser Feier für Niala und die Schwesternschaft. Es gehörte dazu, wenn man eine gewisse Rolle in dieser magischen Welt spielte. Zur Begrüßung ließ Niala Viktory von Two Steps from Hell spielen (https://www.youtube.com/watch?v=4rWDum7A5-c) und danach Now we are free (https://www.youtube.com/watch?v=NBE-uBgtINg). Die Bedeutung der Songs war klarer als ein lupenreiner Diamant. Nebenher erfolgte die Begrüßung der geladenen Gäste. Alle Damen beäugten Niala und Synfera intensiver als zuvor, denn sie hatte mit ihrer forschen Art einen Mann in einem regulären Kampf bezwungen. Die Musik wurde dezent gespielt und nur wer genau zuhörte nahm die Musik überhaupt war. Niala verteilte danach Karten an alle Gäste dieser kleinen Damenrunde. Fröhlich sagte Niala: „Heute sind wir mutig und trinken die Cocktails die hier auf den Karten zu sehen sind. Also drehen sie die Karten um und zeigt sie der Bedienung. Natürlich habe ich nur leichte und exotische Getränke für diesen Abend ausgewählt.“ Synfera sah sich das Bild an. In einem schlanken Glas sah sie Erdbeeren, Limetten, Eiswürfel und der Rest blieb unbekannt. Gerne ließ sie sich von diesem Getränk an einem tropischen Abend verzaubern. Es folgten noch weitere Getränke, aber es führte eben nicht zu schweren Rauschzuständen, die sie die Kontrolle verlieren ließ.