Als Hexe zu Reisen brachte enorme Vorteile. Zwei große Koffer passten problemlos in eine Handtasche und man sparte die Kosten für Flugtickets samt der vielen Stunden am Flugplatz und des Fluges. Auch die lästigen Zollkontrollen entfielen und der Flug mit einer kleinen Propellermaschine von der Hauptstadt von Madagaska nach Sambava im Norden des Landes. So dauerte die Reise nur Augenblicke und sie stand in der zeitlosen Empfangshalle eines zauberhaften Hotels für Hexen, das dachte sie zumindest. Aber schon einen Augenblick später sah sie mehr, als sie sich in ihren kühnsten Träumen ausgemalt hatte.
Elfen, die munter um die Orchideen herumschwirrten, waren ihr bekannt. Aber Elben zu sehen, die als Alben angesprochen werden wollten, beeindruckte sie durch ihre schlanke Gestalt und das überhebliche Auftreten. Um den Kronleuchter schwebten Fledermäuse, die sie rasch als Vampire identifizierte. An der Wand hielten sich Halbwesen auf, die sie als Gestaltwandler einordnete und daneben entdeckte sie noch Schattenwesen, die sich vornehmlich in den schattigen Ecken der Halle aufhielten. Noch mehr verschiedene Wesenheiten identifizierte sie, wie Magier und andersartige Hexen, die eher Märchenfiguren glichen. In diesem Moment wurde ihre Aufmerksamkeit von einer femininen Dame in Anspruch genommen. Die Dame war ein extremer Blickfang und besaß eine Aura, die göttliche Einflüsse suggerierten.
„Herzlich Willkommen in meinem kleinen Idyll. Darf ich mich vorstellen. Ich bin Johanna von Hohenstedt und Chefin dieser Einrichtung. Sei nicht überrascht Synfera, aber Dir werden noch Gnome, Zwerge und Halbgötter begegnen, die allesamt ein wenig speziell sind, um es vorsichtig auszudrücken. Vor den Affenwesen möchte ich warnen, denn ihre Späße sind ab und an ein wenig derb. Mit einem schlichten Feuerzauber drängst Du sie rasch in die Defensive, da sie nur über basale Magie verfügen. Natürlich gibt es hier auch andere ungehobelte Kerle und Wesenheiten aus verschiedensten magischen Völkern, aber mit einfacher Magie hält man sich auch diese Geschöpfe leicht vom Hals. Natürlich gibt es hier nur Völkerschaften, die den Friedenseid uns Hexen gegenüber abgelegt haben. Dämonen, Goblins, Trolle, Wehrwölfe und Kobolde wirst Du hier nicht antreffen, weil sie keinen Friedenseide ablegen können.“
Synfera nickte und wollte schon fragen, warum hier eine anscheinend deutsche Hexe das Zepter schwang. Die Antwort bekam sie ohne die Frage stellen zu müssen. „Hier war eine deutsche Handelsniederlassung, die gerne von uns Hexen okkupiert wurde, um einen stillen Rückzugsort für friedliche magische Wesen zu schaffen. Keiner nahm daran bisher Anstoß, also von den magischen und halbmagischen Völkern. Zudem ist das hier ein Spährenpunkt, an dem sich gelegentlich auch Elementare also Götterboten sehen lassen. Spährenpunkte sind Orte, an denen sich differente magische Welten berühren.“ Synfera nahm es auf und dachte, dass es das sei, aber Johanna fuhr eloquent fort. „Niala wird Deine Ausbildung hier abrunden, sie wird Dich für drei Besprechungen in Beschlag nehmen, damit Du fremde Völker kennen lernst. Habe keine Furcht davor, es sind eher belanglose Gespräche und diesen Diplomatenstein samt der Amtskette soll ich Dir übergeben, damit allen Gästen in diesem Haus Deine Position deutlich wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass Du hier urteilen darfst, sondern nur, dass Du unantastbar bist. Sei also bitte friedlich und zurückhaltend. So und nun noch eine Information, die Dich bitte nicht aus der Fassung bringen soll. Du bist eine der wenigen Multiethnien, dass bedeutet, Du besitzt Vorfahren aus dem Blut von menschlichen Hexen und echten magischen Hexen. Den Unterschied wird Niala Dir erklären. Nun zu Deinem Zimmer. Du erhältst ein Apartment, dass du dir bitte mit Caprina teilst. Sie ist eine menschliche Hexe aus Italien, der es leider an der rechten Begabung mangelt. Sie wird in zwei Tagen abreisen, dann hast du das Apartment für Dich und kannst ab diesem Zeitpunkt vollständig entspannen. Ihr habt getrennte Schlafräume aber leider eine gemeinsame Küche und auch das Bad müsst ihr euch teilen. Hüte Dich vor ihrem Geschäftssinn und ihren leeren Versprechungen. Sie benötigt ständig Geld, da sie damit offenbar nicht vernünftig umgehen kann. Sie trinkt oft, gerne und viel. Nebenher hat sie zu lange Finger und eignet sich gerne fremde Wertgegenstände an.“
Im Prinzip war es Synfera egal, aber sie ahnte, dass Caprina vermutlich ein schwieriger Charakter sein würde, denn anderes konnte dieser Hinweis nicht bedeuten. Ihre Blicke schweiften durch die Halle, die verschiedenste Stilrichtungen vereinte. Neben gotischen Elementen erblickte sie maurische Bögen und keltische Wandmalereien. Besonders interessant waren die Uhren, die mal von Schlangenzeigern und andernorts durch hängende Ketten die Zeit anzeigten. „Richtig vermutet“, steuerte Johanna sofort bei. „Sagen wir es so, sie ist ein bildhübsches Frauenzimmer, dass so manchen Herrenbesuch hat, um an deren Finanzmittel zu gelangen. Zudem hat sie es nicht so mit dem Aufräumen. Aber vielleicht kannst Du über diese kleinen Schwächen hinwegsehen.“ Synfera übermittelte ein gedankliches, „ja!“ „Nun wird dich Johann unser Hausgeist zu Deinem Zimmer führen. Wir benutzen hier Schlüsselkarten und die trägst du bitte immer an Deinem Handgelenk. Das Armband kannst Du später behalten. Hab keine Sorge, dass die Schlüsselkarte vom Wasser angegriffen wird. Das Platin ist robust und praktisch unzerstörbar. Ich muss nicht betonen, dass es auch Haie und andere Geschöpfe der Finsternis von Dir fernhält. Auf deinem Zimmer erwartet Dich ein kleiner Imbiss und Kleidung für jedwede Anlässe. Heute Abend veranstalten wir eine Strandparty mit einer Band, auf der auch alkoholische Getränke gereicht werden. Manche Gäste übertreiben es damit – leider. Manche Damen fühlen sich dadurch belästigt.“ Mit einem Schnipser rief Johanna den Hausgeist, der augenblicklich erschien.
Formel lud der Hausgeist sie zum Folgen ein. „Wir benutzen Schacht 47, der befördert euch direkt in eure Kemenate. Hier zunächst die Schlüsselkarte“ Auf magische Weise schlang sich das Armband um ihr Handgelenk. Irritiert sah Synfera zu dem Schacht, es war kein Fahrstuhl, sondern einfach ein dunkles Loch. „Haltet die Karte in das Loch und schon seid ihr da. Ist halt nicht so einfach alle Leute in einer besseren Bambushütte unterzubringen. Euer Zimmer ist ein Strandapartment mit Palmen vor der Tür und allem Luxus, den man sich vorstellen kann.“
Sie tat es und schon stand sie in ihrem Zimmer, nein Suite passte eher. Ein Doppelbett mit Mückenschleier diente wohl als Schlafgemach. Eine Sitzecke und eine kleine Minibar rundeten die Ausstattung ab. Daneben stand ein riesiger Flachbildschirm und an der Wand prangten diverse Symbole. Johann erschien erst jetzt. „Das ist alles magisch und elektronisch zu bedienen. Also ihr könnt ein Jetboot mieten, tauchen oder Wasserski machen. Daneben den Wellnesstempel buchen oder halt jedwede Musik erklingen lassen. Auch Cocktails und Speisen werden damit geordert. In der Bedienungsanleitung ist alles erklärt. Auf der Schlüsselkarte ist auch euer Guthaben drauf. Ihr habt ein Guthaben von fünftausend Gulden, was etwa fünfzigtausend Euro entspricht. Niala veranlasste dies. Dieser Betrag sollte locker reichen, um alle Bedürfnisse - mehr als vollkommen zu befriedigen. Tippt gegen die Wand und es wird sich dort ein Fenster öffnen. Auf dem Bedienfeld findet ihr auch alle Wege zum Strand, der Cocktailbar, dem Pool und allen anderen Orten dieser Anlage. Im Schrank befinden sich alle aktuellen Modekollektion der angesagten Marken. Alle Kleidung, die ihr aus dem Schrank entnehmt und anzieht, wird von der Kontokarte abgezogen und geht in euer Eigentum über. Ich warne jedoch vor einem zu üppigen Gebrauch. Manche Damen haben sich in einer Art Kaufrausch für Jahrzehnte verschuldet. Scheint eine unverständliche Sucht von Frauen zu sein. Verzeiht den Einwurf, aber die Männer kommen zumeist mit ein paar Bermudas, bunten Strandhemden und einer Abendgarderobe aus. Nun zu den Uhren.“ Johann deutete auf die Uhren an der Wand. „Die rote Uhr zeigt die Zeit bis zur Abendveranstaltung an, die blaue Uhr ist der Wecker, den ihr per Gedanken steuert und die grüne Uhr, wird aktiviert, sobald sich Niala ankündigt.“ Johan verbeugte sich und entschwand wie eine platzende Seifenblase. Vorsichtig tippte sie gegen eine Wand und vor ihr erschien ein zauberhafter Strand. „Ja diese Zeit würde schön werden“, sagte sie sich in ihren Gedanken. Aus der Tasche zog sie ihre Koffer und kleidete sich um, so schnell wie möglich wollte sie an den Strand, immerhin waren es noch Stunden bis zu Abendveranstaltung. Der Strand war eine Augenweide und das Meer der schönste Blickfang, den sie sich für die Entspannung vorstellen konnte.
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Es war ein herrliches Gefühl den warmen Sand unter den Füßen zu spüren. Die Palmen spendeten Schatten und die Wärme umspielte angenehm die Haut. Hin und wieder glitten Fregattvögel und Pelikane über die Wogen und einige flogen auch fort von der Küste. Ja, das war ein Paradies, um die gröbsten Sorgen abzustreifen. Aus einem kleinen Rucksack zog sie eine Wasserflasche hervor und einen Apfel. Beides genoss sie, während sie im Schatten einer Palme eine Pause einlegte. Ihre Augen wanderten über das grenzenlose Meer und die sanften Wogen, die im Gleichklang mit der Natur sanft gegen die Küste rollten. Der Spaziergang führte sie stetig dem Ufer entlang und hin und wieder sammelte sie eine Muschelschale auf oder beobachtete Krabben, die geschäftig im Brandungsbereich nach Nahrung suchten. Interessanter waren jedoch die Kaurimuscheln, die über Jahrhunderte als Zahlungsmittel in Afrika und in den Golfstaaten dienten. Jede Kauri hatte eine differente Musterung. Hin und wieder fand sie auch Kegelschnecken, die bei Hexen hoch im Kurs standen, weil diese kleinen Tierchen ein interessantes Gift enthielten. Leider waren die Gehäuse leer, aber als Andenken waren sie immer noch bestens geeignet.
Irgendwann kehrte sie um und genoss immer noch die die sanfte Brise vom Meer. Unerwartet stand Niala neben ihr. "Das waren sicher wieder einige Überraschungen für Dich. Verzeih, ich wollte es erst selbst sehen, inwieweit Du noch verschiedene Gene in dir trägst. Ja, Du stammst von den alten magischen Hexen ab und bist zugleich eine menschliche Hexe. Dass Du die Schattenläufer sehen konntest, zeigte mir, dass Du immer noch zum alten Volk gehörst." Mit dem Finger tippte sich Niala an die Lippen. "Ich möchte nicht verschweigen, dass Du noch mehr Pflichten übernehmen musst. Immerhin gehörst Du zu den sechsundzwanzig lebenden Hexen, die magische Nachkommen gebären können. Somit wirst Du für alle Magier zukünftig ein besonderer Blickfang. Alle Magier werden Dich begehren und unablässig umgarnen, weil nur noch wenige Hexen, wie du eine bist - existieren. In Deiner Hand liegt es die magische Welt am Leben zu erhalten. Aber lasse Dir damit ruhig Zeit. Im Prinzip bist Du fast unsterblich, was zu einer Lebensspanne von mindestens fünftausend Jahren führt. " Synfera schluckte, denn es irritierte sie, dass sie so etwas merkwürdiges sein sollte. Zudem, war zu hinterfragen, was es bedeutete die magische Welt am Leben zu erhalten. War es ein ungestümer Hinweis auf eine Zeit als Ehefrau und das Erzeugen von neuem Leben? Sie schaute zu Niala. "Worauf willst Du hinaus? Ich verstehe es nicht und daher wären klare Erklärungen notwendig."
Niala schaute sie versonnen an. "Wie soll ich es erklären. Es ist so. Seit Jahrhunderten verarmt das magische Blut bei den Menschen und den echten Hexen. Vielleicht solltest Du wissen, dass die Menschen sich nur so vorteilhaft entwickelt haben, weil die Elementare einer kleinen Gruppe von Menschen vor Äonen Magie übertrug, um den Menschen Schutz und Bildung zu vermitteln. Dieses geschah vor etwa siebzehntausend Jahren in Europa. Seit die Menschen begannen Kriege zu führen, sterben die richtigen Hexen langsam aus und wir finden kaum noch geeigneten magischen Nachwuchs. Somit werden sämtliche männliche Magier ein Auge auf Dich werfen, denn Dir ist es beschieden die Magie am Leben zu erhalten. Nur noch wenige Magier und Hexen sind zeugungsfähig, also damit ist nicht die Erzeugung von Leben gemeint, sondern der Schaffung neuer vollmagischer Kinder. Eine Hochzeit mit Dir wäre somit einer der seltenen Fälle, in dem neuer magischer Nachwuchs das Licht der Welt erblicken könnte. Bei mir ist es etwas anders, denn ich gehöre zu den Hexen, die zur göttlichen Blutlinie zählen. Ich könnte einen Gott, Halbgott oder Magier ehelichen, aber derzeit denke ich noch nicht daran." Das Schweigen zwischen den Frauen dauerte längere Zeit, denn Niala gewährte Synfera ausreichend Zeit zum Verschieben zahlreicher Gedanken.
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Der Vorbereitungen für die die Strandparty widmete sie nur wenig Aufmerksamkeit. Im Kleiderschrank hingen tatsächlich Kleider, die keine Wünsche offen ließen. Kleider aus Schlangenhaut, glitzernde Fummel und edelste Seidengewänder, die ihr bei dem Anblick der Preisschilder den Atem raubten. "Fünfzehntausend Gulden, die sind wohl von allen guten Geistern verlassen." Dieser Ausruf führte zu einem Klopfen an der Tür. Gelassen rief sie, "herein." Caprina, die italienische Hexe trat ein. "Braucht ihr Hilfe?" Die Augen von Caprina musterten sie Zoll für Zoll und ihre diversen Schmuckstücke, die sie rasch als Amtsinsignien deutete. "Buongiorno cara signora. Ja, die Preise sind heftig, aber es ist erlesenste Qualität." Erst jetzt betrachtete Synfera die fremde Hexe. Ihr Urteil fiel nicht so positiv aus, wie sie selbst erwartet hatte. "Eine sinnliche Verführung, was den Körper betrifft, aber sie übertreibt es mit dem billigen Schmuck und der Kriegsbemalung." Die Gedanken entließ sie nicht aus ihrem Kopf. "Freut mich euch zu sehen, Caprina. Ihr seid aber eine flotte junge Dame." Mehr mochte sie nicht sagen, denn Talente besaß die junge Frau in ausreichender Menge, allerdings mangelte es ihr an Disziplin und Willen. "Ja, die Preise der Kleider sind berauschend, aber das ist keine Kleidung für mich. Ich bevorzuge meine Kleidung. Ein schlichtes Cocktailkleid und Schuhe in denen ich erholsam den Abend verbringen kann. Nun wendet euch bitte euren Aufgaben zu, die ihr für den Abend erledigen müsst."
Das war schon eine brüske Abfuhr, die Synfera der Hexe erteilte, aber sie wollte noch duschen und den Imbiss zu sich nehmen, der für sie bereit stand. Rasch schnappte sie sich ein Handtuch und suchte die Dusche auf. Danach der Imbiss und das Ankleiden. Für den Abend schminkte sie sich dezent und legte einen Teil des Schmucks an, der ihr für diesen Anlass notwendig erschien. Ihr Zimmer versiegelte sie noch vor dem Gehen mit drei heftigen Zaubern, denn Caprina erschien ihr nicht als sonderlich vertrauenswürdige Person. Mittels dem Platinchip versetzte sie sich zu der Strandparty.
Die Enttäuschung umfing sie sofort. Kerle schlurften bereits schwer angesäuselt über den Strand und johlten in diversen Sprachen schmutzige Lieder. Lüsternd machte ein Magier sie an. Das wirkte auf Synfera zu unwirklich, Männer der Magie, die sich wie trunkene Idioten benahmen. Immerhin kannte sie solche Typen von ihrer Polizeiausbildung zur Genüge. Niala erschien und schaute sie an. "Wenn es Dich stört, dann handle, schließlich liegt es in deiner Hand hier für Ordnung zu sorgen. Erschrecke sie ein wenig und weise sie auf die Anstandsregeln hin." Synfera schnappte sich mit einem Levitationszauber einige Kerle und gönnte ihnen eine kleine Abkühlung im Meer. Haiflossen, die plötzlich aus dem Wasser auftauchten führten zu einem kollektiven Schockerlebnis der Zuschauer am Strand. Die trunkenen Männer realisierten die Situation und schwammen um ihr Leben. Die Zuschauer hofften, dass es kein Blutbad geben würde, während sie hilflos vom Strand zuschauten und die Männer anfeuerten. Ab und an wurde ein Mann in die Tiefe gerissen und entschwand den entsetzten Blicken. Einige Männer schafften es augenscheinlich wieder ans Ufer zu gelangen, aber die Freude wehrte nicht lange. Lange Tentakeln schossen aus dem Wasser und zerrten die Kerle zurück ins Meer. Das Wasser spritze und die Kerle verschwanden unter der Wasseroberfläche, bis nur noch Blasen aufstiegen.
Amüsiert genossen Niala und Synfera das inszenierte Drama, dabei waren es doch längst nur magische Doppelgänger, die vergeblich um ihr Leben kämpften. Die realen Männer standen zwei Kilometer südlich am Strand mit nasser Kleidung und schmerzenden Gliedern. In der Ferne sehen sie das hell erleuchtete Fest, dass bisher so friedlich für sie verlaufen war und ein jähes Ende für die Junker genommen hatte. Synfera ließ ein Donnergollen ertönen, so wie sie es gelernt hatte. "Verehrte Gäste, dieses ist eine zivilisierte Feier von Schwestern. Schade um die Trunkenbolde, aber so lange ich an diesem Ort meinen Urlaub verbringe wird sich an die üblichen Regeln gehalten, die Sitte und Anstand verlangen. Auch allen anderen Gästen mit morbiden Moralvorstellungen möge es eine Warnung sein. Trunkenbolde brauchen wir hier nicht, sondern nur heitere Seelen, die sich entspannen oder sich von der Arbeit erholen wollen. Den diebischen Elstern und Freibeutern rate ich ab - auch nur noch ein Verbrechen zu begehen. Ihre Beute befördern sie bitte wieder an die ursprünglichen Orte zurück ansonsten werden sie von der Furunkulose befallen, die in diesem Fall etwas heftiger ausfallen wird. Danke für die Zeit und ihre Aufmerksamkeit." Gelassen schlenderten Synfera und Niala nun zu dem Grill und ließ sich von den tropischen Köstlichkeiten auftun. Garnelen in allen Variationen und gegrillte Ananas waren die Höhepunkte des Menüs.
Am Tisch grinste Niala erstmals. "Starke Vorstellung, Du hast zwar einige Konventionen dezent überschritten, aber da keiner ernsthaft zu Schaden kam, werte ich es als gelungene Vorstellung. Die Sache mit den Haien und der Riesenkrake hat mir vortrefflich gefallen. Es fehlten aber noch die entsetzlich verzerrten Todesschreie und die letzten Stoßgebete. Noch beeindruckender wäre es gewesen, wenn Du Seelenfeuer hättest aufsteigen lassen." Synfara sagte nur. "Guten Appetit. Nachher werde ich noch meine Zimmergenossin Caprina verarzten müssen. Sie hat viele Talente, aber sie präferiert die lockere Lebensweise. Sie wird an einem Alterungszauber leiden und an steifen Händen. Vielleicht wäre es ja ganz hilfreich sie zu erziehen. Wenn nicht, dann eben nicht. Gibt es eigentlich ein Gefängnis für solche Damen und Herren, die sich nicht an die Regeln halten?" Niala schaute versonnen zu ihr, bevor sie eine Antwort gab. "Ja, aber irgendwie ist es in den letzten Jahrzehnten aus der Mode gekommen Brüder und Schwestern zu verurteilen. Das führte wohl zu einer zunehmenden Verrohung der Sitten, weil keiner mehr Furcht vor solchen Strafen hat." Gemeinsam genossen sie die Speisen und gönnten sich noch einige leichte Cocktails. Die Gruppe der trunkenen Männer hatte sich inzwischen diskret an ihnen vorbeigemogelt, um zu Fuß das Hotel zu erreichen. Ohne ihre Platinkarten gelang es ihnen jedoch nicht ihre Zimmer zu erreichen. Nach Stunden ging Synfera zu der Gruppe von Männern und hielt ihnen frech diese Karten vor die Gesichter. "Na, wie viele Dukaten und Gulden Strafe darf ich von ihren Karten abbuchen lassen? Ich denke, bei diesem ersten Vergehen belassen wir es noch bei einer milden Bewährungsstrafe. Nächstes Mal sind es echte Haie und es wird keine Gnade geben. Schließlich ist dieses ein Hotel der Hexen und die verstehen keinen Spaß, wenn man sie beleidigt und lüstern anstarrt. Ich bin Synfera, die oberste Richterin und ich lasse mir von keinem Rotzlöffel auf der Nase herumtanzen. Ich hoffe, sie haben diese Botschaft verstanden, welche Gnade ihnen zuteil wird."
Ein Jungmagier begehrte auf. "Wagt es kein zweites Mal uns so zu düpieren. Ich kenne Mittel und Wege, um Euch das Leben zur Hölle zu machen." Synfera schaute den Magier scharf an. "Eine nette Drohung, aber sie verfängt nicht. Erstens, weil euch die Courage dazu fehlt, eure Magie zu schwach ist und eher einem Kinderfurz ähnelt und Ihr zunächst den offiziellen Weg einschlagen müsstet, um eine Klage gegen mich zu erheben. Nun trollt euch, ansonsten endet meine Sanftmütigkeit und euer Urlaub sofort." Der Magier wagte einen Schritt auf sie zu und sofort hielt sie das Flammenschwert in der Hand. "Ich hoffe, ihr versteht diese Sprache und kennt diese magische Waffe, die jeden Angreifer in ein Häufchen Asche verwandelt. Ansonsten probiert es." Unbeirrt verließ sie die Gruppe der Laffen und entschwand in ihr Zimmer, in dem tatsächlich Caprina steif wie ein Brett und um Jahrtausende gealtert lag. In ihren geschwollenen Händen hielt sie noch ein Schmuckstück.
"Schlechte Erziehung kann es nicht sein. Ich vermute eher Dummheit. Aber das werden wir mit mehr oder minder drakonischen Mitteln beheben können. Aber zunächst die Frage, warum vergreift ihr euch an meiner Habe? Ist das eine Krankheit oder nur das verkommene Wesen, welches in Dir schlummert?" Für Synfera reichte diese Ermahnung. Mit einem hauch Magie ließ sie Caprina in ihre Räume schweben, natürlich ohne die Beute und ohne den Zauber sofort aufzuheben. es würde Tage dauern bis der ursprüngliche Zustand ihrer femininen Erscheinung wieder hergestellt sein würde.
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Zusammen mit Niala lernte Synfera die hohe Runenlehre, die großen Beschwörungen und die große Magie, die normale Hexen niemals ohne Anleitung erlernen können. Wissen wurde vermittelt und Synfera lernte ihre ersten Schritte auf dem Parkett der Diplomatie. Zuerst stand ein Gespräch mit den Elementaren an, die ihr Gedanken schenkten, um die Gefahren der Zeit zu erkennen. Einen Tag später führte sie höfliche Gespräche mit zwei Elbenfürsten, die den Westen und den Osten repräsentierten. Ein Gespräch mit einer hohen magischen Hexe rundete Synferas Vorstellung bei den mächtigen der Welt ab. Bei diesem Gespräch wurden Synfera erste Gedankenintarsien der reinen Magie übergeben. Die reine Magie bestand vorerst aus Wissen und unbekannten Reisemöglichkeiten. Daneben wurden ihr Wege eröffnet um die Kultplätze der alten Magie besuchen zu können. Unangemeldet kreuzte einen Tag später ein Erzmagier auf, der von Synfera lautstark im Speisesaal Genugtuung für die Bestrafung seines Sohnes forderte. Ohne mit der Wimper zu zucken stimmte Synfera sofort zu, wobei sie weiterhin genüsslich Melonenstückchen in ihren Mund fallen ließ. "Reicht es, wenn ich in einer Stunde am Strand erscheine? Verzeiht, aber Ihr seht doch, dass ich noch den Nachtisch genieße. Zudem mangelt es noch an geeigneten und ehrwürdigen Sekundanten, die dem Akt beiwohnen. So will es das Gesetz, dem wir uns alle unterwerfen müssen." Das der Kerl doppelt so viel wog, wie sie und muskulös wirkte schreckte sie nicht. Wie bei ihren Kämpfen bei dem Aikido, Jiu Jitzu verneigte sie sich leicht dabei. "Glück auf all deinen Wegen." Der Gruß versetzte den Herrn sofort in Rage.
Mit geblähten Nüstern brüllte der Mann sie an. "Was soll diese Kinderkacke, glaubt Ihr etwa ich sei zum Spaß hier?" Synfera schaute erst jetzt konzentriert zu dem Erzmagier. "Nicht aus Spaß, nicht aus Hass sondern weil euer Sohn euch dreist belogen hat. Ich verstehe euer Anliegen schon, aber vielleicht wäre es besser, wenn Ihr euch zunächst vergegenwärtigt, dass euer Sohn sich hier und auch mir gegenüber nicht vorteilhaft verhalten hat. Verzeiht, aber eine kleine Lektion hatte er verdient. Wenn Ihr es anders seht, dann kann ich daran nichts ändern. Zudem, wenn man an den Tisch einer Dame tritt, dann stellt man sich bitte in aller Höflichkeit vor. Ich erkannte euch lediglich an der prachtvollen Robe. Da ihr unhöflich seid, will ich zumindest mit Höflichkeit glänzen. Mein Name ist Synfera, ich bin Hexe, Oberste Richterin und nun mal nicht erbaut von offen vorgetragener Ignoranz gegenüber den alten Gesetzen." Freundlich nickte sie dem Mann zu.
Ohne Gruß entschwand der Mann. Niala schaute zu Synfera. "Alle Achtung, der hat was zum Grübeln bekommen. Diese Nummer hätten sich nicht einmal Isolde oder Asja zugetraut. Ich denke an Zuschauern wird es nachher bei dem Kräftemessen nicht mangeln." Gelassen blickte sie Niala in die Augen. "Mein Vorteil ist, dass ich Kämpfen richtig lernte. Ich habe nicht den Duktus zu siegen, wie er vielleicht von mir erwartet wird. Sondern ich streite einzig für die Gerechtigkeit. Verzeiht, aber ich sollte jetzt zu meinem Zimmer zurückkehren, damit ich mich mental auf den Kampf vorbereite. Natürlich weiß ich, dass Caprina mit ihm sprach, aber das juckt mich nicht. Doch nun muss ich mich rasch umkleiden, ich denke die leichte Bademode irritiert den Kerl nur noch mehr." Mit einem nicken erhob sie sich und entschwand. Auf ihrem Zimmer zog sie einen Kimono an und machte sich warm. Kurz vor Ablauf der Frist erschien sie am Strand. In einer Tasche trug sie alle Waffen mit sich, die für so einen Kampf erforderlich waren. Rasch steckte sie ein Geviert ab, damit der Kampf regelkonform ausgetragen werden konnte. Der Erzmagier samt einer stattlichen Anzahl Begleiter erschienen. Der Erzmagier selbst erschien in einer schillernden Magierüstung, die mit zahlreichen Zaubern aufgeladen war. Höflich verneigte sie sich und kniete sich nieder.
Ohne aufzuschauen sprach sie den Erzmagier an. "Das ist vielleicht nicht die beste Wahl. Zumal das Schwert der Gerechtigkeit mich jederzeit verteidigen wird. Aber zuvor lassen wir das Schwert sprechen, denn es wird euch die Wahrheit verkünden." Laut sprach sie zu dem Schwert. "Schwert sage uns, welches Lied der Sohn dieses Herren gesungen hat und wie sich der Jungmagier verhielt." Mit einer öligen Stimme antwortete das Schwert. "Er sang das frivole Lied: Wir wollen die Hexen f..... und einen drauf machen mit den Zicken. Zudem war der junge Mann betrunken und warf mit Bierdosen nach verschiedenen Personen." "Danke Schwert, das reicht." Ein raunen war durch die Reihen der Zaungäste gegangen. Der Erzmagier behauptete einfach nur: "Das ist eine Lüge." Niala schaltete sich kurz ein. "Das Schwert der Gerechtigkeit lügt niemals, denn es ist ein altes Artefakt, welches von allen Völkern anerkannt wurde. Falls Ihr also leugnet, dass es das Schwert der Gerechtigkeit ist, dann wird es wohl zu einem Kampf kommen. Da Ihr Genugtuung gefordert habt, obliegt es Synfera die Waffen zu wählen." Da die Mehrzahl der Zuschauer aus Hexen bestand, nickten die Damen eifrig nach der Verkündung dieser Regeln. Synfera ließ einen Kampfstock zu dem Erzmagier schweben. "Das ist meine Wahl. Nehmt den Kampfstock und beginnt."
Synfera kniete immer noch auf dem Boden und ließ einen Kampfstock zu sich gleiten. "Beginnt oder tretet von dem Kampf zurück eine andere Wahl gibt es nicht." Stürmisch näherte sich der Erzmagier mit dem Kampfstock Synfera, die erst jetzt aufsprang und den Stock ergriff. Ohne Magie einsetzen zu müssen parierte sie den ersten Schlag. Sie beabsichtigte nicht, ein schnelles Ende herbeizuführen. Mehrfach wich sie den ungestümen Hieben aus oder parierte die Schläge. Mühelos setzte sie mehrfach Treffer, die vorerst nur den Stolz des Mannes ankratzten. Nach etwa einer Minute forcierte sie ihre Gegenwehr, da sie erste Schweißperlen auf der Stirn des Magiers sah. Jetzt wartete sie nur noch auf einen weiteren Angriff, um diesen Kampf zu beenden. Mit einem kräftigen Hieb von der Seite eröffnete der Magier den Angriff, den sie locker parierte und dabei lenkte sie den Stock des Gegners nach oben. Zügig führte sie einen Angriff auf die Hände des Mannes aus, damit erste intensive Schmerzen das Hirn des Mannes beschäftigten. Nur einen Wimpernschlag später traf sie den Helm des Gegners und nur einen Moment später fällte sie den Mann mit einem Angriff auf die Knie des Gegners. Mit einem finalen Schlag entwaffnete sie ihn. Mit ihrem Fuß fixierte sie den Erzmagier am Boden und tat so, als holte sie zu einem gewaltigen Schlag aus, der mit Sicherheit mehr als die Rüstung verbeulen würde. Mitten in der Bewegung hielt sie inne.
"Noch Fragen oder wählt Ihr ein rasches und unangenehmes Ableben." Die Verblüffung unter den Zaungästen stieg. Die meisten Gäste verstanden nicht, warum sie dem Kerl gerade jetzt, wo es spannend wurde -so ein Übermaß an Gnade gewährte und den Kampfstock senkte. "Verzeiht, aber alte und dümmliche Säcke vermöbel ich nicht. Es bereitet einem keinen Genuss, steife Knochen zu zertrümmern, die nur noch nachlässig ihren Dienst verstehen. Dennoch, ihr erhebt Euch erst, wenn ihr einen bindenden Eid ablegt, das mit diesem Akt, alle Probleme eurerseits behoben sind und ihr oder irgend ein anderer Magier jemals wieder aggressiv gegen eine Hexe vorgehen wird. Bestätigt ihr den Eid nicht, dann könnt ihr dort im Sand verfaulen oder ich beginne einen Prozess gegen Euren dreisten und arroganten Sohn." Kleinlaut hörte sie die Antwort. "Ich fühle mich an den Eid gebunden." Sie nickte und entließ den Erzmagier. Nur mühsam schaffte es der Magier sich zu erheben, denn in diesem überhitzten zustand und mit Sand in der Rüstung und den Gelenken gelang kein eleganter Abgang.
Einige Hexen rieten ihm die Rüstung zu ölen, um die Geräusche abzumildern.